#500 
DIE JUBILÄUMSWEBSITE

Jede Woche wird es auf der #500 Jubiläumsseite etwas Neues zu entdecken geben, bis die Seite am Ende des Jahres 500 Kacheln umfassen wird. 
Mithilfe von verschiedenen Rubriken als Filtermöglichkeiten können Sie die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters durchstöbern. 
Durch Kurztexte, Essays, historische Dokumente, Fotos und Videos werden nicht nur die Konzerte während des Jubiläumsjahres vor- und nachbereitet, sondern auch die aktuellen Orchestermitglieder des Bayerischen Staatsorchesters sowie die Leiter dieses traditionsreichen Klangkörpers der vergangenen fünf Jahrhunderte einzeln vorgestellt.
Aus dem Archiv der Musikalischen Akademie werden unveröffentlichte Schätze wie Briefe von Carlos Kleiber und Bruno Walter ausgegraben.

#BSO500

Eindrücke
5. Akademiekonzert 2022/23 (Jindra)

Am 17. und 18. April dirigierte Robert Jindra das Bayerische Staatsorchester beim 5. Akademiekonzert. Während des Mozart-Programms stand auch Hanna-Elisabeth Müller für die Konzertarie „Bella mia fiamma“ – „Resta, o cara“ auf der Bühne.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Meet the Musicians
Moritz Winker, Fagott (Solo)

Moritz Winker wäre Pilot geworden, wenn er einen anderen Karriereweg eingeschlagen hätte. Nun ist sein Lieblingsplatz in der Oper außerhalb des Orchestergrabens beim Inspizienten: „Was die jeden Abend leisten, ist einfach genial!“. Der Film, der ihn immer wieder lauthals zum Lachen bringt ist Willkommen bei den Sch’tis.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Eindrücke
Das Bayerische Staatsorchester zu Gast in der Isarphilharmonie (Jurowski)

Das Bayerische Staatsorchester war am 25. März zusammen mit seinem Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski zu Gast in der Isarphilharmonie. Für Alban Bergs Violinkonzert Dem Andenken eines Engels gesellte sich Renaud Capuçon auf die Bühne, bevor Anton Bruckners Symphonie Nr. 4 erklang.



Bildnachweis: Wilfried Hösl

Lesestücke
Felix Weingartner: Malawika

„‚Modern‘ sein heißt eingestehen, daß man in kurzer Zeit nicht mehr modern sein wird.“ – Dieser Ausspruch stammt aus dem 1918 erschienen Text Modernität, dessen Autor Felix Weingartner sich gegen eine lineare und durch neue Formen und Ausdrucksweisen ständig überbietende Entwicklung der Musikgeschichte aussprach. So bezeichnete er sich in seinen Lebensaufzeichnungen mal selbstironisch als „Wagnerianer“ und „Lisztianer“ und proklamierte an anderer Stelle die paradoxe Stoßrichtung „vorwärts zu Mozart!“. Weingartner, dessen Todestag sich am 7. Mai 2022 das 80. Mal jährte, vollendete 10 Opern, 7 Symphonien, etliche Lieder sowie Kammermusik und beteiligte sich mit zahlreichen Büchern und Aufsätzen am musikästhetischen- wie theoretischen und aufführungspraktischen Diskurs seiner Zeit. Sein Erfolg begründete sich auf seiner Tätigkeit als Dirigent. So hält sich Gustav Mahler in seinen Briefen an den „liebsten Freund“, wie er Weingartner meistens adressierte, mit Lob nicht zurück: „Ich wüßte Niemanden, dem ich mit solcher Zuversicht und frohem Muthe mein Werk übergeben würde, als Ihnen.“ Weingartner folgte Mahler als Operndirektor der Wiener Hofoper, nachdem er zuvor bereits Kapellmeister mehrerer Opernhäuser sowie Chefdirigent des Münchner Kaim-Orchesters – der heutigen Münchner Philharmoniker – gewesen war. Während seiner 19-jährigen Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern leistete Weingartner einen entscheidenden Beitrag zu deren Weltruhm. Als Abonnementdirigent leitete er sämtliche Konzerte, darunter den ersten Beethoven-Zyklus 1918 sowie die erste Südamerika-Tour 1922 in der Geschichte des Orchesters. Seine Oper Malawika, eine „Komödie in drei Aufzügen“ wurde am 3. Juni 1886 im Münchner Nationaltheater uraufgeführt, als der Komponist gerade 23 Jahre alt war. Das Libretto verfasste er selbst nach einem Drama des indischen Dichters Kalidasa.


Bildnachweis: Archiv Bayerische Staatsoper

Lesestücke
Macht der Musik: die Fronleichnamsprozession und das Wetter
Mus.pr. 124#Beibd.6

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von Thomas Herbst


Die positiven Auswirkungen von Musik auf Menschen ist schon oft erforscht und beschrieben worden. Langsame, leise Musik senkt den Puls und reduziert Stresshormone, und angeblich soll sich Mozarts Musik positiv auf die geistige Entwicklung von Säuglingen auswirken – wobei das bislang noch nicht wissenschaftlich belegt werden konnte. Durch einen Augenzeugenbericht belegt ist allerdings, dass eine Motette von Orlando di Lasso bei der Fronleichnamsprozession des Jahres 1584 sogar Regen und Sturm besänftigt hat – wobei wir Kausalzusammenhänge für diese meteorologische Macht der Musik hier außer acht lassen wollen …

Am frühen Morgen des 31. Mai 1584 waren über München starke Gewitter niedergegangen; auf dem Weg zu St. Peter, wo nach der heiligen Messe die Prozession beginnen sollte, hatten die Mitwirkenden schon in Häusern und Kirchen vor dem Regen Schutz suchen müssen. Beim Gottesdienst gingen daher alle davon aus, Herzog Wilhelm V. werde den sich anschließenden Umgang um die Stadt auf einen schöneren Tag verschieben. Doch der Herzog wartete noch ab. Hören wir, was der für den tadellosen Ablauf des Tages verantwortliche Lizenziat Ludwig Müller darüber schreibt:

„Während ich nun mit meinen Mitkommissaren jedermann an seinen Platz stellte, sah es aus, als ob es jeden Augenblick einen großen Platzregen geben würde und es fing auch etliche Mal an zu tröpfeln. Als nun alles in der gehörigen Ordnung war, ging ich wieder zum Herzog in die Kirche hinein, meldete, daß alles bereit sei und schlug gehorsamst vor, der Herzog möge das Sakrament bis zur Kirchentür tragen lassen und dort solange warten lassen, bis die Geistlichkeit mit ihren Kreuzen und Fahnen und die Bruderschaften alle daran vorbeigezogen wären. Währenddessen war der Himmel ganz schwarz und trübe, aber sobald das hochwürdige Sakrament durch die Kirchentür hinausgetragen wurde und Herr Orlando die Motette „Gustate et videte“ zu singen anfangen ließ, so begann die Sonne so an den Turm von St. Peter zu scheinen, daß ich vor lauter Freude meinen Platz im Zug verließ, zum Herzog ging und ihm zeigte, wie die Sonne auf die Türen schien, und zu ihm sagte: „Gustate et videte quam suavis sit Dominus timentibus eum et confidentibus ei“ (Luther übersetzt Psalm 34,9 folgendermaßen: „Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist denen, die Ihn fürchten und Ihm vertrauen“), welches Ihre fürstliche Durchlaucht mit Freuden anhörte und gnädigst darauf antwortete: ‚Freilich, freilich!‘“

Nun setzte sich also der ganze Zug in Bewegung: voran die Zünfte und Bruderschaften samt ihren Wagen mit über 50 erbaulichen lebenden Bildern aus Geschichten des Alten und Neuen Testaments, die beispielsweise die Erschaffung von Himmel und Erde, Adam und Eva, Kain und Abel zeigten. Hierauf folgte die Geistlichkeit, dann die fürstlichen Trompeter und Pauker sowie die Instrumentalisten und die Hofkantorei; das Heilige Sakrament schließlich wurde der herzoglichen Familie vorangetragen. Von St. Peter (das abwechselnd mit der Frauenkirche den Ausgangspunkt bildete) ging der Zug zum Marienplatz, dann durch die Schwabinger Gasse (Residenzstr.) zum Schwabinger Tor (Odeonsplatz) und einmal um die ganze Stadt herum. Für Ordnung sorgten 1800 Bewaffnete, die in den Gassen Spalier standen. 100 Bürger in prächtiger Rüstung bildeten zusammen mit den Trommlern der Stadt den Schluss des Zuges. Letztere hatten die Anweisung, ununterbrochen zu spielen – jedoch nicht zu laut, damit man weiter vorne die Instrumentalisten und die Kantorei gut hören konnte. Im Jahr 1584 hielt das Wetter: bei strahlendem Sonnenschein, wenn auch mit einem kühlen Wind, wurde der Umgang beendet. Erst als jedermann wohlbehalten zuhause angelangt war, brach ein furchtbarer Platzregen los. Nicht immer jedoch hatten die Teilnehmer so viel Glück. 1716 – Kurfürst Max Emanuel war im Jahr zuvor nach München zurückgekehrt und wollte nach jahrelangem Exil wieder eine Fronleichnamsprozession in seiner Heimatstadt feiern – regnete es so stark, dass der Zug bereits am Marienplatz umkehren musste.

