#500 
DIE JUBILÄUMSWEBSITE

Jede Woche wird es auf der #500 Jubiläumsseite etwas Neues zu entdecken geben, bis die Seite am Ende des Jahres 500 Kacheln umfassen wird. 
Mithilfe von verschiedenen Rubriken als Filtermöglichkeiten können Sie die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters durchstöbern. 
Durch Kurztexte, Essays, historische Dokumente, Fotos und Videos werden nicht nur die Konzerte während des Jubiläumsjahres vor- und nachbereitet, sondern auch die aktuellen Orchestermitglieder des Bayerischen Staatsorchesters sowie die Leiter dieses traditionsreichen Klangkörpers der vergangenen fünf Jahrhunderte einzeln vorgestellt.
Aus dem Archiv der Musikalischen Akademie werden unveröffentlichte Schätze wie Briefe von Carlos Kleiber und Bruno Walter ausgegraben.

#BSO500

Zeitzeugnisse
KINDERSCHREIBEN ANS ORCHESTER 3
jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

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MUSIKALISCHE AKADEMIE – DACAPO


DACAPO ist das Musikvermittlungsprojekt der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters e. V. Es wurde von Musiker:innen des Orchesters für eine 3. und eine 4. Klasse an Grundschulen im Münchner Umkreis entwickelt. Innerhalb weniger Wochen besuchen Musiker:innen die ausgewählten Klassen der Schule. In Workshops stellen sie ihre Instrumente und ihren Beruf vor. Den Abschluss bildet nach Möglichkeit ein Konzert für alle Schüler:innen in der Schule. DACAPO verbindet damit die Begegnung mit KünstlerInnen sowie das Kennenlernen und Ausprobieren von Orchesterinstrumenten in den Workshops mit dem Erleben einer Konzertsituation.

Die Bewerbung für das Projekt DACAPO erfolgt über das Schulprogramm der Bayerischen Staatsoper an jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

Meet the Musicians
Heike Steinbrecher, Oboe

Wenn Heike Steinbrecher nicht gerade Musik macht, beschäftigt sie sich mit ihrem jungen Hund und genießt die gemeinsamen Spaziergänge durch Wald und Natur. Sie würde gerne in Nord-Griechenland leben und sich die dortige Sprache aneignen, um Land und Leute noch besser kennenlernen zu können.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Chefs
Franz Lachner
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4372774

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Franz Lachner wurde am 2. April 1803 in Rain am Lech geboren und leitete nach anderen Stationen in München, Wien und Mannheim von 1836 bis 1868 als Hofkapellmeister Opernvorstellungen wie die Konzertreihe der Musikalischen Akademie und Kirchenmusik. Mit der Verpflichtung Lachners als Hofkapellmeister begann die ehrwürdige Reihe der Bayerischen Generalmusikdirektoren. Jetzt hat nicht mehr der Konzertmeister das Sagen, sondern ein Dirigent mit Taktstock leitet ein immer größer werdendes Ensemble. Im Orchester saßen dabei ausgezeichnete Virtuosen wie der Klarinettist Heinrich Baermann, der Hornist Franz Strauss und Mitglieder der Familie Moralt, die auf ihren Reisen als Streichquartett ganz Europa begeisterten. Neue Instrumente hielten Einzug ins Orchester, Ventile erweiterten den Tonumfang von Hörner und Trompeten, und der Münchner Soloflötist Theobald Böhm entwickelte ein neues Klappensystem für Holzblasinstrumente, das bis heute in Gebrauch ist.



Bildnachweis: Franz Lachner. Lithographie von Andreas Staub. Gemeinfreie Fotografie, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4372774

Zeitzeugnisse
Carl Maria von Weber: Abu Hassan
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22630453

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Auch vom Pionier der deutschsprachigen Oper Carl Maria von Weber, dessen Freischütz sich bis heute besonderer Beliebtheit erfreut, wurde in München eine Oper uraufgeführt. Das Libretto für das Singspiel in einem Akt Abu Hassan stammt von Franz Karl Hiemer und geht auf eine Geschichte aus Tausendundeine Nacht zurück. Weber war Privatsekretär des verschuldeten und als korrupt geltenden württembergischen Herzogs Ludwig, als er zusammen mit dem Stuttgarter Theaterdichter Hiemer die Bearbeitung einer Schuldengeschichte plante. Die Premiere erfolgte allerdings erst während Webers Aufenthalt in München, genauer: am 4. Juni 1811 ging die erste Vorstellung der Oper am damaligen Münchner Hoftheater über die Bühne. In den Folgejahren erfreute sich das Werk großer Beliebtheit und fand unter anderem auf die Bühnen von Stuttgart, Frankfurt am Main, Wien, Berlin, Dresden, Prag, Kopenhagen und London. Als die gängige Kombination aus kürzeren Schauspielen mit Operneinaktern jedoch langsam verschwand, wurden auch die Aufführungen von Abu Hassan immer spärlicher. Dennoch gab es im 20. Jahrhundert Einstudierungen beispielsweise durch Bruno Walter in Berlin, Felix Mottl in München sowie durch Richard Strauss in Wien.



Bildnachweis: Von Caroline Bardua – 1. umnofil.ru2. GalleriX, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22630453

Eindrücke
6. Akademiekonzert 2022/23 (Jurowski)

Am 22. und 23. Mai dirigierte Vladimir Jurowski das Bayerische Staatsorchester beim 6. Akademiekonzert mit Musik von Ralph Vaughan Williams, Robert Schumann und Gustav Mahler. Gerhard Oppitz war der Solist bei Schumanns Klavierkonzert a-Moll, und Louise Alder übernahm den Gesangspart in Mahlers Symphonie Nr. 4.


Bildnachweis: Wilfried Hösl

Eindrücke
Aida

Am 15. Mai feierte die neue Produktion von Giuseppe Verdis Aida Premiere. Daniele Rustioni dirigierte das Bayerische Staatsorchester, Regie führte Damiano Michieletto. In der Titelpartie war Elena Stikhina zu erleben.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Lesestücke
Über Passion sprechen

Transformationsarbeit mit Orchestern



Von Heiko Roehl


ORCHESTER ALS BESONDERE ORGANISATIONEN

Organisationen finden immer wieder neue Wege, um mit Herausforderungen aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft umzugehen. Sie passen sich an, verändern sich und erfinden sich manchmal sogar neu. Organisationaler Wandel gelingt aber nicht voraussetzungslos. Er hat mit den Menschen zu tun, mit Kulturen und mit einer Kommunikation, die den Wandel für die Menschen plausibel und nachvollziehbar macht.

Orchester bilden da keine Ausnahme. Und doch sind sie als Kulturbetriebe Organisationen, für die gesellschaftliche Rahmenbedingungen eine besondere Bedeutung haben, vor allem, weil Rolle und Stellenwert von Oper und Konzert in der Gesellschaft in stetem Wandel begriffen sind. Außerdem haben sich die Rahmenbedingungen für Auftritte und Tourneen in der Pandemie drastisch verändert. Auch die Ökonomisierung kulturellen Schaffens setzt sich fort, was dazu führt, dass Kostenbewusstsein im Kulturbetrieb vielerorts zum Leitmotiv wird. Und nicht zuletzt spiegelt sich der gesellschaftliche Wertewandel in veränderten Motivationslagen und Erwartungen einer jüngeren Künstlergeneration, in ihrem wachsenden Bewusstsein für die Bedeutung einer Balance zwischen Leben und Arbeiten. Innerhalb der Organisation Orchester entfalten all diese Veränderungen vielfältige Wirkungen. Eine davon ist, dass die Ansprüche an gute Arbeitsbedingungen, positive Zusammenarbeit und Mitgestaltung im Orchesterbetrieb steigen.

 

ZUSAMMENARBEIT AUF DEM PRÜFSTAND

Krisenhafte Entwicklungen stellen das soziale Gefüge Orchester immer wieder auf den Prüfstand. In der Corona-Pandemie etwa war die Abstimmung von Maßnahmen in vielen Häusern von Konflikten begleitet. Das Zusammenspiel von Verwaltung, Geschäftsführung, Gremien und Künstler:innen wird also anspruchsvoller und die Notwendigkeit dringender, einen übergreifenden Dialog zu gestalten, der einen angemessenen gemeinsamen Umgang mit solchen Widrigkeiten erlaubt.

Das Orchester als Organisation stellt hier allerdings einen besonderen Fall dar. Das kritische Gespräch über die Rahmenbedingungen der Arbeit und die eigenen Anliegen und Erwartungen mit dem Ziel einer gemeinsamen Aushandlung konfliktärer Fragestellungen gehört nämlich nicht unbedingt zum Standardrepertoire von Orchestern. Die Klärung vieler Fragen wurde vornehmlich Verwaltung, Geschäftsführung und Gremien überlassen. Um mit krisenhaften Entwicklungen umzugehen, wird es zukünftig aber viel stärker um eine angemessene Beteiligung der Orchester an solchen Entscheidungen gehen. Der kritische Punkt dabei ist, dass die Schaffung von Dialogfähigkeit so zum wichtigsten Erfolgsfaktor für die Transformationsarbeit mit Orchestern wird. Mit anderen Worten: Um Zusammenarbeit und Kultur im Orchester zu verbessern, kommt man nicht umhin, wahrhaftige Gespräche zu führen.

 

KUNST ALS KOMMUNIKATION

Die Festlegung gemeinsamer Ziele und guter Spielregeln der Zusammenarbeit, erfolgreiche Konfliktlösungen und klare Rückmeldungen zwischen Akteur:innen sind nur möglich, wenn man ins Gespräch kommt. Mehr noch: In der Transformationsarbeit hängt vieles sogar davon ab, ob es gelingt, über Kommunikation zu kommunizieren. Orchester hingegen kommunizieren nonverbal. Ihre musikalische Kunst basiert auf einem feinen Gespinst nonverbaler Interaktion zwischen ihren Mitgliedern. Einsätze werden über Bewegungen signalisiert, Rückmeldungen im Kollegium erfolgen oft ohne Worte. Die Qualität des künstlerischen Ausdrucks hat wenig mit expliziter Versprachlichung zu tun. Im Gegenteil: „Viele von uns sind ja Musiker geworden, weil wir nicht so gern sprechen“, teilte mir eine Geigerin einmal mit.

 

LEIDENSCHAFTSORGANISATION ORCHESTER

Orchestermusiker:in zu sein ist viel mehr Berufung als Beruf. Künstlerisches Schaffen verlangt nach Ausdruck. Deshalb ist Musiker:in zu sein auch kein Job, sondern ein untrennbar mit der Identität der Person verbundenes Selbstverständnis als schöpferischer Mensch. Jede Interpretation eines Werks offenbart so immer auch einen Teil der Identität einer Künstlerin oder eines Künstlers. Guten Orchestern gelingt es, ein Kollektiv der Leidenschaft zu gestalten.

Das macht Transformationsarbeit mit Orchestern auf besondere Weise voraussetzungsvoll. Einerseits gilt es, gemeinsam die Bedingungen dafür zu verbessern, diese kollektive künstlerische Leidenschaft gedeihen zu lassen. Das betrifft den physischen Raum (Arbeitszeit, Temperatur, Licht, Lärmschutz u. a.) ebenso wie den zwischenmenschlichen (Beziehungen, Konflikte, sozialer Stress) und den psychologischen (Rollen, Haltung, Empfindsamkeit). Weil aber ein Großteil der Impulse und Inspirationen zu Veränderungsthemen vom Orchester selbst kommen muss, ist die Veränderungsarbeit auch immer wieder auf die oben erwähnte, ungewohnte Versprachlichung eigener Erwartungen angewiesen.

 

DIALOGRÄUME SCHAFFEN

Transformationsarbeit mit Orchestern beginnt beim Orchester selbst. Es gilt, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem die eigenen Erwartungen an Zusammenarbeit, Kommunikation und Kultur versprachlicht werden können. So wird verhindert, dass aus künstlerischer Empfindsamkeit (als Aspekt künstlerischen Selbstverständnisses) auf dem Weg zur Veränderung nicht Empfindlichkeit (als Ergebnis erlebter Beeinträchtigung) wird oder wichtige fachliche Rückmeldungen als Kritik an Person und Persönlichkeit verstanden werden. Über diese Spezifika hinaus behalten viele der guten Praktiken des Veränderungshandwerks wohl auch für die Transformationsarbeit mit Orchestern ihre Gültigkeit. Angefangen bei der gemeinsamen Entwicklung von Zukunftsbildern über die Beteiligung der Betroffenen bis hin zum Einbezug kultureller Muster in die Veränderungsarbeit sollten diese Leitsterne auch Orchestern ausreichend Orientierung bei ihrer Reise in eine selbstbestimmte und selbstgestaltete Zukunft bieten.



Bildnachweis: Frank Bloedhorn

Eindrücke
Il ritorno / Das Jahr des magischen Denkens

Am 7. Mai feierte im Rahmen des Ja, Mai-Festivals die Produktion Il ritorno / Das Jahr des magischen Denkens Premiere. Christopher Moulds dirigierte die Monteverdi-Oper, die mit einem Schauspiel von Joan Didion kombiniert wurde. Regie führte Christopher Rüping.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Eindrücke
5. Akademiekonzert 2022/23 (Jindra)

Am 17. und 18. April dirigierte Robert Jindra das Bayerische Staatsorchester beim 5. Akademiekonzert. Während des Mozart-Programms stand auch Hanna-Elisabeth Müller für die Konzertarie „Bella mia fiamma“ – „Resta, o cara“ auf der Bühne.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Meet the Musicians
Moritz Winker, Fagott (Solo)

Moritz Winker wäre Pilot geworden, wenn er einen anderen Karriereweg eingeschlagen hätte. Nun ist sein Lieblingsplatz in der Oper außerhalb des Orchestergrabens beim Inspizienten: „Was die jeden Abend leisten, ist einfach genial!“. Der Film, der ihn immer wieder lauthals zum Lachen bringt ist Willkommen bei den Sch’tis.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Eindrücke
Das Bayerische Staatsorchester zu Gast in der Isarphilharmonie (Jurowski)

Das Bayerische Staatsorchester war am 25. März zusammen mit seinem Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski zu Gast in der Isarphilharmonie. Für Alban Bergs Violinkonzert Dem Andenken eines Engels gesellte sich Renaud Capuçon auf die Bühne, bevor Anton Bruckners Symphonie Nr. 4 erklang.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Lesestücke
Felix Weingartner: Malawika

„‚Modern‘ sein heißt eingestehen, daß man in kurzer Zeit nicht mehr modern sein wird.“ – Dieser Ausspruch stammt aus dem 1918 erschienen Text Modernität, dessen Autor Felix Weingartner sich gegen eine lineare und durch neue Formen und Ausdrucksweisen ständig überbietende Entwicklung der Musikgeschichte aussprach. So bezeichnete er sich in seinen Lebensaufzeichnungen mal selbstironisch als „Wagnerianer“ und „Lisztianer“ und proklamierte an anderer Stelle die paradoxe Stoßrichtung „vorwärts zu Mozart!“. Weingartner, dessen Todestag sich am 7. Mai 2022 das 80. Mal jährte, vollendete 10 Opern, 7 Symphonien, etliche Lieder sowie Kammermusik und beteiligte sich mit zahlreichen Büchern und Aufsätzen am musikästhetischen- wie theoretischen und aufführungspraktischen Diskurs seiner Zeit. Sein Erfolg begründete sich auf seiner Tätigkeit als Dirigent. So hält sich Gustav Mahler in seinen Briefen an den „liebsten Freund“, wie er Weingartner meistens adressierte, mit Lob nicht zurück: „Ich wüßte Niemanden, dem ich mit solcher Zuversicht und frohem Muthe mein Werk übergeben würde, als Ihnen.“ Weingartner folgte Mahler als Operndirektor der Wiener Hofoper, nachdem er zuvor bereits Kapellmeister mehrerer Opernhäuser sowie Chefdirigent des Münchner Kaim-Orchesters – der heutigen Münchner Philharmoniker – gewesen war. Während seiner 19-jährigen Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern leistete Weingartner einen entscheidenden Beitrag zu deren Weltruhm. Als Abonnementdirigent leitete er sämtliche Konzerte, darunter den ersten Beethoven-Zyklus 1918 sowie die erste Südamerika-Tour 1922 in der Geschichte des Orchesters. Seine Oper Malawika, eine „Komödie in drei Aufzügen“ wurde am 3. Juni 1886 im Münchner Nationaltheater uraufgeführt, als der Komponist gerade 23 Jahre alt war. Das Libretto verfasste er selbst nach einem Drama des indischen Dichters Kalidasa.


Bildnachweis: Archiv Bayerische Staatsoper

Lesestücke
Macht der Musik: die Fronleichnamsprozession und das Wetter
Mus.pr. 124#Beibd.6

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von Thomas Herbst


Die positiven Auswirkungen von Musik auf Menschen ist schon oft erforscht und beschrieben worden. Langsame, leise Musik senkt den Puls und reduziert Stresshormone, und angeblich soll sich Mozarts Musik positiv auf die geistige Entwicklung von Säuglingen auswirken – wobei das bislang noch nicht wissenschaftlich belegt werden konnte. Durch einen Augenzeugenbericht belegt ist allerdings, dass eine Motette von Orlando di Lasso bei der Fronleichnamsprozession des Jahres 1584 sogar Regen und Sturm besänftigt hat – wobei wir Kausalzusammenhänge für diese meteorologische Macht der Musik hier außer acht lassen wollen …

Am frühen Morgen des 31. Mai 1584 waren über München starke Gewitter niedergegangen; auf dem Weg zu St. Peter, wo nach der heiligen Messe die Prozession beginnen sollte, hatten die Mitwirkenden schon in Häusern und Kirchen vor dem Regen Schutz suchen müssen. Beim Gottesdienst gingen daher alle davon aus, Herzog Wilhelm V. werde den sich anschließenden Umgang um die Stadt auf einen schöneren Tag verschieben. Doch der Herzog wartete noch ab. Hören wir, was der für den tadellosen Ablauf des Tages verantwortliche Lizenziat Ludwig Müller darüber schreibt:

„Während ich nun mit meinen Mitkommissaren jedermann an seinen Platz stellte, sah es aus, als ob es jeden Augenblick einen großen Platzregen geben würde und es fing auch etliche Mal an zu tröpfeln. Als nun alles in der gehörigen Ordnung war, ging ich wieder zum Herzog in die Kirche hinein, meldete, daß alles bereit sei und schlug gehorsamst vor, der Herzog möge das Sakrament bis zur Kirchentür tragen lassen und dort solange warten lassen, bis die Geistlichkeit mit ihren Kreuzen und Fahnen und die Bruderschaften alle daran vorbeigezogen wären. Währenddessen war der Himmel ganz schwarz und trübe, aber sobald das hochwürdige Sakrament durch die Kirchentür hinausgetragen wurde und Herr Orlando die Motette „Gustate et videte“ zu singen anfangen ließ, so begann die Sonne so an den Turm von St. Peter zu scheinen, daß ich vor lauter Freude meinen Platz im Zug verließ, zum Herzog ging und ihm zeigte, wie die Sonne auf die Türen schien, und zu ihm sagte: „Gustate et videte quam suavis sit Dominus timentibus eum et confidentibus ei“ (Luther übersetzt Psalm 34,9 folgendermaßen: „Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist denen, die Ihn fürchten und Ihm vertrauen“), welches Ihre fürstliche Durchlaucht mit Freuden anhörte und gnädigst darauf antwortete: ‚Freilich, freilich!‘“

Nun setzte sich also der ganze Zug in Bewegung: voran die Zünfte und Bruderschaften samt ihren Wagen mit über 50 erbaulichen lebenden Bildern aus Geschichten des Alten und Neuen Testaments, die beispielsweise die Erschaffung von Himmel und Erde, Adam und Eva, Kain und Abel zeigten. Hierauf folgte die Geistlichkeit, dann die fürstlichen Trompeter und Pauker sowie die Instrumentalisten und die Hofkantorei; das Heilige Sakrament schließlich wurde der herzoglichen Familie vorangetragen. Von St. Peter (das abwechselnd mit der Frauenkirche den Ausgangspunkt bildete) ging der Zug zum Marienplatz, dann durch die Schwabinger Gasse (Residenzstr.) zum Schwabinger Tor (Odeonsplatz) und einmal um die ganze Stadt herum. Für Ordnung sorgten 1800 Bewaffnete, die in den Gassen Spalier standen. 100 Bürger in prächtiger Rüstung bildeten zusammen mit den Trommlern der Stadt den Schluss des Zuges. Letztere hatten die Anweisung, ununterbrochen zu spielen – jedoch nicht zu laut, damit man weiter vorne die Instrumentalisten und die Kantorei gut hören konnte. Im Jahr 1584 hielt das Wetter: bei strahlendem Sonnenschein, wenn auch mit einem kühlen Wind, wurde der Umgang beendet. Erst als jedermann wohlbehalten zuhause angelangt war, brach ein furchtbarer Platzregen los. Nicht immer jedoch hatten die Teilnehmer so viel Glück. 1716 – Kurfürst Max Emanuel war im Jahr zuvor nach München zurückgekehrt und wollte nach jahrelangem Exil wieder eine Fronleichnamsprozession in seiner Heimatstadt feiern – regnete es so stark, dass der Zug bereits am Marienplatz umkehren musste.

Das bis heute am Donnerstag in der Woche nach Pfingsten stattfindende Fest wurde 1264 von Papst Urban IV. für die gesamte römische Kirche verbindlich gemacht und wahrscheinlich seit 1343 in München mit einer Prozession begangen – wobei der Aufwand dafür im Laufe der Zeit immer weiter anstieg. In die Vorbereitungen waren Ende des 16. Jahrhunderts nicht nur die Bürger der Stadt, sondern mit dem gesamten Hof auch die Musiker der Hofkapelle eingebunden, einige ihrer Aufgaben erfahren wir wiederum von Ludwig Müller: Trompeter Cesare Bendinelli unterrichtete bereits ein Jahr im Voraus vier Knaben aus der Münchner Bürgerschaft, die auf dem Wagen der Goldschmiede die vier Engel beim Jüngsten Gericht darstellen sollten; Kapellmeister Orlando di Lasso besprach mit dem Obersten Trompeter Fileno Cornazzani, wie die Instrumentalisten zu verteilen waren und was sie für Stücke spielen sollten. Für den Wagen der Metzgerzunft hatte Cornazzani ein Stück komponiert, das von Schülern auswendig gelernt werden musste, dazu tanzten die Darsteller dann um das goldene Kalb. Bei den Balbierern spielte man auf „Tannbarin, pfeiffen, Dulcin, Driangl, geigl, peukhl, lautten, Quintern vnnd Zittern oder Pusaunen“ eine „antiqua Musica Hebreorum“, ein Harfenist tanzte als König David vor der Arche, es wurden etliche Knaben gebraucht, die „Instrument (Orgel), geigen, lautten, pusaunen, Zincken vnnd anndern instrumenten“ spielen konnten, und natürlich wurde auch viel gesungen: unter anderem ein „besonnder Gesanng de Natiuitate Ch[risti] von Hern Orlando“ di Lasso, also eigentlich ein für Weihnachten komponiertes Stück.

