#500 
DIE JUBILÄUMSWEBSITE

Jede Woche wird es auf der #500 Jubiläumsseite etwas Neues zu entdecken geben, bis die Seite am Ende des Jahres 500 Kacheln umfassen wird. 
Mithilfe von verschiedenen Rubriken als Filtermöglichkeiten können Sie die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters durchstöbern. 
Durch Kurztexte, Essays, historische Dokumente, Fotos und Videos werden nicht nur die Konzerte während des Jubiläumsjahres vor- und nachbereitet, sondern auch die aktuellen Orchestermitglieder des Bayerischen Staatsorchesters sowie die Leiter dieses traditionsreichen Klangkörpers der vergangenen fünf Jahrhunderte einzeln vorgestellt.
Aus dem Archiv der Musikalischen Akademie werden unveröffentlichte Schätze wie Briefe von Carlos Kleiber und Bruno Walter ausgegraben.

#BSO500

BSOrec
Die tote Stadt
DVD kaufen 


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Die Grenze zwischen Traum und Realität löst sich zunehmend auf, als der um seine verstorbene Frau Marie trauernde Paul auf die Tänzerin Marietta trifft. Aufgrund ihrer äußerlichen Ähnlichkeit zu Marie wird Marietta zur Projektionsfläche für die erotischen Wünsche Pauls, dessen Trauer kultische Züge trägt: Die sorgsam aufbewahrte Haarsträhne der Verstorbenen wird wie eine Reliquie verwahrt. Nach einer nervenaufreibenden „Vision“ mit kathartischer Wirkung wird Paul schließlich in der Wirklichkeit geerdet. Er kann die Stadt Brügge als den Ort für seinen Totenkult verlassen. Der ursprüngliche Werktitel „Triumph des Lebens“ ist für die persönliche Entwicklung des Protagonisten bezeichnend.

Wenige Wochen vor der immens erfolgreichen Uraufführung von Die tote Stadt bezeichnete kein Geringerer als Giacomo Puccini den damals 23-jährigen Erich Wolfgang Korngold als „die stärkste Hoffnung der neuen deutschen Musik“. Arien wie „Glück, das mir verblieb“ und „Mein Sehnen, mein Wähnen“ gehören wegen ihrer melodischen Eindringlichkeit zum Konzertrepertoire zahlreicher Opernsänger und strahlen weit über die Bekanntheit der Toten Stadt hinaus.

Die Premiere von Korngolds Die tote Stadt an der Bayerischen Staatsoper im Herbst 2019 wurde von Presse und Publikum gleichermaßen gelobt. Erleben Sie das Bayerische Staatsorchester unter Kirill Petrenko sowie Marlis Petersen (Marie / Marietta) und Jonas Kaufmann (Paul) in den Hauptpartien dieser intensiven und mitreißenden Inszenierung von Simon Stone auf DVD oder Blu-ray. Ausgezeichnet mit den Gramophone Music Awards in den Kategorien Oper und „Recordings of the Year“:

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Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

 

BSOrec
Bayerische Staatsoper Recordings
https://www.staatsoper.de/recordings


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Seit Mai 2021 dokumentiert die Bayerische Staatsoper ihre Exzellenz, Vielseitigkeit und Tradition mit einem neuen hauseigenen Label: Bayerische Staatsoper Recordings.

Entdecken Sie ausgewählte Opernproduktionen und Konzertmitschnitte sowie bedeutende Archivaufnahmen als CD oder DVD/BD unter dem neuen Label der Bayerischen Staatsoper: BSOrec. Auch Produktionen aus dem Kinder- und Jugendprogramm KIND & CO sowie kammermusikalische Editionen, welche erstklassigen Ensembles des Bayerischen Staatsorchesters eine Plattform bieten sollen, vervollständigen das Angebot des Labels.

Kurz nach der Gründung konnte sich das Label außerdem bereits über besondere Auszeichnungen freuen, beispielsweise bei den Gramophone Classical Music Awards 2022: So gewannen Kirill Petrenko und das Bayerische Staatsorchester mit ihrer Aufzeichnung von Gustav Mahlers Symphonie Nr. 7 den Award im Bereich Orchesteraufnahmen, Hans Abrahamsens The Snow Queen wurde in der Kategorie Contemporary ausgezeichnet, und Erich Wolfgang Korngolds Die Tote Stadt erhielt gleich zwei Auszeichnungen: die Kategorie Oper sowie die begehrteste Auszeichnung „Recording of the Year“. Zuletzt gewann unser hauseigenes Label mit der Veröffentlichung The Snow Queen unter der Leitung von Kirill Petrenko in der Kategorie „Video: Oper“ bei den International Classical Music Awards 2023.

Mehr zum Label und den bisherigen Veröffentlichungen:

https://www.staatsoper.de/recordings


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

 

Chefs
Ferdinand II. di Lasso
https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_I._(Bayern)#/media/Datei:Wenceslas_Hollar_-_Compton_or_Carleton._Philosophia_universa_(State_4).jpg


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Orlando di Lasso war zwar der berühmteste Sprössling seiner Familie, aber nicht deren einziger Komponist und Musiker, der eng mit der Geschichte der Münchner Hofkapelle verbunden ist. Denn nach seinem Sohn Ferdinand I. di Lasso war auch dessen Sohn Ferdinand II. di Lasso Hofkapellmeister in München: Wahrscheinlich zwischen 1616 und 1629 leitete Ferdinand II. die Kapelle des Herzogs Maximilian I. von Bayern. Wie intensiv Maximilian I. sich selbst mit Kulturpolitik beschäftigte, zeigt ein Brief vom 24. Juli 1613. Aus diesem geht hervor, dass der Herzog Ferdinand II. nach Rom geschickt hatte, damit dieser dort studieren konnte. Maximilian I. ließ sich über die Fortschritte des Enkels von Orlando di Lasso genauestens unterrichten, und so schrieb er nach Rom:

„Aus Ihrem Brief vom 6. habe ich vernommen, welche Fortschritte dort Ferdinando Lasso in der Musik macht, und daß er jetzt im Stande ist zurückzukommen und Dienste zu leisten, sobald er sich drei Monate noch in Rom wird aufgehalten haben, um Allegro-Compositionen in modernem Stil zu machen, nachdem er bisher sich mit ernsten beschäftigt hat. Ich sage Ihnen deshalb, dass ich zufrieden bin, ihn noch die genannten drei Monate dort zu lassen, damit er sich so viel als möglich zu vervollkommnen suche nicht allein im Componirem, sondern auch in der Ausübung und Concerte zu zwei, drei und mehr Chören zusammensetze. Dann mag er hierher zurückkehren.“


Bildnachweis: Wenceslaus Hollar: Maximilian I. als Herrscher. University of Toronto Wenceslaus Hollar Digital Collection. https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_I._(Bayern)#/media/Datei:Wenceslas_Hollar_-_Compton_or_Carleton._Philosophia_universa_(State_4).jpg


Zeitzeugnisse
Edvard Grieg an Hermann Levi
https://mitt.bergenbibliotek.no/cgi-bin/websok-grieg?tnr=379743


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Leipzig
30ster Januar 1894.
Hotel Hauffe.

 

Hochgeehrter Herr Generaldirektor!

Nach Ihrem so liebenswürdigen Briefe, für welchen ich herzlich danke, habe ich sogleich den Kaimschen Antrag abgelehnt. Ich freue mich sehr, dass sich die Verhältnisse so gestalten, dass es mir vergönnt wird, unter Ihren Auspicien in München zum ersten Male aufzutreten. Ich ziehe den 9ten März vor in der Hoffnung dass Sie zu dieser Zeit anwesend sind. – Wenn Sie nur nicht über meine künstlerischen [1v] Bedingungen den Kopf schütteln werden! Erstens verlange ich nämlich den ganzen Abend für mich und dann will ich um Alles in der Welt nicht Klavier spielen! Das Programm konnte[!] folgendermassen sein:

1.) Drei Orchesterstücke aus „Sigurd Jorsalfar“, Schauspiel von Björnson (neu.) a) Vorspiel (in der Königshalle) b) Intermezzo (Borghilds Traum) c) Huldigungsmarsch.
2.) Klavierconcert.
3.) 2 elegische Melodien für Streichorchester
4.) Bergliot, Gedicht von Björnson (aus der norwegischen Sage) Declamation mit Orchester.
5.) 1ste Orchestersuite aus „Per Gynt“, dramatisches Gedicht von Ibsen

[2r] Sämtliche Werke sind bei Peters in Leipzig erschienen.

Was das erste Stück des Programms betrifft – es ist soeben erschienen und ich dirigire es übermorgen zum 1sten Mal im Gewandhaus – hat mir der Verleger versprochen, das Notenmaterial, sonstigen Bestellungen aus München gegenüber, zurückzuhalten.