Das bis heute am Donnerstag in der Woche nach Pfingsten stattfindende Fest wurde 1264 von Papst Urban IV. für die gesamte römische Kirche verbindlich gemacht und wahrscheinlich seit 1343 in München mit einer Prozession begangen – wobei der Aufwand dafür im Laufe der Zeit immer weiter anstieg. In die Vorbereitungen waren Ende des 16. Jahrhunderts nicht nur die Bürger der Stadt, sondern mit dem gesamten Hof auch die Musiker der Hofkapelle eingebunden, einige ihrer Aufgaben erfahren wir wiederum von Ludwig Müller: Trompeter Cesare Bendinelli unterrichtete bereits ein Jahr im Voraus vier Knaben aus der Münchner Bürgerschaft, die auf dem Wagen der Goldschmiede die vier Engel beim Jüngsten Gericht darstellen sollten; Kapellmeister Orlando di Lasso besprach mit dem Obersten Trompeter Fileno Cornazzani, wie die Instrumentalisten zu verteilen waren und was sie für Stücke spielen sollten. Für den Wagen der Metzgerzunft hatte Cornazzani ein Stück komponiert, das von Schülern auswendig gelernt werden musste, dazu tanzten die Darsteller dann um das goldene Kalb. Bei den Balbierern spielte man auf „Tannbarin, pfeiffen, Dulcin, Driangl, geigl, peukhl, lautten, Quintern vnnd Zittern oder Pusaunen“ eine „antiqua Musica Hebreorum“, ein Harfenist tanzte als König David vor der Arche, es wurden etliche Knaben gebraucht, die „Instrument (Orgel), geigen, lautten, pusaunen, Zincken vnnd anndern instrumenten“ spielen konnten, und natürlich wurde auch viel gesungen: unter anderem ein „besonnder Gesanng de Natiuitate Ch[risti] von Hern Orlando“ di Lasso, also eigentlich ein für Weihnachten komponiertes Stück.

Die Beteiligung der Instrumentalisten der Hofmusik nahm allerdings im 19. Jahrhundert stark ab, in dessen 90er-Jahren nur noch einige Trompeter und Pauker des nunmehr so genannten königlich bayerischen Hoforchesters bei der Prozession mitliefen, wie die erhaltenen Abrechnungen belegen.


Bildnachweis: DI ORLANDO DI LASSVS il primo libro de motetti a cinque & a sei voci. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 4 Mus.pr. 124#Beibd.6

Meet the Musicians
Anna-Maija Hirvonen, 2. Violine

Anna-Maija Hirvonen beschäftigt sich in ihrer Freizeit mit Themen rund um Philosophie, Psychologie, Mystik und Spiritualität. Urlaub macht sie besonders gerne im peruanischen Amazonasgebiet. Dort durfte sie schon viele Entdeckungen bezüglich der größten Fragen des Menschseins machen.


Bildnachweis: Wilfried Hösl

Eindrücke
Feste feiern! Tuba-Trio: Eine Tuba kommt selten allein

Am 29. April spielten Stefan Ambrosius, Steffen Schmid und Simon Unseld bei der Veranstaltung „Tube-Trio: Eine Tuba kommt selten allein“ im KulturBunt Neuperlach im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Feste feiern!“.

Lesestücke
Herzensbildung für Jung und Alt

Das Bayerische Staatsorchester:
Im Bereich der Bildungsarbeit seit Jahrzehnten in der ersten Liga.


von Christian Geltinger


Die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters liest sich wie der Prozess einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Dieses Selbstverständnis korrespondiert mit dem Geist der Renaissance, in dem vor 500 Jahren mit der Münchner Hofkantorei die Vorläuferin des Bayerischen Staatsorchesters gegründet wurde. Die Orchester, die sich damals aus dem Hoheitsbereich der Kirche lösten, erfuhren eine deutliche Professionalisierung und wurden zum Aushängeschild der Höfe als geistig-kulturelle Zentren einer Stadt. In München vollzog sich dieser Strukturwandel nicht zufällig in einer Zeit, in der die bis dahin auf der bayerischen Landkarte eher unbedeutende spätere Landeshauptstadt an politischem Gewicht gewann. Musik wurde immer mehr zu einem Mittel gesellschaftlicher oder zumindest höfischer Repräsentanz, zu einem Medium, in dem sich eine Gesellschaft widerspiegelt. Im gemeinsamen Vollzug, im Fest, im Konzert, im Musizieren und Zuhören, konstituierte sich Gesellschaft.

Die Bedeutung von Kunst und Musik wird für das Zusammenleben in einer von Krisen und Kriegen verunsicherten, den Gesetzen des Pragmatismus und der Selbstoptimierung unterworfenen Gesellschaft immer wichtiger. Das zeigt sich insbesondere auf dem Gebiet der kulturellen Bildung, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend zur Kernaufgabe vieler Opern- und Konzerthäuser geworden ist. Hier dürfen die Bayerische Staatsoper und das Bayerische Staatsorchester, die sich seit etwa zwanzig Jahren diesem Thema verstärkt widmen, als Vorreiter gelten. Auch für den Bereich der musikalischen Bildung steht ein historisches Vorbild Pate, nämlich die Reihe der sogenannten „Musikalischen Akademien“, die das Bayerische Staatsorchester in eigener Verantwortung ausrichtet. Hintergrund ist nicht zuletzt ein wechselseitiger pädagogischer Effekt. Der Oper als bislang höfischer Kunstform stellten die Mitglieder des Hoforchesters das Konzert gegenüber, in dem nun das Orchester im Rampenlicht stehen konnte. Mit der damit einhergehenden Repertoireerweiterung vollzog sich gleichzeitig eine Öffnung für neue Zuschauerschichten. Damit waren die Konzerte der „Musikalischen Akademie“ letztlich auch die ersten Bildungsveranstaltungen des Orchesters. So genießt das Bayerische Staatsorchester bis heute den Ruf als erstklassiges Opern- und Konzertorchester.

Es ist also nur konsequent, wenn sich ATTACCA, das 2007 gegründete Jugendorchester des Bayerischen Staatsorchesters, auf die „Musikalische Akademie“ beruft. Freilich hat sich der Ausbildungscharakter gegenüber den autoritären Erziehungsmethoden des 19. Jahrhunderts deutlich verändert. Musik soll bei allem Anspruch auf Professionalität schließlich auch Freude machen. Der Umgang erfolgt daher auf Augenhöhe, und die Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters fungieren als Coaches für den musikalischen Nachwuchs. Ausgestattet mit den Tipps und Tricks vom Profi agiert ATTACCA bei den Tutti-Proben und Auftritten dann wieder als eigenständiges Orchester. Und diese Auftritte können sich sehen lassen. Das Orchester spielte regelmäßig bei den Open-Air-Konzerten Oper für alle, bei den Erlebniskonzerten der Bayerischen Staatsoper und bei Veranstaltungen der Heinz-Bosl-Stiftung. Es trat mit eigenen Programmen im Prinzregententheater auf und wurde zum Richard-Strauss-Festival nach Garmisch-Partenkirchen eingeladen. Zu Recht erhielt die Nachwuchsarbeit 2011 den ECHO KLASSIK Sonderpreis für das Projekt ATTACCA.

Während sich die Mitglieder von ATTACCA teilweise noch in der Findungsphase befinden – sie sind in einem Alter zwischen 12 und 18 Jahren – ist für die Musiker:innen der Hermann-Levi-Akademie der Weg bereits vorgezeichnet. Sie stehen an der Schwelle zum festen professionellen Engagement und können im Rahmen dieses Akademistenprogramms Erfahrungen in einem Profiorchester sammeln sowie ihre Repertoirekenntnisse erweitern. Das umfangreiche Ausbildungsprogramm, das die Akademist:innen erfahren, beinhaltet auch Aspekte, die zwar elementar sind für den Musikerberuf, aber dennoch lange Zeit unterschätzt wurden, wie etwa die mentale Vorbereitung auf diesen Beruf. Den Namen Hermann-Levi-Akademie erhielt die Akademie, die bereits 2002 gegründet wurde, im Jahr 2021. Damit ehrte das Bayerische Staatsorchester eine Dirigentenpersönlichkeit, die das Haus von 1872 bis 1896 entscheidend prägte. ATTACCA und die Hermann-Levi-Akademie stehen unverkennbar im Zeichen der musikalischen Nachwuchsförderung, um nicht zusagen der Elitenförderung. Das Bayerische Staatsorchester stößt mit seiner Bildungsarbeit jedoch noch in ganz andere Bereiche vor. Denn kulturelle Bildung sollte vor allen Dingen zweckfrei sein. Wer glaubt, man würde durch die Verabreichung sämtlicher Symphonien Mozarts eine Reihe neuer Wunderkinder hervorbringen, oder es würde zumindest eine bessere Mathenote dabei herausspringen, der ist auf dem Holzweg. Das Gleiche gilt für Theaterschaffende, die sich der Illusion hingeben, aus den Programmen für Kinder und Jugendliche ließe sich das Publikum von morgen rekrutieren. Keine Frage, positive Erlebnisse prägen sich ein und bauen eine erste Bindung auf. Der ökonomische Gedanke sollte dabei aber an letzter Stelle stehen.