Die Beteiligung der Instrumentalisten der Hofmusik nahm allerdings im 19. Jahrhundert stark ab, in dessen 90er-Jahren nur noch einige Trompeter und Pauker des nunmehr so genannten königlich bayerischen Hoforchesters bei der Prozession mitliefen, wie die erhaltenen Abrechnungen belegen.


Bildnachweis: DI ORLANDO DI LASSVS il primo libro de motetti a cinque & a sei voci. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 4 Mus.pr. 124#Beibd.6

Chefs
Joseph Hartmann Stuntz

Joseph Hartmann Stuntz wurde am 23. Juli 1793 in Arlesheim bei Basel geboren und komponierte nach dem ersten Musikunterricht bei seinem Vater bereits als 14-Jähriger ein Te Deum für das Straßburger Münster. In die Münchner Hofkapelle trat er 1808 ein und studierte bei Peter von Winter, später auch in Wien bei dessen Lehrer Antonio Salieri. Von 1816 bis 1818 war Stuntz Kapellmeister der italienischen Oper München, und in den darauffolgenden Jahren komponierte er einige Opern für die Theater in Venedig, Mailand und Turin. Am Teatro alla Scala war seine Oper La rappressaglia so erfolgreich, dass ihm der Titel „maestro di cartello“ zuteil wurde. 1823 wurde Stuntz Vizekapellmeister der Münchner Hofkapelle und 1825 erster Hofkapellmeister als Nachfolger Peter von Winters. Als „Nationalkomponist und Festdirigent“ Bayerns wurde Stuntz’ Musik bei großen Einweihungsfeiern gespielt – zum Beispiel bei der Eröffnung der Walhalla oder bei der Grundsteinlegung der Befreiungshalle und bei der Enthüllung der Bavaria. Außerdem gilt er als Begründer des Männergesangswesens in München. 1859 verstarb er in München.


Bildnachweis: Radierung von Joseph Hartmann Stuntz um 1830. Bayerische Staatsbibliothek, Ausstellungskataloge, 38.

Ensembles
Munich Opera Horns

„Die Horngruppe ist für mich ein Grundpfeiler, vielleicht sogar das Herzstück des Bayerischen Staatsorchesters.“ (Kirill Petrenko)

Die zehn Musikerinnen und Musiker der Horngruppe des Bayerischen Staatsorchesters nennen sich als eigenständiges Ensemble Munich Opera Horns. Schon ihr Klangspektrum verortet die Stimmgruppe als Mittelpunkt im Orchester. Ein Klang, der weniger grell ist als die höheren Blechbläser und weniger massiv als die Tuben. Ein Klang, der wie ein Kitt funktioniert, in der Mitte warm in alle Richtungen ausstrahlend. Ein Klang, der aber auch kernig zupacken kann, der ein Drama erzeugen kann, wenn es denn verlangt ist. Der die Oberfläche des Orchesterklangs von innen aufbrechen kann und dann schließlich alle wieder zusammenführt.

Von diesem Mittelpunkt aus agieren die Munich Opera Horns auch als Ensemble. 2007 haben sie sich gegründet, die Besetzung wechselte mit den jeweiligen Mitgliedern der Stimmgruppe, das Ziel bleibt bis in die aktuelle Besetzung gleich: Johannes Dengler, Pascal Deuber, Franz Draxinger, Milena Viotti, Éva Fröschl, Wolfram Sirotek, Maximilian Hochwimmer, Christian Loferer, Stefan Böhning und Casey Rippon beleben die Tradition ihres Instruments. Und entwickeln jenseits der Opern-Routine neue, gleichberechtigte Formen im Spiel. Können hier ihre starke und ganz individuelle Spielkultur als Kammermusikerinnen und -musiker leben.

Auf vier Tonträgern ist die Gruppe mittlerweile zu hören. Ihr Debütalbum „Fan Faire“ gab diesen Weg 2013 exemplarisch vor: Arrangements klassischer Stücke für ein Hornensemble trafen auf Werke aus der Operntradition und der Moderne. Dazu: Eine Auftragskomposition von Miroslav Srnka, der mit „Fan Faire“ den einzigartigen Klang der Gruppe in ein Stück Musik goss.

 

„Mit zu den schönsten und denkwürdigsten Erlebnissen in meiner Dirigentenlaufbahn gehört die Begegnung mit dem Hörnerklang aus dem Bayerischen Staatsorchester. Diese Sicherheit in der Intonation, diese Sauberkeit und Klarheit in den Harmonien, diese Homogenität der Schwingungen, dieses weitgespannte Artikulationsspektrum, diese Kraft, dieses Geheimnisvolle, dieser verwunschene Zauber!“ (Kent Nagano)

 

Im Jubiläumsjahr des Bayerischen Staatsorchesters geht das Ensemble noch einen Schritt weiter. Während das Orchester sein 500-jähriges Bestehen feiert und die Horntradition in diesem Orchester immerhin auch schon bis 1706 zurückreicht, als die ersten Hornisten von Kurfürst Max Emanuel III. fest an der Bayerischen Hofkapelle angestellt wurden, blicken die Munich Opera Horns als Ensemble nun auf eine eigene, 15 Jahre dauernde Tradition zurück. Und der begegnen die Musikerinnen und Musiker, in dem sie sich einem Repertoire widmen, das sich aus der Geschichte des eigenen Instruments speist.

Ein Orchesterinstrument war das Horn lange nicht. Sondern am Anfang als Alphorn erst einmal eines, das in seiner Bauart und in seinem Klang tief mit der Landschaft und seiner Funktion in dieser Landschaft verwurzelt war. Wenn die Munich Opera Horns nun solche traditionellen Klänge, fern der Theater- und Orchesterwelt, mit aufnehmen, führen sie ihre Hörerinnen und Hörer zu den Wurzeln dieses so besonderen Orchesterinstruments. Und mit der aktuellen Auftragskomposition, dem den Munich Opera Horns gewidmeten Voyager 2 von Konstantia Gourzi, blickt die Musik von der Gegenwart in eine mögliche Zukunft. Außerdem hat die Gruppe mit dem ensembleeigenen Arrangeur Pascal Deuber, seit 2019 Solo-Hornist im Staatsorchester, jemanden, der ihr gewitzte und klangschöne Arrangements, etwa von Richard Strauss’ Hornkonzert Nr. 2 oder dessen Daphne für Horn-Oktett, auf den klanglichen Leib schneidert. Die Tradition dieses Instruments wird hier auf vielen Ebenen gelebt. Auf ganz ursprünglichem wie dem Alphorn. Auf der klassischen, auf der neu komponierten oder neu arrangierten. Das stärkt. Denn die Tradition ist immer dann besonders eindrücklich, wenn sie auch anderes kennt als sich selbst. Dann wird sie exzellent. Erst dann wird sie gegenwärtig.
Rita Argauer

„Während der acht Jahre, die ich als Generalmusikdirektor an der Bayerischen Staatsoper tätig war, habe ich die wunderbare Horngruppe des Bayerischen Staatsorchesters immer wieder bewundert.“ (Zubin Mehta)

Meet the Musicians
Anna-Maija Hirvonen, 2. Violine

Anna-Maija Hirvonen beschäftigt sich in ihrer Freizeit mit Themen rund um Philosophie, Psychologie, Mystik und Spiritualität. Urlaub macht sie besonders gerne im peruanischen Amazonasgebiet. Dort durfte sie schon viele Entdeckungen bezüglich der größten Fragen des Menschseins machen.


Bildnachweis: Wilfried Hösl

Eindrücke
Feste feiern! Tuba-Trio: Eine Tuba kommt selten allein

Am 29. April spielten Stefan Ambrosius, Steffen Schmid und Simon Unseld bei der Veranstaltung „Tube-Trio: Eine Tuba kommt selten allein“ im KulturBunt Neuperlach im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Feste feiern!“.

Chefs
Peter von Winter
https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ZKGPvAyxgA

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Peter von Winter wurde am 28. August 1754 in Mannheim geboren und begann seine Laufbahn als Violinist im dortigen Hoforchester, wo er zwischenzeitlich auch Kontrabass spielte. Während seiner Mitwirkung im Orchester lernte er die italienische und deutsche Oper intensiv kennen, bevor er seine eigenen Opern komponierte. 1778 siedelte er nach München über, als ein Großteil des Mannheimer Orchesters dorthin berufen wurde. Während eines Aufenthalts in Wien studierte er mehrere Monate bei Antonio Salieri, und 1787 wurde er zum Vizekapellmeister des Münchner Hoforchesters ernannt, 1798 dann zum Kapellmeister, als der er vor allem die Kirchenmusik und die italienische Oper leitete. Seine eigenen Opern wurden damals in Neapel, Venedig und Wien, später auch in London gefeiert. Gemeinsam mit Emanuel Schikaneder, dem Librettisten der Zauberflöte erstellte Winter eine Fortsetzung von Mozarts populärer Oper mit dem Titel Das Labyrinth oder Der Kampf mit den Elementen. Mozart selbst jedoch bezeichnete „den Winter“ in einem Brief an den Vater 1781 als seinen „größten Feind“. Neben Carl Maria von Weber leistete Peter von Winter durch seine Singspiele bedeutende Pionierarbeit auf dem Gebiet der deutschen Oper vor Richard Wagner. Zudem war Winter 1811 gemeinsam mit Mitgliedern der Münchner Hofkapelle an der Gründung der Musikalischen Akademie beteiligt: der bis heute bestehenden Münchner Konzertvereinigung. Winter wirkte in München bis zu seinem Tod 1825.


Bildnachweis: Johann Nepomuk Haller, Der Komponist und Kapellmeister Peter von Winter (1754–1825), 1825, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Neue Pinakothek München, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ZKGPvAyxgA

Lesestücke
Herzensbildung für Jung und Alt

Das Bayerische Staatsorchester:
Im Bereich der Bildungsarbeit seit Jahrzehnten in der ersten Liga.


von Christian Geltinger


Die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters liest sich wie der Prozess einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Dieses Selbstverständnis korrespondiert mit dem Geist der Renaissance, in dem vor 500 Jahren mit der Münchner Hofkantorei die Vorläuferin des Bayerischen Staatsorchesters gegründet wurde. Die Orchester, die sich damals aus dem Hoheitsbereich der Kirche lösten, erfuhren eine deutliche Professionalisierung und wurden zum Aushängeschild der Höfe als geistig-kulturelle Zentren einer Stadt. In München vollzog sich dieser Strukturwandel nicht zufällig in einer Zeit, in der die bis dahin auf der bayerischen Landkarte eher unbedeutende spätere Landeshauptstadt an politischem Gewicht gewann. Musik wurde immer mehr zu einem Mittel gesellschaftlicher oder zumindest höfischer Repräsentanz, zu einem Medium, in dem sich eine Gesellschaft widerspiegelt. Im gemeinsamen Vollzug, im Fest, im Konzert, im Musizieren und Zuhören, konstituierte sich Gesellschaft.

Die Bedeutung von Kunst und Musik wird für das Zusammenleben in einer von Krisen und Kriegen verunsicherten, den Gesetzen des Pragmatismus und der Selbstoptimierung unterworfenen Gesellschaft immer wichtiger. Das zeigt sich insbesondere auf dem Gebiet der kulturellen Bildung, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend zur Kernaufgabe vieler Opern- und Konzerthäuser geworden ist. Hier dürfen die Bayerische Staatsoper und das Bayerische Staatsorchester, die sich seit etwa zwanzig Jahren diesem Thema verstärkt widmen, als Vorreiter gelten. Auch für den Bereich der musikalischen Bildung steht ein historisches Vorbild Pate, nämlich die Reihe der sogenannten „Musikalischen Akademien“, die das Bayerische Staatsorchester in eigener Verantwortung ausrichtet. Hintergrund ist nicht zuletzt ein wechselseitiger pädagogischer Effekt. Der Oper als bislang höfischer Kunstform stellten die Mitglieder des Hoforchesters das Konzert gegenüber, in dem nun das Orchester im Rampenlicht stehen konnte. Mit der damit einhergehenden Repertoireerweiterung vollzog sich gleichzeitig eine Öffnung für neue Zuschauerschichten. Damit waren die Konzerte der „Musikalischen Akademie“ letztlich auch die ersten Bildungsveranstaltungen des Orchesters. So genießt das Bayerische Staatsorchester bis heute den Ruf als erstklassiges Opern- und Konzertorchester.

Es ist also nur konsequent, wenn sich ATTACCA, das 2007 gegründete Jugendorchester des Bayerischen Staatsorchesters, auf die „Musikalische Akademie“ beruft. Freilich hat sich der Ausbildungscharakter gegenüber den autoritären Erziehungsmethoden des 19. Jahrhunderts deutlich verändert. Musik soll bei allem Anspruch auf Professionalität schließlich auch Freude machen. Der Umgang erfolgt daher auf Augenhöhe, und die Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters fungieren als Coaches für den musikalischen Nachwuchs. Ausgestattet mit den Tipps und Tricks vom Profi agiert ATTACCA bei den Tutti-Proben und Auftritten dann wieder als eigenständiges Orchester. Und diese Auftritte können sich sehen lassen. Das Orchester spielte regelmäßig bei den Open-Air-Konzerten Oper für alle, bei den Erlebniskonzerten der Bayerischen Staatsoper und bei Veranstaltungen der Heinz-Bosl-Stiftung. Es trat mit eigenen Programmen im Prinzregententheater auf und wurde zum Richard-Strauss-Festival nach Garmisch-Partenkirchen eingeladen. Zu Recht erhielt die Nachwuchsarbeit 2011 den ECHO KLASSIK Sonderpreis für das Projekt ATTACCA.

Während sich die Mitglieder von ATTACCA teilweise noch in der Findungsphase befinden – sie sind in einem Alter zwischen 12 und 18 Jahren – ist für die Musiker:innen der Hermann-Levi-Akademie der Weg bereits vorgezeichnet. Sie stehen an der Schwelle zum festen professionellen Engagement und können im Rahmen dieses Akademistenprogramms Erfahrungen in einem Profiorchester sammeln sowie ihre Repertoirekenntnisse erweitern. Das umfangreiche Ausbildungsprogramm, das die Akademist:innen erfahren, beinhaltet auch Aspekte, die zwar elementar sind für den Musikerberuf, aber dennoch lange Zeit unterschätzt wurden, wie etwa die mentale Vorbereitung auf diesen Beruf. Den Namen Hermann-Levi-Akademie erhielt die Akademie, die bereits 2002 gegründet wurde, im Jahr 2021. Damit ehrte das Bayerische Staatsorchester eine Dirigentenpersönlichkeit, die das Haus von 1872 bis 1896 entscheidend prägte. ATTACCA und die Hermann-Levi-Akademie stehen unverkennbar im Zeichen der musikalischen Nachwuchsförderung, um nicht zusagen der Elitenförderung. Das Bayerische Staatsorchester stößt mit seiner Bildungsarbeit jedoch noch in ganz andere Bereiche vor. Denn kulturelle Bildung sollte vor allen Dingen zweckfrei sein. Wer glaubt, man würde durch die Verabreichung sämtlicher Symphonien Mozarts eine Reihe neuer Wunderkinder hervorbringen, oder es würde zumindest eine bessere Mathenote dabei herausspringen, der ist auf dem Holzweg. Das Gleiche gilt für Theaterschaffende, die sich der Illusion hingeben, aus den Programmen für Kinder und Jugendliche ließe sich das Publikum von morgen rekrutieren. Keine Frage, positive Erlebnisse prägen sich ein und bauen eine erste Bindung auf. Der ökonomische Gedanke sollte dabei aber an letzter Stelle stehen.

Gerade in einer Gesellschaft, die immer diverser wird, ist es wichtig, Zugänge in der Breite zu schaffen. Musikalische Talente schlummern nicht nur in Familien, deren Elterngenerationen beispielsweise seit Jahrzehnten im Medizinerorchester spielen oder den Musikerberuf gar professionell ausüben. Daher ist es immer wichtiger, in die Schulen und bestenfalls auch in die Provinz zu gehen, wo man Kinder und Jugendliche aus allen Bildungsschichten erreicht. Das tut auch das Bayerische Staatsorchester. Ohne Berührungsängste verlassen die Musiker:innen ihren Elfenbeinturm. In der persönlichen Begegnung mit Instrumentalist:innen können Kinder und Jugendliche hautnah deren Enthusiasmus für die Musik erleben und erfahren, was es heißt, diesen Beruf professionell auszuüben. Für viele ist das sogar die erste Gelegenheit überhaupt, mit einem Instrument buchstäblich in Berührung zu kommen und sich von der Magie des Klangs anstecken zu lassen. Das Qualitätsbewusstsein, das vollkommen „unbelastete“ Kinder und Jugendliche bei diesen Begegnungen an den Tag legen, ist immer wieder faszinierend.

Und so dürfen sich die jüngsten Konzertbesucher:innen auf Sitzkissen tummeln, während die Musiker:innen von der großen Bühne auf das Garderobenfoyer wechseln und das Frackhemd gegen das bequeme T-Shirt tauschen. Kinder brauchen diesen geschützten Raum, in dem sie spielerisch mit Musik und Theater, mit sich selbst und ihren Gefühlen dabei in Berührung kommen können. Und das gilt für Erwachsene nicht weniger. Konzerte wie Oper für alle zeigen, wie wichtig es ist, mit den Menschen auf Tuchfühlung zu gehen. Kunst vollzieht sich da, wo sich Menschen, egal welchen Alters, begegnen, um sich gemeinsam berühren zu lassen. Alle lauschen derselben Musik, jeder fühlt etwas anderes. So entsteht Austausch. Und damit schließt sich auch der Bogen zu den Anfängen des Staatsorchesters. Die professionelle Pflege und Weitergabe einer jahrhundertealten Kulturpraxis, wie sie das Bayerische Staatsorchester ausübt, ist nicht nur identitätsstiftend für das Selbstverständnis eines Kulturraums, sie ist heute wichtiger denn je für die Herzensbildung einer Gesellschaft.



Bildnachweis: Frank Bloedhorn

Eindrücke
Begegnungen: Ein Sommernachtstraum am 1.4.

Nach der Vorstellung von Ein Sommernachtstraum am 1. April im Nationaltheater fand die fünfte Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters.

Ensembles
Das Praetorius-Quartett

Das Praetorius-Quartett wurde 2012 von Mitgliedern des Bayerischen Staatsorchesters gegründet. Seither erkunden David Schultheiß, Guido Gärtner sowie Adrian Mustea und Yves Savary neben den großen Opernkompositionen im Graben und den symphonischen Werken auf dem Podium des Münchner Nationaltheaters auch das Quartettrepertoire mit großem Erfolg: „Die Musiker bringen die Stimmen zu makelloser Balance und spielen mit höchstem Risiko“ (Michael Stallknecht, SZ).

Eine intensive Konzerttätigkeit, Rundfunkaufnahmen und Engagements bei internationalen Musikfestivals, wie dem Carinthischen Sommer, den Münchner Opernfestspielen und dem Bologna Festival, dokumentieren das hohe künstlerische Niveau des Praetorius-Quartetts.

Eindrücke
4. Kammerkonzert 2022/23 (Musik um Richard Strauss)

Am 12. März fand das 4. Kammerkonzert des Bayerischen Staatsorchesters in der Allerheiligen Hofkirche statt. Markus Wolf, So-Young Kim, Adrian Mustea, Emanuel Graf, Carlos Vera Larrucea und Julian Riem spielten Musik von Richard Strauss, Karl Amadeus Hartmann sowie Hans Pfitzner. Auf den Fotos sind Eindrücke von den Proben zu sehen.

Meet the Musicians
AIDA-TROMPETE

Frank Bloedhorn, Trompeter des Bayerischen Staatsorchesters, über die Aida-Trompeten, die in unserer Neuinszenierung Aida zum Einsatz kommen. Hier erfahrt ihr warum dieses Instrument eine so besondere und lange Geschichte aufweist.

Zeitzeugnisse
Kinderschreiben ans Orchester 1
jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

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MUSIKALISCHE AKADEMIE – DACAPO



DACAPO ist das Musikvermittlungsprojekt der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters e. V. Es wurde von Musiker:innen des Orchesters für eine 3. und eine 4. Klasse an Grundschulen im Münchner Umkreis entwickelt. Innerhalb weniger Wochen besuchen Musiker:innen die ausgewählten Klassen der Schule. In Workshops stellen sie ihre Instrumente und ihren Beruf vor. Den Abschluss bildet nach Möglichkeit ein Konzert für alle Schüler:innen in der Schule. DACAPO verbindet damit die Begegnung mit KünstlerInnen sowie das Kennenlernen und Ausprobieren von Orchesterinstrumenten in den Workshops mit dem Erleben einer Konzertsituation.

Die Bewerbung für das Projekt DACAPO erfolgt über das Schulprogramm der Bayerischen Staatsoper an jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

Chefs
Paul Pietragrua
https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00054636?page=6,7 Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Slg.Her 1725

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Der Violinist, Kapellmeister und Komponist Paul Grua wurde am 1. Februar 1753 in Mannheim geboren und erhielt seine musikalische Ausbildung bei seinem Vater Carlo Pietragrua, der als Kapellmeister am kurpfälzischen Hof unter den Kurfürsten Carl Philipp und Carl Theodor für alle Bereiche der Hofmusik zuständig gewesen war. Paul Pietragrua wirkte in der Mannheimer Hofkapelle, bevor er 1777 zu einem Studienaufenthalt nach Bologna und Parma geschickt wurde. Nachdem der Mannheimer Hof nach München übergesiedelt war, wurde Paul Pietragrua 1779 zum Vizekapellmeister ernannt, bevor er ab 1784 als Kapellmeister der Vokalmusik am Münchner Hof wirkte. 1780 wurde Paul Pietragruas Karnevalsoper Telemaco im Münchner Cuvilliés-Theater uraufgeführt, danach konzentrierte sich der Komponist auf die Kirchenmusik. Er führte sein Amt des Kapellmeisters bis zu seinem Tod 1833 in München aus, also insgesamt fast ein halbes Jahrhundert.


Bildnachweis: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00054636?page=6,7 Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Slg.Her 1725

Meet the Musicians
Verena Kurz, 2. Violine

Verena Kurz geht in ihrer Freizeit gerne Laufen oder fährt mit dem Rennrad Richtung Berge. Das Beste an ihrem Beruf ist für Verena Kurz alles live zu erleben. Die Abwechslung und Spontanität am Abend und die unbändigen Emotionen auf der Bühne und im Graben machen ihr einfach Spaß.