Für das Klavierconcert musste nun allerdings eine geeignete Kraft hinzugezogen werden, z. B. (entweder Mad. Carreno oder) Prof. Arthur de Greef aus Brüssel, der ein ausgezeichneter Interpret des Werkes ist. Für das Melodrama, welches ich nur ungern vermissen möchte, habe ich gehofft, durch Ihre gütige Vermittlung Clara Ziegler zu gewinnen. Das Gedicht ist grossartig schön [2v] und wie für sie geschrieben. Nur weiss ich nicht ob sie einigermassen musikalisch ist. Sollte das Melodrama nicht durchzuführen sein, würde ich natürlich auf Ersatz bedacht sein, z. B. Lieder von Eugen Gura, was sich vielleicht ermöglichen liesse.

Die Honorarfrage spielt keine grosse Rolle. Jedenfalls würde ich Ihnen dankbar sein [gestrichen: Sollte das Budget durch Solistenhonorare etwa erschöpft sein, bin ich auch ohne Honorar zufrieden. Wenn nicht, erlaube ich mir] diese Frage ganz und gar Ihnen zu[!] überlassen [über der Zeile:] zu dürfen.

Schliesslich bitte ich Sie, dem Hofopernorchester meinen aufrichtigen Dank für ihre wohlwollenden Gefühle mir gegenüber, freundlichst übermitteln zu wollen und verbleibe mit bestem Gruß

Ihr verehrungsvoll ergebener Edvard Grieg


Bildnachweis: Bergen Public Library, The Grieg Archives. https://mitt.bergenbibliotek.no/cgi-bin/websok-grieg?tnr=379743


 

Zeitzeugnisse
Frauen im Orchester
https://www.kulturrat.de/themen/frauen-in-kultur-medien/beitraege-publikationen/geschlechtergerechtigkeit-in-berufsorchestern/

Mehr über Leonore Buff: https://www.sophie-drinker-institut.de/buff-leonore


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


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Heute liegt die Frauenquote im Bayerischen Staatsorchester bei über einem Drittel. Das war nicht immer so: Auf dem Foto von 1911 ist in der ersten Reihe eine einzige Frau als Mitglied der Musikalischen Akademie zu sehen, nämlich die Harfenistin Leonore Kennerknecht-Buff. Sie war angeblich verwandt mit Charlotte Kestner (geboren Buff), die als historisches Vorbild der Lotte in Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werthers in die Literaturgeschichte einging. 1892 wurde Buff als Mitglied im Bayerischen Hoforchester, dem späteren Bayerischen Staatsorchester, aufgenommen. Andere Orchester brauchten für diesen Schritt deutlich länger: Während die Berliner Philharmoniker 1982 die erste Frau als Orchestermitglied aufnahmen, zogen die Wiener Philharmoniker erst 1997 nach.

Mehr zu Frauen in Orchestern: https://www.kulturrat.de/themen/frauen-in-kultur-medien/beitraege-publikationen/geschlechtergerechtigkeit-in-berufsorchestern/

Mehr über Leonore Buff: https://www.sophie-drinker-institut.de/buff-leonore


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

 

Zeitzeugnisse
Bierzeichen im Hofbräuhaus München
https://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db/biermarken/biermarken/aufsatz.php

Zum Hofbräuhaus in München: https://www.hofbraeuhaus.de/bierzeichen/


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Die Brauerei Staatliches Hofbräuhaus in München bewahrt die Tradition der Bierzeichen, auch Biermarken genannt: Seit dem 19. Jahrhundert dienten sie als Rechenhilfsmittel und waren lange Zeit Bestandteil fast jeder Brauerei; zuerst aus Messing, dann aus Aluminium, später aus Plastik, in den Nachkriegsjahren nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Form von Papierscheinen. Jede Marke hat einen konkreten Gegenwert, zum Beispiel „1 Maß Hell oder Dunkel“ oder „Gut für 1 Liter Bier“. Im Hofbräuhaus am Platzl lassen sich Bierzeichen erwerben, die den Gegenwert einer Mass Bier behalten, auch wenn die Preise auf der Getränkekarte steigen. Jetzt gibt es vom Hofbräuhaus auch ein Bierzeichen zu Ehren des 500-jährigen Jubiläums des Bayerischen Staatsorchesters.

 

Wissenswertes über die Biermarke: https://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db/biermarken/biermarken/aufsatz.php

Zum Hofbräuhaus in München: https://www.hofbraeuhaus.de/bierzeichen/


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

 

Chefs
Ferdinand I. di Lasso
Mus.pr. 164. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00072000?page=2,3


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Der Sohn Orlando di Lassos wurde um das Jahr 1562 in München geboren und von seinem Vater in der Hofkapelle ausgebildet. 1585 wurde er als Kapellmeister am Hof in Hechingen angestellt, und 1587 erschien eine Sammlung von Motetten Ferdinands I di Lassos, die seinem Dienstherren Eitel Friedrich IV. von Hohenzollern-Hechingen gewidmet wurde. 1589 kehrte er zurück nach München und war vorerst als Tenorsänger dort und in Landshut tätig, bevor er 1602 Johannes de Fossa als Kapellmeister von Herzog Maximilian I. von Bayern nachfolgte. 1622 initiierte er die Ausgabe der Sammlung Apparatus musicus mit achtstimmigen Werken seines Vaters. 1609 starb Ferdinand I. di Lasso in München. Bei den _Cantiones Quinque Vocum_ im Titelbild handelt es sich um eine 1597 erschienene Ausgabe von bis dahin unveröffentlichten Motetten seines Vaters und Ferdinand I.


Bildnachweis: Lasso, Orlando di: Cantiones quinque vocum. Ab Orlando di Lasso et huius filio Ferdinando di Lasso. Compositae Typis iam primo subiectae et in lucem editae. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 4 Mus.pr. 164. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00072000?page=2,3


 

 

Zeitzeugnisse
Carlos Kleiber bittet um Material

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Zeitzeugnisse
Karneval am Münchner Hof
https://schloesserblog.bayern.de/lieblingsstuecke-unserer-autoren/das-schlitten-harmoniemusik-ensemble-spielt-auf-bemerkenswertes-zum-musikschlitten-im-marstallmuseum-schloss-nymphenburg


Bildnachweis: Ginzrot, Johann Christian: Die Wagen und Fahrwerke der verschiedenen Völker des Mittelalters und der Kutschenbau neuester Zeiten. 1. Standort: Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 4 Kult 222 -3. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11216423?page=545


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VERKLEIDUNG, TANZ, MUSIK UND SCHLITTENFAHRTEN

Thomas Herbst

Auch am Münchner Hof wurde der Fasching ausgiebig gefeiert. Zwar folgte der Hof im 17. und 18. Jahrhundert das ganze Jahr über einem eng getakteten Festkalender, im Karneval jedoch wurde dieser noch einmal intensiviert. Eine große Rolle spielte dabei die Verkleidung: mehr oder weniger unkenntlich gemacht konnte die Hofgesellschaft die sonst so strengen Regeln des Zeremoniells für ein paar Wochen etwas lockerer nehmen. Die Feste, die dabei gefeiert wurden, tragen so rätselhafte Namen wie „Königreich“, „Wirtschaft“ oder „Bauernhochzeit“ und bezogen ihren Reiz aus dem, was man als „Verkehrte Welt“ beschreiben könnte. Traditionell begann der Münchner Fasching am Dreikönigstag; an diesem Tag spielte man am Hof das „Königreich“: Bei einem üppigen Festmahl lief alles nach dem strengen spanischem Hofzeremoniell ab – allerdings mit vertauschten Rollen. Das Los entschied darüber, wer König war, wer Kämmerer, Hofmarschall oder Narr, auch die Damen wurde ihren Kavalieren zugelost, und so hatte sich beispielsweise 1761 der bayerische Kurfürst als „Hof-Fourier“ gemeinsam mit der sächsischen Prinzessin Maria Christina um die Unterbringung der Gäste zu kümmern, während die Kurfürstin Maria Anna die Rolle einer „Cammerdieners-Frau vom Cron-Prinz“ spielte. Auch „Wirtschaft“ und „Bauernhochzeit“ folgten diesem Schema, nur etwas freier – in der „Wirtschaft“ spielte die Hofgesellschaft den Besuch in einem „einfachen“ Gasthaus nach, die „Bauernhochzeit“ transferierte das ländliche Fest in höfisches Ambiente, natürlich mit einem Vielfachen an Luxus.