Gerade in einer Gesellschaft, die immer diverser wird, ist es wichtig, Zugänge in der Breite zu schaffen. Musikalische Talente schlummern nicht nur in Familien, deren Elterngenerationen beispielsweise seit Jahrzehnten im Medizinerorchester spielen oder den Musikerberuf gar professionell ausüben. Daher ist es immer wichtiger, in die Schulen und bestenfalls auch in die Provinz zu gehen, wo man Kinder und Jugendliche aus allen Bildungsschichten erreicht. Das tut auch das Bayerische Staatsorchester. Ohne Berührungsängste verlassen die Musiker:innen ihren Elfenbeinturm. In der persönlichen Begegnung mit Instrumentalist:innen können Kinder und Jugendliche hautnah deren Enthusiasmus für die Musik erleben und erfahren, was es heißt, diesen Beruf professionell auszuüben. Für viele ist das sogar die erste Gelegenheit überhaupt, mit einem Instrument buchstäblich in Berührung zu kommen und sich von der Magie des Klangs anstecken zu lassen. Das Qualitätsbewusstsein, das vollkommen „unbelastete“ Kinder und Jugendliche bei diesen Begegnungen an den Tag legen, ist immer wieder faszinierend.

Und so dürfen sich die jüngsten Konzertbesucher:innen auf Sitzkissen tummeln, während die Musiker:innen von der großen Bühne auf das Garderobenfoyer wechseln und das Frackhemd gegen das bequeme T-Shirt tauschen. Kinder brauchen diesen geschützten Raum, in dem sie spielerisch mit Musik und Theater, mit sich selbst und ihren Gefühlen dabei in Berührung kommen können. Und das gilt für Erwachsene nicht weniger. Konzerte wie Oper für alle zeigen, wie wichtig es ist, mit den Menschen auf Tuchfühlung zu gehen. Kunst vollzieht sich da, wo sich Menschen, egal welchen Alters, begegnen, um sich gemeinsam berühren zu lassen. Alle lauschen derselben Musik, jeder fühlt etwas anderes. So entsteht Austausch. Und damit schließt sich auch der Bogen zu den Anfängen des Staatsorchesters. Die professionelle Pflege und Weitergabe einer jahrhundertealten Kulturpraxis, wie sie das Bayerische Staatsorchester ausübt, ist nicht nur identitätsstiftend für das Selbstverständnis eines Kulturraums, sie ist heute wichtiger denn je für die Herzensbildung einer Gesellschaft.



Bildnachweis: Frank Bloedhorn

Eindrücke
Begegnungen: Ein Sommernachtstraum am 1.4.

Nach der Vorstellung von Ein Sommernachtstraum am 1. April im Nationaltheater fand die fünfte Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters.

Eindrücke
4. Kammerkonzert 2022/23 (Musik um Richard Strauss)

Am 12. März fand das 4. Kammerkonzert des Bayerischen Staatsorchesters in der Allerheiligen Hofkirche statt. Markus Wolf, So-Young Kim, Adrian Mustea, Emanuel Graf, Carlos Vera Larrucea und Julian Riem spielten Musik von Richard Strauss, Karl Amadeus Hartmann sowie Hans Pfitzner. Auf den Fotos sind Eindrücke von den Proben zu sehen.

Meet the Musicians
AIDA-TROMPETE

Frank Bloedhorn, Trompeter des Bayerischen Staatsorchesters, über die Aida-Trompeten, die in unserer Neuinszenierung Aida zum Einsatz kommen. Hier erfahrt ihr warum dieses Instrument eine so besondere und lange Geschichte aufweist.

Zeitzeugnisse
Kinderschreiben ans Orchester 1
jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

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MUSIKALISCHE AKADEMIE – DACAPO



DACAPO ist das Musikvermittlungsprojekt der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters e. V. Es wurde von Musiker:innen des Orchesters für eine 3. und eine 4. Klasse an Grundschulen im Münchner Umkreis entwickelt. Innerhalb weniger Wochen besuchen Musiker:innen die ausgewählten Klassen der Schule. In Workshops stellen sie ihre Instrumente und ihren Beruf vor. Den Abschluss bildet nach Möglichkeit ein Konzert für alle Schüler:innen in der Schule. DACAPO verbindet damit die Begegnung mit KünstlerInnen sowie das Kennenlernen und Ausprobieren von Orchesterinstrumenten in den Workshops mit dem Erleben einer Konzertsituation.

Die Bewerbung für das Projekt DACAPO erfolgt über das Schulprogramm der Bayerischen Staatsoper an jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

Meet the Musicians
Verena Kurz, 2. Violine

Verena Kurz geht in ihrer Freizeit gerne Laufen oder fährt mit dem Rennrad Richtung Berge. Das Beste an ihrem Beruf ist für Verena Kurz alles live zu erleben. Die Abwechslung und Spontanität am Abend und die unbändigen Emotionen auf der Bühne und im Graben machen ihr einfach Spaß.


Bildnachweis: Wilfried Hösl

Zeitzeugnisse
Hans Werner Henze: Elegie für junge Liebende

Hans Werner Henzes Oper in drei Akten Elegie für junge Liebende wurde am 20. Mai 1961 im Schlosstheater Schwetzingen durch das Ensemble der Bayerischen Staatsoper uraufgeführt. Die Oper entstand als Auftragswerk des Süddeutschen Rundfunks für die Schwetzinger Festspiele, wobei sich Henze mit der Vorstellung „von einer psychologisch sehr nuancierten Kammeroper“ an die Librettisten Wystan Hugh Auden und Chester Simon Kallman wandte. Eine deutsche Übersetzung des Librettos wurde von Ludwig Landgraf unter Mitarbeit von Werner Schachteli und dem Komponisten erstellt. Die Handlung ist in den österreichischen Alpen 1910, genauer im Berggasthaus „Schwarzer Adler“, angesiedelt. Im Zentrum stehen die beiden jungen Liebenden Toni Reischmann und Elisabeth Zimmer, deren gemeinsamer tragischer Tod in einem Schneesturm dem eifersüchtigen Dichter Gregor Mittenhofer als Material für sein Gedicht „Elegie für junge Liebende“ dient. Die Musik ist ebenso von einem transparenten und differenzierten Klangbild wie von Reminiszenzen an die italienische Oper und Sprechgesang Schönberg’scher Prägung bestimmt. Die Uraufführung mit Dietrich Fischer-Dieskau als Mittenhofer und Heinrich Bender als Dirigenten in der Ausstattung von Helmut Jürgens wurde als Henzes „Durchbruch zu einer eigenen musikalischen Sprache“ gerühmt.


Bildnachweis: Archiv Bayerische Staatsoper

Meet the Musicians
Markus Kern, 2. Violine

Markus Kern fährt in seiner Freizeit gern Boot, und seine Lieblingsmusikerin ist Jessy Norman. Wenn er nicht Musiker geworden wäre, würde Markus Kern heute bei der Kriminalpolizei arbeiten.


Bildnachweis: Wilfried Hösl

Zeitzeugnisse
Thomas Mann an Hans Pfitzner

München den 19. V. 17.
Poschingerstr. 1.


Verehrter Herr Professor:

Gestern Abend beendete ich die Lektüre Ihres „Palestrina“ und danke Ihnen von Herzen, daß Sie mir den Vorzug gewährten, das Buch vor der Aufführung kennen zu lernen, – der Aufführung, der ich nun mit ganz anderer Freude und feierlicher Spannung entgegensehe, als vordem. Sie wird ja eine Apotheose der Musik selbst, nichts Geringeres, bedeuten, – schon die Dichtung ist das, und zugleich ist sie, wie Nietzsche über den Parsifal-Text schrieb, „eine höchste Herausforderung der Musik“, eine höchste Herausforderung aber auch an die eigene Meisterschaft. Welches kühne, ja überschwengliche Bewußtsein Ihres Könnens muß in Ihnen lebendig gewesen sein, als Sie sich diesen „Text“ dichteten! Man kann nicht höher greifen, als mit ihm, aber, merkwürdig, zugleich ist er es, der mir die zweifellose Zuversicht einflößt, daß wir am 12. Juni den Kranz in Ihrer Hand sehen werden.

Verzeihen Sie, daß ich von Zuversicht rede, wo ich von Dankbarkeit für schon Empfangenes reden sollte. Aber ein szenisch-sprachlicher Plan wie dieser ist ja nichts Vollkommenes, nichts, was man anschauen dürfte, wie man selbstgenügsame Sprachgebilde anzuschauen gewohnt ist. Von einem solchen Standpunkt aus gesehen finden sich unleugbar Härten, Cruditäten, scheinbare Dilettantismen darin, die aber im Hinblick auf die Musik höchst wahrscheinlich ihre Rechtfertigung in sich selber tragen, philosophische Trockenheiten, die dichterisch nicht „aufgenommen“ sind, wie „Einzelexistenz“ u. dergl. m. . Das Bezeichnende aber ist, daß das Sprachliche immer nur an solchen Stellen unzulänglich wirkt, wo man versucht ist, es absolut, als direktes dichterisches Mittel zu nehmen, – niemals dort, wo die Worte nicht sowohl für die Musik geschrieben, als vielmehr aus der Musik geboren und eigentlich selbst schon Musik sind, wie in der herrlichen sechsten Szene des ersten Aktes, – diese glorreiche Seite 33 des Textes, die wenigstens ich nicht ohne ein schwellendes Gefühl musikalischen Glückes zu lesen vermag.