Bildnachweis: Wilfried Hösl

Zeitzeugnisse
Hans Werner Henze: Elegie für junge Liebende

Hans Werner Henzes Oper in drei Akten Elegie für junge Liebende wurde am 20. Mai 1961 im Schlosstheater Schwetzingen durch das Ensemble der Bayerischen Staatsoper uraufgeführt. Die Oper entstand als Auftragswerk des Süddeutschen Rundfunks für die Schwetzinger Festspiele, wobei sich Henze mit der Vorstellung „von einer psychologisch sehr nuancierten Kammeroper“ an die Librettisten Wystan Hugh Auden und Chester Simon Kallman wandte. Eine deutsche Übersetzung des Librettos wurde von Ludwig Landgraf unter Mitarbeit von Werner Schachteli und dem Komponisten erstellt. Die Handlung ist in den österreichischen Alpen 1910, genauer im Berggasthaus „Schwarzer Adler“, angesiedelt. Im Zentrum stehen die beiden jungen Liebenden Toni Reischmann und Elisabeth Zimmer, deren gemeinsamer tragischer Tod in einem Schneesturm dem eifersüchtigen Dichter Gregor Mittenhofer als Material für sein Gedicht „Elegie für junge Liebende“ dient. Die Musik ist ebenso von einem transparenten und differenzierten Klangbild wie von Reminiszenzen an die italienische Oper und Sprechgesang Schönberg’scher Prägung bestimmt. Die Uraufführung mit Dietrich Fischer-Dieskau als Mittenhofer und Heinrich Bender als Dirigenten in der Ausstattung von Helmut Jürgens wurde als Henzes „Durchbruch zu einer eigenen musikalischen Sprache“ gerühmt.


Bildnachweis: Archiv Bayerische Staatsoper

Meet the Musicians
Markus Kern, 2. Violine

Markus Kern fährt in seiner Freizeit gern Boot, und seine Lieblingsmusikerin ist Jessy Norman. Wenn er nicht Musiker geworden wäre, würde Markus Kern heute bei der Kriminalpolizei arbeiten.


Bildnachweis: Wilfried Hösl

Zeitzeugnisse
Thomas Mann an Hans Pfitzner

München den 19. V. 17.
Poschingerstr. 1.


Verehrter Herr Professor:

Gestern Abend beendete ich die Lektüre Ihres „Palestrina“ und danke Ihnen von Herzen, daß Sie mir den Vorzug gewährten, das Buch vor der Aufführung kennen zu lernen, – der Aufführung, der ich nun mit ganz anderer Freude und feierlicher Spannung entgegensehe, als vordem. Sie wird ja eine Apotheose der Musik selbst, nichts Geringeres, bedeuten, – schon die Dichtung ist das, und zugleich ist sie, wie Nietzsche über den Parsifal-Text schrieb, „eine höchste Herausforderung der Musik“, eine höchste Herausforderung aber auch an die eigene Meisterschaft. Welches kühne, ja überschwengliche Bewußtsein Ihres Könnens muß in Ihnen lebendig gewesen sein, als Sie sich diesen „Text“ dichteten! Man kann nicht höher greifen, als mit ihm, aber, merkwürdig, zugleich ist er es, der mir die zweifellose Zuversicht einflößt, daß wir am 12. Juni den Kranz in Ihrer Hand sehen werden.

Verzeihen Sie, daß ich von Zuversicht rede, wo ich von Dankbarkeit für schon Empfangenes reden sollte. Aber ein szenisch-sprachlicher Plan wie dieser ist ja nichts Vollkommenes, nichts, was man anschauen dürfte, wie man selbstgenügsame Sprachgebilde anzuschauen gewohnt ist. Von einem solchen Standpunkt aus gesehen finden sich unleugbar Härten, Cruditäten, scheinbare Dilettantismen darin, die aber im Hinblick auf die Musik höchst wahrscheinlich ihre Rechtfertigung in sich selber tragen, philosophische Trockenheiten, die dichterisch nicht „aufgenommen“ sind, wie „Einzelexistenz“ u. dergl. m. . Das Bezeichnende aber ist, daß das Sprachliche immer nur an solchen Stellen unzulänglich wirkt, wo man versucht ist, es absolut, als direktes dichterisches Mittel zu nehmen, – niemals dort, wo die Worte nicht sowohl für die Musik geschrieben, als vielmehr aus der Musik geboren und eigentlich selbst schon Musik sind, wie in der herrlichen sechsten Szene des ersten Aktes, – diese glorreiche Seite 33 des Textes, die wenigstens ich nicht ohne ein schwellendes Gefühl musikalischen Glückes zu lesen vermag.

Sie vermieden den Namen des Drama’s auf dem Titelblatt, und wirklich kann von einer Handlung im gewöhnlichen Sinn, von Verwicklung, Spannung, Lösung oder Katastrophe ja nicht die Rede sein. Als Gebilde musikalischen Ursprungs und musikalischer Bestimmung wirkt die Dichtung trotzdem höchst dramatisch: die bunte und groteske Realität des II. Aufzuges steht prachtvoll zwischen der seraphischen Metaphysik des I. und der hohen Milde des Ausganges. Und wie kommt es, daß der Held, ohne daß er sich in einer eigentlich dramatischen Handlung zu bewähren hätte, dennoch so vollkommen tragisch wirkt? Das ist die Wirkung unmittelbarster Lyrik.

Geistig sind Sie ganz in dem Werk enthalten, mit Ihrem hohen Konservativismus, Ihrer Kunstfrömmigkeit, Ihrer echtbürtigen Deutschheit. Walter sprach mir mit ehrlichstem Respekt von der reifen Meisterschaft, die Sie in dem musikalischen „Teil“ des Werkes entfaltet haben, und die nur bei den höchsten musikalischen Würdenträgern der Vorzeit ihresgleichen habe. Ich glaube es ihm aufs Wort; denn eben diese Meisterschaft liegt als selbstverständliche Forderung in der Dichtung beschlossen … Übrigens sehe ich recht wohl die Fäden, die von diesem Werk zu Ihrer Streitschrift gegen jene italienischen Albernheiten laufen. „Weil doch aus großer Meister Zeit das wohlerfundne Alte – etc.“

Für heute nichts weiter – als nochmals meinen Dank. Brauchen Sie das Buch? Oder geht es an, daß ich es noch etwas behalte? Ferner: würden Sie, bei dem schönen Wetter, das der Entfernung ihren Stachel nimmt, meiner Frau und mir einmal einen Nachmittag oder Abend hier draußen schenken? Seit alle Dinge, die früher höchstens „interessant“ waren, brennend geworden sind, ist, finde ich, das Austauschbedürfnis sehr gewachsen.

Ihr ergebener
Thomas Mann


Bild- und Textnachweis: ÖNB, Musiksammlung F68.Pfitzner.2449/1. Mit freundlicher Genehmigung des S. Fischer Verlags, Frankfurt am Main.

Chefs
Andrea Bernasconi
http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10381988-6,

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Andrea Bernasconi wurde wahrscheinlich 1706 in Marseille geboren und komponierte bereits einige Opern, bevor er nach München kam. Außerdem wirkte er in Venedig am Ospedale della Pietà als „maestro di capella“. 1753 wurde er zum Vizekapellmeister am Münchner Hof durch den Kurfürsten Maximilian III. Joseph in München berufen, dem er auch Musikunterricht erteilte. Nach dem Tod des Hofkapellmeisters Giovanni Porta übernahm Bernasconi dessen Stelle 1755. Bernasconis Opern kamen in zahlreichen europäischen Städten zur Aufführung, die meisten allerdings in München: zum Beispiel 1768 La clemenza di Tito, bevor Mozart eine gleichnamige Oper komponieren sollte, oder auch 1760 Agelmondo und 1772 Demetrio. Bernasconi blieb im Amt bis zu seinem Tod 1784 in München.


Bildnachweis: Von Pietro Metastasio, Andrea Bernasconi – Demetrio. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Bavar. 4015-4,1/4 http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10381988-6,

Chefs
Giovanni Porta
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=13401583

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Giovanni Porta wurde um 1675 in Venedig geboren, wo er Schüler war von Francesco Gasparini, bevor er zwischen 1706 und 1710 am Hof des Kardinals Pietro Ottoboni in Rom tätig war. Weitere Wirkungsstätten waren in Vicenza und Verona sowie am Conservatorio della Pietà unter Antonio Vivaldi. Ab 1716 widmete er sich vor allem der Komposition von Opern und geistlichen Werken. Von 1726 bis 1737 war er „maestro di coro“ am Ospedale della Pietà als Kollege von Vivaldi. 1737 übernahm er nach dem Tod Pietro Torris dessen Stelle des Kapellmeisters am Münchner Hof. 1755 verstarb Porta in München.



Bildnachweis: Von Heinrich Eduard Winter – Dieses Bild stammt aus der Digitalen Bibliothek Gallica und ist verfügbar unter der ID btv1b8423665z, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=13401583

Zeitzeugnisse
Kinderschreiben ans Orchester 2
jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

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MUSIKALISCHE AKADEMIE – DACAPO



DACAPO ist das Musikvermittlungsprojekt der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters e. V. Es wurde von Musiker:innen des Orchesters für eine 3. und eine 4. Klasse an Grundschulen im Münchner Umkreis entwickelt. Innerhalb weniger Wochen besuchen Musiker:innen die ausgewählten Klassen der Schule. In Workshops stellen sie ihre Instrumente und ihren Beruf vor. Den Abschluss bildet nach Möglichkeit ein Konzert für alle Schüler:innen in der Schule. DACAPO verbindet damit die Begegnung mit KünstlerInnen sowie das Kennenlernen und Ausprobieren von Orchesterinstrumenten in den Workshops mit dem Erleben einer Konzertsituation.

Die Bewerbung für das Projekt DACAPO erfolgt über das Schulprogramm der Bayerischen Staatsoper an jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

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Pietro Torri
https://www.amazon.de/Baviera-Neue-Hofkapelle-München/dp/B00011MK38


Bildnachweis: Ars Produktion https://www.ars-produktion.de/Pietro_Torrica1650_1737_La_Baviera/topic/SACDs/shop_art_id/132/tpl/shop_article_detail

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Der Sänger, Komponist und Organist Pietro Torri wurde um 1650 in Peschiera del Garda geboren. Er war Organist und Kapellmeister am Hof des Markgrafen von Bayreuth, bevor er ab 1689 als Organist am Hof des Kurfürsten Max Emanuel in München wirkte. Als dieser zum Gouverneur der Spanischen Niederlande berufen wurde, folgte Torri dem Kurfürsten 1692 nach Brüssel, wo er in der Brüsseler Hofkapelle die Stelle eines „maître de chapelle“ einnahm und die Opernaufführungen leitete. Nach einem Machtwechsel kehrte Max Emanuel 1701 zurück nach München, wo Torri vorerst als Kammermusikdirektor diente, da das Amt des Hofkapellmeisters noch von Giuseppe Antonio Bernabei ausgeübt wurde. Während des spanischen Erbfolgekriegs residierte der Kurfürst von 1704 bis 1714 erneut in Brüssel, wohin ihm auch Torri folgte. Wieder in München hatte Torri 1715 den Titel des Hofkapelldirigenten inne, bis er 1732 nach dem Tod Bernabeis schließlich zum Hofkapellmeister ernannt wurde. 1737 verstarb Torri in München. Er hinterließ Messen und andere liturgische Formen, Oratorien, Kantaten und zahlreiche Opern, von denen die meisten in München uraufgeführt worden sind.

Es existiert unter anderem eine CD-Einspielung von ausgewählten Werken Torris durch Christoph Hammer und die Neue Hofkapelle München: https://www.amazon.de/Baviera-Neue-Hofkapelle-München/dp/B00011MK38


Bildnachweis: Ars Produktion https://www.ars-produktion.de/Pietro_Torrica1650_1737_La_Baviera/topic/SACDs/shop_art_id/132/tpl/shop_article_detail

Eindrücke
Begegnungen: Die Teufel von Loudun am 11.3.

Nach der Vorstellung von Die Teufel von Loudun am 11. März im Nationaltheater fand die vierte Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters.

 

Eindrücke
Begegnungen: Manon Lescaut am 25.2.

Nach der Vorstellung von Manon Lescaut am 25. Februar im Nationaltheater fand die dritte Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters.

 

Eindrücke
BEGEGNUNGEN: DIDO AND AENEAS … ERWARTUNG AM 4.2.

Nach der Vorstellung von Dido and Aeneas … Erwartung am 4. Februar im Nationaltheater fand die zweite Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters.

 

Eindrücke
Un:erhört – Kammerkonzert der Hermann-Levi-Akademie

Am 20. März stellten sich die jungen Nachwuchstalente der Hermann-Levi-Akademie bei einem Konzert in der Alten Pinakothek vor.

Chefs
Giuseppe Antonio Bernabei
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:GA_BERNABEI.jpg


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Der Sohn Ercole Bernabeis kam 1649 in Rom zur Welt und erhielt seine musikalische Ausbildung bei seinem Vater, dessen Nachfolge als Kapellmeister an San Luigi dei Francesi er 1672 antrat. Er erhielt die Priesterweihe, bevor er nach München übersiedelte, wo er 1677 zum Vizekapellmeister ernannt wurde und nach dem Tod seines Vaters 1687 dessen Amt als Münchner Hofkapellmeister. Giuseppe Antonio komponierte schon ab 1690 keine Opern mehr für München und konnte sich ganz auf die Hof-Kirchenmusik konzentrieren, als der Kammer-Musikdirektor Pietro Torri die Komposition von Opern und Kammermusik übernahm. 1704 wurde die Hofkapelle vorübergehend aufgelöst, als Bayern durch Österreich besetzt wurde, und 1708 wurde Giuseppe Antonio Bernabei entlassen. 1715 kehrte der Kurfürst nach München zurück, und Bernabei konnte sich als Hofkapellmeister bis zu seinem Tod 1732 in München erneut der Leitung der Kirchenmusik widmen.


Bildnachweis: Unbekannter Maler 1700 – Giuseppe Antonio Bernabei. Civico Museo Bibliografico Musicale, Bologna, Italien. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:GA_BERNABEI.jpg


 

Chefs
Johann Caspar Kerll

Kerll wurde 1627 in Adorf (heute im sächsischen Vogtlandkreis) als Sohn eines Orgelbauers geboren, wo er seine erste Stelle als Organist an der St. Michaeliskirche antrat. Wahrscheinlich konvertierte er in den 1640er-Jahren in Wien zur römisch-katholischen Konfession und ging gegen 1648/49 nach Rom, um sich dort bei dem Komponisten Giacomo Carissimi ausbilden zu lassen. Nach der Ernennung seines Bruders Leopold Wilhelm zum Statthalter der Niederlande durch Kaiser Ferdinand III. wurde Johann Caspar Hoforganist in der Brüsseler Residenz. 1655 wurde die Brüsseler Hofhaltung aufgelöst, und Kerll wurde an die Münchner Hofoper berufen, wo er anfangs als provisorischer Vizekapellmeister, dann Vizekapellmeister und nach dem Tod Giovanni Giacomo Porros schließlich 1656 Hofkapellmeister wurde. Kerll übernahm die musikalische Leitung der Gottesdienste, der Kammer- und Tafelmusik sowie der Hofoper. Mehrere seiner Opern wurden in München uraufgeführt. Sein Amt legte er 1673 nieder, wahrscheinlich in Folge von Intrigen durch italienische Musiker. Mit seiner Familie ging Kerll 1674 nach Wien, wo er eine vom Kaiser gewährte Pension erhielt und ab 1677 als erster Organist des Hofs wirkte. Dennoch besuchte er immer wieder München, beispielsweise 1688, als der Münchner Stecher Carl Gustav Amling das einzige bekannte Porträt des Komponisten anfertigte. 1692 gab Kerll sein Amt in Wien auf, um nach München zu gehen, wo er am 13. Februar 1693 verstarb und in der Gruft des Augustinerklosters in der Kaufingerstraße beigesetzt wurde. Kerll galt zu Lebzeiten als der bekannteste deutsche Komponist von Opern und Kirchenmusik, und seine Werke wurden international aufgeführt. Als Orgelimprovisator wurde ihm gleichermaßen Ruhm zuteil.


Bildnachweis: Kupferstich, Carl Gustav Amling, um 1680, Staatliche Graphische Sammlung München, Inventar-Nr. 122532 D


 

Chefs
Ercole Bernabei
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46619527


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Ercole Bernabei wurde 1622 in Caprarola, 57 Kilometer nordwestlich von Rom, geboren. In Rom war er ab 1653 Organist an San Luigi dei Francesi, ab 1665 für zwei Jahre Kapellmeister an der Lateranbasilika und ab 1667 Leiter der Kapelle San Luigi dei Francesi. 1672 trat er das Amt des Kapellmeisters an der Peterskirche an, das er aufgab, als er durch den bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria nach München berufen wurde. Hier wirkte er ab 1774 als Hofkapellmeister bis zu seinem Tod 1687. Zu seinen Werken gehören zahlreiche Motetten, Kantaten und Madrigale sowie mehrere verschollene Bühnenwerke, die er für München schrieb, möglicherweise in der Gattung der opera seria. Bernabei wurde in München auch vom Kurfürsten Max Emanuel beauftragt, Schüler aus bayerischen Stiften und Klöstern in Komposition auszubilden.


Bildnachweis: Von Heinrich Eduard Winter – Dieses Bild stammt aus der Digitalen Bibliothek Gallica und ist verfügbar unter der ID btv1b8415785d, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46619527


 

Lesestücke
Normalerweise weiß ich nicht genau, wohin ich gehe

Interview



Der Komponist Marjan Mozetich über sein Komponieren, die Entstehung des Violinkonzerts Affairs of the Heart und günstige Schwingungen auf einer einsamen Insel im Sankt-Lorenz-Strom



MM: Marjan Mozetich
SH: Serge Honegger


 

SH: Findest Du es in Ordnung, dass Dein Violinkonzert für ein Ballett verwendet wird?

MM: Oh ja, damit habe ich absolut kein Problem. Ich habe das Ballett immer sehr geliebt, vor allem modernen Tanz. Als Student habe ich lange Zeit in Toronto gelebt und viele Tanzaufführungen gesehen. Und jetzt fühle ich mich privilegiert, dass sich Choreographen für meine Musik interessieren. Affairs of the Heart wurde bereits für mehrere Produktionen verwendet.

SH: Haben Dir die Ergebnisse gefallen?

MM: Weißt Du was? Manchmal kann gute Musik helfen, schlechte Ballette zu tragen. Man kann aber auch das Gegenteil behaupten. Wenn die Musik schlecht ist, sollte man besser sehr gute Tänzer haben.

SH: Gibt es einen Grund, warum Affairs of the Heart in den letzten 20 Jahren derart viele Tanzschaffende begeistert hat?

MM: Nun, ich würde sagen, ein Grund ist, dass ich dazu neige, sehr emotionale Musik zu schreiben. Sie wirkt auf Tänzer und Choreographen, weil sie ihnen einen Grund dafür gibt, tänzerisch etwas auszudrücken, was sie emotional bewegt. Zweitens neige ich dazu, Musik mit Mustern und Rhythmus zu schreiben. Und das passt natürlich zum Tanz. Nun ist es interessant, dass in eurem Programm die Komponistin Unsuk Chin auftaucht. Sie macht keine sehr rhythmische Musik. Ihre Arbeit ist sehr ausdrucksstark, aber auf eine abstrakte Art und Weise. Ich habe mir ebenfalls den Choreographen Marco Goecke angesehen, der mit ihrer Musik arbeitet. Es wird bestimmt einen Grund geben, warum er eine abstraktere Musik gewählt hat. Ich bin sehr gespannt, wie diese beiden Choreographen ihrer Musikwahl folgen werden.

SH: In der Produktion geht es u. a. auch um verschiedene „Passagen“ und die Frage, wie man von A nach B gelangt. Wo beginnt normalerweise Deine eigene künstlerische Reise?

MM: Normalerweise verbringe ich am Anfang viel Zeit damit, am Klavier zu improvisieren, um Ideen zu entwickeln. Ich muss zuerst herausfinden, was ich mit dem Stück überhaupt vorhabe. Es geht darum, thematisches Material zu finden und dann damit zu arbeiten. Für mich ist das wie eine Reise, eine Reise der Klänge, Muster und Gefühle. Normalerweise weiß ich nicht genau, wohin ich gehe, aber ich habe die Technik, ich habe ein Studium hinter mich gebracht und mir Fertigkeiten angeeignet. Diese Dinge helfen mir, das Material durchzuarbeiten.

SH: Du legst also keinen Plan fest und „füllst“ ihn dann mit Noten auf?

MM: Nein, Ich mache einen Schritt und dann einen weiteren Schritt. Nimm zum Beispiel Bach. Zu seiner Zeit schrieb und dachte man in Stimmen. Bach pflegte eine Stimme für vielleicht acht Takte zu schreiben und dann wechselte er zur zweiten Zeile und komponierte acht Takte in Bezug auf die erste Zeile. Dann ging er zurück zur ersten und schrieb weitere acht Takte. Und so entfaltete sich die Komposition nach und nach. Auf diese Weise schreibe ich auch. Das Muster oder die Melodie, für die ich mich entschieden habe, macht immer etwas, geht immer irgendwo hin. Es ist wie beim Weben. Ich habe keine vorgefasste Idee oder Struktur. Eine Sache führt zur nächsten. Das Geheimnis ist, dass man sich immer in irgendeiner Weise auf sein Ausgangsmaterial beziehen sollte. Ich glaube, David Dawson hat einen ähnlichen Ansatz. Er folgt der Idee des organischen Wachstums.

SH: Das Stück war eine Auftragsarbeit, richtig?

MM: Ja, vom Manitoba Chamber Orchestra. Die Uraufführung wurde von der Canadian Broadcasting Corporation (CBC) sogar live ausgestrahlt. In den 90er-Jahren haben sie noch Live-Konzerte, vor allem Uraufführungen, in verschiedenen Städten Kanadas aufgezeichnet und im Radio gesendet. Leider tun sie das nicht mehr und senden nur noch sehr wenig klassische Musik. Das ist schrecklich. Was Affairs of the Heart betrifft, so erhielt CBC dafür ein sehr gutes Echo in der Öffentlichkeit. Die Leute wollten wissen, wo sie die CD kaufen können. Ich war völlig überrascht. Als CBC das Werk drei Jahre später, im Jahr 2000, produzierte, wurde es sogar zu ihrer meistverkauften klassischen Aufnahme. Sie wurde sehr populär.

SH: Hast Du im Hinblick auf die Produktion dieser CD nochmals Änderungen am Werk vorgenommen?

MM: Nein, ich habe es so belassen. Allerdings konnte ich bei den Aufnahme-Sessions nicht dabei sein, um die Tempi zu kontrollieren. So dachte ich anfangs, als ich das Resultat hörte, es sei etwas zu schnell gespielt. Aber dann habe ich mich daran gewöhnt. Interessanterweise fragte mich David Dawson, ob er das Tempo ein bisschen ruhiger haben könne. Es scheint, dass er verstanden hat, was ich geschrieben habe, er fühlte, dass es ein bisschen langsamer gehen sollte, ein bisschen entspannter.

SH: Du hattest also am Anfang keine Ahnung, dass das Stück eine so große Wirkung haben würde beim Publikum?

MM: Nein, ganz und gar nicht. Weißt Du, ich kann nicht einfach abstrakt komponieren. Ich brauche ein gewisses Engagement von einer Gruppe wie zum Beispiel dem Manitoba Chamber Orchestra. Wenn man weiß, dass man gute Musikerinnen und Musiker hat, stehen die Chancen gut, dass man etwas Schönes und Herausforderndes für diese Leute wird schreiben können. Eine solche Verbindung zu haben, ist eine Art von Liebe. Ich möchte ihnen etwas geben, das sie gerne haben, um es mit Freude an das Publikum weiterzugeben.

SH: Ist der Titel des Violinkonzerts programmatisch zu lesen?