Als 1652 die 15-jährige Prinzessin Adelaide von Savoyen zu ihrem aus der Ferne angetrauten Ehemann Ferdinand Maria nach München kam, muss der Kulturschock enorm gewesen sein: Ihr Vormund war ihre streng religiöse Schwiegermutter, die tiefstes Bairisch sprach und tatkräftig zupacken konnte, wenn sie in Schleißheim eigenen Käse herstellte und sich um die Kühe kümmerte – und das nach dem eleganten Hofleben in Turin und in ihrer piemontesischen Heimat. In puncto Festkultur hatte der bayerische Hof aus Sicht der neuen Kurfürstin unbedingt noch Nachholbedarf. Über den altmodischen Fackeltanz während des Karnevals 1653 amüsiert sie sich in einem Brief an ihre Mutter, wie uns der italienische Historiker Carlo Merkel überliefert: „Stellen Sie sich vor, dass ich mit Trompeten und Trommeln getanzt habe und mit 6 Kavalieren, die die Fackeln vor mir her trugen. Und man hat rein gar nichts getan, man tat nicht als hinter dem schnellsten hinterherzurennen. Ich glaubte vor Lachen sterben zu müssen!“

Ein Jahr später scheint sie schon mehr Gefallen am Münchner Fasching gefunden zu haben, denn nun schrieb sie: „Abends macht man die Wirtschaft (sie schreibt das für französisch gewohnte Ohren gewiß monströse Wort „buird ciaft“), ich weiß nicht, wie ich es sagen soll: das ist das schönste Fest der Welt und wir tanzen bis 2 Uhr und alles wird sehr gut. Aber ich bin als Wirtin verkleidet – aber ein bißchen schicker …“

Neben dem Verkleiden spielte der Tanz eine zentrale Rolle: Im Gegensatz zum „ball en ceremonie“ am Hof, wo Bürgerliche wenn überhaupt nur als Zuschauer Zutritt hatten, und streng geregelt war, wer mit wem tanzt, durfte eine Redoute jeder besuchen, der maskiert war. Hier vermischten sich die Stände bis in die Morgenstunden bei Tanz und Kartenspiel. Seit 1718 gab es in München mit dem Redoutenhaus in der Prannergasse einen eigens für diese Veranstaltungen vorgesehenen Ort. Wie sie organisiert waren, beschreibt Julius Bernhard von Rohr in seiner Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft von 1733:

„§.9. Die Redouten-Sähle werden mit den schönsten silbernen oder crystallenen Cronen-Leuchtern und viel tausend weissen Wachs-Fackeln gezieret, welche denn durch die um und um befindlichen grossen Spiegel, silbernen Tische und ander Silberwerck ihren Schein verdoppeln, und alles erleuchten. In den Neben-Zimmern findet man mancherley Arten des Zeitvertreibs, an Bretspielen, Schachspielen, Biliard-Tafeln und andern Spielen.

§.10. Die Plätze, wo sich die hohe Landes-Herrschafft nebst Noblesse befinden, werden durch gewisse Schrancken, entweder durch einige Erhöhung von etlichen Staffeln oder auf andere Art abgesondert. Zu Ende der erhöheten Schrancken stehen bißweilen unter einem propren Baldachin einige Sammet-Stühle vor die Durchlauchtigsten Personen. Machmahl ist es einigen Fürstlichen Personen nicht gefällig in Masque zu erscheinen, und belieben unmasquirt hohe Zuschauer dabey abzugeben.

§.11. Man höret darbey zu Vergnügung der Ohren mancherley Concerte von Violinen, Waldhörnern, Hautbois und andern Instrumenten, welche stets Menuets, Teutsche, Englische, auch wohl Polnische und Ungarische Täntze aufstreichen. Bey den Krämern, die man hin und wieder auf dem Saale und in den andern Behältnissen antrifft, kan ein iedweder nach Gefallen Caffé, Thé, Chocolade, Limonade, Liqueurs, Rosolis, Confituren, Obst, Pasteten, Biscuite und dergleichen Genäsche bekommen. Uber dieses stehen in den Neben-Zimmern mancherley Tafeln mit delicaten Speisen besetzt, von denen die Cavaliers und Dames nach Gefallen etwas nehmen und zulangen können.“

Die Nacht wurde durchgetanzt und -gespielt, morgens ging man in die Messe und danach ins Bett, am folgenden Abend begann das Ganze erneut. Für Musiker gab es dabei viel zu tun: bei der Redoute und beim Ball spielten sie zum Tanz, sie gestalteten die Gottesdienste, bei den Gastmahlen erwartete der Kurfürst von den Hofmusikern ausgesuchte Tafelmusik, und dann war da noch das musikalische Hauptereignis des Karnevals: die neue Oper. Der Kurfürst bestellte im 18. Jahrhundert jedes Jahr bei seinem Kapellmeister oder später auch bei auswärtigen Komponisten eine neue Opera seria, so wurde 1781 im Fasching Mozarts Idomeneo uraufgeführt. Max III. Emanuel z. B. kümmerte sich zusammen mit Kurfürstin Kunigunde sogar um das Engagement der Gesangssolisten und überwachte persönlich die Proben. Sein Enkel Max III. Joseph beschäftigte sich auch praktisch mit Musik, vom Besuch seines Onkels Clemens August, Kurfürst von Köln, und seines Verwandten Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz berichten die Münchner-Zeitungen vom 6. Februar 1755:

„Unter allen edlen und freyen Künsten verdienet onhnstreitig die Music den ersten Rang; dahero nicht zu bewundern, daß auch erhabene und Durchläuchtige Personen sich zu diesem Werck widmen. Am verwichenen Dienstag [4. Februar 1755] war es, da die Durchläuchtigste Churfürsten von Cölln, Pfalz und Bayern, in der auf hiesigem grossen Redouten-Saal masquirten Academie Sich eingefunden, und in Gegenwart des ganzen Hofes, Adels, und mehr dann tausend anderer Personen von Distinction, und andern Geschlechts, Sich öffentlich hören liessen, welchen andere Herren Cavaliers accompagnirt haben. Se. Churfürstl. Durchl. von Cölln und unser Gnädigster Landes-Herr, haben auf der Gampa, Se. Durchl. der Churfürst von der Pfalz aber auf dem Bassl [Violoncello] so kunstreich und virtuos gespielet, daß die größte Music-Verständige und Virtuosen selbst darob haben erstaunen müssen.“

Dieselbe Zeitung berichtet ein Jahr später über eine gesamte Karnevalswoche:

„Die heurigen Carnevals-Festivitäten sind nunmehro bey hiesigem Churfürstlichen Hofe folgender massen reguliret: Am Sonntag, Redoute im Redouten-Hause; Montag, Opera im neuen Opern-hause [Cuvilliés-Theater], Dienstag, masquirte Academie im Redouten-Hause; Mitwoch, Redoute eben daselbst; Donnerstag Französische Comödie im neuen Opern-Hause, Freytag, Academie bey Hofe ohne Masquen, den Samstag aber hat sich der Hof zu den das ganze Jahr durch gewidmeten besondern Andachten vorbehalten. […]

Am Sonntag [29.02.1756] Vormittags erhoben Sich Ihro Churfürstl. Durchl. Durchl. unsere Gnädigste Landes-Herrschaft, nach der St. Michaelis-Kirche der Herren PP. Jesuiten, und wohneten unter dem 40. stündigen Gebett dem Hoch-Amt devotest bey; Nachmittags ward die schöne Opera Dido Abbandonata [von Andrea Bernasconi], in dem neuen Opern-Hause abermals wiederholet; Abends geruheten Höchst-Dieselben mit sämmtlichen Durchläuchtigsten Herrschaften sich in die Redoute zu verfügen, allwo die Anzahl derer Masquen ausserordentlich groß war. Gestern [Montag 01.03.1756] war Französische Comödie, und darauf abermals Redoute. Heut [Dienstag 02.03.1756] Nachmittags belieben Höchst-Ihro Churfürstl. Durchläuchtigkeiten in die St. Michaelis-Kirche Soc. Jesu bey dem Beschluss des 40. stündigen Gebetts wieder offentlich zu erscheinen, wobey sich auch die Churfürstl. Herren Ministers, Cammer-Herren und Räthe einfinden, und mit einer Proceßion, unter welcher das Hochwürdigste Gut von den höchsten Gnädigsten Herrschaften andächtigst begleitet wird, geendiget; Abends geschiehet die letze Wiederholung der obbelobten Opera, worauf nochmals Redoute erfolget, und damit die heurige Carnevals-Zeit beschlossen wird [mit dem Aschermittwoch am 03.03.1756].“

Mit dem Aschermittwoch begann die Fastenzeit, während der keine Lustbarkeiten stattfinden durften – Musik wurde allerdings trotzdem und vielleicht nicht weniger gespielt. Geistliche und andere Konzerte fanden jetzt ihre Zuhörer. Diese Tradition setzte sich im 19. Jahrhundert fort, wenn nach den ausgelassenen Maskierten Bällen im Odeon die Konzerte der Musikalischen Akademie die Fastenzeit ausfüllten. Die Ordinari Zeitungen berichten 1729 über eine weitere beliebte Faschingsattraktion des Hofes:

„Gestern Nachmittag haben sich Ihre Churfürstl. Durchl. unser gnädigister Herr mit einer prächtigen Schlittenfahrt divertirt / und beschahe der Außzug von Hof / wo vorauß in ein zugericht mit rothem Tuch überzognen grossen Schlitten die Churfürstl. Trompeter und Paucker fuhren / hernoch kame allein gefahren der Churfürstl. Obriste Stallmaister Ihro Excell. Herr Graf von Preising etc. Deme folgten Ihre Churfürstl. Durchl. unser gnädigster Herr / Ihro Durchl. die Churfürstin / und so dann Ihre Hochfürstl. Durchl. der Herzog Ferdinand / dero Durchleuchtigste Frau Gemahlin führend / beyde in prächtigisten Renn-Schlitten mit deren Edel-Knaben zu Pferde umbgeben / darauff folgten in 20. Schlitten die vornehmste Ministri und Cavaliers die Hof- und Stadt-Damen führend alle in schönster Galla / die Damen aber in Romanischer Kleidung auffs prächtigiste auffgebutzet / die Schlittenfahrt schliesset wider ein grosser mit grienen Tuch überzogener Schlitten worinnen sich die übrige Churfürstl. Trompeter und Paucker befanden. Dise prächtige Schlittenfahrt geschahe durch die vornembste Gassen der Stadt / und als selbe bey dem Gregorianischen Collegio ankame / wurde von denen daselbstigen Studenten ein schöner Concert von allerhand Musicalischen Instrumenten denen Durchleuchtigsten und hochen Schlitten-Fahrern zu schuldigisten Ehren gemacht. Und als man wider nacher Hof zuruck kommen ist allda Appartement / darauff offene Taffel gehalten worden / wornach sich alles auff die Redoute begeben.“

Schlittenfahrten mit aufwendigen Kostümen und prunkvoll eingerichteten Schlitten waren besonders am Kaiserhof in Wien in Mode. Und auch in München waren sie beliebt, wie bereits im Fasching 1667 Kurfürstin Adelaide aus München ihrem Bruder berichtet: „Ich fahre fast alle Tage, auch nachts, mit dem Schlitten; und abends tanzt man.“

Im Marstall-Museum Nymphenburg sind noch heute einige der barocken sogenannten Renn-Schlitten zu sehen, in denen die aufwendigen Ausfahrten stattfanden. Wie lange sich diese Tradition am Münchner Hof erhalten hat, zeigt ein anderes Stück dieser Sammlung: ein Musik-Schlitten aus der Zeit Ludwigs I. Auf ihm eröffneten die Musiker ab 1827 die Schlittenparade des Hofes.

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Bildnachweis: Ginzrot, Johann Christian: Die Wagen und Fahrwerke der verschiedenen Völker des Mittelalters und der Kutschenbau neuester Zeiten. 1. Standort: Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 4 Kult 222 -3. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11216423?page=545


 

 

Zeitzeugnisse
Die Tragödie des Teufels
https://www.youtube.com/watch?v=MylAsq5_dy0


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Am 22. Februar 2010 wurde Die Tragödie des Teufels des ungarischen Komponisten Peter Eötvös mit einem Libretto von Albert Ostermaier im Nationaltheater uraufgeführt. Eötvös selbst leitete das Bayerische Staatsorchester. Das ukrainische Künstlerpaar Ilya und Emilia Kabakov entwarfen die Bühne, und Balázs Kovalik führte Regie. Erfahren Sie mehr über das Werk und die damalige Inszenierung in einem Beitrag mit Eötvös, Kovalik, Ostermaier und dem Lucifer-Sänger der Uraufführung Georg Nigl.

https://www.youtube.com/watch?v=MylAsq5_dy0


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Richard Strauss über die Musikalische Akademie

Die Konzerte der musikalischen Akademie
(in denen ich noch den alten Franz Lachner
eine seiner Suiten dirigieren sah) gehören
zu den schönsten Erinnerungen meiner Jugend.
Ein großes Ereigniß war für mich persönlich
im Jahre 1882 die Aufführung meiner ersten
Dmollsinfonie, die von Hermann Levi
in liebendwürdigster Weise im Odeon
aus der Taufe gehoben wurde. Ich wohnte
als 18jähriger Oberprimaner mehr träumend
als wachend auf einem „Stehplatz zwischen den
Säulen“ der vortrefflichen Aufführung bei.
Es war die schöne Zeit, da Aufführungen
Beethovenscher Sinfonien noch zu den
Ereignissen gehörten, denen der kultivierte Teil
meiner Vaterstadt schon Wochen vorher mit größter
Spannung entgegensah. In meinem Elternhause
warfen schwierige Hornsoli im[m]er lange ihre
Schatten voraus u. verdarben die Laune
meines Vaters.
Später hatte ich selbst die Freude, 2 Jahre
lang die Conzerte der musikalischen
Akademie zu leiten. Sie stehen noch
heute auf alter Ruhmeshöhe und
erfreuen sich unter Hans Knappertsbusch
einer besondern Blüte.
Mögen sie auch weiterhin die berufenen
Hüter kostbarer Kunstschätze bleiben.
Dr. Richard Strauss.


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Chefs
Johannes de Fossa
Mus.ms. 2757. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek Mus.ms. 2757. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079000?page=6


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Johannes de Fossas Geburtsdatum und Geburtsort sind unbekannt. Bis zu seinem Eintritt in die Münchner Hofkapelle 1569 ist de Fossas Biographie lückenhaft dokumentiert. Er stammt wohl aus einer niederländischen Musikerfamilie, in welcher sein Name mehrfach vorkam. De Fossa bezeichnet in einer selbst angefertigten Abschrift Johannes Castileti – auch Jean Guyot genannt – als seinen Lehrer. Wahrscheinlich war de Fossa in den 1540er und 1550er Jahren in Lüttich der Schüler Castiletis. 1569 wurde de Fossa schließlich zum Vizekapellmeister der Münchner Hofkapelle ernannt und führte dieses Amt bis Orlando di Lassos Tod 1594 aus. Nach di Lassos Tod nahm di Fossa dessen Amt als Münchner Hofkapellmeister ein, wobei die offizielle Ernennung erst 1597 erfolgte. Seine Verdienste wurden durch de Fossas Erhebung in den Reichsadelsstand geehrt. Pfingsten 1603 verstarb er in München, nachdem er bereits ein Jahr zuvor sein Amt aufgrund gesundheitlicher Probleme niederlegen musste.


Bildnachweis: Fossa, Johannes de: 7 Sacred songs – BSB Mus.ms. 2757. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek Mus.ms. 2757. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079000?page=6


Zeitzeugnisse
Carlos Kleiber diskutiert das Konzertprogramm

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


BSOrec
Bayerische Staatsoper Recordings: OPERcussion
OPERcussion – die Schlagzeuger des Bayerischen Staatsorchesters.

Original Grooves ist eine Reise zu den Ursprüngen und Traditionen des Schlagwerks. Gerade bei perkussiven Instrumenten ist das Einwirken verschiedener Kulturen aufeinander gut nachzuempfinden. Während die Pauke bereits seit 1600 zur festen Besetzung des Bayerischen Staatsorchesters zählt, hielten die Schlagzeuger als jüngste eigenständige Gruppe erst 1925 Einzug in das Orchester. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts bereichern zunehmend Schlaginstrumente den Orchesterklang mit farbenreichem Lokalkolorit. Komponisten wie Edgar Varèse, Igor Strawinsky, Maurice Ravel, Béla Bartók und Paul Hindemith sind heute für den kreativen Einsatz dieser neuen Instrumentengruppe bekannt. Viele der Perkussionsinstrumente stammen ursprünglich nicht aus Europa, sondern aus asiatischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Kulturen. Besonders in Lateinamerika ist die perkussive Tradition fester Bestandteil sowohl religiöser Rituale als auch populärer Festtänze und erscheint in vielerlei Gestalt und Spielweisen: Ein Tango ist weit entfernt von einem Bolero, und ein Samba aus Rio de Janeiro ist kein kubanischer Son. Dieses Album soll die ursprünglichen Rhythmen Lateinamerikas und die Verschmelzung der Kulturen auf möglichst authentische Weise präsentieren.

CD im Webshop

Mehr zum Label BSOrec


Bildnachweis: © EVISCO


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Vor dem Hintergrund des 500-jährigen Bestehens des Bayerischen Staatsorchesters soll mit einer Reihe von Veröffentlichungen herausragender Ensembles die Vielseitigkeit des Klangkörpers und seiner Mitglieder dokumentiert werden, beginnend mit dem 2009 gegründeten Ensemble OPERcussion – die Schlagzeuger des Bayerischen Staatsorchesters.