Sie vermieden den Namen des Drama’s auf dem Titelblatt, und wirklich kann von einer Handlung im gewöhnlichen Sinn, von Verwicklung, Spannung, Lösung oder Katastrophe ja nicht die Rede sein. Als Gebilde musikalischen Ursprungs und musikalischer Bestimmung wirkt die Dichtung trotzdem höchst dramatisch: die bunte und groteske Realität des II. Aufzuges steht prachtvoll zwischen der seraphischen Metaphysik des I. und der hohen Milde des Ausganges. Und wie kommt es, daß der Held, ohne daß er sich in einer eigentlich dramatischen Handlung zu bewähren hätte, dennoch so vollkommen tragisch wirkt? Das ist die Wirkung unmittelbarster Lyrik.

Geistig sind Sie ganz in dem Werk enthalten, mit Ihrem hohen Konservativismus, Ihrer Kunstfrömmigkeit, Ihrer echtbürtigen Deutschheit. Walter sprach mir mit ehrlichstem Respekt von der reifen Meisterschaft, die Sie in dem musikalischen „Teil“ des Werkes entfaltet haben, und die nur bei den höchsten musikalischen Würdenträgern der Vorzeit ihresgleichen habe. Ich glaube es ihm aufs Wort; denn eben diese Meisterschaft liegt als selbstverständliche Forderung in der Dichtung beschlossen … Übrigens sehe ich recht wohl die Fäden, die von diesem Werk zu Ihrer Streitschrift gegen jene italienischen Albernheiten laufen. „Weil doch aus großer Meister Zeit das wohlerfundne Alte – etc.“

Für heute nichts weiter – als nochmals meinen Dank. Brauchen Sie das Buch? Oder geht es an, daß ich es noch etwas behalte? Ferner: würden Sie, bei dem schönen Wetter, das der Entfernung ihren Stachel nimmt, meiner Frau und mir einmal einen Nachmittag oder Abend hier draußen schenken? Seit alle Dinge, die früher höchstens „interessant“ waren, brennend geworden sind, ist, finde ich, das Austauschbedürfnis sehr gewachsen.

Ihr ergebener
Thomas Mann


Bild- und Textnachweis: ÖNB, Musiksammlung F68.Pfitzner.2449/1. Mit freundlicher Genehmigung des S. Fischer Verlags, Frankfurt am Main.

Zeitzeugnisse
Kinderschreiben ans Orchester 2
jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

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MUSIKALISCHE AKADEMIE – DACAPO



DACAPO ist das Musikvermittlungsprojekt der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters e. V. Es wurde von Musiker:innen des Orchesters für eine 3. und eine 4. Klasse an Grundschulen im Münchner Umkreis entwickelt. Innerhalb weniger Wochen besuchen Musiker:innen die ausgewählten Klassen der Schule. In Workshops stellen sie ihre Instrumente und ihren Beruf vor. Den Abschluss bildet nach Möglichkeit ein Konzert für alle Schüler:innen in der Schule. DACAPO verbindet damit die Begegnung mit KünstlerInnen sowie das Kennenlernen und Ausprobieren von Orchesterinstrumenten in den Workshops mit dem Erleben einer Konzertsituation.

Die Bewerbung für das Projekt DACAPO erfolgt über das Schulprogramm der Bayerischen Staatsoper an jugend@staatsoper.de.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der 
Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters 
München e.V.

für SchülerInnen der 3. und 4. Klasse

Eindrücke
Begegnungen: Die Teufel von Loudun am 11.3.

Nach der Vorstellung von Die Teufel von Loudun am 11. März im Nationaltheater fand die vierte Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters.

 

BSOrec
Der Mondbär
CD im Webshop

Mehr zum Label BSOrec

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Das Bilderbuch von Rolf Fänger und Ulrike Möltgen erzählt von Freundschaft, Besitzen, Teilen und Loslassen. Die Musik spannt einen Bogen von bekanntem Repertoire der Operngeschichte zu Werken des zeitgenössischen Komponisten Richard Whilds. Den Kleinsten wird anhand einer berührenden Geschichte zugleich die Welt der Oper eröffnet. Der Dramaturg der Bayerischen Staatsoper Malte Krasting erstellte das Konzept basierend auf dem Kinderbuch Der kleine Mondbär gemeinsam mit Catherine Leiter, die seit der Saison 2021/22 für die Sparte Kind & Co verantwortlich ist. Am 28. April erschien Der Mondbär jetzt als Hörspiel mit Musik für Kinder.

CD im Webshop

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Eindrücke
Begegnungen: Manon Lescaut am 25.2.

Nach der Vorstellung von Manon Lescaut am 25. Februar im Nationaltheater fand die dritte Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters.

 

Eindrücke
BEGEGNUNGEN: DIDO AND AENEAS … ERWARTUNG AM 4.2.

Nach der Vorstellung von Dido and Aeneas … Erwartung am 4. Februar im Nationaltheater fand die zweite Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters.

 

Eindrücke
Un:erhört – Kammerkonzert der Hermann-Levi-Akademie

Am 20. März stellten sich die jungen Nachwuchstalente der Hermann-Levi-Akademie bei einem Konzert in der Alten Pinakothek vor.

Meet the Musicians
Bassklarinette

Martina Beck-Stegemann, Klarinettistin des Bayerischen Staatsorchesters, erzählt über die Bassklarinette in A. Sie wurde vor ca. 170 Jahren von Herrn Johann Simon Stengel, Klarinettenbauer aus Bayreuth, gebaut und könnte zur Uraufführung von Tristan und Isolde im Nationaltheater München gespielt worden sein. Es handelt sich um eine Leihgabe der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf.

Meet the Musicians
Holztrompete

Andreas Öttl, Solotrompeter des Bayerischen Staatsorchesters und Martin Lechner, Instrumentenbauer aus Bischofshofen, zeigen in diesem Video die Holztrompete, welche 1890 exklusiv für die Oper Tristan und Isolde entwickelt wurde.

Lesestücke
Normalerweise weiß ich nicht genau, wohin ich gehe

Interview



Der Komponist Marjan Mozetich über sein Komponieren, die Entstehung des Violinkonzerts Affairs of the Heart und günstige Schwingungen auf einer einsamen Insel im Sankt-Lorenz-Strom



MM: Marjan Mozetich
SH: Serge Honegger


 

SH: Findest Du es in Ordnung, dass Dein Violinkonzert für ein Ballett verwendet wird?

MM: Oh ja, damit habe ich absolut kein Problem. Ich habe das Ballett immer sehr geliebt, vor allem modernen Tanz. Als Student habe ich lange Zeit in Toronto gelebt und viele Tanzaufführungen gesehen. Und jetzt fühle ich mich privilegiert, dass sich Choreographen für meine Musik interessieren. Affairs of the Heart wurde bereits für mehrere Produktionen verwendet.

SH: Haben Dir die Ergebnisse gefallen?

MM: Weißt Du was? Manchmal kann gute Musik helfen, schlechte Ballette zu tragen. Man kann aber auch das Gegenteil behaupten. Wenn die Musik schlecht ist, sollte man besser sehr gute Tänzer haben.

SH: Gibt es einen Grund, warum Affairs of the Heart in den letzten 20 Jahren derart viele Tanzschaffende begeistert hat?

MM: Nun, ich würde sagen, ein Grund ist, dass ich dazu neige, sehr emotionale Musik zu schreiben. Sie wirkt auf Tänzer und Choreographen, weil sie ihnen einen Grund dafür gibt, tänzerisch etwas auszudrücken, was sie emotional bewegt. Zweitens neige ich dazu, Musik mit Mustern und Rhythmus zu schreiben. Und das passt natürlich zum Tanz. Nun ist es interessant, dass in eurem Programm die Komponistin Unsuk Chin auftaucht. Sie macht keine sehr rhythmische Musik. Ihre Arbeit ist sehr ausdrucksstark, aber auf eine abstrakte Art und Weise. Ich habe mir ebenfalls den Choreographen Marco Goecke angesehen, der mit ihrer Musik arbeitet. Es wird bestimmt einen Grund geben, warum er eine abstraktere Musik gewählt hat. Ich bin sehr gespannt, wie diese beiden Choreographen ihrer Musikwahl folgen werden.

SH: In der Produktion geht es u. a. auch um verschiedene „Passagen“ und die Frage, wie man von A nach B gelangt. Wo beginnt normalerweise Deine eigene künstlerische Reise?

MM: Normalerweise verbringe ich am Anfang viel Zeit damit, am Klavier zu improvisieren, um Ideen zu entwickeln. Ich muss zuerst herausfinden, was ich mit dem Stück überhaupt vorhabe. Es geht darum, thematisches Material zu finden und dann damit zu arbeiten. Für mich ist das wie eine Reise, eine Reise der Klänge, Muster und Gefühle. Normalerweise weiß ich nicht genau, wohin ich gehe, aber ich habe die Technik, ich habe ein Studium hinter mich gebracht und mir Fertigkeiten angeeignet. Diese Dinge helfen mir, das Material durchzuarbeiten.