MM: Ich gebe nie einen Titel vor, wenn ich zu komponieren anfange. Ich brauche die Freiheit, einfach schreiben und dem Stück später einen Namen geben zu können. Ich kann mich nicht genau erinnern, wann mir der Titel Affairs of the Heart eingefallen ist, aber ich habe das Gefühl, dass es nach dem Tod eines guten Freundes war. Es passierte ganz am Ende des Kompositionsprozesses, als ich von seinem tragischen Tod erfuhr. Ich war sehr angespannt. Damals lebte ich ziemlich isoliert wie ein Einsiedler auf einer Insel im Sankt-Lorenz-Strom in einem alten Bauernhaus, wo ein Klavier stand. Außerdem unterrichtete ich an zwei Nachmittagen pro Woche und fuhr dazu hin und wieder in die Stadt. Als ich plötzlich einen Anruf erhielt, spürte ich, dass etwas nicht stimmte. Der Freund hatte sich das Leben genommen und ich fühlte mich verletzt. Da habe ich gegen Ende des Stücks eine Klimax geschrieben. Die Lautstärke nimmt zu, alles wird schwer und dicht, während der Solist sehr hohe Noten spielt. Ich schüttete mein Herz aus. Und dann erstirbt die Musik und es kommt zu einer ruhigen Auflösung. In diesem Moment fiel mir der Titel ein. Er ist mit dem Gedanken verbunden, dass dieses Stück eine einzige große Emotion ist, die verschiedene Intensitäten durchläuft. Das sind die „Herzensangelegenheiten“, wie sie der Titel bezeichnet, sie können tragisch oder glücklich sein.

SH: David Dawson hat während des Probenprozesses viel über die verschiedenen Farben, Gefühlszustände und Aspekte der Liebe gesprochen.

MM: Weißt Du, jeder muss seinen eigenen Weg finden. Manchmal fragen mich Musikerinnen und Musiker: „Aber was meinen Sie denn genau mit dieser Stelle?“, und darauf antworte ich jeweils: „Ich nehme an, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Ihr spielt einfach, was ihr spielen müsst. Stellt euch vor, ich wäre tot.“ Viele sind es gewohnt, die Musik von toten Komponisten zu spielen. Ein lebender Komponist macht sie nervös.

SH: Es ist fast ein Vierteljahrhundert her, dass Du Affairs of the Heart geschrieben hast. In der Zwischenzeit ist eine Menge passiert. Wie hat sich Dein Komponieren seither verändert?

MM: Das ist schwer zu erklären. Ich habe die Zeit, in der ich Werke wie Affairs of the Heart geschrieben habe, hinter mir gelassen. Vielleicht hatten diese Jahre etwas damit zu tun, dass ich auf dieser Insel war und mich mit den richtigen Schwingungen verbunden habe. Ideen kommen und gehen. Jetzt, da ich älter werde, schreibe ich immer weniger, aber der Kompositionsprozess ist immer noch derselbe wie vor 40 Jahren.



Bildnachweis: Serghei Gherciu


Meet the Musicians
Anja Fabricius, Violoncello

Das schönste an ihrem Beruf ist für Anja Fabricius die Tatsache, dass sie gestalten darf, und ein besonderer Konzertmoment war für sie das letzte Akademiekonzert mit Zubin Mehta. Alles daran war dringend. Anja Fabricius’ Buchtipp ist Deutschstunde von Siegfried Lenz. Ihre Kindheitsheldin entstammt ebenfalls einem Buch: Momo.



Bildnachweis: Wilfried Hösl


Eindrücke
2. Themenkonzert

Am 30. März fand das zweite Themenkonzert statt, bei dem Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters sowie die Mezzosopranistin Salome Kammer unter der Musikalischen Leitung von Armando Merino Musik von Toshio Hosokawa spielten und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Marie-Claire Foblets einen Vortrag hielt zum Thema: Bedroht Vielfalt unsere Demokratie?


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Chefs
Giovanni Giacomo Porro
http://collections.rmg.co.uk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=230541


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Giovanni Giacomo Porro wurde um 1590 in Lugano geboren und wirkte unter anderem als Organist im Dienst des Herzogs von Savoyen Carlo Emanuele, als Kapellmeister an der römischen San Lorenzo in Damaso sowie als Vertretung des Orgelvirtuosen Girolamo Frescobaldi an der Cappella Giulia. 1635 wurde er als Kapellmeister an den Hof Maximilians I. nach München berufen. Von dort aus unternahm er mehrere Reisen nach Italien, um italienische Musiker für die Münchner Hofkapelle anzuwerben. Porro pflegte stand in regelmäßigem Austausch mit Galileo Galilei, von dem er Dichtungen vertonte. Obwohl keine Opernaufführung unter Porros Leitung überliefert ist, gibt es Hinweise auf ihn als potenziellen Mitbegründer der musiktheatralischen Tradition in München. Hier wirkte er bis zu seinem Tod 1656. Von seinen laut einer posthum erstellen Auflistung über 1100 Kompositionen, die größtenteils geistlicher Natur waren, aber auch Madrigale und Ballette umfassten, sind fast alle verschollen.


Bildnachweis: Von Domenico Tintoretto – http://collections.rmg.co.uk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=230541


Lesestücke
Ouvertüren als Experimentierfeld

Ein kurzer Gang durch die Gattungsgeschichte der Ouvertüre vom mittelalterlichen Fanfarensignal bis zu den Fantasie-Ouvertüren Tschaikowskis. Zu Alexei Ratmanskys dreiteiligem Ballettabend Tschaikowski-Ouvertüren


von Serge Honegger


 

Was wir heute unter „Ouvertüre“ verstehen, ist aus jenem Fanfarensignal von Trompeten, Zinken, Posaunen oder Pauken hervorgegangen, das im Mittelalter den Beginn von Festlichkeiten ankündigte. Vergleichbare musikalische oder klangliche Ereignisse gab es ebenfalls in noch weiter zurückliegenden Epochen. Grundsätzlich besteht die Funktion eines musikalischen Signals im Kontext eines solchen festlichen Anlasses im Ankündigen einer wichtigen gesellschaftlichen Begebenheit. Als zum Ende des Mittelalters und mit der Entwicklung der Notenschrift der Kompositionscharakter wichtiger wurde, trat das Signalhafte in den Hintergrund und wurde in das Werk integriert. Berühmt ist beispielsweise die Eröffnungsfanfare, die Monteverdi als Toccata seiner Oper L’Orfeo voranstellte. Es handelt sich dabei gewissermaßen um das erste notierte, ouvertürenhafte Werk. Das Besondere dieser Orfeo-Toccata besteht darin, dass solche Einleitungen meistens nicht schriftlich fixiert wurden. Genau genommen handelt es sich aber noch nicht um eine Ouvertüre, sondern um ein festliches, akustisches Zeichen, womit Monteverdi, wie es damals die Gepflogenheit war, den Beginn der Aufführung signalisierte – vergleichbar mit der Funktion, die heute die Klangfolge eines Gongs einnimmt, wie er in vielen Theatern, auch im Nationaltheater München, vor Vorstellungsbeginn zu hören ist.

Die Bedeutung der musikalischen Gattung „Ouvertüre“ hat sich im Verlauf der Jahrhunderte stark gewandelt. So irritierte es beispielsweise im 19. Jahrhundert niemanden mehr, dass Orchesterwerke wie die Fantasie-Ouvertüren Tschaikowskis mit diesem Gattungsbegriff bezeichnet wurden. Man erwartete nicht mehr wie noch zu Zeiten der Opera seria, dass die Ouvertüren als Sinfonia den Auftakt zu einem Musiktheaterereignis bildeten. Sie hatten sich im 19. Jahrhundert im Konzertleben etabliert und wurden gerade deswegen geschätzt, weil sich Komponistinnen und Komponisten in dieser Form Freiheiten nehmen und zugleich von der vom Theater herrührenden Dramatik profitieren konnten.

Wie bei den meisten musikalischen Gattungen handelt es sich bei Ouvertüren um keine statische Kategorie. Sie sind, wie das kulturelle Leben überhaupt, einer historisch bedingten Dynamik unterworfen. So erklingen Ouvertüren in unterschiedlichen Epochen zu unterschiedlichen Anlässen und werden zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt. Mit ihnen können Erschütterungen, Umbrüche oder gar Umstürze von kulturellen und gesellschaftlichen Normen zum Klingen gebracht werden. Das Wort „Fantasie“, das Tschaikowski für die Gattungsbezeichnung seiner sich auf Shakespeare-Stoffe beziehenden Ouvertüren wählte, gibt bereits an, dass es sich hier um eine freiere Form handelt, die gleichwohl als eigenständiges und in sich abgeschlossenes Werk zu betrachten ist.

PRÄLUDIEN, INTONATIONEN, TOCCATEN

Man muss sich in Erinnerung rufen, dass vor 1600 öffentliche Aufführungen von Kompositionen noch sehr stark von der Vokalmusik dominiert waren, wo sie u. a. im Rahmen von Messevertonungen in der Kirche erklangen. Erst allmählich löste sich die Instrumentalmusik von den Gesangsstimmen und entwickelte Gattungen, die unabhängig von Tanz oder Gesang im Rahmen von Konzertveranstaltungen zur Aufführung gebracht werden konnten. Bevor also ab 1600 eine so zu bezeichnende Gattung der „Ouvertüre“ existierte, erfüllten Präludien, Intonationen und Toccaten die Funktion, einen Auftakt zu einem speziellen Ereignis zu markieren. Ein Präludium konnte entweder nach strengen Regeln oder improvisiert ablaufen. Es fand im Vorfeld des eigentlichen Werks statt und war mit dem Wirkungsziel verbunden, die Aufmerksamkeit der Hörerschaft zu wecken und auf das häufig mit einer herrschaftlichen Macht in Verbindung stehende Ereignis hinzuweisen.

Mit der Zeit verloren die Präludien jedoch den improvisierenden Charakter und wurden auskomponiert. Monteverdis Orfeo-Toccata bildet in dieser Entwicklung hin zur Ouvertüre einen wichtigen Moment in der Musikgeschichte. Der sowohl improvisierende als auch festliche Charakter ist in den Fantasie- und Konzertouvertüren Tschaikowskis und seiner Zeitgenossen allerdings immer noch präsent. Im Fall von Tschaikowski manifestiert er sich ganz besonders im Experimentierenden, Forschenden und in der Unkonventionalität der musikalischen Formgebung. Ohne ein ganzes Romeo und Julia-, Hamlet- oder Sturm-Musiktheater entwerfen zu müssen, konnte Tschaikowski mittels der Freiheiten, die die Gattung der Fantasie-Ouvertüre bietet, mit den Möglichkeiten des Orchesters spielen, Klangfarben ausprobieren und den mit der Symphonie verbundenen Erwartungshorizont überschreiten.

OPERNSINFONIA

Um das Jahr 1700 herum hatten sich die instrumentalen Orchesterwerke, die eine Aufführung eröffneten, als feste Gattung der „Opernsinfonie“ oder „Ouvertüre“ etabliert. Mit dem Übergang von der höfischen Kultur zum bürgerlichen Zeitalter um 1800 herum verschwand die Opera seria allmählich von den Spielplänen. Und mit ihr ging auch die Rückbindung der Ouvertüren an jenes fürstliche Zeremoniell verloren, das mit solchen Aufführungen oft verbunden war. So suchte sich die Opernsinfonie quasi ein neues Betätigungsfeld – und das gelang ihr sehr erfolgreich. Aus ihr entwickelte sich ab 1750 die autonome Orchestermusik und das ganze symphonische Repertoire, wie wir es heute aus den Konzertsälen kennen. Als dort ab Mitte des 18. Jahrhunderts auch Ouvertüren erklangen, mussten diese Werke zum einen den gestiegenen Ansprüchen des Publikums genügen und sich zum anderen an den Symphonien und Solokonzerten messen lassen.

Beurteilt wurden bei den Ouvertüren, wie bei allen anderen Orchesterwerken, auf welche Weise die Komponistinnen und Komponisten die Regeln zu Satzbau, Kontrapunkt und zur Harmonie umsetzten. Zugleich wollte das Publikum aber auch den Regelbruch, das Innovative und Eigenständige einer künstlerischen Handschrift hören. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, wurden die Grenzen dessen, was eine Symphonie oder eine Konzertouvertüre ist, immer weiter gezogen, bis sie sich im 19. Jahrhundert allmählich aufzulösen begannen.

OUVERTÜREN IN RUSSLAND

Im Russland des 19. Jahrhunderts war das Konzertleben noch wenig ausgebildet. Hauptsächlich wurden Werke aus Italien, Frankreich und Deutschland zur Aufführung gebracht. Die Gattung der Ouvertüre spielte bei der Entwicklung einer eigenständigen russischen Musikkultur eine nicht unerhebliche Rolle. So tasteten sich viele der komponierenden Musikerinnen und Musiker über Ouvertüren an die größeren symphonischen Formen heran, die sich in Zentraleuropa ab der Wiener Klassik mit Haydn, Mozart und Beethoven etabliert hatten. Eine besondere Rolle nimmt in Russland Michail Glinka (1804–1857) ein, der mit seinem Werk wichtige Impulse setzen konnte. Auch Tschaikowski bezog sich zeitlebens auf die kompositorischen Errungenschaften des älteren Kollegen. Um zu einer eigenen musikalischen Sprache zu finden, stellten Berlioz, Mendelssohn, Liszt und Schumann die maßgebenden Vorbilder für diese Generation dar, weil sie auf besonders innovative Weise nach einem individuellen Ausdruck suchten und unkonventionelle Formen in ihrem Komponieren integrierten.

Nach Tschaikowski waren es u. a. dessen Schüler und enger Freund Sergei I. Tanejew (1856–1915) – der auch das Gesangsduett aus Romeo und Julia aus dem Nachlass seines Lehrers vervollständigte – sowie Rimski-Korsakows Schüler Alexander Glasunow (1865–1936), die für die Weiterentwicklung des russischen Musiklebens wichtig waren.

Für Tschaikowski waren die Ouvertüren ein Experimentierfeld, in dem er sein Gespür für Dramatik umsetzen konnte. Zudem boten die Fantasie-Ouvertüren die Möglichkeit, sich nicht einer Norm fügen zu müssen und neue Formen ausprobieren zu können. Vergleichbar den Werken von Hector Berlioz bekommt man bei Tschaikowskis Fantasie-Ouvertüren Schwierigkeiten, wenn man sie in ein zu enges Gattungskorsett zwängen möchte. Sind es wirklich Ouvertüren, eine Form der dramatischen Symphonie oder eine symphonische Dichtung? Gerade ihr schillernder Charakter erlaubt es, dass sie in der Choreographie von Alexei Ratmansky zu idealen Vorlagen für ein Ballett werden, das sich gleichfalls als ein Fantasieren versteht, ein Fantasieren darüber, welche Rolle das klassische Ballett in der Gegenwart einnimmt, auf welche Weise es sich auf seine eigene Geschichte bezieht und wie es seine eigene Zukunft entwirft.



Bildnachweis: Katja Lotter


 

Zeitzeugnisse
Erich Wolfgang Korngold: Der Ring des Polykrates / Violanta
https://www.loc.gov/item/2005689510/


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Die Uraufführung von Erich Wolfgang Korngolds zwei Einaktern Der Ring des Polykrates und Violanta fand am 28. März 1916 im Münchner Hoftheater statt. Der Komponist war zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt und war zuvor bereits als 13-Jähriger mit der Uraufführung seiner Ballettpantomime Der Schneemann an der Wiener Hofoper als Wunderkind in Erscheinung getreten. Fertiggestellt hatte Korngold seine heitere Oper Der Ring des Polykrates bereits 1914, woraufhin unmittelbar die Komposition der tragischen Oper Violanta folgte. 1920 folgte schließlich der sensationelle Erfolg von Korngolds Oper Die tote Stadt, die an der Bayerischen Staatsoper zuletzt 2019 unter der Musikalischen Leitung Kirill Petrenkos in einer Inszenierung von Simon Stone und mit Jonas Kaufmann und Marlis Petersen in den Hauptrollen für Furore sorgte. Dokumentiert wurde dieses Spektakel als DVD und Blu-ray im hauseigenen Label Bayerische Staatsoper Recordings. Korngold wurde 1934 von Max Reinhardt nach Hollywood geholt, wo der Komponist die Musik für 19 Filme lieferte und damit die Filmmusik nachhaltig beeinflusste.


Bildnachweis: George Grantham Bain Collection (Library of Congress) https://www.loc.gov/item/2005689510/


 

Eindrücke
1. Themenkonzert

Am 26. März fand im Freiraum im München Hoch5 das erste Themenkonzert statt, bei dem Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters Musik von Toshio Hosokawa und Olivier Messiaen spielten und Dr. Lisa Suckert einen Vortrag hielt mit dem Thema: Die Zukunft wartet nicht? Zeitlichkeit im Kapitalismus.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Meet the Musicians
Benedikt Don Strohmeier, Violoncello (Stv. Solo)

Benedikt Don Strohmeier macht am liebsten dort Urlaub, wo es Wasser, Wind und bestenfalls noch Wellen gibt, um gut Kitesurfen zu können. Er wusste schon sehr früh im Kindesalter, dass er Musiker werden möchte, musste sich jedoch irgendwann entscheiden, ob es das Cello oder das Klavier werden soll. Damals machte er auch mal Straßenmusik, wie beispielsweise am Finaltag der Fußball-WM 2002. Er setze sich mit seiner Schwester und Freunden in die Altstadt in Regensburg und spielte den zweiten Satz aus Haydns Kaiserquartett in Dauerschleife. Nach circa eineinhalb Stunden hatten sie genug Geld beisammen, um sich einen schönen Nachmittag und Abend zu machen.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Chefs
Giovanni Battista Crivelli

Der Komponist Giovanni Battista Crivelli wurde Ende des 16. Jahrhunderts in Scandiano (Provinz Reggio Emilia) geboren und lernte wahrscheinlich in der Kathedrale von Reggio Emilia, wo er ab 1614 als Organist wirkte. Ab 1620 war er Kapellmeister an der Chiesa dello Spirito Santo in Ferrara, und ab 1629 war er schließlich in München am Hof Maximilians I. tätig, wo er die Hofkapelle leitete. Ab 1635 folgten Stationen in Reggio Emilia, wo er zum Kapellmeister an der Basilica della Ghiara ernannt wurde, und am Mailänder Dom sowie an der Santa Maria Maggiore in Bergamo. Seinen letzten Kapellmeisterposten hatte Crivelli als Leiter der Hofkapelle des Herzogs von Modena inne, wo er 1652 verstarb. Zu seinen Kompositionen zählen vor allem Motetten und Madrigale.


Bildnachweis: Wikimedia Commons/Classe 3l, CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia.org/wiki/File:Duomo_Di_Reggio_Emilia,_Facciata.jpg


 

Meet the Musicians
So-Young Kim, Violine (Vorspieler)
Schau das ganze Video hier. 

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Die Erste Geigerin So-Young Kim stellt sich vor und erzählt von der Asien-Tournee 2017.

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Meet the Musicians
Rupert Buchner, Cello
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Der Cellist Rupert Buchner stellt sich vor und erzählt von der Asien-Tournee 2017.

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Meet the Musicians
Thomas März, Schlagzeug
Schau hier das Video. 

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Der Schlagzeuger Thomas März stellt sich vor und berichtet von der Asien-Tournee 2017.

Schau hier das Video. 

Chefs
Ferdinand II. di Lasso
https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_I._(Bayern)#/media/Datei:Wenceslas_Hollar_-_Compton_or_Carleton._Philosophia_universa_(State_4).jpg


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Orlando di Lasso war zwar der berühmteste Sprössling seiner Familie, aber nicht deren einziger Komponist und Musiker, der eng mit der Geschichte der Münchner Hofkapelle verbunden ist. Denn nach seinem Sohn Ferdinand I. di Lasso war auch dessen Sohn Ferdinand II. di Lasso Hofkapellmeister in München: Wahrscheinlich zwischen 1616 und 1629 leitete Ferdinand II. die Kapelle des Herzogs Maximilian I. von Bayern. Wie intensiv Maximilian I. sich selbst mit Kulturpolitik beschäftigte, zeigt ein Brief vom 24. Juli 1613. Aus diesem geht hervor, dass der Herzog Ferdinand II. nach Rom geschickt hatte, damit dieser dort studieren konnte. Maximilian I. ließ sich über die Fortschritte des Enkels von Orlando di Lasso genauestens unterrichten, und so schrieb er nach Rom:

„Aus Ihrem Brief vom 6. habe ich vernommen, welche Fortschritte dort Ferdinando Lasso in der Musik macht, und daß er jetzt im Stande ist zurückzukommen und Dienste zu leisten, sobald er sich drei Monate noch in Rom wird aufgehalten haben, um Allegro-Compositionen in modernem Stil zu machen, nachdem er bisher sich mit ernsten beschäftigt hat. Ich sage Ihnen deshalb, dass ich zufrieden bin, ihn noch die genannten drei Monate dort zu lassen, damit er sich so viel als möglich zu vervollkommnen suche nicht allein im Componirem, sondern auch in der Ausübung und Concerte zu zwei, drei und mehr Chören zusammensetze. Dann mag er hierher zurückkehren.“


Bildnachweis: Wenceslaus Hollar: Maximilian I. als Herrscher. University of Toronto Wenceslaus Hollar Digital Collection. https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_I._(Bayern)#/media/Datei:Wenceslas_Hollar_-_Compton_or_Carleton._Philosophia_universa_(State_4).jpg


Zeitzeugnisse
Edvard Grieg an Hermann Levi
https://mitt.bergenbibliotek.no/cgi-bin/websok-grieg?tnr=379743


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Leipzig
30ster Januar 1894.
Hotel Hauffe.

 

Hochgeehrter Herr Generaldirektor!

Nach Ihrem so liebenswürdigen Briefe, für welchen ich herzlich danke, habe ich sogleich den Kaimschen Antrag abgelehnt. Ich freue mich sehr, dass sich die Verhältnisse so gestalten, dass es mir vergönnt wird, unter Ihren Auspicien in München zum ersten Male aufzutreten. Ich ziehe den 9ten März vor in der Hoffnung dass Sie zu dieser Zeit anwesend sind. – Wenn Sie nur nicht über meine künstlerischen [1v] Bedingungen den Kopf schütteln werden! Erstens verlange ich nämlich den ganzen Abend für mich und dann will ich um Alles in der Welt nicht Klavier spielen! Das Programm konnte[!] folgendermassen sein:

1.) Drei Orchesterstücke aus „Sigurd Jorsalfar“, Schauspiel von Björnson (neu.) a) Vorspiel (in der Königshalle) b) Intermezzo (Borghilds Traum) c) Huldigungsmarsch.
2.) Klavierconcert.
3.) 2 elegische Melodien für Streichorchester
4.) Bergliot, Gedicht von Björnson (aus der norwegischen Sage) Declamation mit Orchester.
5.) 1ste Orchestersuite aus „Per Gynt“, dramatisches Gedicht von Ibsen

[2r] Sämtliche Werke sind bei Peters in Leipzig erschienen.