Original Grooves ist eine Reise zu den Ursprüngen und Traditionen des Schlagwerks. Gerade bei perkussiven Instrumenten ist das Einwirken verschiedener Kulturen aufeinander gut nachzuempfinden. Während die Pauke bereits seit 1600 zur festen Besetzung des Bayerischen Staatsorchesters zählt, hielten die Schlagzeuger als jüngste eigenständige Gruppe erst 1925 Einzug in das Orchester. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts bereichern zunehmend Schlaginstrumente den Orchesterklang mit farbenreichem Lokalkolorit. Komponisten wie Edgar Varèse, Igor Strawinsky, Maurice Ravel, Béla Bartók und Paul Hindemith sind heute für den kreativen Einsatz dieser neuen Instrumentengruppe bekannt. Viele der Perkussionsinstrumente stammen ursprünglich nicht aus Europa, sondern aus asiatischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Kulturen. Besonders in Lateinamerika ist die perkussive Tradition fester Bestandteil sowohl religiöser Rituale als auch populärer Festtänze und erscheint in vielerlei Gestalt und Spielweisen: Ein Tango ist weit entfernt von einem Bolero, und ein Samba aus Rio de Janeiro ist kein kubanischer Son. Dieses Album soll die ursprünglichen Rhythmen Lateinamerikas und die Verschmelzung der Kulturen auf möglichst authentische Weise präsentieren.

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Bildnachweis: © EVISCO


Zeitzeugnisse
Carl Orff: Der Mond

Carl Orffs Oper Der Mond wurde am 5. Februar 1939 an der Bayerischen Staatsoper unter der musikalischen Leitung von Clemens Krauss in einer Inszenierung von Rudolf Hartmann uraufgeführt. Das Libretto verfasste der Komponist selbst und übernahm dabei teilweise wörtliche Textpassagen aus dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm. In den drei Schauplätzen Himmel, Erde, Unterwelt und der Sicht eines kleinen Jungen darauf liegt Orffs Bezeichnung dieses „kleinen Welttheaters“ begründet, „das ein nachdenkliches Gleichnis von der Vergeblichkeit menschlichen Bemühens, die Weltordnung zu stören und gleichzeitig eine Parabel vom Geborgensein in eben dieser Weltordnung werden sollte“. Die Musik hat der Komponist selbst als seinen „Abschied von der Romantik“ bezeichnet. Kritiker zeigten sich begeistert, so zum Beispiel der Musikwissenschaftler Fred Hamel über die Uraufführung: „Da begegnet man also einer Schöpfung, wie man sie der Opernbühne seit langem gewünscht hat […] Großartig, wie Orff's Musik diese Kraft auch hier ganz aus den elementaren Mitteln der Rhythmik und der Liedform gewinnt […] Bei dieser Ökonomie der Mittel aber ist Orff's melodische Erfindung so stark, seine rhythmische Phantasie so unerschöpflich, daß sie schier eine Überfülle wechselnder Eindrücke von bildhafter Kraft beschwören.“


Bildnachweis: Hanns Holdt


Meet the Musicians
Christian Loferer, Horn

Neben München fühlt sich Christian Loferer in Sydney und San Francisco sehr wohl. In Edinburgh hat er schonmal Straßenmusik gemacht, und wenn er eine beliebige Aktivität zu einer olympischen Disziplin machen könnte, hätte er beim Uhrzeitschätzen die größten Chancen, eine Medaille zu gewinnen.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Meet the Musicians
Barbara Burgdorf, 1. Violine (Konzertmeisterin)

Das Schönste an ihrem Beruf ist für Barbara Burgdorf die Schönheit, die er für die Seele bietet, für sie selbst und für andere. Wäre sie nicht Musikerin geworden, dann wahrscheinlich Biologin.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo
Online-Edition


Bildnachweis: Bayerische Staatsbibliothek München, Signatur Slg.Her 811


 

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Am 29. Januar 1781 wurde Mozarts „Dramma per musica in tre atti” im Münchner Hoftheater, dem heutigen Cuvilliéstheater, uraufgeführt. Das Libretto basiert auf der gleichnamigen Tragédie lyrique von Antoine Danchet mit der Musik von André Campra, und wurde vom Salzburger Kaplan Giambattista Varesco angefertigt. Fünf Jahre später kam eine von Mozart überarbeitete Fassung in Wien zur Aufführung.

1775 wurde bereits Mozarts La finta giardiniera in München uraufgeführt, 1780 erhielt der Komponist dann den Auftrag von Karl Theodor, dem Kurfürsten von Bayern, für München eine Oper als Höhepunkt der Karnevalssaison anzufertigen. Mozart wohnte den Einstudierungen beider Opern bei. Idomeneo wurde erst vor Ort fertig komponiert, und so konnte Mozart besondere Rücksicht auf die stimmlichen Möglichkeiten der Sänger nehmen. Über die Hintergründe der Entstehung von Idomeneo gibt ein Briefwechsel Mozarts mit seinem Vater Leopold Auskunft, in dem auch über die Funktion von Szenen und Arien diskutiert wird.

Mozart Briefe und Dokumente – Online-Edition


Bildnachweis: Bayerische Staatsbibliothek München, Signatur Slg.Her 811


 

Chefs
Ludwig Daser
Mus.ms. 18. Standort:
München, Bayerische Staatsbibliothek -- Mus.ms. 18. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079115?page=6,7


 

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Ludwig Daser wurde um 1526 in München geboren und trat bereits im Jugendalter der Münchner Hofkapelle bei, wo er vermutlich unter Wolfgang Fynnckl und Andree Zauner, vielleicht auch unter Ludwig Senfl seine musikalische Ausbildung erhielt. Daser studierte wie Andree Zauner an der Universität Ingolstadt und war ab 1552 als Hofkapellmeister der Münchner Hofkapelle aktiv. 1563 legte Daser sein Amt in München endgültig nieder, und 1572 wurde er Kapellmeister am württembergischen Herzogshof in Stuttgart, wo er bis zu seinem Tod 1589 wirkte. Daser war ein äußerst produktiver und von Zeitgenossen geschätzter Komponist von Messen, Motetten und geistlichen Liedern. Zuletzt ist er wieder in den Fokus der Musikwissenschaft gerückt, und so ist die Veröffentlichung des umfangreichen Buchs Ludwig Daser (1526–1589) – Grenzgänger zwischen den Traditionen von Daniel Glowotz in Vorbereitung.


Bildnachweis: Daser, Ludwig: 9 Masses – BSB Mus.ms. 18. Standort:
München, Bayerische Staatsbibliothek -- Mus.ms. 18. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079115?page=6,7


 

Zeitzeugnisse
Engelbert Humperdinck: Königskinder

Die erste Fassung von Engelbert Humperdincks Märchenoper wurde am 23. Januar 1897 im Münchner Hoftheater unter der musikalischen Leitung von Hugo Röhr uraufgeführt. Nach dem Erfolg von Hänsel und Gretel vier Jahre zuvor war der Komponist auf der Suche nach einer Textvorlage für eine komische Oper volkstümlichen Einschlags, die letztlich Elsa Agnes Bernstein, Tochter von Humperdincks Münchner Freund Heinrich Porges, lieferte.

Diese Melodram-Fassung fand in den folgenden Jahren ihren Weg auf die Opernbühnen von Wien, Prag, Berlin, Riga, London, Dublin und New York, verschwand nach 1902 allerdings von den Spielplänen. Der Komponist überarbeitete sein Melodram zu der heute bekannten durchkomponierten Fassung der Oper, für die der Text gründlich reduziert und vereinfacht wurde. 1910 wurde schließlich diese zweite Fassung an der Metropolitan Opera in New York uraufgeführt.


Bildnachweis: Archiv Bayerische Staatsoper / Hof-Atelier Elvira München


Chefs
Andree Zauner

Andree Zauner war der Nachfolger Wolfgang Fynnckls und leitete die damalige Hofkapelle von 1550 bis 1552. Zauner kam ursprünglich aus Landshut und war ab 1525 an der Universität Ingolstadt immatrikuliert, wo vor allem Schriften von Johannes de Muris studiert wurden, der sich als spätmittelalterlicher Intellektueller mit Musiktheorie beschäftigte und die Musiknotation entscheidend vorantrieb. Dementsprechend führte Zauner den für einen Musiker seltenen Gelehrtentitel „Maister“ (Magister). Er blieb der Hofkapelle nach seiner Amtsabtretung als Sänger erhalten und erhielt sogar darüber hinaus eine Gnadenbesoldung bis zu seinem Tod 1577.