SH: Du legst also keinen Plan fest und „füllst“ ihn dann mit Noten auf?

MM: Nein, Ich mache einen Schritt und dann einen weiteren Schritt. Nimm zum Beispiel Bach. Zu seiner Zeit schrieb und dachte man in Stimmen. Bach pflegte eine Stimme für vielleicht acht Takte zu schreiben und dann wechselte er zur zweiten Zeile und komponierte acht Takte in Bezug auf die erste Zeile. Dann ging er zurück zur ersten und schrieb weitere acht Takte. Und so entfaltete sich die Komposition nach und nach. Auf diese Weise schreibe ich auch. Das Muster oder die Melodie, für die ich mich entschieden habe, macht immer etwas, geht immer irgendwo hin. Es ist wie beim Weben. Ich habe keine vorgefasste Idee oder Struktur. Eine Sache führt zur nächsten. Das Geheimnis ist, dass man sich immer in irgendeiner Weise auf sein Ausgangsmaterial beziehen sollte. Ich glaube, David Dawson hat einen ähnlichen Ansatz. Er folgt der Idee des organischen Wachstums.

SH: Das Stück war eine Auftragsarbeit, richtig?

MM: Ja, vom Manitoba Chamber Orchestra. Die Uraufführung wurde von der Canadian Broadcasting Corporation (CBC) sogar live ausgestrahlt. In den 90er-Jahren haben sie noch Live-Konzerte, vor allem Uraufführungen, in verschiedenen Städten Kanadas aufgezeichnet und im Radio gesendet. Leider tun sie das nicht mehr und senden nur noch sehr wenig klassische Musik. Das ist schrecklich. Was Affairs of the Heart betrifft, so erhielt CBC dafür ein sehr gutes Echo in der Öffentlichkeit. Die Leute wollten wissen, wo sie die CD kaufen können. Ich war völlig überrascht. Als CBC das Werk drei Jahre später, im Jahr 2000, produzierte, wurde es sogar zu ihrer meistverkauften klassischen Aufnahme. Sie wurde sehr populär.

SH: Hast Du im Hinblick auf die Produktion dieser CD nochmals Änderungen am Werk vorgenommen?

MM: Nein, ich habe es so belassen. Allerdings konnte ich bei den Aufnahme-Sessions nicht dabei sein, um die Tempi zu kontrollieren. So dachte ich anfangs, als ich das Resultat hörte, es sei etwas zu schnell gespielt. Aber dann habe ich mich daran gewöhnt. Interessanterweise fragte mich David Dawson, ob er das Tempo ein bisschen ruhiger haben könne. Es scheint, dass er verstanden hat, was ich geschrieben habe, er fühlte, dass es ein bisschen langsamer gehen sollte, ein bisschen entspannter.

SH: Du hattest also am Anfang keine Ahnung, dass das Stück eine so große Wirkung haben würde beim Publikum?

MM: Nein, ganz und gar nicht. Weißt Du, ich kann nicht einfach abstrakt komponieren. Ich brauche ein gewisses Engagement von einer Gruppe wie zum Beispiel dem Manitoba Chamber Orchestra. Wenn man weiß, dass man gute Musikerinnen und Musiker hat, stehen die Chancen gut, dass man etwas Schönes und Herausforderndes für diese Leute wird schreiben können. Eine solche Verbindung zu haben, ist eine Art von Liebe. Ich möchte ihnen etwas geben, das sie gerne haben, um es mit Freude an das Publikum weiterzugeben.

SH: Ist der Titel des Violinkonzerts programmatisch zu lesen?

MM: Ich gebe nie einen Titel vor, wenn ich zu komponieren anfange. Ich brauche die Freiheit, einfach schreiben und dem Stück später einen Namen geben zu können. Ich kann mich nicht genau erinnern, wann mir der Titel Affairs of the Heart eingefallen ist, aber ich habe das Gefühl, dass es nach dem Tod eines guten Freundes war. Es passierte ganz am Ende des Kompositionsprozesses, als ich von seinem tragischen Tod erfuhr. Ich war sehr angespannt. Damals lebte ich ziemlich isoliert wie ein Einsiedler auf einer Insel im Sankt-Lorenz-Strom in einem alten Bauernhaus, wo ein Klavier stand. Außerdem unterrichtete ich an zwei Nachmittagen pro Woche und fuhr dazu hin und wieder in die Stadt. Als ich plötzlich einen Anruf erhielt, spürte ich, dass etwas nicht stimmte. Der Freund hatte sich das Leben genommen und ich fühlte mich verletzt. Da habe ich gegen Ende des Stücks eine Klimax geschrieben. Die Lautstärke nimmt zu, alles wird schwer und dicht, während der Solist sehr hohe Noten spielt. Ich schüttete mein Herz aus. Und dann erstirbt die Musik und es kommt zu einer ruhigen Auflösung. In diesem Moment fiel mir der Titel ein. Er ist mit dem Gedanken verbunden, dass dieses Stück eine einzige große Emotion ist, die verschiedene Intensitäten durchläuft. Das sind die „Herzensangelegenheiten“, wie sie der Titel bezeichnet, sie können tragisch oder glücklich sein.

SH: David Dawson hat während des Probenprozesses viel über die verschiedenen Farben, Gefühlszustände und Aspekte der Liebe gesprochen.

MM: Weißt Du, jeder muss seinen eigenen Weg finden. Manchmal fragen mich Musikerinnen und Musiker: „Aber was meinen Sie denn genau mit dieser Stelle?“, und darauf antworte ich jeweils: „Ich nehme an, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Ihr spielt einfach, was ihr spielen müsst. Stellt euch vor, ich wäre tot.“ Viele sind es gewohnt, die Musik von toten Komponisten zu spielen. Ein lebender Komponist macht sie nervös.

SH: Es ist fast ein Vierteljahrhundert her, dass Du Affairs of the Heart geschrieben hast. In der Zwischenzeit ist eine Menge passiert. Wie hat sich Dein Komponieren seither verändert?

MM: Das ist schwer zu erklären. Ich habe die Zeit, in der ich Werke wie Affairs of the Heart geschrieben habe, hinter mir gelassen. Vielleicht hatten diese Jahre etwas damit zu tun, dass ich auf dieser Insel war und mich mit den richtigen Schwingungen verbunden habe. Ideen kommen und gehen. Jetzt, da ich älter werde, schreibe ich immer weniger, aber der Kompositionsprozess ist immer noch derselbe wie vor 40 Jahren.



Bildnachweis: Serghei Gherciu


Meet the Musicians
Anja Fabricius, Violoncello

Das schönste an ihrem Beruf ist für Anja Fabricius die Tatsache, dass sie gestalten darf, und ein besonderer Konzertmoment war für sie das letzte Akademiekonzert mit Zubin Mehta. Alles daran war dringend. Anja Fabricius’ Buchtipp ist Deutschstunde von Siegfried Lenz. Ihre Kindheitsheldin entstammt ebenfalls einem Buch: Momo.



Bildnachweis: Wilfried Hösl


Eindrücke
2. Themenkonzert

Am 30. März fand das zweite Themenkonzert statt, bei dem Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters sowie die Mezzosopranistin Salome Kammer unter der Musikalischen Leitung von Armando Merino Musik von Toshio Hosokawa spielten und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Marie-Claire Foblets einen Vortrag hielt zum Thema: Bedroht Vielfalt unsere Demokratie?


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Lesestücke
Ouvertüren als Experimentierfeld

Ein kurzer Gang durch die Gattungsgeschichte der Ouvertüre vom mittelalterlichen Fanfarensignal bis zu den Fantasie-Ouvertüren Tschaikowskis. Zu Alexei Ratmanskys dreiteiligem Ballettabend Tschaikowski-Ouvertüren


von Serge Honegger


 

Was wir heute unter „Ouvertüre“ verstehen, ist aus jenem Fanfarensignal von Trompeten, Zinken, Posaunen oder Pauken hervorgegangen, das im Mittelalter den Beginn von Festlichkeiten ankündigte. Vergleichbare musikalische oder klangliche Ereignisse gab es ebenfalls in noch weiter zurückliegenden Epochen. Grundsätzlich besteht die Funktion eines musikalischen Signals im Kontext eines solchen festlichen Anlasses im Ankündigen einer wichtigen gesellschaftlichen Begebenheit. Als zum Ende des Mittelalters und mit der Entwicklung der Notenschrift der Kompositionscharakter wichtiger wurde, trat das Signalhafte in den Hintergrund und wurde in das Werk integriert. Berühmt ist beispielsweise die Eröffnungsfanfare, die Monteverdi als Toccata seiner Oper L’Orfeo voranstellte. Es handelt sich dabei gewissermaßen um das erste notierte, ouvertürenhafte Werk. Das Besondere dieser Orfeo-Toccata besteht darin, dass solche Einleitungen meistens nicht schriftlich fixiert wurden. Genau genommen handelt es sich aber noch nicht um eine Ouvertüre, sondern um ein festliches, akustisches Zeichen, womit Monteverdi, wie es damals die Gepflogenheit war, den Beginn der Aufführung signalisierte – vergleichbar mit der Funktion, die heute die Klangfolge eines Gongs einnimmt, wie er in vielen Theatern, auch im Nationaltheater München, vor Vorstellungsbeginn zu hören ist.