Was das erste Stück des Programms betrifft – es ist soeben erschienen und ich dirigire es übermorgen zum 1sten Mal im Gewandhaus – hat mir der Verleger versprochen, das Notenmaterial, sonstigen Bestellungen aus München gegenüber, zurückzuhalten.

Für das Klavierconcert musste nun allerdings eine geeignete Kraft hinzugezogen werden, z. B. (entweder Mad. Carreno oder) Prof. Arthur de Greef aus Brüssel, der ein ausgezeichneter Interpret des Werkes ist. Für das Melodrama, welches ich nur ungern vermissen möchte, habe ich gehofft, durch Ihre gütige Vermittlung Clara Ziegler zu gewinnen. Das Gedicht ist grossartig schön [2v] und wie für sie geschrieben. Nur weiss ich nicht ob sie einigermassen musikalisch ist. Sollte das Melodrama nicht durchzuführen sein, würde ich natürlich auf Ersatz bedacht sein, z. B. Lieder von Eugen Gura, was sich vielleicht ermöglichen liesse.

Die Honorarfrage spielt keine grosse Rolle. Jedenfalls würde ich Ihnen dankbar sein [gestrichen: Sollte das Budget durch Solistenhonorare etwa erschöpft sein, bin ich auch ohne Honorar zufrieden. Wenn nicht, erlaube ich mir] diese Frage ganz und gar Ihnen zu[!] überlassen [über der Zeile:] zu dürfen.

Schliesslich bitte ich Sie, dem Hofopernorchester meinen aufrichtigen Dank für ihre wohlwollenden Gefühle mir gegenüber, freundlichst übermitteln zu wollen und verbleibe mit bestem Gruß

Ihr verehrungsvoll ergebener Edvard Grieg


Bildnachweis: Bergen Public Library, The Grieg Archives. https://mitt.bergenbibliotek.no/cgi-bin/websok-grieg?tnr=379743


 

Zeitzeugnisse
Frauen im Orchester
https://www.kulturrat.de/themen/frauen-in-kultur-medien/beitraege-publikationen/geschlechtergerechtigkeit-in-berufsorchestern/

Mehr über Leonore Buff: https://www.sophie-drinker-institut.de/buff-leonore


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


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Heute liegt die Frauenquote im Bayerischen Staatsorchester bei über einem Drittel. Das war nicht immer so: Auf dem Foto von 1911 ist in der ersten Reihe eine einzige Frau als Mitglied der Musikalischen Akademie zu sehen, nämlich die Harfenistin Leonore Kennerknecht-Buff. Sie war angeblich verwandt mit Charlotte Kestner (geboren Buff), die als historisches Vorbild der Lotte in Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werthers in die Literaturgeschichte einging. 1892 wurde Buff als Mitglied im Bayerischen Hoforchester, dem späteren Bayerischen Staatsorchester, aufgenommen. Andere Orchester brauchten für diesen Schritt deutlich länger: Während die Berliner Philharmoniker 1982 die erste Frau als Orchestermitglied aufnahmen, zogen die Wiener Philharmoniker erst 1997 nach.

Mehr zu Frauen in Orchestern: https://www.kulturrat.de/themen/frauen-in-kultur-medien/beitraege-publikationen/geschlechtergerechtigkeit-in-berufsorchestern/

Mehr über Leonore Buff: https://www.sophie-drinker-institut.de/buff-leonore


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

 

Zeitzeugnisse
Bierzeichen im Hofbräuhaus München
https://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db/biermarken/biermarken/aufsatz.php

Zum Hofbräuhaus in München: https://www.hofbraeuhaus.de/bierzeichen/


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Die Brauerei Staatliches Hofbräuhaus in München bewahrt die Tradition der Bierzeichen, auch Biermarken genannt: Seit dem 19. Jahrhundert dienten sie als Rechenhilfsmittel und waren lange Zeit Bestandteil fast jeder Brauerei; zuerst aus Messing, dann aus Aluminium, später aus Plastik, in den Nachkriegsjahren nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Form von Papierscheinen. Jede Marke hat einen konkreten Gegenwert, zum Beispiel „1 Maß Hell oder Dunkel“ oder „Gut für 1 Liter Bier“. Im Hofbräuhaus am Platzl lassen sich Bierzeichen erwerben, die den Gegenwert einer Mass Bier behalten, auch wenn die Preise auf der Getränkekarte steigen. Jetzt gibt es vom Hofbräuhaus auch ein Bierzeichen zu Ehren des 500-jährigen Jubiläums des Bayerischen Staatsorchesters.

 

Wissenswertes über die Biermarke: https://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db/biermarken/biermarken/aufsatz.php

Zum Hofbräuhaus in München: https://www.hofbraeuhaus.de/bierzeichen/


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

 

Eindrücke
Applaus nach der Premiere von Krieg und Frieden

Am 5. März feierte Sergej Prokofjews Oper _Krieg und Frieden_ in einer Inszenierung von Dmitri Tcherniakov Premiere im Nationaltheater. Der Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski dirigierte das Bayerische Staatsorchester, den Bayerischen Staatsopernchor sowie den Zusatzchor der Bayerischen Staatsoper. Die Oper erfordert außerdem ein riesiges Sängerensemble, das die zahlreichen Rollen verkörpert.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Chefs
Ferdinand I. di Lasso
Mus.pr. 164. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00072000?page=2,3


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Der Sohn Orlando di Lassos wurde um das Jahr 1562 in München geboren und von seinem Vater in der Hofkapelle ausgebildet. 1585 wurde er als Kapellmeister am Hof in Hechingen angestellt, und 1587 erschien eine Sammlung von Motetten Ferdinands I di Lassos, die seinem Dienstherren Eitel Friedrich IV. von Hohenzollern-Hechingen gewidmet wurde. 1589 kehrte er zurück nach München und war vorerst als Tenorsänger dort und in Landshut tätig, bevor er 1602 Johannes de Fossa als Kapellmeister von Herzog Maximilian I. von Bayern nachfolgte. 1622 initiierte er die Ausgabe der Sammlung Apparatus musicus mit achtstimmigen Werken seines Vaters. 1609 starb Ferdinand I. di Lasso in München. Bei den _Cantiones Quinque Vocum_ im Titelbild handelt es sich um eine 1597 erschienene Ausgabe von bis dahin unveröffentlichten Motetten seines Vaters und Ferdinand I.


Bildnachweis: Lasso, Orlando di: Cantiones quinque vocum. Ab Orlando di Lasso et huius filio Ferdinando di Lasso. Compositae Typis iam primo subiectae et in lucem editae. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 4 Mus.pr. 164. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00072000?page=2,3


 

 

Lesestücke
Oper am Telefon

von Thomas Herbst


Die erste internationale Elektrizitätsausstellung in Paris 1881 wollte zeigen, welche Kräfte in der nun vom Menschen gezähmten Kraft des Blitzes lagen: Hellerleuchtete Säle, eine Glühlampe, die man mit einem Schalter leuchten und wieder verlöschen lassen konnte, elektrische Straßenbahnen und eine Opernübertragung am Telefon begeisterten die Menschen. Darunter auch Oskar von Miller, damals noch ein bei seinen Vorgesetzten in München als verschroben geltender Baupraktikant – heute bekannt als Gründer des Deutschen Museums. Von Paris zurückgekehrt konnte er Gleichgesinnte dazu bewegen, eine solche Ausstellung auch in der bayerischen Hauptstadt zu organisieren. Schon im nächsten Jahr fand diese dann im Glaspalast in der Nähe des Hauptbahnhofs statt. Auch hier wurde eine Telefonübertragung aus der Oper eingerichtet: in einer Kabine konnte man einen Hörer ans rechte und einen ans linke Ohr halten und also sogar stereo der von 12 Mikrofonen im Nationaltheater aufgezeichneten Musik lauschen – eine Erfahrung, die größtes Erstaunen und manche Verwirrung hervorrief. So berichtet Oskar von Miller: „Ein komisches Intermezzo bildete ein Versuch, bei dem der Hoftheaterintendant Perfall die Tellaufführung aus dem Hoftheater in Tutzing anhörte, während ich im Glaspalast mich eingeschaltet hatte. Auf meine Anfrage, ob es nicht angenehm sei, von Tutzing aus die Oper kontrollieren zu können, kam keine Antwort, aber am nächsten Morgen kam Perfall entrüstet in mein Büro und verlangte die Herausnahme des Telefons, weil ich auf der Bühne so geschrien hätte, daß ich fast den Sänger Vogl übertönt habe, was er sich natürlich nicht gefallen lassen könne.“
Auf einer der jetzt regelmäßig stattfindenden Ausstellungen wurden 1891 dann Vorstellungen aus München sogar bis nach Frankfurt a. M. übertragen. Die Illustrierte Zeitung berichtet: „Am Abend aber herrscht ein gewaltiges Gedränge bei der Übertragung der Oper aus Frankfurt, noch mehr aber der aus München. Fast will es mir scheinen, als ob die Besucher der Abteilung, in der die Übertragung der Münchner Oper stattfindet, dieselbe mit zu großen Ansprüchen betraten. Einen reinen Genuß hat man bei diesen Opernübertragungn nicht; gewöhnlich machen sich in den Telefonen, mit denen man hört, störende Nebengeräusche, knackende und schnarrende Laute bemerkbar. Manchmal hört man die Musik nur sehr undeutlich und verschwommen, manchmal verschwindet sie ganz, je nachdem im Orchester nur bestimmte Instrumente spielen, die weiter oder näher von dem Aufnahme-Megaphone entfernt sind, und je nach der Stellung der Sänger und Sängerinnen auf der Bühne. Sehr oft aber hat man doch minutenlang einen wirklichen Genuß, indem man auf die weite Entfernung voll und deutlich jeden Laut der Musik und des Gesanges hört. … Bewahrheitet sich die Nachricht, daß Edison auch noch die Möglichkeit gefunden hat, die schauspielerischen Vorstellungen auf weite Entfernungen hin elektrisch sichtbar zu machen, dann wird vielleicht die Zeit gekommen sein, in der in jedem Lande nur ein einziges Zentralopern- und Schauspielinstitut besteht, von dem aus durch Leitungen alle einzelnen Orte und alle einzelnen Wohnungen mit dem notwendigen Quantum von Schauspiel- und Operngenüssen versehen werden können.“


Bildnachweis: 150 Jahre Bayerisches Nationaltheater, Hrsg: Generaldirektion der Bayerischen Staatstheater, C. Hirth’s Verlag G.M.B.H., München, 1928


 

 

Ensembles
Schumann-Quartett
www.schumann-quartett.de erhältlich sind.

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Aus Mitgliedern des Bayerischen Staatsorchesters bestehend, brachte das Schumann-Quartett München im Gründungsjahr 1994 Béla Bartóks frühes Klavierquintett und Arnold Schönbergs 2. Streichquartett mit Sopran zur Aufführung. Seither folgten Einladungen zu Konzerttourneen und Festivals in Europa, Japan und den USA. Die enge Zusammenarbeit mit Sängern und Komponisten ermöglicht es dem Ensemble, neben dem weit gefächerten gängigen Quartett-Repertoire selten zu hörende Werke sowie Uraufführungen und experimentelle Stücke zur Aufführung zu bringen, die über die reine Tonsprache hinaus Video- und Sprachkunst vereinen. Die erste Geigerin Barbara Burgdorf ist Konzertmeisterin des Bayerischen Staatsorchesters. Traudi Pauer spielt hier seit 1996. Stephan Finkentey ist seit 1988 Stellvertretender Solobratscher, ein Jahr später kam Oliver Göske zum Bayerischen Staatsorchester. Zum Schumann-Jahr 2010 nahm das Quartett zwei Doppel-CDs auf, die im Handel oder über www.schumann-quartett.de erhältlich sind.

Zeitzeugnisse
Carlos Kleiber bittet um Material

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Zeitzeugnisse
Karneval am Münchner Hof
https://schloesserblog.bayern.de/lieblingsstuecke-unserer-autoren/das-schlitten-harmoniemusik-ensemble-spielt-auf-bemerkenswertes-zum-musikschlitten-im-marstallmuseum-schloss-nymphenburg


Bildnachweis: Ginzrot, Johann Christian: Die Wagen und Fahrwerke der verschiedenen Völker des Mittelalters und der Kutschenbau neuester Zeiten. 1. Standort: Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 4 Kult 222 -3. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11216423?page=545


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VERKLEIDUNG, TANZ, MUSIK UND SCHLITTENFAHRTEN

Thomas Herbst

Auch am Münchner Hof wurde der Fasching ausgiebig gefeiert. Zwar folgte der Hof im 17. und 18. Jahrhundert das ganze Jahr über einem eng getakteten Festkalender, im Karneval jedoch wurde dieser noch einmal intensiviert. Eine große Rolle spielte dabei die Verkleidung: mehr oder weniger unkenntlich gemacht konnte die Hofgesellschaft die sonst so strengen Regeln des Zeremoniells für ein paar Wochen etwas lockerer nehmen. Die Feste, die dabei gefeiert wurden, tragen so rätselhafte Namen wie „Königreich“, „Wirtschaft“ oder „Bauernhochzeit“ und bezogen ihren Reiz aus dem, was man als „Verkehrte Welt“ beschreiben könnte. Traditionell begann der Münchner Fasching am Dreikönigstag; an diesem Tag spielte man am Hof das „Königreich“: Bei einem üppigen Festmahl lief alles nach dem strengen spanischem Hofzeremoniell ab – allerdings mit vertauschten Rollen. Das Los entschied darüber, wer König war, wer Kämmerer, Hofmarschall oder Narr, auch die Damen wurde ihren Kavalieren zugelost, und so hatte sich beispielsweise 1761 der bayerische Kurfürst als „Hof-Fourier“ gemeinsam mit der sächsischen Prinzessin Maria Christina um die Unterbringung der Gäste zu kümmern, während die Kurfürstin Maria Anna die Rolle einer „Cammerdieners-Frau vom Cron-Prinz“ spielte. Auch „Wirtschaft“ und „Bauernhochzeit“ folgten diesem Schema, nur etwas freier – in der „Wirtschaft“ spielte die Hofgesellschaft den Besuch in einem „einfachen“ Gasthaus nach, die „Bauernhochzeit“ transferierte das ländliche Fest in höfisches Ambiente, natürlich mit einem Vielfachen an Luxus.

Als 1652 die 15-jährige Prinzessin Adelaide von Savoyen zu ihrem aus der Ferne angetrauten Ehemann Ferdinand Maria nach München kam, muss der Kulturschock enorm gewesen sein: Ihr Vormund war ihre streng religiöse Schwiegermutter, die tiefstes Bairisch sprach und tatkräftig zupacken konnte, wenn sie in Schleißheim eigenen Käse herstellte und sich um die Kühe kümmerte – und das nach dem eleganten Hofleben in Turin und in ihrer piemontesischen Heimat. In puncto Festkultur hatte der bayerische Hof aus Sicht der neuen Kurfürstin unbedingt noch Nachholbedarf. Über den altmodischen Fackeltanz während des Karnevals 1653 amüsiert sie sich in einem Brief an ihre Mutter, wie uns der italienische Historiker Carlo Merkel überliefert: „Stellen Sie sich vor, dass ich mit Trompeten und Trommeln getanzt habe und mit 6 Kavalieren, die die Fackeln vor mir her trugen. Und man hat rein gar nichts getan, man tat nicht als hinter dem schnellsten hinterherzurennen. Ich glaubte vor Lachen sterben zu müssen!“

Ein Jahr später scheint sie schon mehr Gefallen am Münchner Fasching gefunden zu haben, denn nun schrieb sie: „Abends macht man die Wirtschaft (sie schreibt das für französisch gewohnte Ohren gewiß monströse Wort „buird ciaft“), ich weiß nicht, wie ich es sagen soll: das ist das schönste Fest der Welt und wir tanzen bis 2 Uhr und alles wird sehr gut. Aber ich bin als Wirtin verkleidet – aber ein bißchen schicker …“

Neben dem Verkleiden spielte der Tanz eine zentrale Rolle: Im Gegensatz zum „ball en ceremonie“ am Hof, wo Bürgerliche wenn überhaupt nur als Zuschauer Zutritt hatten, und streng geregelt war, wer mit wem tanzt, durfte eine Redoute jeder besuchen, der maskiert war. Hier vermischten sich die Stände bis in die Morgenstunden bei Tanz und Kartenspiel. Seit 1718 gab es in München mit dem Redoutenhaus in der Prannergasse einen eigens für diese Veranstaltungen vorgesehenen Ort. Wie sie organisiert waren, beschreibt Julius Bernhard von Rohr in seiner Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft von 1733:

„§.9. Die Redouten-Sähle werden mit den schönsten silbernen oder crystallenen Cronen-Leuchtern und viel tausend weissen Wachs-Fackeln gezieret, welche denn durch die um und um befindlichen grossen Spiegel, silbernen Tische und ander Silberwerck ihren Schein verdoppeln, und alles erleuchten. In den Neben-Zimmern findet man mancherley Arten des Zeitvertreibs, an Bretspielen, Schachspielen, Biliard-Tafeln und andern Spielen.

§.10. Die Plätze, wo sich die hohe Landes-Herrschafft nebst Noblesse befinden, werden durch gewisse Schrancken, entweder durch einige Erhöhung von etlichen Staffeln oder auf andere Art abgesondert. Zu Ende der erhöheten Schrancken stehen bißweilen unter einem propren Baldachin einige Sammet-Stühle vor die Durchlauchtigsten Personen. Machmahl ist es einigen Fürstlichen Personen nicht gefällig in Masque zu erscheinen, und belieben unmasquirt hohe Zuschauer dabey abzugeben.

§.11. Man höret darbey zu Vergnügung der Ohren mancherley Concerte von Violinen, Waldhörnern, Hautbois und andern Instrumenten, welche stets Menuets, Teutsche, Englische, auch wohl Polnische und Ungarische Täntze aufstreichen. Bey den Krämern, die man hin und wieder auf dem Saale und in den andern Behältnissen antrifft, kan ein iedweder nach Gefallen Caffé, Thé, Chocolade, Limonade, Liqueurs, Rosolis, Confituren, Obst, Pasteten, Biscuite und dergleichen Genäsche bekommen. Uber dieses stehen in den Neben-Zimmern mancherley Tafeln mit delicaten Speisen besetzt, von denen die Cavaliers und Dames nach Gefallen etwas nehmen und zulangen können.“

Die Nacht wurde durchgetanzt und -gespielt, morgens ging man in die Messe und danach ins Bett, am folgenden Abend begann das Ganze erneut. Für Musiker gab es dabei viel zu tun: bei der Redoute und beim Ball spielten sie zum Tanz, sie gestalteten die Gottesdienste, bei den Gastmahlen erwartete der Kurfürst von den Hofmusikern ausgesuchte Tafelmusik, und dann war da noch das musikalische Hauptereignis des Karnevals: die neue Oper. Der Kurfürst bestellte im 18. Jahrhundert jedes Jahr bei seinem Kapellmeister oder später auch bei auswärtigen Komponisten eine neue Opera seria, so wurde 1781 im Fasching Mozarts Idomeneo uraufgeführt. Max III. Emanuel z. B. kümmerte sich zusammen mit Kurfürstin Kunigunde sogar um das Engagement der Gesangssolisten und überwachte persönlich die Proben. Sein Enkel Max III. Joseph beschäftigte sich auch praktisch mit Musik, vom Besuch seines Onkels Clemens August, Kurfürst von Köln, und seines Verwandten Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz berichten die Münchner-Zeitungen vom 6. Februar 1755:

„Unter allen edlen und freyen Künsten verdienet onhnstreitig die Music den ersten Rang; dahero nicht zu bewundern, daß auch erhabene und Durchläuchtige Personen sich zu diesem Werck widmen. Am verwichenen Dienstag [4. Februar 1755] war es, da die Durchläuchtigste Churfürsten von Cölln, Pfalz und Bayern, in der auf hiesigem grossen Redouten-Saal masquirten Academie Sich eingefunden, und in Gegenwart des ganzen Hofes, Adels, und mehr dann tausend anderer Personen von Distinction, und andern Geschlechts, Sich öffentlich hören liessen, welchen andere Herren Cavaliers accompagnirt haben. Se. Churfürstl. Durchl. von Cölln und unser Gnädigster Landes-Herr, haben auf der Gampa, Se. Durchl. der Churfürst von der Pfalz aber auf dem Bassl [Violoncello] so kunstreich und virtuos gespielet, daß die größte Music-Verständige und Virtuosen selbst darob haben erstaunen müssen.“

Dieselbe Zeitung berichtet ein Jahr später über eine gesamte Karnevalswoche:

„Die heurigen Carnevals-Festivitäten sind nunmehro bey hiesigem Churfürstlichen Hofe folgender massen reguliret: Am Sonntag, Redoute im Redouten-Hause; Montag, Opera im neuen Opern-hause [Cuvilliés-Theater], Dienstag, masquirte Academie im Redouten-Hause; Mitwoch, Redoute eben daselbst; Donnerstag Französische Comödie im neuen Opern-Hause, Freytag, Academie bey Hofe ohne Masquen, den Samstag aber hat sich der Hof zu den das ganze Jahr durch gewidmeten besondern Andachten vorbehalten. […]

Am Sonntag [29.02.1756] Vormittags erhoben Sich Ihro Churfürstl. Durchl. Durchl. unsere Gnädigste Landes-Herrschaft, nach der St. Michaelis-Kirche der Herren PP. Jesuiten, und wohneten unter dem 40. stündigen Gebett dem Hoch-Amt devotest bey; Nachmittags ward die schöne Opera Dido Abbandonata [von Andrea Bernasconi], in dem neuen Opern-Hause abermals wiederholet; Abends geruheten Höchst-Dieselben mit sämmtlichen Durchläuchtigsten Herrschaften sich in die Redoute zu verfügen, allwo die Anzahl derer Masquen ausserordentlich groß war. Gestern [Montag 01.03.1756] war Französische Comödie, und darauf abermals Redoute. Heut [Dienstag 02.03.1756] Nachmittags belieben Höchst-Ihro Churfürstl. Durchläuchtigkeiten in die St. Michaelis-Kirche Soc. Jesu bey dem Beschluss des 40. stündigen Gebetts wieder offentlich zu erscheinen, wobey sich auch die Churfürstl. Herren Ministers, Cammer-Herren und Räthe einfinden, und mit einer Proceßion, unter welcher das Hochwürdigste Gut von den höchsten Gnädigsten Herrschaften andächtigst begleitet wird, geendiget; Abends geschiehet die letze Wiederholung der obbelobten Opera, worauf nochmals Redoute erfolget, und damit die heurige Carnevals-Zeit beschlossen wird [mit dem Aschermittwoch am 03.03.1756].“

Mit dem Aschermittwoch begann die Fastenzeit, während der keine Lustbarkeiten stattfinden durften – Musik wurde allerdings trotzdem und vielleicht nicht weniger gespielt. Geistliche und andere Konzerte fanden jetzt ihre Zuhörer. Diese Tradition setzte sich im 19. Jahrhundert fort, wenn nach den ausgelassenen Maskierten Bällen im Odeon die Konzerte der Musikalischen Akademie die Fastenzeit ausfüllten. Die Ordinari Zeitungen berichten 1729 über eine weitere beliebte Faschingsattraktion des Hofes:

„Gestern Nachmittag haben sich Ihre Churfürstl. Durchl. unser gnädigister Herr mit einer prächtigen Schlittenfahrt divertirt / und beschahe der Außzug von Hof / wo vorauß in ein zugericht mit rothem Tuch überzognen grossen Schlitten die Churfürstl. Trompeter und Paucker fuhren / hernoch kame allein gefahren der Churfürstl. Obriste Stallmaister Ihro Excell. Herr Graf von Preising etc. Deme folgten Ihre Churfürstl. Durchl. unser gnädigster Herr / Ihro Durchl. die Churfürstin / und so dann Ihre Hochfürstl. Durchl. der Herzog Ferdinand / dero Durchleuchtigste Frau Gemahlin führend / beyde in prächtigisten Renn-Schlitten mit deren Edel-Knaben zu Pferde umbgeben / darauff folgten in 20. Schlitten die vornehmste Ministri und Cavaliers die Hof- und Stadt-Damen führend alle in schönster Galla / die Damen aber in Romanischer Kleidung auffs prächtigiste auffgebutzet / die Schlittenfahrt schliesset wider ein grosser mit grienen Tuch überzogener Schlitten worinnen sich die übrige Churfürstl. Trompeter und Paucker befanden. Dise prächtige Schlittenfahrt geschahe durch die vornembste Gassen der Stadt / und als selbe bey dem Gregorianischen Collegio ankame / wurde von denen daselbstigen Studenten ein schöner Concert von allerhand Musicalischen Instrumenten denen Durchleuchtigsten und hochen Schlitten-Fahrern zu schuldigisten Ehren gemacht. Und als man wider nacher Hof zuruck kommen ist allda Appartement / darauff offene Taffel gehalten worden / wornach sich alles auff die Redoute begeben.“

Schlittenfahrten mit aufwendigen Kostümen und prunkvoll eingerichteten Schlitten waren besonders am Kaiserhof in Wien in Mode. Und auch in München waren sie beliebt, wie bereits im Fasching 1667 Kurfürstin Adelaide aus München ihrem Bruder berichtet: „Ich fahre fast alle Tage, auch nachts, mit dem Schlitten; und abends tanzt man.“

Im Marstall-Museum Nymphenburg sind noch heute einige der barocken sogenannten Renn-Schlitten zu sehen, in denen die aufwendigen Ausfahrten stattfanden. Wie lange sich diese Tradition am Münchner Hof erhalten hat, zeigt ein anderes Stück dieser Sammlung: ein Musik-Schlitten aus der Zeit Ludwigs I. Auf ihm eröffneten die Musiker ab 1827 die Schlittenparade des Hofes.

https://schloesserblog.bayern.de/lieblingsstuecke-unserer-autoren/das-schlitten-harmoniemusik-ensemble-spielt-auf-bemerkenswertes-zum-musikschlitten-im-marstallmuseum-schloss-nymphenburg


Bildnachweis: Ginzrot, Johann Christian: Die Wagen und Fahrwerke der verschiedenen Völker des Mittelalters und der Kutschenbau neuester Zeiten. 1. Standort: Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 4 Kult 222 -3. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11216423?page=545


 

 

Zeitzeugnisse
Die Tragödie des Teufels
https://www.youtube.com/watch?v=MylAsq5_dy0


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Am 22. Februar 2010 wurde Die Tragödie des Teufels des ungarischen Komponisten Peter Eötvös mit einem Libretto von Albert Ostermaier im Nationaltheater uraufgeführt. Eötvös selbst leitete das Bayerische Staatsorchester. Das ukrainische Künstlerpaar Ilya und Emilia Kabakov entwarfen die Bühne, und Balázs Kovalik führte Regie. Erfahren Sie mehr über das Werk und die damalige Inszenierung in einem Beitrag mit Eötvös, Kovalik, Ostermaier und dem Lucifer-Sänger der Uraufführung Georg Nigl.

https://www.youtube.com/watch?v=MylAsq5_dy0


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Richard Strauss über die Musikalische Akademie

Die Konzerte der musikalischen Akademie
(in denen ich noch den alten Franz Lachner
eine seiner Suiten dirigieren sah) gehören
zu den schönsten Erinnerungen meiner Jugend.
Ein großes Ereigniß war für mich persönlich
im Jahre 1882 die Aufführung meiner ersten
Dmollsinfonie, die von Hermann Levi
in liebendwürdigster Weise im Odeon
aus der Taufe gehoben wurde. Ich wohnte
als 18jähriger Oberprimaner mehr träumend
als wachend auf einem „Stehplatz zwischen den
Säulen“ der vortrefflichen Aufführung bei.
Es war die schöne Zeit, da Aufführungen
Beethovenscher Sinfonien noch zu den
Ereignissen gehörten, denen der kultivierte Teil
meiner Vaterstadt schon Wochen vorher mit größter
Spannung entgegensah. In meinem Elternhause
warfen schwierige Hornsoli im[m]er lange ihre
Schatten voraus u. verdarben die Laune
meines Vaters.
Später hatte ich selbst die Freude, 2 Jahre
lang die Conzerte der musikalischen
Akademie zu leiten. Sie stehen noch
heute auf alter Ruhmeshöhe und
erfreuen sich unter Hans Knappertsbusch
einer besondern Blüte.
Mögen sie auch weiterhin die berufenen
Hüter kostbarer Kunstschätze bleiben.
Dr. Richard Strauss.


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Chefs
Johannes de Fossa
Mus.ms. 2757. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek Mus.ms. 2757. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079000?page=6


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Johannes de Fossas Geburtsdatum und Geburtsort sind unbekannt. Bis zu seinem Eintritt in die Münchner Hofkapelle 1569 ist de Fossas Biographie lückenhaft dokumentiert. Er stammt wohl aus einer niederländischen Musikerfamilie, in welcher sein Name mehrfach vorkam. De Fossa bezeichnet in einer selbst angefertigten Abschrift Johannes Castileti – auch Jean Guyot genannt – als seinen Lehrer. Wahrscheinlich war de Fossa in den 1540er und 1550er Jahren in Lüttich der Schüler Castiletis. 1569 wurde de Fossa schließlich zum Vizekapellmeister der Münchner Hofkapelle ernannt und führte dieses Amt bis Orlando di Lassos Tod 1594 aus. Nach di Lassos Tod nahm di Fossa dessen Amt als Münchner Hofkapellmeister ein, wobei die offizielle Ernennung erst 1597 erfolgte. Seine Verdienste wurden durch de Fossas Erhebung in den Reichsadelsstand geehrt. Pfingsten 1603 verstarb er in München, nachdem er bereits ein Jahr zuvor sein Amt aufgrund gesundheitlicher Probleme niederlegen musste.


Bildnachweis: Fossa, Johannes de: 7 Sacred songs – BSB Mus.ms. 2757. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek Mus.ms. 2757. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079000?page=6


Zeitzeugnisse
Carlos Kleiber diskutiert das Konzertprogramm

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Eindrücke
4. Akademiekonzert 2022/23 (Mehta)

Großer Jubel nach dem 4. Akademiekonzert für das Bayerische Staatsorchester, seinen ehemaligen Generalmusikdirektor Zubin Mehta, die Geigerin Vilde Frang und den Komponisten Minas Borboudakis.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Eindrücke
Festakt 500 Jahre Bayerisches Staatsorchester

Am 8. Januar wurde das Jubiläumsjahr des Bayerischen Staatsorchesters fulminant eingeläutet mit einem Konzert im Nationaltheater. Der Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski dirigierte. Zu den geladenen Gästen gehörten unter anderem die Landtagspräsidentin Ilse Aigner und der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume, die beide Reden hielten.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Eindrücke
4. Akademiekonzert 2022-23

Hier probt der ehemalige Generalmusikdirektor Zubin Mehta zusammen mit der Geigerin Vilde Frang und dem Bayerischen Staatsorchester für das 4. Akademiekonzert. Der Komponist der eigens in Auftrag gegebenen Uraufführung, Minas Borboudakis, war ebenfalls anwesend.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Carl Orff: Der Mond

Carl Orffs Oper Der Mond wurde am 5. Februar 1939 an der Bayerischen Staatsoper unter der musikalischen Leitung von Clemens Krauss in einer Inszenierung von Rudolf Hartmann uraufgeführt. Das Libretto verfasste der Komponist selbst und übernahm dabei teilweise wörtliche Textpassagen aus dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm. In den drei Schauplätzen Himmel, Erde, Unterwelt und der Sicht eines kleinen Jungen darauf liegt Orffs Bezeichnung dieses „kleinen Welttheaters“ begründet, „das ein nachdenkliches Gleichnis von der Vergeblichkeit menschlichen Bemühens, die Weltordnung zu stören und gleichzeitig eine Parabel vom Geborgensein in eben dieser Weltordnung werden sollte“. Die Musik hat der Komponist selbst als seinen „Abschied von der Romantik“ bezeichnet. Kritiker zeigten sich begeistert, so zum Beispiel der Musikwissenschaftler Fred Hamel über die Uraufführung: „Da begegnet man also einer Schöpfung, wie man sie der Opernbühne seit langem gewünscht hat […] Großartig, wie Orff's Musik diese Kraft auch hier ganz aus den elementaren Mitteln der Rhythmik und der Liedform gewinnt […] Bei dieser Ökonomie der Mittel aber ist Orff's melodische Erfindung so stark, seine rhythmische Phantasie so unerschöpflich, daß sie schier eine Überfülle wechselnder Eindrücke von bildhafter Kraft beschwören.“


Bildnachweis: Hanns Holdt


Meet the Musicians
Christian Loferer, Horn

Neben München fühlt sich Christian Loferer in Sydney und San Francisco sehr wohl. In Edinburgh hat er schonmal Straßenmusik gemacht, und wenn er eine beliebige Aktivität zu einer olympischen Disziplin machen könnte, hätte er beim Uhrzeitschätzen die größten Chancen, eine Medaille zu gewinnen.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Meet the Musicians
Barbara Burgdorf, 1. Violine (Konzertmeisterin)

Das Schönste an ihrem Beruf ist für Barbara Burgdorf die Schönheit, die er für die Seele bietet, für sie selbst und für andere. Wäre sie nicht Musikerin geworden, dann wahrscheinlich Biologin.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Eindrücke
Applaus nach der Premiere von Dido and Aeneas … Erwartung

Am 29. Januar feierte das Münchner Publikum die Neuproduktion Dido and Aeneas … Erwartung und deren Protagonisten: Den Dirigenten Andrew Manze, das Regieteam rund um den Regisseur Krzysztof Warlikowski sowie das Sängerensemble (Ausrine Stundyte, Günter Papendell, Victoria Randem, Rinat Shaham, Key’mon W. Murrah, Elmira Karakhanova).


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo
Online-Edition


Bildnachweis: Bayerische Staatsbibliothek München, Signatur Slg.Her 811


 

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Am 29. Januar 1781 wurde Mozarts „Dramma per musica in tre atti” im Münchner Hoftheater, dem heutigen Cuvilliéstheater, uraufgeführt. Das Libretto basiert auf der gleichnamigen Tragédie lyrique von Antoine Danchet mit der Musik von André Campra, und wurde vom Salzburger Kaplan Giambattista Varesco angefertigt. Fünf Jahre später kam eine von Mozart überarbeitete Fassung in Wien zur Aufführung.

1775 wurde bereits Mozarts La finta giardiniera in München uraufgeführt, 1780 erhielt der Komponist dann den Auftrag von Karl Theodor, dem Kurfürsten von Bayern, für München eine Oper als Höhepunkt der Karnevalssaison anzufertigen. Mozart wohnte den Einstudierungen beider Opern bei. Idomeneo wurde erst vor Ort fertig komponiert, und so konnte Mozart besondere Rücksicht auf die stimmlichen Möglichkeiten der Sänger nehmen. Über die Hintergründe der Entstehung von Idomeneo gibt ein Briefwechsel Mozarts mit seinem Vater Leopold Auskunft, in dem auch über die Funktion von Szenen und Arien diskutiert wird.

Mozart Briefe und Dokumente – Online-Edition


Bildnachweis: Bayerische Staatsbibliothek München, Signatur Slg.Her 811


 

Chefs
Ludwig Daser
Mus.ms. 18. Standort:
München, Bayerische Staatsbibliothek -- Mus.ms. 18. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079115?page=6,7


 

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Ludwig Daser wurde um 1526 in München geboren und trat bereits im Jugendalter der Münchner Hofkapelle bei, wo er vermutlich unter Wolfgang Fynnckl und Andree Zauner, vielleicht auch unter Ludwig Senfl seine musikalische Ausbildung erhielt. Daser studierte wie Andree Zauner an der Universität Ingolstadt und war ab 1552 als Hofkapellmeister der Münchner Hofkapelle aktiv. 1563 legte Daser sein Amt in München endgültig nieder, und 1572 wurde er Kapellmeister am württembergischen Herzogshof in Stuttgart, wo er bis zu seinem Tod 1589 wirkte. Daser war ein äußerst produktiver und von Zeitgenossen geschätzter Komponist von Messen, Motetten und geistlichen Liedern. Zuletzt ist er wieder in den Fokus der Musikwissenschaft gerückt, und so ist die Veröffentlichung des umfangreichen Buchs Ludwig Daser (1526–1589) – Grenzgänger zwischen den Traditionen von Daniel Glowotz in Vorbereitung.


Bildnachweis: Daser, Ludwig: 9 Masses – BSB Mus.ms. 18. Standort:
München, Bayerische Staatsbibliothek -- Mus.ms. 18. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079115?page=6,7


 

Zeitzeugnisse
Engelbert Humperdinck: Königskinder

Die erste Fassung von Engelbert Humperdincks Märchenoper wurde am 23. Januar 1897 im Münchner Hoftheater unter der musikalischen Leitung von Hugo Röhr uraufgeführt. Nach dem Erfolg von Hänsel und Gretel vier Jahre zuvor war der Komponist auf der Suche nach einer Textvorlage für eine komische Oper volkstümlichen Einschlags, die letztlich Elsa Agnes Bernstein, Tochter von Humperdincks Münchner Freund Heinrich Porges, lieferte.

Diese Melodram-Fassung fand in den folgenden Jahren ihren Weg auf die Opernbühnen von Wien, Prag, Berlin, Riga, London, Dublin und New York, verschwand nach 1902 allerdings von den Spielplänen. Der Komponist überarbeitete sein Melodram zu der heute bekannten durchkomponierten Fassung der Oper, für die der Text gründlich reduziert und vereinfacht wurde. 1910 wurde schließlich diese zweite Fassung an der Metropolitan Opera in New York uraufgeführt.


Bildnachweis: Archiv Bayerische Staatsoper / Hof-Atelier Elvira München


Chefs
Andree Zauner

Andree Zauner war der Nachfolger Wolfgang Fynnckls und leitete die damalige Hofkapelle von 1550 bis 1552. Zauner kam ursprünglich aus Landshut und war ab 1525 an der Universität Ingolstadt immatrikuliert, wo vor allem Schriften von Johannes de Muris studiert wurden, der sich als spätmittelalterlicher Intellektueller mit Musiktheorie beschäftigte und die Musiknotation entscheidend vorantrieb. Dementsprechend führte Zauner den für einen Musiker seltenen Gelehrtentitel „Maister“ (Magister). Er blieb der Hofkapelle nach seiner Amtsabtretung als Sänger erhalten und erhielt sogar darüber hinaus eine Gnadenbesoldung bis zu seinem Tod 1577.


Bildnachweis: Wappen der Universität Ingolstadt 1580. Abbildung aus: Schrot, Martin: Wappenbuch Des Heiligen Römischen Reichs, und allgemainer Christenheit in Europa, München, 1580 (Bayerische Staatsbibliothek, Res/2 Herald. 46). http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00089366/image_313


Eindrücke
OPERcussion: Original Grooves
 

Am 20. Januar 2023 traten OPERcussion in der Muffathalle auf und präsentierten dabei ihre neue CD „Original Grooves“.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

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Am 20. Januar 2023 traten OPERcussion in der Muffathalle auf und präsentierten dabei ihre neue CD „Original Grooves“.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Ensembles
OPERcussion
OPERcussion, das Virtuosen-Schlagzeug-Quintett, die Kunst des Schlagzeugs aus den Tiefen des Orchestergrabens in die erste Reihe und verwirklicht ein neues Modell des künstlerischen Schaffens, während es die Geschichte respektiert und sich für Innovation einsetzt.
 
Wenn wir die Geschichte der Bayerischen Staatsoper studieren, erfahren wir, dass der erste Pauker unter Vertrag im Jahr 1600 in der damaligen Hofkapelle anfing. In 500 Jahren Musiktradition haben die größten Komponisten und Dirigenten der Geschichte die Mitglieder dieses traditionellen Orchesters beeinflusst und Kammermusikaktivitäten gefördert.

Die Mitglieder der Schlagzeuggruppe sind diesem Ruf nicht entgangen und seit 2008 in der Formation OPERcussion organisiert. Thomas März, Pieter Roijen, Maxime Pidoux, Carlos Vera Larrucea und Claudio Estay bringen ihre Virtuosität, ihr Wissen, die Traditionen ihrer Herkunftsländer und ihre Eigenheiten in das Ensemble ein. Dieses internationale Ensemble hat sich in der Welt des Schlagzeugs und in der Musikszene im Allgemeinen durch die Innovation und Vielfalt seiner Programme hervorgetan, die die Zusammenarbeit und Auftragsarbeit mit zeitgenössischen Komponist:innen umfassen, ebenso gut wie Arrangements von Musik, die ursprünglich nicht für Schlagzeug geschrieben wurde, aus den Epochen: Barock, Klassik und Impressionismus bis hin zur Interpretation lateinamerikanischer Musik mit grandiosen Improvisationsideen.


Bildnachweis: Dominik Gigler


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In seiner Art einzigartig bringt OPERcussion, das Virtuosen-Schlagzeug-Quintett, die Kunst des Schlagzeugs aus den Tiefen des Orchestergrabens in die erste Reihe und verwirklicht ein neues Modell des künstlerischen Schaffens, während es die Geschichte respektiert und sich für Innovation einsetzt.
 
Wenn wir die Geschichte der Bayerischen Staatsoper studieren, erfahren wir, dass der erste Pauker unter Vertrag im Jahr 1600 in der damaligen Hofkapelle anfing. In 500 Jahren Musiktradition haben die größten Komponisten und Dirigenten der Geschichte die Mitglieder dieses traditionellen Orchesters beeinflusst und Kammermusikaktivitäten gefördert.

Die Mitglieder der Schlagzeuggruppe sind diesem Ruf nicht entgangen und seit 2008 in der Formation OPERcussion organisiert. Thomas März, Pieter Roijen, Maxime Pidoux, Carlos Vera Larrucea und Claudio Estay bringen ihre Virtuosität, ihr Wissen, die Traditionen ihrer Herkunftsländer und ihre Eigenheiten in das Ensemble ein. Dieses internationale Ensemble hat sich in der Welt des Schlagzeugs und in der Musikszene im Allgemeinen durch die Innovation und Vielfalt seiner Programme hervorgetan, die die Zusammenarbeit und Auftragsarbeit mit zeitgenössischen Komponist:innen umfassen, ebenso gut wie Arrangements von Musik, die ursprünglich nicht für Schlagzeug geschrieben wurde, aus den Epochen: Barock, Klassik und Impressionismus bis hin zur Interpretation lateinamerikanischer Musik mit grandiosen Improvisationsideen.


Bildnachweis: Dominik Gigler


 

Chefs
Wolfgang Fynnckl
Sebastian Hurlacher und Bastian Behaim zwei neue Instrumentalisten engagiert.


Bildnachweis: Biographisch-bibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4. Quelle: gallica.bnf.fr. Provenienz: Bibliothèque nationale de France.


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Über Ludwig Senfls Nachfolger ist wenig überliefert: Lediglich Wolfgang Fynnckls Name und Amt sind bekannt. Nach Senfls Scheiden 1543 und vor 1551 muss Fynnckl die Arbeit seines Vorgängers und damit die Münchner Hofmusik fortgeführt haben. Während Fynnckls Amtszeit wurden mit Sebastian Hurlacher und Bastian Behaim zwei neue Instrumentalisten engagiert.


Bildnachweis: Biographisch-bibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4. Quelle: gallica.bnf.fr. Provenienz: Bibliothèque nationale de France.


 

Eindrücke
Tango Sentimentale
Eugen Onegin am 15. Januar im Nationaltheater fand die erste Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters und durfte dem Ensemble Tango Sentimentale lauschen, zu dem auch der Akkordeonist Max Spenger gehört.
Das nächste Mal wird es die Möglichkeit für Begegnungen mit Orchestermitgliedern am 4. Februar im Anschluss an Dido and Aeneas ... Erwartung geben.

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Nach der Vorstellung von Eugen Onegin am 15. Januar im Nationaltheater fand die erste Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters und durfte dem Ensemble Tango Sentimentale lauschen, zu dem auch der Akkordeonist Max Spenger gehört.
Das nächste Mal wird es die Möglichkeit für Begegnungen mit Orchestermitgliedern am 4. Februar im Anschluss an Dido and Aeneas ... Erwartung geben.

Zeitzeugnisse
Brand des Nationaltheaters am 14. Januar 1823

Am 14. Januar 1823 brannte das Nationaltheater. Obwohl das Unglück während einer voll besetzten Abendvorstellung geschah, kam niemand zu Schaden. Beim Löschen des Feuers wurde warmes Brauwasser der umliegenden Brauereien verwendet, da das Löschwasser der Feuerwehr in den Spritzen gefror. Das Gebäude konnte nicht vor den Flammen gerettet werden, wurde allerdings bereits zwei Jahre später wiedereröffnet.


Bildnachweis: Münchner Stadtmuseum, Sammlung Graphik / Gemälde P-1134
Künstler: unbekannt; Wolfgang Pulfer (Repro)


 

Ensembles
OperaBrass

OperaBrass ist eines der Kammermusikensembles des Bayerischen Staatsorchesters. Zwar gibt es die Formation auch in der klassischen Blechbläserquintettbesetzung, doch lieber betritt man die Bühne mit jeweils vier Trompeten und Posaunen, einem Horn, Tuba und von Fall zu Fall auch Schlagzeug.

1996 debütierten die elf Musiker mit zwei Konzerten im Cuvilliés-Theater der Münchner Residenz mit einem aus Werken unterschiedlichster Stilepochen zusammengesetzten Programm. Da alle Ensemblemitglieder nicht nur in der klassischen Musik zu Hause sind, sondern auch vielfältige Erfahrungen von Jazz bis Schlager gesammelt haben, spielt auch diese Art von Musik eine tragende Rolle im Repertoire der Formation. So wurden speziell für OperaBrass konzipierte Arrangements von Opernhighlights, Jazzstandards und Big-Band-Evergreens in Auftrag gegeben. Darüber hinaus haben die Trompeter Andreas Öttl und Frank Bloedhorn auch eigene Bearbeitungen zum Repertoire beigesteuert. Besonders reizt die beiden Musiker dabei, dass sie im Ensemble all ihre Instrumente einsetzen können – von der Piccolotrompete bis zum Flügelhorn.