Bildnachweis: Wappen der Universität Ingolstadt 1580. Abbildung aus: Schrot, Martin: Wappenbuch Des Heiligen Römischen Reichs, und allgemainer Christenheit in Europa, München, 1580 (Bayerische Staatsbibliothek, Res/2 Herald. 46). http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00089366/image_313


Chefs
Wolfgang Fynnckl
Sebastian Hurlacher und Bastian Behaim zwei neue Instrumentalisten engagiert.


Bildnachweis: Biographisch-bibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4. Quelle: gallica.bnf.fr. Provenienz: Bibliothèque nationale de France.


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Über Ludwig Senfls Nachfolger ist wenig überliefert: Lediglich Wolfgang Fynnckls Name und Amt sind bekannt. Nach Senfls Scheiden 1543 und vor 1551 muss Fynnckl die Arbeit seines Vorgängers und damit die Münchner Hofmusik fortgeführt haben. Während Fynnckls Amtszeit wurden mit Sebastian Hurlacher und Bastian Behaim zwei neue Instrumentalisten engagiert.


Bildnachweis: Biographisch-bibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4. Quelle: gallica.bnf.fr. Provenienz: Bibliothèque nationale de France.


 

Zeitzeugnisse
Brand des Nationaltheaters am 14. Januar 1823

Am 14. Januar 1823 brannte das Nationaltheater. Obwohl das Unglück während einer voll besetzten Abendvorstellung geschah, kam niemand zu Schaden. Beim Löschen des Feuers wurde warmes Brauwasser der umliegenden Brauereien verwendet, da das Löschwasser der Feuerwehr in den Spritzen gefror. Das Gebäude konnte nicht vor den Flammen gerettet werden, wurde allerdings bereits zwei Jahre später wiedereröffnet.


Bildnachweis: Münchner Stadtmuseum, Sammlung Graphik / Gemälde P-1134
Künstler: unbekannt; Wolfgang Pulfer (Repro)


 

Zeitzeugnisse
Bestallungsrevers des Geigers Gregor Khrafft (1520)

Ich gregorius kraffth von thoren bekenn mit dissem offen brieue Alls der durchleuchtig fürst
vnnd Her Her wilhalm pfalczgraue bej Rein herczog in oberen vnnd Nideren bairen etc. mein gne-
diger Her mich czu seiner fürstlichen gnaden diener vnnd geyger mein lebenlang an deß houe
bestellt vnnd angenommen hat, Laut Irer gnaden bestelbriefs mir deshalben behendigt von Wort
zu wort des Innhalts. Von gottes gnaden wir wilhalm pffallennczgraue bey rein herczog
In oberen vnnd nyderen bayren etc. Beckenn, alls vnnser getreuer Gregorius krafft von thorn
Etlich zceithere vnnser diener vnnd geyger gewest, vnnd vns zcu gefallen gedient hatt,
Das wir Ine nun furohin zcu einem Diener vnnd geyger an vnsern Houe aufgemen[aufgenommen]
vnnd bestellt habnn, Sein lebtag, vns mit allen seinen könnsten vnnd dienstn getreues vleiß
zcu gewaden[?] vnnd gehorsam zcesein, vnnsern fromben zcefürdern, schaden zcewennden,
vnnd alles das zcethun, das ain getreuer williger diener seiner Herrschafft schuldig ist
Auch Sich on vnnser vergonnen vnnd erlauben, mit Diennsten zcu kainem anndern Heren
mehr verpflichtn Alls er vnns dann das mit Seinen treuen on aydesstadt gelobt hat,
Vnd vmb Solch Sein diennst habnn Wir Ime verprochen vnnd zcugesagt, vnnd versprechn
mit dem brieue, Das wir Ime Sein lebtag Jerlichs zcu solde geben sollen vnd wollen
Sechczehen gulden reinisch in munss vnser lanndes werungh vnd ain Hofeklaidt
Nämlich zcu yeder quattember vier gulden reinisch auch darczu dy liferung oder
So wir (als yczt beschicht) vber houe nit speyßn darfur das gellt beczalen Wie wir dan
annderen der gleichen vnseren diennern zcegeben pflegen, Welche vorangeregte besoll-
dungh an gellt wir Jczygem vnd ainem yedn konnftigen vnnserm Cammerschreiber
auß vnnserm Camerambt alhie obangezcei[g]terr massen von vnnseren wegen gedachten
Krafften, zcuentrichten hiemit verschaffen, vnd des allso mit erster bezcalung zcu
nägst be[ginne]nnder quattember pfingsten anczefahen. Wir wollen Ine auch zcue recht
versprechen beschuczen vnd beschirmen als annder vnsser Diener, darauff wir sein
auch zcu recht vnd aller billich[k]eit mechtig sind, Wo er sich aber in solhen seinen
Diensten nit redlich, oder der massen, wie uor steet, hiellte, des sich kuntlich erfunde,
So Seyen wir alsdann vnangesehen disser vnser verschreibung weiter Ine zcu diener
zcu behalten vnnd zcu besolldnen, vnuerpundn, Ongeuerde, des zcu vrkundt haben wir
me den brieff mit vnserm anhangden Secret besigelt vnnd aigner Hannde
vnderschribn. Geben in vnser stat münchen am montag uor purificationis 
marie Im funfzehenhundert vnnd Zcwainzcigsten Jar, Darauff ich obgenannter
Krafft bej meinen waren trewen on aydes Stat gelob vnnd versprich, seinen 
fürstlichen gnaden alles vnnd Jedes Das hieuor inserirter brieff Innhellt vnnd
mich verpindet, war vnd stat zcehalten vnd zcu uolczihen, treulich ongeuerde,
Des zcu vrkunde hab ich seinen fürstlichn gnadn disen reuers mit meiner
aygnen Hande geschriben vnnd meinem Hiefür dructn petschir befestenndt.
Geben am montag uor purificationis marie Im funfczehen Hundert vnd
czwainzcigsten Jarn.


Bildnachweis: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München


 

Zeitzeugnisse
500 Jahre unplugged

Vor einem halben Jahrtausend begann die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters. Schon 1523 gibt es die ersten Anstellungsvermerke, in denen die Gehälter der fest angestellten Hofmusiker dokumentiert sind. Aus kleinen Anfängen im höfischen Kontext wurde allmählich ein großes Opernorchester, das bald auch regelmäßig symphonische Werke aufführte und seit dem frühen 19. Jahrhundert im Rahmen der Musikalischen Akademie die erste öffentliche Konzertreihe in München veranstaltet. Heute gehört das Bayerische Staatsorchester zu den internationalen Spitzenensembles mit Mitgliedern aus vierundzwanzig Nationen. Im Jahr 2023 feiert es seine ersten 500 Jahre und blickt aus der Perspektive dieser ehrwürdigen Tradition in die Zukunft – Musik für alle auf höchstem Niveau.

Chefs
Vladimir Jurowski über das Bayerische Staatsorchester
Über Vladimir Jurowski


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Vladimir Jurowski, Generalmusikdirektor des Bayerischen Staatsorchesters seit 2021


500 – was für eine Zahl! Vor fünfhundert Jahren begann die Geschichte des Ensembles, das heute als Bayerisches Staatsorchester weltweit zu den angesehensten Opern- und Konzertorchestern zählt und mit Recht stolz auf diese einzigartige Historie sein kann. Mit Namen wie Ludwig Senfl und Orlando di Lasso als Künstlerische Leiter ist die Frühzeit des Orchesters verbunden, und an bedeutenden Persönlichkeiten hat es seitdem nie gemangelt.

Die Zusammenarbeit mit den größten Komponisten ihrer Zeit – wie Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner und Richard Strauss –, auch mit den großen Dirigenten der Vergangenheit und der Gegenwart (die Liste der Namen ist zu lang, um sie an dieser Stelle anzuführen) hat das Orchester entschieden geprägt und es zu einem der besten der Welt gemacht. Nicht nur Ergebnis, sondern auch Grund dieser Qualität ist die Vielfältigkeit der Aktivitäten: in der Oper, im Ballett, im symphonischen Repertoire, im Kosmos der Kammermusik, im Einsatz für musikalische Ausbildung und Vermittlung. Für diesen letzten Punkt steht insbesondere das Engagement der Hermann-Levi-Akademie, die Talentschmiede für die Zukunft nicht nur des Bayerischen Staatsorchesters, sondern des Orchestermusizierens überhaupt.

Die Gründung der ersten Konzertreihe für das Münchner Bürgertum im Jahre 1811, die noch heute lebendige Musikalische Akademie, spricht von der tiefen Verbundenheit des Orchesters mit der Stadt München und ihren Bürgerinnen und Bürgern, die auch nach über zweihundert Jahren nicht versiegt ist. Im Festjahr 2023 wollen wir diese Verbindung mit vielen bewährten und neuen Formaten weiter vertiefen. Ich gratuliere dem Bayerischen Staatsorchester, dem als Chefdirigent vorzustehen mir eine Ehre ist, und freue mich auf ein musikalisch reiches 500-Jahre-Jubiläum.