Die Bedeutung der musikalischen Gattung „Ouvertüre“ hat sich im Verlauf der Jahrhunderte stark gewandelt. So irritierte es beispielsweise im 19. Jahrhundert niemanden mehr, dass Orchesterwerke wie die Fantasie-Ouvertüren Tschaikowskis mit diesem Gattungsbegriff bezeichnet wurden. Man erwartete nicht mehr wie noch zu Zeiten der Opera seria, dass die Ouvertüren als Sinfonia den Auftakt zu einem Musiktheaterereignis bildeten. Sie hatten sich im 19. Jahrhundert im Konzertleben etabliert und wurden gerade deswegen geschätzt, weil sich Komponistinnen und Komponisten in dieser Form Freiheiten nehmen und zugleich von der vom Theater herrührenden Dramatik profitieren konnten.

Wie bei den meisten musikalischen Gattungen handelt es sich bei Ouvertüren um keine statische Kategorie. Sie sind, wie das kulturelle Leben überhaupt, einer historisch bedingten Dynamik unterworfen. So erklingen Ouvertüren in unterschiedlichen Epochen zu unterschiedlichen Anlässen und werden zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt. Mit ihnen können Erschütterungen, Umbrüche oder gar Umstürze von kulturellen und gesellschaftlichen Normen zum Klingen gebracht werden. Das Wort „Fantasie“, das Tschaikowski für die Gattungsbezeichnung seiner sich auf Shakespeare-Stoffe beziehenden Ouvertüren wählte, gibt bereits an, dass es sich hier um eine freiere Form handelt, die gleichwohl als eigenständiges und in sich abgeschlossenes Werk zu betrachten ist.

PRÄLUDIEN, INTONATIONEN, TOCCATEN

Man muss sich in Erinnerung rufen, dass vor 1600 öffentliche Aufführungen von Kompositionen noch sehr stark von der Vokalmusik dominiert waren, wo sie u. a. im Rahmen von Messevertonungen in der Kirche erklangen. Erst allmählich löste sich die Instrumentalmusik von den Gesangsstimmen und entwickelte Gattungen, die unabhängig von Tanz oder Gesang im Rahmen von Konzertveranstaltungen zur Aufführung gebracht werden konnten. Bevor also ab 1600 eine so zu bezeichnende Gattung der „Ouvertüre“ existierte, erfüllten Präludien, Intonationen und Toccaten die Funktion, einen Auftakt zu einem speziellen Ereignis zu markieren. Ein Präludium konnte entweder nach strengen Regeln oder improvisiert ablaufen. Es fand im Vorfeld des eigentlichen Werks statt und war mit dem Wirkungsziel verbunden, die Aufmerksamkeit der Hörerschaft zu wecken und auf das häufig mit einer herrschaftlichen Macht in Verbindung stehende Ereignis hinzuweisen.

Mit der Zeit verloren die Präludien jedoch den improvisierenden Charakter und wurden auskomponiert. Monteverdis Orfeo-Toccata bildet in dieser Entwicklung hin zur Ouvertüre einen wichtigen Moment in der Musikgeschichte. Der sowohl improvisierende als auch festliche Charakter ist in den Fantasie- und Konzertouvertüren Tschaikowskis und seiner Zeitgenossen allerdings immer noch präsent. Im Fall von Tschaikowski manifestiert er sich ganz besonders im Experimentierenden, Forschenden und in der Unkonventionalität der musikalischen Formgebung. Ohne ein ganzes Romeo und Julia-, Hamlet- oder Sturm-Musiktheater entwerfen zu müssen, konnte Tschaikowski mittels der Freiheiten, die die Gattung der Fantasie-Ouvertüre bietet, mit den Möglichkeiten des Orchesters spielen, Klangfarben ausprobieren und den mit der Symphonie verbundenen Erwartungshorizont überschreiten.

OPERNSINFONIA

Um das Jahr 1700 herum hatten sich die instrumentalen Orchesterwerke, die eine Aufführung eröffneten, als feste Gattung der „Opernsinfonie“ oder „Ouvertüre“ etabliert. Mit dem Übergang von der höfischen Kultur zum bürgerlichen Zeitalter um 1800 herum verschwand die Opera seria allmählich von den Spielplänen. Und mit ihr ging auch die Rückbindung der Ouvertüren an jenes fürstliche Zeremoniell verloren, das mit solchen Aufführungen oft verbunden war. So suchte sich die Opernsinfonie quasi ein neues Betätigungsfeld – und das gelang ihr sehr erfolgreich. Aus ihr entwickelte sich ab 1750 die autonome Orchestermusik und das ganze symphonische Repertoire, wie wir es heute aus den Konzertsälen kennen. Als dort ab Mitte des 18. Jahrhunderts auch Ouvertüren erklangen, mussten diese Werke zum einen den gestiegenen Ansprüchen des Publikums genügen und sich zum anderen an den Symphonien und Solokonzerten messen lassen.

Beurteilt wurden bei den Ouvertüren, wie bei allen anderen Orchesterwerken, auf welche Weise die Komponistinnen und Komponisten die Regeln zu Satzbau, Kontrapunkt und zur Harmonie umsetzten. Zugleich wollte das Publikum aber auch den Regelbruch, das Innovative und Eigenständige einer künstlerischen Handschrift hören. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, wurden die Grenzen dessen, was eine Symphonie oder eine Konzertouvertüre ist, immer weiter gezogen, bis sie sich im 19. Jahrhundert allmählich aufzulösen begannen.

OUVERTÜREN IN RUSSLAND

Im Russland des 19. Jahrhunderts war das Konzertleben noch wenig ausgebildet. Hauptsächlich wurden Werke aus Italien, Frankreich und Deutschland zur Aufführung gebracht. Die Gattung der Ouvertüre spielte bei der Entwicklung einer eigenständigen russischen Musikkultur eine nicht unerhebliche Rolle. So tasteten sich viele der komponierenden Musikerinnen und Musiker über Ouvertüren an die größeren symphonischen Formen heran, die sich in Zentraleuropa ab der Wiener Klassik mit Haydn, Mozart und Beethoven etabliert hatten. Eine besondere Rolle nimmt in Russland Michail Glinka (1804–1857) ein, der mit seinem Werk wichtige Impulse setzen konnte. Auch Tschaikowski bezog sich zeitlebens auf die kompositorischen Errungenschaften des älteren Kollegen. Um zu einer eigenen musikalischen Sprache zu finden, stellten Berlioz, Mendelssohn, Liszt und Schumann die maßgebenden Vorbilder für diese Generation dar, weil sie auf besonders innovative Weise nach einem individuellen Ausdruck suchten und unkonventionelle Formen in ihrem Komponieren integrierten.

Nach Tschaikowski waren es u. a. dessen Schüler und enger Freund Sergei I. Tanejew (1856–1915) – der auch das Gesangsduett aus Romeo und Julia aus dem Nachlass seines Lehrers vervollständigte – sowie Rimski-Korsakows Schüler Alexander Glasunow (1865–1936), die für die Weiterentwicklung des russischen Musiklebens wichtig waren.

Für Tschaikowski waren die Ouvertüren ein Experimentierfeld, in dem er sein Gespür für Dramatik umsetzen konnte. Zudem boten die Fantasie-Ouvertüren die Möglichkeit, sich nicht einer Norm fügen zu müssen und neue Formen ausprobieren zu können. Vergleichbar den Werken von Hector Berlioz bekommt man bei Tschaikowskis Fantasie-Ouvertüren Schwierigkeiten, wenn man sie in ein zu enges Gattungskorsett zwängen möchte. Sind es wirklich Ouvertüren, eine Form der dramatischen Symphonie oder eine symphonische Dichtung? Gerade ihr schillernder Charakter erlaubt es, dass sie in der Choreographie von Alexei Ratmansky zu idealen Vorlagen für ein Ballett werden, das sich gleichfalls als ein Fantasieren versteht, ein Fantasieren darüber, welche Rolle das klassische Ballett in der Gegenwart einnimmt, auf welche Weise es sich auf seine eigene Geschichte bezieht und wie es seine eigene Zukunft entwirft.



Bildnachweis: Katja Lotter


 

Zeitzeugnisse
Erich Wolfgang Korngold: Der Ring des Polykrates / Violanta
https://www.loc.gov/item/2005689510/


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Die Uraufführung von Erich Wolfgang Korngolds zwei Einaktern Der Ring des Polykrates und Violanta fand am 28. März 1916 im Münchner Hoftheater statt. Der Komponist war zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt und war zuvor bereits als 13-Jähriger mit der Uraufführung seiner Ballettpantomime Der Schneemann an der Wiener Hofoper als Wunderkind in Erscheinung getreten. Fertiggestellt hatte Korngold seine heitere Oper Der Ring des Polykrates bereits 1914, woraufhin unmittelbar die Komposition der tragischen Oper Violanta folgte. 1920 folgte schließlich der sensationelle Erfolg von Korngolds Oper Die tote Stadt, die an der Bayerischen Staatsoper zuletzt 2019 unter der Musikalischen Leitung Kirill Petrenkos in einer Inszenierung von Simon Stone und mit Jonas Kaufmann und Marlis Petersen in den Hauptrollen für Furore sorgte. Dokumentiert wurde dieses Spektakel als DVD und Blu-ray im hauseigenen Label Bayerische Staatsoper Recordings. Korngold wurde 1934 von Max Reinhardt nach Hollywood geholt, wo der Komponist die Musik für 19 Filme lieferte und damit die Filmmusik nachhaltig beeinflusste.