Abseits von ausgetretenen Pfaden bewegte man sich auf einer Tournee mit dem Kabarettisten Bruno Jonas und dem Programm „Volles Rohr – heiße Luft“: ein satirisches Blech sozusagen, dessen Inhalt sich mit nicht weniger als 400 Jahren Liebe und Tod in der Oper befasste.

Eine wichtige Rolle für die künstlerische Entwicklung des Ensembles spielte die musikalische Zusammenarbeit mit zwei ehemaligen Generalmusikdirektoren der Bayerischen Staatsoper, Zubin Mehta und Kent Nagano, und anderen renommierten Dirigenten wie dem Barockspezialisten Ivor Bolton.

2006 gestaltete OperaBrass ein Konzert gemeinsam mit den weltberühmten King’s Singers im Prinzregententheater. Beide Ensembles spannten unter dem Titel „In Perfect Harmony“ den musikalischen Bogen über die Jahrhunderte. Mit Wagner & Friends wagten sich die Musiker von OperaBrass 2012 direkt vom Orchestergraben auf die Bühne des Nationaltheaters mit einem echten Crossover-Programm. Jedes Jahr im Sommer sind OperaBrass auch an der Unicredit-Festspielnacht zu Beginn der Münchner Opernfestspiele beteiligt.

Abgesehen davon kann man das Ensemble bei den Kammerkonzerten der Bayerischen Staatsoper und auf Tourneen erleben. In der jüngeren Zeit ging es nach der Europa-Tournee 2016 mit dem Bayerischen Staatsorchester und einem Asien-Gastspiel 2017 im September 2018 nach Mallorca, wo die Münchner Blechbläser schon zum zweiten Mal in der Kathedrale von Palma zu Gast waren.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Eindrücke
Festakt: 500 Jahre Bayerisches Staatsorchester

Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Bestallungsrevers des Geigers Gregor Khrafft (1520)

Ich gregorius kraffth von thoren bekenn mit dissem offen brieue Alls der durchleuchtig fürst
vnnd Her Her wilhalm pfalczgraue bej Rein herczog in oberen vnnd Nideren bairen etc. mein gne-
diger Her mich czu seiner fürstlichen gnaden diener vnnd geyger mein lebenlang an deß houe
bestellt vnnd angenommen hat, Laut Irer gnaden bestelbriefs mir deshalben behendigt von Wort
zu wort des Innhalts. Von gottes gnaden wir wilhalm pffallennczgraue bey rein herczog
In oberen vnnd nyderen bayren etc. Beckenn, alls vnnser getreuer Gregorius krafft von thorn
Etlich zceithere vnnser diener vnnd geyger gewest, vnnd vns zcu gefallen gedient hatt,
Das wir Ine nun furohin zcu einem Diener vnnd geyger an vnsern Houe aufgemen[aufgenommen]
vnnd bestellt habnn, Sein lebtag, vns mit allen seinen könnsten vnnd dienstn getreues vleiß
zcu gewaden[?] vnnd gehorsam zcesein, vnnsern fromben zcefürdern, schaden zcewennden,
vnnd alles das zcethun, das ain getreuer williger diener seiner Herrschafft schuldig ist
Auch Sich on vnnser vergonnen vnnd erlauben, mit Diennsten zcu kainem anndern Heren
mehr verpflichtn Alls er vnns dann das mit Seinen treuen on aydesstadt gelobt hat,
Vnd vmb Solch Sein diennst habnn Wir Ime verprochen vnnd zcugesagt, vnnd versprechn
mit dem brieue, Das wir Ime Sein lebtag Jerlichs zcu solde geben sollen vnd wollen
Sechczehen gulden reinisch in munss vnser lanndes werungh vnd ain Hofeklaidt
Nämlich zcu yeder quattember vier gulden reinisch auch darczu dy liferung oder
So wir (als yczt beschicht) vber houe nit speyßn darfur das gellt beczalen Wie wir dan
annderen der gleichen vnseren diennern zcegeben pflegen, Welche vorangeregte besoll-
dungh an gellt wir Jczygem vnd ainem yedn konnftigen vnnserm Cammerschreiber
auß vnnserm Camerambt alhie obangezcei[g]terr massen von vnnseren wegen gedachten
Krafften, zcuentrichten hiemit verschaffen, vnd des allso mit erster bezcalung zcu
nägst be[ginne]nnder quattember pfingsten anczefahen. Wir wollen Ine auch zcue recht
versprechen beschuczen vnd beschirmen als annder vnsser Diener, darauff wir sein
auch zcu recht vnd aller billich[k]eit mechtig sind, Wo er sich aber in solhen seinen
Diensten nit redlich, oder der massen, wie uor steet, hiellte, des sich kuntlich erfunde,
So Seyen wir alsdann vnangesehen disser vnser verschreibung weiter Ine zcu diener
zcu behalten vnnd zcu besolldnen, vnuerpundn, Ongeuerde, des zcu vrkundt haben wir
me den brieff mit vnserm anhangden Secret besigelt vnnd aigner Hannde
vnderschribn. Geben in vnser stat münchen am montag uor purificationis 
marie Im funfzehenhundert vnnd Zcwainzcigsten Jar, Darauff ich obgenannter
Krafft bej meinen waren trewen on aydes Stat gelob vnnd versprich, seinen 
fürstlichen gnaden alles vnnd Jedes Das hieuor inserirter brieff Innhellt vnnd
mich verpindet, war vnd stat zcehalten vnd zcu uolczihen, treulich ongeuerde,
Des zcu vrkunde hab ich seinen fürstlichn gnadn disen reuers mit meiner
aygnen Hande geschriben vnnd meinem Hiefür dructn petschir befestenndt.
Geben am montag uor purificationis marie Im funfczehen Hundert vnd
czwainzcigsten Jarn.


Bildnachweis: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München


 

Zeitzeugnisse
500 Jahre unplugged

Vor einem halben Jahrtausend begann die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters. Schon 1523 gibt es die ersten Anstellungsvermerke, in denen die Gehälter der fest angestellten Hofmusiker dokumentiert sind. Aus kleinen Anfängen im höfischen Kontext wurde allmählich ein großes Opernorchester, das bald auch regelmäßig symphonische Werke aufführte und seit dem frühen 19. Jahrhundert im Rahmen der Musikalischen Akademie die erste öffentliche Konzertreihe in München veranstaltet. Heute gehört das Bayerische Staatsorchester zu den internationalen Spitzenensembles mit Mitgliedern aus vierundzwanzig Nationen. Im Jahr 2023 feiert es seine ersten 500 Jahre und blickt aus der Perspektive dieser ehrwürdigen Tradition in die Zukunft – Musik für alle auf höchstem Niveau.

Chefs
Vladimir Jurowski über das Bayerische Staatsorchester
Über Vladimir Jurowski


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Vladimir Jurowski, Generalmusikdirektor des Bayerischen Staatsorchesters seit 2021


500 – was für eine Zahl! Vor fünfhundert Jahren begann die Geschichte des Ensembles, das heute als Bayerisches Staatsorchester weltweit zu den angesehensten Opern- und Konzertorchestern zählt und mit Recht stolz auf diese einzigartige Historie sein kann. Mit Namen wie Ludwig Senfl und Orlando di Lasso als Künstlerische Leiter ist die Frühzeit des Orchesters verbunden, und an bedeutenden Persönlichkeiten hat es seitdem nie gemangelt.

Die Zusammenarbeit mit den größten Komponisten ihrer Zeit – wie Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner und Richard Strauss –, auch mit den großen Dirigenten der Vergangenheit und der Gegenwart (die Liste der Namen ist zu lang, um sie an dieser Stelle anzuführen) hat das Orchester entschieden geprägt und es zu einem der besten der Welt gemacht. Nicht nur Ergebnis, sondern auch Grund dieser Qualität ist die Vielfältigkeit der Aktivitäten: in der Oper, im Ballett, im symphonischen Repertoire, im Kosmos der Kammermusik, im Einsatz für musikalische Ausbildung und Vermittlung. Für diesen letzten Punkt steht insbesondere das Engagement der Hermann-Levi-Akademie, die Talentschmiede für die Zukunft nicht nur des Bayerischen Staatsorchesters, sondern des Orchestermusizierens überhaupt.

Die Gründung der ersten Konzertreihe für das Münchner Bürgertum im Jahre 1811, die noch heute lebendige Musikalische Akademie, spricht von der tiefen Verbundenheit des Orchesters mit der Stadt München und ihren Bürgerinnen und Bürgern, die auch nach über zweihundert Jahren nicht versiegt ist. Im Festjahr 2023 wollen wir diese Verbindung mit vielen bewährten und neuen Formaten weiter vertiefen. Ich gratuliere dem Bayerischen Staatsorchester, dem als Chefdirigent vorzustehen mir eine Ehre ist, und freue mich auf ein musikalisch reiches 500-Jahre-Jubiläum.

Über Vladimir Jurowski


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Zeitzeugnisse
Bruno Walters Neujahrswünsche

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Zeitzeugnisse
Bruno Walter über die Musikalische Akademie

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Zeitzeugnisse
Joseph Keilberth bittet um eine weitere Probe

Lieber Herr Uffinger!

    Vielen Dank für Ihre lieben Zeilen. 
Die Probenangelegenheit ist für mich so nicht tragbar. 
Es müsste doch zu erreichen sein, dass ich am Samstag 
eine 1 ½ - 2-stündige Probe machen könnte. Diese 
kann ja auch im Orchesterraum des Nationaltheaters oder im 
Foyer sein. Den Odeonsaal habe ich anlässlich der Donnerstag-
Probe dann ausprobiert.
    Es ist nicht an dem, dass ich in München eine 
Orgie an probieren feiern will, aber es ist nicht möglich, 
dass nur eine Probe, noch dazu 3 Tage vor dem Konzert, 
stattfindet. Das ist schon für das Renommée der 
musikalischen Akademie nicht tragbar. Ich erinnere mich 
dabei an frühere Kritiken in Münchener Zeitungen, wo 
von „nahezu probenlosen, repertoiremässigen Aufführungen 
klassischer Meisterwerke“ die Rede war. Da es leider 
üblich ist, dass viele Musiker von Kapellmeistern begeistert 
sind, die „noch weniger“ probieren, so kommt so 
etwas immer in irgendeiner Form an die Oeffentlichkeit. 
Der Dumme ist dann der Dirigent, über den gesagt wird: 
Sehr begabt, aber leider faul, probiert fast nichts: (Mir selbst 
passiert. Ein prominenter Kollege hat z.B. durch eine 
entsprechende Äusserung meine Prager Berufung gefährdet.) 
Sie sehen, ich bin da sehr vorsichtig geworden. Andererseits 
halte ich nichts von Proben, die über 3 Stunden dauern. 
Krauss hat mir seiner Zeit gesagt, die Generalprobe zu 
Falstaff sei am 31. Jan. und am 1. Febr. sei eine leichte 
Oper. Ihr Spielplan kann sich doch nicht so grundlegend 
verändert habe. Abgesehen davon stehe ich auf dem Standpunkt, 
dass die Konzerte Angelegenheit des Orchesters sind und dass 
folglich so viel Interesse und Opferbereitschaft für diese vorhanden 
sein muss, dass am Tage vor dem Konzert sich eine 
kurze Probe einrichten lässt.
Dispositionsmässig schlage ich Ihnen folgendes vor:
Donnerstag: 10 Uhr - etwa 11 ½ Brahms II:
        Pause
        11 ½ Klavierkonzert
        12 ½ Bach
Samstag zu einer noch zu vereinbarenden Zeit
        Bach und Teile von Brahms.
Nun bitte ich Sie, um Zeit zu sparen durch einen 
Extra-Anschlag die Musiker für Bach einzuteilen, 
sonst verlieren wir sehr viel Zeit bis alles sitzt: 
Ich bitte darum, dass einige Geiger, die ein Instrument 
haben oder schon Bratsche gespielt haben, beim Bach 
Bratsche übernehmen, so dass 4 I. 4 II. 4 III. Bratschen 
besetzt sind. Die dann übrigen Geigen (I. + II. zusammen) 
teilen Sie bitte in 3 gleichstark besetzte Gruppen, 
ebenso die Celli. Für Bach genügen 4 Bässe. 
Ferner lege ich Wert auf Folgendes: Der Stimmführer der 
normal II. Geigen übernimmt die Führung der III. Geigen, 
die der II. entweder ein 2. Konzertmeister oder ein 
besonders guter I. Geiger. 
Diese Einteilung überlasse ich Ihnen, ich möchte 
dabei erreichen, dass, wenn ich „Bach“ ansage, es 
kein grosses Fragen gibt, sondern jeder weiß, was 
und wo er spielt.
    Die Sitzweise bitte ich so festzulegen:
[Skizze]
Wegen der Märzkonzerte sprechen wir 
in München. Wenn nicht genügend Proben möglich sind, 
müssen wir statt Reger ein anderes Werk wählen, was 
bei der Liebe der Münchner für Reger sehr schade wäre.
Ich komme an 29. abends (Aus Richtung Wien) 
in München an und wohne im deutschen Kaiser. 
Lassen Sie mir dort bitte ein Einbettzimmer mit Bad 
reservieren (Ruhige Lage).
    Den Schwierigkeiten entsprechend, die sich bis jetzt 
anzeigen (auch bei mir, da ich von einer Konzertreise im 
Ostprotektorat komme, wo ich Troppau um einen Tag vorverlegen 
musste), müsste es eigentlich ein grossartiges Konzert werden. 
Hoffen wir das Beste!
Gestern hat Suttner bei mir im Prager Sender 
ein sehr schönes Strauss-Konzert geblasen.
Ab morgen (25.) bin ich in Prag nicht mehr zu erreichen. 
Falls Sie mir noch schreiben wollen, dann nach Troppau (Ost-
Sudetenland) Hotel Schlesischer Hof. Dort treffe ich am 27. ein u. 
fahre am 28. über Wien nach München.
    Bis auf baldiges Wiedersehen 
        bin ich mit herzlichen Grüssen
            Ihr Joseph Keilberth


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Zeitzeugnisse
Bestallungsrevers des Posaunisten Sebastian Hurlacher

Ich Sebastian Hurlacher Pusauner Bekhenn mit disem offen brieue Alls der durchleuchtig hochgeborn
Fürst vnnd Herr, Herr Wilhelm Phallnnczgraue bey Rhein Herczog in obern vnnd Nidern Bairn etc. mein ge=
nediger Herr mich zu seiner fürstlichen gnaden dienner mein lebenlanng bestellt vnnd aufgenomen hat,
vermög vnnd Innhallt seiner fürstlichen gnaden bestellbriefs mir an heut dato gegeben, der von wort zu
wort laut wie hernachvolgt. Von gottes genaden, Wir Wilhelm Phallnnczgraue bey Rhein Herczog
in obern vnnd Nidern Bairn etc. Bekhennen hiemit disem offen brieue, für vnns vnnd vnnser erben, Das
wir Sebastianen Hurlacher Busauner Zu vnnserm Diener sein lebenlang bestellt vnnd aufgenomen
haben Bestellen Ine auch hiemit Chrafft dics brieffs, Allso das er vnns mit dem Zynnckhen, Busaunen
pfeiffen geigen vnnd aller seiner khunst dienistlich vnd gewerttig sein, auch yeder Zeit vnnsere beuelch in
dem allen getreulich ausrichten vnnd volziehen, vnnd sich daran in khainen wege ychts verhyndern lassen
Dagegen sollen vnnd wollen wir Ime *sein lebenlanng vnnd* aines yeden Jars aus vnnser Chamer zu München Achczig gulden Reinisch
zu quottember Zeiten vnnd der yeder Zwainczigkh gulden in Muncz beczalen, vnnd darczue ain Summer vnd ain
wintterkhlaid aus vnnser schneiderstuben oder für yedes khlaid vnnsers Hoffs geprauch nach geben drey gulden.
Auch Ime sonnderlich die Lyferung Essens vnnd Trinckhens auff vnnser Tyrnnitz wie bishero beschehen, auf
sein Ainige person volgen lassen. Darauf hat Er vnns gelobt, vnnd versprochen, vnns die Zeit seines lebens in aller vnndterthenigkhait Zedienen, vnnsern fromen Zufurdern, vnnd schaden Zewarnen, auch sich
in allen sachen vnnsern beuelhen gemäß vnnd all wege Zehallten, als ain getreuer diener seiner Herrschafft
Zethun schuldig ist, ongeuerde. Des Zu vrkhund haben wir Ime disen brieue mit vnnserm Secrete be=
sigelt, vnnd aigener hannde vnndterschriben. geben Zu Munchen den fünffvnndZwainczigisten tag des Monats
Februarij. Nach Christi vnnsers lieben Herrn geburt, Funffczehenhundert vnnd Im funffvnndvierczigisten
Jar. Hierauff gelob vnnd versprich Ich bey meinen waren treuen vnnd Eeren an Aidesstat,
hochgenanntem meinem genedigen Herrn, Treu vnnd gewar Zesein, seiner fürstlichen gnaden fromben Zefurdern,
vnnd schaden Zewennden, vnnd Zewarnen, vnnd alles annders, was diser Reuersbrief vermag, ausweiset, mich
pindet vnnd mir auferlegt, in allen puncten vnnd Articln Zehallten vnnd Zuuolcziehen. Aller Ding treulich onge-
uerde. Des Zu vrkhundt hab Ich seinen fürstlichen gnaden disen Reuersbrief mit meinem Aigen hiefur=
gedruckten petschier, vnnd aigner hannde vnnderschriben geben. Am tag vnnd Jar wie obsteet.

Sebastian Hurlacher
mein aigne handschrift


Bildnachweis: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München


 

Zeitzeugnisse
Dienstliste für das alljährlich stattfindende Hofkonzert am 1. Januar 1863 mit dem Solisten Franz Strauss

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Lesestücke
Klingende Öffentlichkeiten

Armin Nassehi



Ein umfassendes Bild von der Arbeitsweise eines Orchesters gewinnt man ausschließlich durch einen Blick auf die Bühne oder in einen Graben. Denn nur im Augenschein, dann jedoch schnell, ist zu erkennen: Orchester sind hocharbeitsteilige Institutionen, die aus vielen Spezialist:innen bestehen, deren je eigene Kompetenz und Praxis _sym_-phonisch, _zusammen_-tönend zum Klingen gebracht werden muss. Ein Orchester ist geradezu ein Symbol dafür, wie aus spezialisierten Einzelnen, die gleichzeitig Unterschiedliches tun und deren Tun auch noch in Echtzeit und gleichzeitig koordiniert werden muss, etwas Einheitliches entsteht, das aber wiederum nur in der sehr voraussetzungsreichen Koordination der einzelnen Handlungen zu einem Ganzen wird und etwas erzeugt, das kaum mehr einem Einzelnen zuzurechnen ist. Die starke Figur des Dirigenten – vor allem im 20. Jahrhundert zumeist männliche, beinah heroische Gestalten – sorgte für ein Aufgehen der individuellen Tätigkeiten und Fähigkeiten der Orchestermusiker:innen in einem Allgemeinen. Deshalb wurde auch vor allem ihnen zugeschrieben, was da an kollektiver symphonischer Arbeit geleistet wurde und wird. Theodor W. Adorno hat in seiner Musiksoziologie gespottet, der anerkennungsbedürftige Dirigent müsse kaschieren, dass er nicht arbeitet, und deshalb einen Kult um die eigene Person pflegen. Der Wirklichkeit näher kommt wohl die Einsicht, dass das Orchester ein solch komplexes Gebilde ist, dass es der Position eines Dritten bedarf, der die Komplexität der Teile zu einem Ganzen verschmelzen kann.

Ein solcher Blick auf die Bühne und in den Graben zeigt die Institution des Orchesters mit ihrem inneren Komplexitätsaufbau und ihrer historischen Entwicklung als die performative Entsprechung komplexer Musikformen, die es ohne einen solchen arbeitsteiligen Klangkörper nicht gäbe. Dieser hohe Grad an Arbeitsteilung ist eine radikal moderne Eigenschaft. Lange bevor dieses Prinzip in die industrielle Produktion, die gegliederte Staatsverwaltung und in logistische Organisationsformen Einzug hielt, war es vor allem das Orchester, das Spezialisierung und Koordination, einzelne Säule und Ganzheit der Gesellschaft, Individualität und Kollektivität, Differenzierung und Integration zusammendenken musste. Wer sich darüber wundert, dass sich die inzwischen schon ein halbes Jahrtausend alte Form solcher Klangkörper erhalten hat, mag bedenken, dass diese soziale Organisationsform ihrer Zeit voraus war: ein Vorschein auf eine Gesellschaft, deren innere Differenziertheit und komplexe Mannigfaltigkeit zwar keine symphonische Integration kennt, dafür aber das Problem der Koordination von Handlungen umso genauer. Man könnte sogar noch weiter gehen und das Symphonieorchester mit seiner zeitlosen und besonderen Form als Parabel auf eine gesellschaftliche Gestalt begreifen, die individuelle Fähigkeiten, Spezialisierungen und Eigenheiten mit der Notwendigkeit ihrer Handlungskoordination versöhnen kann.
Man kann den Blick aber auch wenden – von der Bühne oder dem Graben in den Konzertsaal oder das Opernhaus. In der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung über die Entstehung von Öffentlichkeiten gelten musikalische Konzerte, Opernaufführungen, symphonische Konzerte, auch Kammerkonzerte neben der Entstehung von Salons oder dem Theater als frühe Orte der Öffentlichkeit. Gerade an der Musik lässt sich zeigen, wie sich mit dem Wandel von der höfischen und kirchlichen hin zu einer bürgerlichen Aufführungspraxis nicht nur das Selbstverständnis und die Verselbständigung der Kunstform Musik, sondern auch der Anlass der konzertanten Aufführungen veränderte. War die höfische Praxis noch stark von der Einübung in die verfeinerten Formen und die distinktiven Umgangsweisen des Hochadels geprägt, eröffnete sich in den Städten mit bürgerlichen Aufführungsformen eine völlig neue Dimension des Publikums. Die Musik wanderte von der höfischen Umgebung in den auf die Funktion der Aufführung reduzierten Konzert- und Opernsaal aus, wo barocke oder klassizistische Elemente nur noch als Ornament weiterlebten.

Erst in dieser Aufführungspraxis kam dem Publikum die entscheidende Bedeutung zu. Anders als am Hof oder in der Kirche treffen in einem Konzertsaal Fremde aufeinander, die sich in den meisten Aspekten ihrer Persönlichkeit auch fremd bleiben, aber über einen gemeinsamen Fokus zusammengehalten werden, durch den sie miteinander ins Gespräch kommen – über die gelungene Aufführung, den Charakter der Musik, die Merkwürdigkeiten des Dirigenten, über die missfällige Kritik und die neuesten Meldungen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Der bürgerliche Konzertsaal ist deshalb auch die Einübung in eine Praxis der Öffentlichkeit. Früher war das bürgerliche Publikum zudem auch ein Lesepublikum, das Öffentlichkeit in solchen Zusammenkünften schon deshalb herstellen konnte, weil der Lesestoff ähnlich und der Fundus des Bekannten berechenbar war. Es konnte zweckfrei und doch engagiert, interesselos und doch interessiert, kontrovers und doch einvernehmlich kommuniziert werden, und womöglich haben der Weg zum Konzertsaal, die Pause zwischen den Stücken und der Klatsch über die Abwesenden dem Konzertereignis überhaupt erst den Charakter eines gesellschaftlichen Ganzen verliehen. Konzerte waren Orte, in denen die bürgerliche Gesellschaft zu sich selbst kam, auch wenn das nur für eine kleine Trägergruppe galt. Hier kam keine klassenlose Gesellschaft zu sich selbst, sondern eine Klasse mit ihren distinkten Merkmalen; hier wurde keine demokratische Agora inszeniert, aber doch schon die Fähigkeit, Kontroversen auszuhalten und dem anderen zu begegnen; hier wurde nicht nach Konsens gesucht, aber durchaus schon die Fähigkeit eingeübt, mit Differenzen umzugehen.