Über Vladimir Jurowski


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Zeitzeugnisse
Bruno Walters Neujahrswünsche

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Zeitzeugnisse
Bruno Walter über die Musikalische Akademie

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Zeitzeugnisse
Joseph Keilberth bittet um eine weitere Probe

Lieber Herr Uffinger!

    Vielen Dank für Ihre lieben Zeilen. 
Die Probenangelegenheit ist für mich so nicht tragbar. 
Es müsste doch zu erreichen sein, dass ich am Samstag 
eine 1 ½ - 2-stündige Probe machen könnte. Diese 
kann ja auch im Orchesterraum des Nationaltheaters oder im 
Foyer sein. Den Odeonsaal habe ich anlässlich der Donnerstag-
Probe dann ausprobiert.
    Es ist nicht an dem, dass ich in München eine 
Orgie an probieren feiern will, aber es ist nicht möglich, 
dass nur eine Probe, noch dazu 3 Tage vor dem Konzert, 
stattfindet. Das ist schon für das Renommée der 
musikalischen Akademie nicht tragbar. Ich erinnere mich 
dabei an frühere Kritiken in Münchener Zeitungen, wo 
von „nahezu probenlosen, repertoiremässigen Aufführungen 
klassischer Meisterwerke“ die Rede war. Da es leider 
üblich ist, dass viele Musiker von Kapellmeistern begeistert 
sind, die „noch weniger“ probieren, so kommt so 
etwas immer in irgendeiner Form an die Oeffentlichkeit. 
Der Dumme ist dann der Dirigent, über den gesagt wird: 
Sehr begabt, aber leider faul, probiert fast nichts: (Mir selbst 
passiert. Ein prominenter Kollege hat z.B. durch eine 
entsprechende Äusserung meine Prager Berufung gefährdet.) 
Sie sehen, ich bin da sehr vorsichtig geworden. Andererseits 
halte ich nichts von Proben, die über 3 Stunden dauern. 
Krauss hat mir seiner Zeit gesagt, die Generalprobe zu 
Falstaff sei am 31. Jan. und am 1. Febr. sei eine leichte 
Oper. Ihr Spielplan kann sich doch nicht so grundlegend 
verändert habe. Abgesehen davon stehe ich auf dem Standpunkt, 
dass die Konzerte Angelegenheit des Orchesters sind und dass 
folglich so viel Interesse und Opferbereitschaft für diese vorhanden 
sein muss, dass am Tage vor dem Konzert sich eine 
kurze Probe einrichten lässt.
Dispositionsmässig schlage ich Ihnen folgendes vor:
Donnerstag: 10 Uhr - etwa 11 ½ Brahms II:
        Pause
        11 ½ Klavierkonzert
        12 ½ Bach
Samstag zu einer noch zu vereinbarenden Zeit
        Bach und Teile von Brahms.
Nun bitte ich Sie, um Zeit zu sparen durch einen 
Extra-Anschlag die Musiker für Bach einzuteilen, 
sonst verlieren wir sehr viel Zeit bis alles sitzt: 
Ich bitte darum, dass einige Geiger, die ein Instrument 
haben oder schon Bratsche gespielt haben, beim Bach 
Bratsche übernehmen, so dass 4 I. 4 II. 4 III. Bratschen 
besetzt sind. Die dann übrigen Geigen (I. + II. zusammen) 
teilen Sie bitte in 3 gleichstark besetzte Gruppen, 
ebenso die Celli. Für Bach genügen 4 Bässe. 
Ferner lege ich Wert auf Folgendes: Der Stimmführer der 
normal II. Geigen übernimmt die Führung der III. Geigen, 
die der II. entweder ein 2. Konzertmeister oder ein 
besonders guter I. Geiger. 
Diese Einteilung überlasse ich Ihnen, ich möchte 
dabei erreichen, dass, wenn ich „Bach“ ansage, es 
kein grosses Fragen gibt, sondern jeder weiß, was 
und wo er spielt.
    Die Sitzweise bitte ich so festzulegen:
[Skizze]
Wegen der Märzkonzerte sprechen wir 
in München. Wenn nicht genügend Proben möglich sind, 
müssen wir statt Reger ein anderes Werk wählen, was 
bei der Liebe der Münchner für Reger sehr schade wäre.
Ich komme an 29. abends (Aus Richtung Wien) 
in München an und wohne im deutschen Kaiser. 
Lassen Sie mir dort bitte ein Einbettzimmer mit Bad 
reservieren (Ruhige Lage).
    Den Schwierigkeiten entsprechend, die sich bis jetzt 
anzeigen (auch bei mir, da ich von einer Konzertreise im 
Ostprotektorat komme, wo ich Troppau um einen Tag vorverlegen 
musste), müsste es eigentlich ein grossartiges Konzert werden. 
Hoffen wir das Beste!
Gestern hat Suttner bei mir im Prager Sender 
ein sehr schönes Strauss-Konzert geblasen.
Ab morgen (25.) bin ich in Prag nicht mehr zu erreichen. 
Falls Sie mir noch schreiben wollen, dann nach Troppau (Ost-
Sudetenland) Hotel Schlesischer Hof. Dort treffe ich am 27. ein u. 
fahre am 28. über Wien nach München.
    Bis auf baldiges Wiedersehen 
        bin ich mit herzlichen Grüssen
            Ihr Joseph Keilberth


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Zeitzeugnisse
Bestallungsrevers des Posaunisten Sebastian Hurlacher

Ich Sebastian Hurlacher Pusauner Bekhenn mit disem offen brieue Alls der durchleuchtig hochgeborn
Fürst vnnd Herr, Herr Wilhelm Phallnnczgraue bey Rhein Herczog in obern vnnd Nidern Bairn etc. mein ge=
nediger Herr mich zu seiner fürstlichen gnaden dienner mein lebenlanng bestellt vnnd aufgenomen hat,
vermög vnnd Innhallt seiner fürstlichen gnaden bestellbriefs mir an heut dato gegeben, der von wort zu
wort laut wie hernachvolgt. Von gottes genaden, Wir Wilhelm Phallnnczgraue bey Rhein Herczog
in obern vnnd Nidern Bairn etc. Bekhennen hiemit disem offen brieue, für vnns vnnd vnnser erben, Das
wir Sebastianen Hurlacher Busauner Zu vnnserm Diener sein lebenlang bestellt vnnd aufgenomen
haben Bestellen Ine auch hiemit Chrafft dics brieffs, Allso das er vnns mit dem Zynnckhen, Busaunen
pfeiffen geigen vnnd aller seiner khunst dienistlich vnd gewerttig sein, auch yeder Zeit vnnsere beuelch in
dem allen getreulich ausrichten vnnd volziehen, vnnd sich daran in khainen wege ychts verhyndern lassen
Dagegen sollen vnnd wollen wir Ime *sein lebenlanng vnnd* aines yeden Jars aus vnnser Chamer zu München Achczig gulden Reinisch
zu quottember Zeiten vnnd der yeder Zwainczigkh gulden in Muncz beczalen, vnnd darczue ain Summer vnd ain
wintterkhlaid aus vnnser schneiderstuben oder für yedes khlaid vnnsers Hoffs geprauch nach geben drey gulden.
Auch Ime sonnderlich die Lyferung Essens vnnd Trinckhens auff vnnser Tyrnnitz wie bishero beschehen, auf
sein Ainige person volgen lassen. Darauf hat Er vnns gelobt, vnnd versprochen, vnns die Zeit seines lebens in aller vnndterthenigkhait Zedienen, vnnsern fromen Zufurdern, vnnd schaden Zewarnen, auch sich
in allen sachen vnnsern beuelhen gemäß vnnd all wege Zehallten, als ain getreuer diener seiner Herrschafft
Zethun schuldig ist, ongeuerde. Des Zu vrkhund haben wir Ime disen brieue mit vnnserm Secrete be=
sigelt, vnnd aigener hannde vnndterschriben. geben Zu Munchen den fünffvnndZwainczigisten tag des Monats
Februarij. Nach Christi vnnsers lieben Herrn geburt, Funffczehenhundert vnnd Im funffvnndvierczigisten
Jar. Hierauff gelob vnnd versprich Ich bey meinen waren treuen vnnd Eeren an Aidesstat,
hochgenanntem meinem genedigen Herrn, Treu vnnd gewar Zesein, seiner fürstlichen gnaden fromben Zefurdern,
vnnd schaden Zewennden, vnnd Zewarnen, vnnd alles annders, was diser Reuersbrief vermag, ausweiset, mich
pindet vnnd mir auferlegt, in allen puncten vnnd Articln Zehallten vnnd Zuuolcziehen. Aller Ding treulich onge-
uerde. Des Zu vrkhundt hab Ich seinen fürstlichen gnaden disen Reuersbrief mit meinem Aigen hiefur=
gedruckten petschier, vnnd aigner hannde vnnderschriben geben. Am tag vnnd Jar wie obsteet.