Bildnachweis: George Grantham Bain Collection (Library of Congress) https://www.loc.gov/item/2005689510/


 

Eindrücke
1. Themenkonzert

Am 26. März fand im Freiraum im München Hoch5 das erste Themenkonzert statt, bei dem Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters Musik von Toshio Hosokawa und Olivier Messiaen spielten und Dr. Lisa Suckert einen Vortrag hielt mit dem Thema: Die Zukunft wartet nicht? Zeitlichkeit im Kapitalismus.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Meet the Musicians
Benedikt Don Strohmeier, Violoncello (Stv. Solo)

Benedikt Don Strohmeier macht am liebsten dort Urlaub, wo es Wasser, Wind und bestenfalls noch Wellen gibt, um gut Kitesurfen zu können. Er wusste schon sehr früh im Kindesalter, dass er Musiker werden möchte, musste sich jedoch irgendwann entscheiden, ob es das Cello oder das Klavier werden soll. Damals machte er auch mal Straßenmusik, wie beispielsweise am Finaltag der Fußball-WM 2002. Er setze sich mit seiner Schwester und Freunden in die Altstadt in Regensburg und spielte den zweiten Satz aus Haydns Kaiserquartett in Dauerschleife. Nach circa eineinhalb Stunden hatten sie genug Geld beisammen, um sich einen schönen Nachmittag und Abend zu machen.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Meet the Musicians
So-Young Kim, Violine (Vorspieler)
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Die Erste Geigerin So-Young Kim stellt sich vor und erzählt von der Asien-Tournee 2017.

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Meet the Musicians
Rupert Buchner, Cello
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Der Cellist Rupert Buchner stellt sich vor und erzählt von der Asien-Tournee 2017.

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Meet the Musicians
Gaël Gandino, Harfe
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Die Harfenistin Gaël Gandino stellt sich vor und erzählt von der Asien-Tournee 2017.

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Meet the Musicians
Thomas März, Schlagzeug
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Der Schlagzeuger Thomas März stellt sich vor und berichtet von der Asien-Tournee 2017.

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Meet the Musicians
Wiebke Heidemeier und Clemens Gordon, Viola
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In diesem Video stellen sich die Bratschistin Wiebke Heidemeier und der Bratschist Clemens Gordon vor und sprechen über die Asien-Tournee 2017.

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BSOrec
Die tote Stadt
DVD kaufen 


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Die Grenze zwischen Traum und Realität löst sich zunehmend auf, als der um seine verstorbene Frau Marie trauernde Paul auf die Tänzerin Marietta trifft. Aufgrund ihrer äußerlichen Ähnlichkeit zu Marie wird Marietta zur Projektionsfläche für die erotischen Wünsche Pauls, dessen Trauer kultische Züge trägt: Die sorgsam aufbewahrte Haarsträhne der Verstorbenen wird wie eine Reliquie verwahrt. Nach einer nervenaufreibenden „Vision“ mit kathartischer Wirkung wird Paul schließlich in der Wirklichkeit geerdet. Er kann die Stadt Brügge als den Ort für seinen Totenkult verlassen. Der ursprüngliche Werktitel „Triumph des Lebens“ ist für die persönliche Entwicklung des Protagonisten bezeichnend.

Wenige Wochen vor der immens erfolgreichen Uraufführung von Die tote Stadt bezeichnete kein Geringerer als Giacomo Puccini den damals 23-jährigen Erich Wolfgang Korngold als „die stärkste Hoffnung der neuen deutschen Musik“. Arien wie „Glück, das mir verblieb“ und „Mein Sehnen, mein Wähnen“ gehören wegen ihrer melodischen Eindringlichkeit zum Konzertrepertoire zahlreicher Opernsänger und strahlen weit über die Bekanntheit der Toten Stadt hinaus.

Die Premiere von Korngolds Die tote Stadt an der Bayerischen Staatsoper im Herbst 2019 wurde von Presse und Publikum gleichermaßen gelobt. Erleben Sie das Bayerische Staatsorchester unter Kirill Petrenko sowie Marlis Petersen (Marie / Marietta) und Jonas Kaufmann (Paul) in den Hauptpartien dieser intensiven und mitreißenden Inszenierung von Simon Stone auf DVD oder Blu-ray. Ausgezeichnet mit den Gramophone Music Awards in den Kategorien Oper und „Recordings of the Year“:

DVD kaufen 


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

 

BSOrec
Bayerische Staatsoper Recordings
https://www.staatsoper.de/recordings


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Seit Mai 2021 dokumentiert die Bayerische Staatsoper ihre Exzellenz, Vielseitigkeit und Tradition mit einem neuen hauseigenen Label: Bayerische Staatsoper Recordings.

Entdecken Sie ausgewählte Opernproduktionen und Konzertmitschnitte sowie bedeutende Archivaufnahmen als CD oder DVD/BD unter dem neuen Label der Bayerischen Staatsoper: BSOrec. Auch Produktionen aus dem Kinder- und Jugendprogramm KIND & CO sowie kammermusikalische Editionen, welche erstklassigen Ensembles des Bayerischen Staatsorchesters eine Plattform bieten sollen, vervollständigen das Angebot des Labels.

Kurz nach der Gründung konnte sich das Label außerdem bereits über besondere Auszeichnungen freuen, beispielsweise bei den Gramophone Classical Music Awards 2022: So gewannen Kirill Petrenko und das Bayerische Staatsorchester mit ihrer Aufzeichnung von Gustav Mahlers Symphonie Nr. 7 den Award im Bereich Orchesteraufnahmen, Hans Abrahamsens The Snow Queen wurde in der Kategorie Contemporary ausgezeichnet, und Erich Wolfgang Korngolds Die Tote Stadt erhielt gleich zwei Auszeichnungen: die Kategorie Oper sowie die begehrteste Auszeichnung „Recording of the Year“. Zuletzt gewann unser hauseigenes Label mit der Veröffentlichung The Snow Queen unter der Leitung von Kirill Petrenko in der Kategorie „Video: Oper“ bei den International Classical Music Awards 2023.

Mehr zum Label und den bisherigen Veröffentlichungen:

https://www.staatsoper.de/recordings


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

 

Meet the Musicians
Milena Viotti, Horn
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Die Hornistin Milena Viotti stellt sich selbst vor und redet über die Asien-Tournee 2017. 

Schau hier das ganze Video. 

Zeitzeugnisse
Edvard Grieg an Hermann Levi
https://mitt.bergenbibliotek.no/cgi-bin/websok-grieg?tnr=379743


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Leipzig
30ster Januar 1894.
Hotel Hauffe.

 

Hochgeehrter Herr Generaldirektor!

Nach Ihrem so liebenswürdigen Briefe, für welchen ich herzlich danke, habe ich sogleich den Kaimschen Antrag abgelehnt. Ich freue mich sehr, dass sich die Verhältnisse so gestalten, dass es mir vergönnt wird, unter Ihren Auspicien in München zum ersten Male aufzutreten. Ich ziehe den 9ten März vor in der Hoffnung dass Sie zu dieser Zeit anwesend sind. – Wenn Sie nur nicht über meine künstlerischen [1v] Bedingungen den Kopf schütteln werden! Erstens verlange ich nämlich den ganzen Abend für mich und dann will ich um Alles in der Welt nicht Klavier spielen! Das Programm konnte[!] folgendermassen sein:

1.) Drei Orchesterstücke aus „Sigurd Jorsalfar“, Schauspiel von Björnson (neu.) a) Vorspiel (in der Königshalle) b) Intermezzo (Borghilds Traum) c) Huldigungsmarsch.
2.) Klavierconcert.
3.) 2 elegische Melodien für Streichorchester
4.) Bergliot, Gedicht von Björnson (aus der norwegischen Sage) Declamation mit Orchester.
5.) 1ste Orchestersuite aus „Per Gynt“, dramatisches Gedicht von Ibsen

[2r] Sämtliche Werke sind bei Peters in Leipzig erschienen.

Was das erste Stück des Programms betrifft – es ist soeben erschienen und ich dirigire es übermorgen zum 1sten Mal im Gewandhaus – hat mir der Verleger versprochen, das Notenmaterial, sonstigen Bestellungen aus München gegenüber, zurückzuhalten.

Für das Klavierconcert musste nun allerdings eine geeignete Kraft hinzugezogen werden, z. B. (entweder Mad. Carreno oder) Prof. Arthur de Greef aus Brüssel, der ein ausgezeichneter Interpret des Werkes ist. Für das Melodrama, welches ich nur ungern vermissen möchte, habe ich gehofft, durch Ihre gütige Vermittlung Clara Ziegler zu gewinnen. Das Gedicht ist grossartig schön [2v] und wie für sie geschrieben. Nur weiss ich nicht ob sie einigermassen musikalisch ist. Sollte das Melodrama nicht durchzuführen sein, würde ich natürlich auf Ersatz bedacht sein, z. B. Lieder von Eugen Gura, was sich vielleicht ermöglichen liesse.