Die bürgerliche Aufführungspraxis ist deshalb ein Exerzitium in Öffentlichkeit, weil hier wie an wenigen anderen Orten gepflegte Formen der Distanz trotz Gemeinsamkeiten geübt werden konnten – in aller Ambivalenz selbst in Zeitläufen, deren Öffentlichkeiten gleichgeschaltet waren. Es ist umstritten, ob man das Konzert, den bürgerlichen Salon oder das Theater als Blaupausen für politische Öffentlichkeiten der späteren (National-)Staaten betrachten kann. Unbestreitbar aber ist, dass die symphonische Praxis ein Publikum voraussetzt, das sich öffentlicher Beobachtung aussetzt und entsprechende Formen der Handlungskoordination unter Fremden kultiviert.

Institutionalisierte Orchester, bis heute, zumindest hierzulande, durch die öffentliche Hand gefördert oder sogar betrieben, zählen nach wie vor zum festen Inventar des Kulturlebens. Das ist auch eine Reminiszenz an dieses Modell inszenierter Öffentlichkeit. Die Komplexität des Orchesters ist hier nur das korrespondierende Gegenüber für eine bedeutsame und persistierende Praxis – und in einer pluralistischen, demokratisierten, egalitären und nicht zuletzt globalisierten Kultur lange nicht mehr der exklusive Ort, von dessen Widerschein er noch heute zehrt. Aber gerade das macht es nur umso bedeutsamer und bemerkenswerter, wie stabil diese Form sich hält, die trotz ihrer chronischen Struktur nicht anachronistisch zu werden scheint. Vielleicht liegt es daran, dass beide im Moment ihrer Entstehung ihrer Zeit voraus waren: das Orchester als untypisch komplexe arbeitsteilige Form und sein Publikum als Gemeinschaft von Fremden im Gespräch. Ad multos annos! 

Lesestücke
1523
Hans Wertinger, Herzog Wilhelm IV. von Bayern Rückseite: Wappen Bayern-Baden und Devise, 1526, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München


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Warum 1523?

Das Jahr 1523 markiert den Beginn des institutionalisierten Musizierens im instrumentalen Verband am bayerischen Hof; damit entstand die Keimzelle des heutigen Bayerischen Staatsorchesters, das sich mithin auf eine inzwischen fünfhundertjährige Geschichte berufen kann.

1523 trat, wohl im Frühjahr, der europaweit bekannte und zuvor bis zu dessen Tod 1519 für Kaiser Maximilian I. tätige Musiker Ludwig Senfl in den Dienst des Wittelsbacher Herzogs Wilhelm IV. Er übernahm in dessen Auftrag die Leitung der Münchner Hofkantorei und begann sogleich mit dem „Ausbau der Hofmusik“ (Dr. Stefan Gasch), und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen wurde die am Hof und im herzoglichen Gottesdienst erforderliche Musik mit einem Stamm festangestellter Mitglieder auf eine neue Basis gestellt. Senfl engagierte zum Beispiel Johannes Steudel, „Pusauner“, über den vermerkt ist: „Erhält 100 Gld. rhein. per Jahr, für 1 Pferd Futter, 2 Hofkleider und 3 Scheffel Korn“, „vnnder den Pusaunen solle der Steudl maister sein“. Zum anderen bildete man nach und nach einen Fundus aufgeschriebener Werke, die für spezifische Anlässe komponiert wurden. Damit wurde es auch erforderlich, dass alle Mitwirkenden Noten lesen konnten (und nicht mehr wie in der früheren Praxis dreistimmig improvisiert wurde); beide Aspekte stehen also in direktem Zusammenhang. Neben den Diensten im liturgischen Bereich bestritten die Instrumentalisten der Hofkapelle auch Festivitäten wie Bälle und Staatsbesuche, steuerten Tafelmusiken bei Festessen bei und sorgten mit Fanfaren für die Akzentuierung wichtiger Momente bei Staatsereignissen.

1523 nehmen also zwei wesentliche Entwicklungen ihren Anfang: einerseits die Professionalisierung des Musikerpersonals, andererseits der Aufbau eines dauerhaften Repertoires – beides Ansprüche, die sich das Bayerische Staatsorchester auch heute zu eigen macht.


Bildnachweis: Hans Wertinger, Herzog Wilhelm IV. von Bayern Rückseite: Wappen Bayern-Baden und Devise, 1526, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München


 

Chefs
Kent Nagano über das Bayerische Staatsorchester

Kent Nagano, Generalmusikdirektor 2006–2013


Was das Bayerische Staatsorchester aus meiner Sicht auszeichnet? Für mich ist es die Mischung aus dunklem, warmem Klang, transparenter Textur, individueller Klangfarbe und einer ausgeprägten gemeinsamen Identität, die über fünf Jahrhunderte kontinuierlich aufgebaut und weiterentwickelt wurde und stark von den großen, mit diesem Haus verbundenen Komponisten und Künstlern geprägt ist. Das Zusammenspiel von Klang und Persönlichkeit, das jede Musikergeneration durch Anpassungsfähigkeit, technisches Können und eigene Energie neu definiert hat, ist etwas Einzigartiges und ein idealer Gegenentwurf zu einigen Trends unseres heutigen Informationszeitalters.

In seiner 500-jährigen Geschichte hat dieses großartige Ensemble das unschätzbare Geschenk des Humanismus mit der Welt geteilt, und damit wird es auch in Zukunft von Relevanz sein. Danke, Bayerisches Staatsorchester, und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Chefs
Kirill Petrenko über das Bayerische Staatsorchester

Kirill Petrenko, Generalmusikdirektor 2013–2021, Ehrendirigent des Bayerischen Staatsorchesters


 

Die sieben Jahre, die ich als Chefdirigent mit dem Bayerischen Staatsorchester verbringen durfte, sind im Lichte seiner langen Geschichte nur ein Hauch. Aber für mich waren diese meine sieben Jahre als Bayerischer Generalmusikdirektor eine unsagbar glückliche Zeit. Ich hoffe, dass wir gemeinsam ein paar Spuren hinterlassen konnten, die unser eigenes Wirken überdauern werden. Indem sich das Bayerische Staatsorchester im fünfhundertsten Jahr seines Bestehens so viel Neues vorgenommen hat, wird dieses Ereignis weniger zur Rückschau auf eine glanzvolle Vergangenheit als zum Ausblick auf eine weiter und weithin strahlende Zukunft. Die wünsche ich diesem wunderbaren Orchester von ganzem Herzen – und freue mich sehr, dass wir in seinem Jubiläumsjahr wieder zusammentreffen werden.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Lesestücke
Einer für alle, alle für Eines

Ein kurzer Blick in die traditionsreiche Geschichte
des Bayerischen Staatsorchesters zeigt:
Ein Orchester ist mehr als die Summe seiner Instrumente.


Holger Noltze



Zuerst mag man an Fußball denken, doch die Parole „Einer für alle …“ stammt aus Alexandre Dumas d. Ä. unverwüstlichem Roman Die drei Musketiere und somit aus der Zeit vor der Erfindung des Kicksports. In ihr drückt sich das rückhaltlose Eintreten des Individuums für sein Kollektiv aus, das Hintanstellen des Eigenen zugunsten des Allgemeinen. Dieser schöne Gedanke lässt sich mit beinahe noch größerer Berechtigung auf das Musikmachen im Ensemble beziehen. Beim Fußball zählen am Ende ja doch die Tore, es kommt also auf den Torschützen an. Und auch das Degenfechten ist wohl zuallererst eine solistische Disziplin.

Beim gemeinsamen Musizieren gilt eine tiefere Weisheit: Die eigene Exzellenz als Teil eines größeren Ganzen zu erkennen; zuhören können und sich, wo es sein muss, zurücknehmen. Das macht den Künstler im Kollektiv aus. An diesem heiklen Punkt entscheidet sich die Qualität eines Klang-Körpers. Aber das schließt den Reiz und das Prinzip kontrapunktischer Vielstimmigkeit eben nicht aus.

Dieses Prinzip steht prominent am Anfang der langen und ruhmreichen Geschichte des heutigen Bayerischen Staatsorchesters, der früheren Münchner Hofkapelle und – fünfhundert Jahre ist es her – der Münchner Kantorei. Denn mit der Berufung des glänzenden Polyphonikers Ludwig Senfl zum „Musicus intonator“ nach München beginnt 1523, was eine der längsten Orchestergeschichten der Welt werden sollte. Von Kunstsinn und Weitsicht geleitet war die Initiative des als Melancholiker geltenden Herzogs Albrecht V., einen weltläufigen Flamen namens Roland de Lassus, italianisiert Orlando di Lasso, 1556 als „Tenor secundus, Maestro della musica di camera“ und Hofkomponisten in die Hofkantorei zu holen. Er war Meister einer neuen vokalen und instrumentalen Kunst, die schon den Blick auf die fernen Horizonte der symphonischen Kunst öffnet. Eine lange Linie also bis zum Mischklangideal der Wagner-Musik. Der Münchner Hofkapelle gebührt der Ruhm, nicht nur Mozarts Idomeneo, sondern auch die musikgeschichtliche Zeitenwende des ersten Tristan, der ersten Meistersinger von Nürnberg vollzogen zu haben. Aber auch die Wende zu einer bürgerlich geprägten Musikkultur. Auf das Jahr 1811 datiert der Anfang der Tradition der „Akademie“-Konzerte symphonischer Musik, die das Orchester bis heute selbständig organisiert. Sie können schließlich nicht nur Oper. Es begann mit der D-Dur-Symphonie eines damals noch nicht sehr bekannten Komponisten namens Beethoven. Die Reihe großer und größter Namen derer, die dieses so besondere und langlebige Künstlerkollektiv leiteten – seit 1918 als „Bayerisches Staatsorchester“ – ist lang und reicht von Franz Lachner, Hans von Bülow, Hermann Levi, Richard Strauss bis zu Bruno Walter und Hans Knappertsbusch, weiter zu Georg Solti, Rudolf Kempe, Joseph Keilberth, Wolfgang Sawallisch, Zubin Mehta, zu Kent Nagano, Kirill Petrenko bis in die Gegenwart zu Vladimir Jurowski: eine beinahe einschüchternde Ehrentafel, über Jahrhunderte zurückreichend und mit Orlando di Lasso als Fluchtpunkt.
Zur Reichweite des Bayerischen Staatsorchesters tragen längst auch seine Reisen bei, ausgedehnte Tourneen etwa durch Europa und Asien; das besondere Zusammenspiel von langer Tradition und Bekenntnis zur Gegenwart erklingt in den großen Musikorten der Welt, in der Carnegie Hall, der Elbphilharmonie und in Luzern. Zum achten Mal in Folge und zum zehnten Mal insgesamt wurde der Klangkörper kürzlich bei der jährlichen Umfrage der Fachzeitschrift Opernwelt von 50 internationalen Musikkritikerinnen und -kritikern zum „Orchester des Jahres“ gewählt. Da ist der Wunsch naheliegend, das glücklich Gelungene auch festzuhalten, nämlich auf dem eigenen Label Bayerische Staatsoper Recordings, dessen erste Veröffentlichungen gleich mit renommierten Preisen bedacht wurden, darunter allein vier Gramophone Awards: Konserven mit Resonanz.

Wir sollten darüber aber nicht vergessen, dass die Wahrheit auch beim Musikmachen „auf dem Platz“ liegt. Die Einzelnen müssen es verstehen, sich dem Einen hinzugeben. Zumindest solange die Musik spielt. 

Chefs
Orlando di Lasso
https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ma4d3KgGrO

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Mit Orlando di Lasso engagiert Herzog Albrecht V. den wohl bedeutendsten
Musiker seiner Zeit. Ab 1562/63 ist er Hofkapellmeister, übernimmt die Leitung der Tafel- und Kammermusik sowie die musikalische Gestaltung der Gottesdienste. Der Herzog genießt den engen Kontakt zu seinen Musikern und gibt viel Geld für sie aus. In ganz Europa werden die besten Sänger und Instrumentalisten für den bayerischen Hof gesucht. Bei der Hochzeit des Thronfolgers Wilhelm V. im Jahr 1568 schwärmen die Besucher vom kunstvollen Zusammenspiel und abwechslungsreichen Repertoire der Hofkapelle.


Bildnachweis: Deutsch, Bildnis des Orlando di Lasso, 1580, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ma4d3KgGrO

Chefs
Zubin Mehta über das Bayerische Staatsorchester

Zubin Mehta, Generalmusikdirektor 1998–2006, Ehrendirigent des Bayerischen Staatsorchesters


Bei den meisten Orchestern, die ich heutzutage dirigiere, bin ich halb so alt wie diese Klangkörper. Glücklicherweise kann ich das in Bezug auf das Bayerische Staatsorchester nicht behaupten. Somit wünsche ich meinen Kollegen und Kolleginnen und all ihren Vorgängern nur das Beste zum 500. Geburtstag! Meine acht Jahre mit diesem großartigen Ensemble waren für mich ein Höhepunkt meiner Laufbahn, und ich kann gar nicht sagen, wieviele wunderbare Erinnerungen sowohl im Bereich von Symphonie als auch der Oper ich habe: Unsere Europatournee mit der Dritten Mahler; die Achte Bruckner; die Reise nach Kashmir und Mumbai; die Don-Carlo-Produktion mit Jürgen Rose; wie auch die beiden Ring-Produktionen, die ich leiten durfte, bleiben für immer in meinem Herzen.

Im Staatsorchester waren und sind großartige Musiker und Musikerinnen versammelt, vor denen ich voller Bewunderung meinen Hut ziehe. Ich kann diese Worte der Huldigung nur so beenden: Meine Damen und Herren des Bayerischen Staatsorchesters, ich liebe und verehre jeden Einzelnen von Euch allen und kann nicht warten, wieder mit Euch zu musizieren.

In tiefer Freundschaft und Bewunderung


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Lesestücke
Bereichernde Vielfalt

Das Bayerische Staatsorchester zeichnet sich durch ein faszinierend abwechslungsreiches Repertoire, vielgestaltige künstlerische Ausdrucksformate und mannigfaltige Aufgaben aus.


Ruth Renée Reif


„Angst! … tiefgehende Angst und immer die Frage: Wie werden die Gruppen des Orchesters nervlich überleben, wenn das Schlagzeug mit Überphonetischem in die Bratschen und Kontrabässe hineinstürmt.“ So äußerte sich Gerd Albrecht zu Aribert Reimanns Lear. Dann die Überraschung: Das Bayerische Staatsorchester nimmt die Musik mit Professionalität und leidenschaftlichem Einsatz an. Es weiß damit umzugehen, wenn zum schwirrenden Pianissimo der Geigen und Bratschen, zu Schellen-, Zimbel- und Triangel-Geklingel die Flöten gellend scharfe Notensprünge vollführen sollen, während Trompeten aus dem Graben und dem Zuschauerraum Signale zu blasen haben. Stets bereit, sich auf Unbekanntes und Neues einzulassen, schlägt es das Publikum mit mystischen Klängen und ekstatischen Höhen ebenso in Bann wie mit subtiler Zartheit und lyrischem Zauber. Es schwelgt in romantischem Melos, wie es sich rhythmischer Härte und Sprödigkeit hinzugeben vermag, huldigt dem Schönklang und der Virtuosität ebenso wie dem Geräuschhaften und lädt zu rauschhaftem Eintauchen in Klangwelten, wie es als psychologischer Resonanzboden zu wirken vermag.

Vielfalt charakterisiert das Opernrepertoire des Bayerischen Staatsorchesters. Jeden Abend steht ein anderes Werk aus einer anderen Epoche auf dem Spielplan. Und das Orchester weiß all die Kompositionen lebendig werden zu lassen und die erst gestern oder bereits vor Jahrhunderten aufgeschriebenen Noten in klingende Freude, Wehmut oder Tragik zu verwandeln. Mit Offenheit und Neugierde begegnet es der Aufforderung, sein Instrumentarium gegen ein barockes einzutauschen und dem Dirigenten nicht am Pult, sondern am Cembalo zu folgen. Es studiert die alten Partituren und lässt sich darauf ein, neuartige Spielweisen zu erproben. Bravourös kehrt es in eine Epoche zurück, die es Jahrhunderte zuvor selbst mitgestaltet hat, als die Sänger:innen auf der Bühne gegen Meeresungeheuer kämpften oder sogar die gesamte Opernbühne samt Darsteller:innen und Tänzer:innen auf ein Isar-Floß verlegt wurde, damit eine Seeschlacht ausgetragen werden konnte.

Erlebtes schreibt sich ein. Es prägt einen Klangkörper, bis es von neuem überschrieben wird. Spuren aber bleiben zurück. Ein völliges Vergessen gibt es nicht. Wie aus jeder guten Beziehung etwas zurückbleibt, so bewahrt sich auch aus jeder Erfahrung etwas, das fortlebt im Verborgenen und hervortritt, wenn es verlangt wird. Das gemeinsame Durchwandern unterschiedlicher musikalischer Landschaften schafft eine Vielfalt, die den Horizont weitet. Ebnet die Auseinandersetzung mit dem klassisch-romantischen Repertoire den Weg zum Verstehen individueller Klangsprachen an der Grenze der Tonalität und darüber hinaus, so befähigt die Beschäftigung mit Zeitgenössischem zu einem frischen Blick auf die Klassik.

Die Vielfalt des Bayerischen Staatsorchesters spiegelt sich in der abwechslungsreichen Fülle seiner Programme wie in der Vielgestaltigkeit seiner Aufgaben, denen sich das Orchester mit steter Leidenschaft stellt. Es lässt das Überreichen einer Rose auf der Bühne nicht nur mit leuchtenden Harmonien auf der Celesta, der Harfe und dem Glockenspiel zum Ereignis werden, sondern auch mit komplexen Rhythmen und kinetischen Texturen, wenn die Darsteller:innen auf der Bühne nicht singen und die Rose mit kunstvollen Schritten, Sprüngen und Drehungen übergeben wird. Das Tanztheater bildet einen bedeutsamen Aufgabenbereich des Orchesters. Und wie sich bei der Opernliteratur das Spektrum von den Barockopern über die großen romantischen Werke bis zum zeitgenössischen Musiktheater erstreckt, so umfassen auch die choreografisch-theatralischen Werke die gesamte Bandbreite. Von barocken Tanzeinlagen über die klassischen Ballette bis zu den Kreationen des 20. Jahrhunderts und den Projekten der zeitgenössischen Avantgarde öffnet sich ein weites Panorama.

Die Aussicht, etwas umsetzen zu können, was man an anderen Häusern nicht realisieren kann, zieht internationale Choreografen ans Nationaltheater. „Hier können wir diese Musik spielen, die ein großes und hervorragendes Orchester verlangt!“, so der Choreograf Jörg Mannes über seine Umsetzung von Shakespeares _Sturm_. Und so kann Ariel als Hunde, Schakal oder Tiger Gestrandete über die Insel jagen, während aus dem Orchestergraben in großer Besetzung Intervallsprünge erklingen. Dass das Orchester auch im Ballett als gleichwertiger Partner fungiert, unterstreichen Choreografien, in denen die Tänzer:innen die Musik visualisieren. Während das Orchester Werke des 18., 19. und 20. Jahrhunderts spielt, antworten die Tänzer:innen in jeweils unterschiedlichen Tanzsprachen darauf. Und so legt sich ein Zauber des Geheimnisvollen über die Szene, wenn die Tänzer:innen auf eine musikalische Explosion im Orchestergraben mit ausdrucksstarker Sammlung reagieren.

Wenn schließlich das Bayerische Staatsorchester zu seinen Akademiekonzerten lädt, verwandelt sich das Nationaltheater „in den schönsten Konzertsaal Münchens“ (wie Wolfgang Sawallisch einmal sagte), und das Orchester wird zum alleinigen Akteur. Der Ursprung dieser Konzerte, die eine Münchner Institution darstellen, wurzelt bereits in jener Zeit, als „alle Mittwoche“ in Nymphenburg „große Akademie“ war. Entsprechend gewaltig und vielfältig ist das über die Jahre hinweg erspielte symphonische Repertoire. Und mit jedem Jahr kommen neue Werke hinzu, die als Auftragswerke der Bayerischen Staatsoper ihre Uraufführung erfahren.
Am weitesten spannt sich der historische Bogen innerhalb der Kammerkonzerte. Zum einen, weil auch das Bayerische Staatsorchester ursprünglich ein Kammerensemble war, zum anderen, weil die Orchestermitglieder gerade in den Kammerkonzerten über die klassische Moderne bis in die Gegenwart vordringen und andererseits auch in die Vergangenheit eintauchen mit Werken aus Barock und Renaissance. Sie widmen sich entlegenen Werken des Repertoires und unternehmen experimentelle Erkundungen. So suchen sie die Verbindung zu anderen Künsten wie der Literatur und in fernöstlichen Klängen oder afrikanischer Polyrhythmik auch zu anderen Kulturen. Alle Gruppen des Orchesters beteiligen sich daran. Sie erforschen die herkömmlichen kammermusikalischen Besetzungen wie Streichquartett oder Klaviertrio. Und sie erproben andere wie Flöte, Oboe, Englischhorn, Klarinette und Fagott oder Flöte und Schlagzeug oder Oboe, Bassklarinette und Klavier. Auch vor neuen Spielweisen scheuen sie nicht zurück und spielen etwa die Streichinstrumente in Gitarrenhaltung.

Zu einem Höhepunkt findet diese Vielfalt alljährlich bei den Münchner Opernfestspielen. Da ist das Bayerische Staatsorchester in der gesamten Mannigfaltigkeit seiner Aufgaben gefordert, als Opern- und Ballettorchester, auf dem Konzertpodium in den Akademie- und Festspielkonzerten sowie den Kammerkonzerten.

Die wertvollste Vielfalt allerdings stellen die Menschen dar, die diesem Klangkörper seit Jahrhunderten Lebendigkeit verleihen und künstlerisches Wachstum ermöglichen. Jedes einzelne Orchestermitglied trägt mit seinem kulturellen Hintergrund, seiner Lebensgeschichte sowie seinem Können und seiner Erfahrung Abend für Abend zum glanzvollen Erfolg bei. Aus der Kreativität, Hingabe und den Talenten all dieser Menschen im Graben und auf dem Podium erwächst die Kraft, die dieses wunderbare Orchester über Kriege, politische Umstürze, Brände und den mehrfachen Verlust seines Instrumentariums hinweg künstlerisch so lebendig gehalten hat und es ist diese Kraft, die auch seine Zukunft sichert.

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