Sebastian Hurlacher
mein aigne handschrift


Bildnachweis: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München


 

Zeitzeugnisse
Dienstliste für das alljährlich stattfindende Hofkonzert am 1. Januar 1863 mit dem Solisten Franz Strauss

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Chefs
Kent Nagano über das Bayerische Staatsorchester

Kent Nagano, Generalmusikdirektor 2006–2013


Was das Bayerische Staatsorchester aus meiner Sicht auszeichnet? Für mich ist es die Mischung aus dunklem, warmem Klang, transparenter Textur, individueller Klangfarbe und einer ausgeprägten gemeinsamen Identität, die über fünf Jahrhunderte kontinuierlich aufgebaut und weiterentwickelt wurde und stark von den großen, mit diesem Haus verbundenen Komponisten und Künstlern geprägt ist. Das Zusammenspiel von Klang und Persönlichkeit, das jede Musikergeneration durch Anpassungsfähigkeit, technisches Können und eigene Energie neu definiert hat, ist etwas Einzigartiges und ein idealer Gegenentwurf zu einigen Trends unseres heutigen Informationszeitalters.

In seiner 500-jährigen Geschichte hat dieses großartige Ensemble das unschätzbare Geschenk des Humanismus mit der Welt geteilt, und damit wird es auch in Zukunft von Relevanz sein. Danke, Bayerisches Staatsorchester, und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Chefs
Kirill Petrenko über das Bayerische Staatsorchester

Kirill Petrenko, Generalmusikdirektor 2013–2021, Ehrendirigent des Bayerischen Staatsorchesters


 

Die sieben Jahre, die ich als Chefdirigent mit dem Bayerischen Staatsorchester verbringen durfte, sind im Lichte seiner langen Geschichte nur ein Hauch. Aber für mich waren diese meine sieben Jahre als Bayerischer Generalmusikdirektor eine unsagbar glückliche Zeit. Ich hoffe, dass wir gemeinsam ein paar Spuren hinterlassen konnten, die unser eigenes Wirken überdauern werden. Indem sich das Bayerische Staatsorchester im fünfhundertsten Jahr seines Bestehens so viel Neues vorgenommen hat, wird dieses Ereignis weniger zur Rückschau auf eine glanzvolle Vergangenheit als zum Ausblick auf eine weiter und weithin strahlende Zukunft. Die wünsche ich diesem wunderbaren Orchester von ganzem Herzen – und freue mich sehr, dass wir in seinem Jubiläumsjahr wieder zusammentreffen werden.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Chefs
Orlando di Lasso
https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ma4d3KgGrO

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Mit Orlando di Lasso engagiert Herzog Albrecht V. den wohl bedeutendsten
Musiker seiner Zeit. Ab 1562/63 ist er Hofkapellmeister, übernimmt die Leitung der Tafel- und Kammermusik sowie die musikalische Gestaltung der Gottesdienste. Der Herzog genießt den engen Kontakt zu seinen Musikern und gibt viel Geld für sie aus. In ganz Europa werden die besten Sänger und Instrumentalisten für den bayerischen Hof gesucht. Bei der Hochzeit des Thronfolgers Wilhelm V. im Jahr 1568 schwärmen die Besucher vom kunstvollen Zusammenspiel und abwechslungsreichen Repertoire der Hofkapelle.


Bildnachweis: Deutsch, Bildnis des Orlando di Lasso, 1580, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ma4d3KgGrO

Chefs
Zubin Mehta über das Bayerische Staatsorchester

Zubin Mehta, Generalmusikdirektor 1998–2006, Ehrendirigent des Bayerischen Staatsorchesters


Bei den meisten Orchestern, die ich heutzutage dirigiere, bin ich halb so alt wie diese Klangkörper. Glücklicherweise kann ich das in Bezug auf das Bayerische Staatsorchester nicht behaupten. Somit wünsche ich meinen Kollegen und Kolleginnen und all ihren Vorgängern nur das Beste zum 500. Geburtstag! Meine acht Jahre mit diesem großartigen Ensemble waren für mich ein Höhepunkt meiner Laufbahn, und ich kann gar nicht sagen, wieviele wunderbare Erinnerungen sowohl im Bereich von Symphonie als auch der Oper ich habe: Unsere Europatournee mit der Dritten Mahler; die Achte Bruckner; die Reise nach Kashmir und Mumbai; die Don-Carlo-Produktion mit Jürgen Rose; wie auch die beiden Ring-Produktionen, die ich leiten durfte, bleiben für immer in meinem Herzen.

Im Staatsorchester waren und sind großartige Musiker und Musikerinnen versammelt, vor denen ich voller Bewunderung meinen Hut ziehe. Ich kann diese Worte der Huldigung nur so beenden: Meine Damen und Herren des Bayerischen Staatsorchesters, ich liebe und verehre jeden Einzelnen von Euch allen und kann nicht warten, wieder mit Euch zu musizieren.

In tiefer Freundschaft und Bewunderung


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Neujahrswünsche von Hans Knappertsbusch

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

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Ludwig Senfl
Ludwig Senfl in seiner Kindheit wahrscheinlich als Sängerknabe in der Kapelle Maximilian I. tätig. Vermutlich absolvierte er im Rahmen eines kaiserlichen Stipendiums ein Studium an der Universität in Wien sowie eine Klerikerausbildung. Bis 1520 wirkte Senfl in der kaiserlichen Kapelle, und 1523 erhielt er eine Festanstellung bei Herzog Wilhelm IV. in München, wo er bis zu seinem Tod 1523 lebte. Zu seinem umfangreichen Schaffen gehören geistliche wie weltliche Kompositionen, so Messen, eine Vielzahl an Proprienzyklen, Motetten und Lieder. Er pflegte Kontakte zu humanistischen wie protestantischen Kreisen und korrespondierte unter anderem mit Martin Luther, dem er auch regelmäßig Kompositionen zukommen ließ. Luther schrieb 1530 von der Veste Coburg an Senfl: „Liebe [zur Musik] hat mir auch Hoffnung gemacht, dass mein Brief dir keine Gefahr bringen wird … Lobe ich doch deine Herzöge von Bayern gar sehr, auch wenn sie mir nicht im mindesten geneigt sind, und achte sie vor anderen hoch, weil sie die Musik so fördern und pflegen."
Die immense Wertschätzung Senfls als Komponisten bestand weit über dessen Tod fort, was die große Weiterverbreitung und Anzahl an Übertragungen seiner Werke beweist. Seit 2015 arbeiten Musikwissenschaftler an der New Senfl Edition, einer neuen Gesamtausgabe sämtlicher Kompositionen Senfls.


Ort: München, Staatliche Münzsammlung


Hier finden Sie weiterführende Informationen zu Ludwig Senfl

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In Basel oder Zürich um 1490 geboren, war Ludwig Senfl in seiner Kindheit wahrscheinlich als Sängerknabe in der Kapelle Maximilian I. tätig. Vermutlich absolvierte er im Rahmen eines kaiserlichen Stipendiums ein Studium an der Universität in Wien sowie eine Klerikerausbildung. Bis 1520 wirkte Senfl in der kaiserlichen Kapelle, und 1523 erhielt er eine Festanstellung bei Herzog Wilhelm IV. in München, wo er bis zu seinem Tod 1523 lebte. Zu seinem umfangreichen Schaffen gehören geistliche wie weltliche Kompositionen, so Messen, eine Vielzahl an Proprienzyklen, Motetten und Lieder. Er pflegte Kontakte zu humanistischen wie protestantischen Kreisen und korrespondierte unter anderem mit Martin Luther, dem er auch regelmäßig Kompositionen zukommen ließ. Luther schrieb 1530 von der Veste Coburg an Senfl: „Liebe [zur Musik] hat mir auch Hoffnung gemacht, dass mein Brief dir keine Gefahr bringen wird … Lobe ich doch deine Herzöge von Bayern gar sehr, auch wenn sie mir nicht im mindesten geneigt sind, und achte sie vor anderen hoch, weil sie die Musik so fördern und pflegen."
Die immense Wertschätzung Senfls als Komponisten bestand weit über dessen Tod fort, was die große Weiterverbreitung und Anzahl an Übertragungen seiner Werke beweist. Seit 2015 arbeiten Musikwissenschaftler an der New Senfl Edition, einer neuen Gesamtausgabe sämtlicher Kompositionen Senfls.


Ort: München, Staatliche Münzsammlung


Hier finden Sie weiterführende Informationen zu Ludwig Senfl

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