Die Honorarfrage spielt keine grosse Rolle. Jedenfalls würde ich Ihnen dankbar sein [gestrichen: Sollte das Budget durch Solistenhonorare etwa erschöpft sein, bin ich auch ohne Honorar zufrieden. Wenn nicht, erlaube ich mir] diese Frage ganz und gar Ihnen zu[!] überlassen [über der Zeile:] zu dürfen.

Schliesslich bitte ich Sie, dem Hofopernorchester meinen aufrichtigen Dank für ihre wohlwollenden Gefühle mir gegenüber, freundlichst übermitteln zu wollen und verbleibe mit bestem Gruß

Ihr verehrungsvoll ergebener Edvard Grieg


Bildnachweis: Bergen Public Library, The Grieg Archives. https://mitt.bergenbibliotek.no/cgi-bin/websok-grieg?tnr=379743


 

Zeitzeugnisse
Frauen im Orchester
https://www.kulturrat.de/themen/frauen-in-kultur-medien/beitraege-publikationen/geschlechtergerechtigkeit-in-berufsorchestern/

Mehr über Leonore Buff: https://www.sophie-drinker-institut.de/buff-leonore


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


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Heute liegt die Frauenquote im Bayerischen Staatsorchester bei über einem Drittel. Das war nicht immer so: Auf dem Foto von 1911 ist in der ersten Reihe eine einzige Frau als Mitglied der Musikalischen Akademie zu sehen, nämlich die Harfenistin Leonore Kennerknecht-Buff. Sie war angeblich verwandt mit Charlotte Kestner (geboren Buff), die als historisches Vorbild der Lotte in Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werthers in die Literaturgeschichte einging. 1892 wurde Buff als Mitglied im Bayerischen Hoforchester, dem späteren Bayerischen Staatsorchester, aufgenommen. Andere Orchester brauchten für diesen Schritt deutlich länger: Während die Berliner Philharmoniker 1982 die erste Frau als Orchestermitglied aufnahmen, zogen die Wiener Philharmoniker erst 1997 nach.

Mehr zu Frauen in Orchestern: https://www.kulturrat.de/themen/frauen-in-kultur-medien/beitraege-publikationen/geschlechtergerechtigkeit-in-berufsorchestern/

Mehr über Leonore Buff: https://www.sophie-drinker-institut.de/buff-leonore


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

 

Zeitzeugnisse
Bierzeichen im Hofbräuhaus München
https://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db/biermarken/biermarken/aufsatz.php

Zum Hofbräuhaus in München: https://www.hofbraeuhaus.de/bierzeichen/


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Die Brauerei Staatliches Hofbräuhaus in München bewahrt die Tradition der Bierzeichen, auch Biermarken genannt: Seit dem 19. Jahrhundert dienten sie als Rechenhilfsmittel und waren lange Zeit Bestandteil fast jeder Brauerei; zuerst aus Messing, dann aus Aluminium, später aus Plastik, in den Nachkriegsjahren nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Form von Papierscheinen. Jede Marke hat einen konkreten Gegenwert, zum Beispiel „1 Maß Hell oder Dunkel“ oder „Gut für 1 Liter Bier“. Im Hofbräuhaus am Platzl lassen sich Bierzeichen erwerben, die den Gegenwert einer Mass Bier behalten, auch wenn die Preise auf der Getränkekarte steigen. Jetzt gibt es vom Hofbräuhaus auch ein Bierzeichen zu Ehren des 500-jährigen Jubiläums des Bayerischen Staatsorchesters.

 

Wissenswertes über die Biermarke: https://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db/biermarken/biermarken/aufsatz.php

Zum Hofbräuhaus in München: https://www.hofbraeuhaus.de/bierzeichen/


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

 

Eindrücke
Applaus nach der Premiere von Krieg und Frieden

Am 5. März feierte Sergej Prokofjews Oper _Krieg und Frieden_ in einer Inszenierung von Dmitri Tcherniakov Premiere im Nationaltheater. Der Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski dirigierte das Bayerische Staatsorchester, den Bayerischen Staatsopernchor sowie den Zusatzchor der Bayerischen Staatsoper. Die Oper erfordert außerdem ein riesiges Sängerensemble, das die zahlreichen Rollen verkörpert.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Lesestücke
Oper am Telefon

von Thomas Herbst


Die erste internationale Elektrizitätsausstellung in Paris 1881 wollte zeigen, welche Kräfte in der nun vom Menschen gezähmten Kraft des Blitzes lagen: Hellerleuchtete Säle, eine Glühlampe, die man mit einem Schalter leuchten und wieder verlöschen lassen konnte, elektrische Straßenbahnen und eine Opernübertragung am Telefon begeisterten die Menschen. Darunter auch Oskar von Miller, damals noch ein bei seinen Vorgesetzten in München als verschroben geltender Baupraktikant – heute bekannt als Gründer des Deutschen Museums. Von Paris zurückgekehrt konnte er Gleichgesinnte dazu bewegen, eine solche Ausstellung auch in der bayerischen Hauptstadt zu organisieren. Schon im nächsten Jahr fand diese dann im Glaspalast in der Nähe des Hauptbahnhofs statt. Auch hier wurde eine Telefonübertragung aus der Oper eingerichtet: in einer Kabine konnte man einen Hörer ans rechte und einen ans linke Ohr halten und also sogar stereo der von 12 Mikrofonen im Nationaltheater aufgezeichneten Musik lauschen – eine Erfahrung, die größtes Erstaunen und manche Verwirrung hervorrief. So berichtet Oskar von Miller: „Ein komisches Intermezzo bildete ein Versuch, bei dem der Hoftheaterintendant Perfall die Tellaufführung aus dem Hoftheater in Tutzing anhörte, während ich im Glaspalast mich eingeschaltet hatte. Auf meine Anfrage, ob es nicht angenehm sei, von Tutzing aus die Oper kontrollieren zu können, kam keine Antwort, aber am nächsten Morgen kam Perfall entrüstet in mein Büro und verlangte die Herausnahme des Telefons, weil ich auf der Bühne so geschrien hätte, daß ich fast den Sänger Vogl übertönt habe, was er sich natürlich nicht gefallen lassen könne.“
Auf einer der jetzt regelmäßig stattfindenden Ausstellungen wurden 1891 dann Vorstellungen aus München sogar bis nach Frankfurt a. M. übertragen. Die Illustrierte Zeitung berichtet: „Am Abend aber herrscht ein gewaltiges Gedränge bei der Übertragung der Oper aus Frankfurt, noch mehr aber der aus München. Fast will es mir scheinen, als ob die Besucher der Abteilung, in der die Übertragung der Münchner Oper stattfindet, dieselbe mit zu großen Ansprüchen betraten. Einen reinen Genuß hat man bei diesen Opernübertragungn nicht; gewöhnlich machen sich in den Telefonen, mit denen man hört, störende Nebengeräusche, knackende und schnarrende Laute bemerkbar. Manchmal hört man die Musik nur sehr undeutlich und verschwommen, manchmal verschwindet sie ganz, je nachdem im Orchester nur bestimmte Instrumente spielen, die weiter oder näher von dem Aufnahme-Megaphone entfernt sind, und je nach der Stellung der Sänger und Sängerinnen auf der Bühne. Sehr oft aber hat man doch minutenlang einen wirklichen Genuß, indem man auf die weite Entfernung voll und deutlich jeden Laut der Musik und des Gesanges hört. … Bewahrheitet sich die Nachricht, daß Edison auch noch die Möglichkeit gefunden hat, die schauspielerischen Vorstellungen auf weite Entfernungen hin elektrisch sichtbar zu machen, dann wird vielleicht die Zeit gekommen sein, in der in jedem Lande nur ein einziges Zentralopern- und Schauspielinstitut besteht, von dem aus durch Leitungen alle einzelnen Orte und alle einzelnen Wohnungen mit dem notwendigen Quantum von Schauspiel- und Operngenüssen versehen werden können.“


Bildnachweis: 150 Jahre Bayerisches Nationaltheater, Hrsg: Generaldirektion der Bayerischen Staatstheater, C. Hirth’s Verlag G.M.B.H., München, 1928


 

 

Meet the Musicians
Porth-Pauke

Miriam Noa vom Stadtmuseum München sowie die beiden Solopauker des Bayerischen Staatsorchesters Pieter Roijen und Ernst-Wilhelm Hilgers zeigen ein Instrument, das bei Münchner Uraufführungen von Richard Wagners Opern zum Einsatz gekommen ist.

Meet the Musicians
Strohfiedel

In diesem Video informiert Claudio Estay über die Strohfiedel, ein besonderes Xylophon, das im Bayerischen Staatsorchester immer noch während Vorstellungen von Richard Strauss’ Salome zum Einsatz kommt.

 

Zeitzeugnisse
Carlos Kleiber bittet um Material

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Meet the Musicians
Isolde Lehrmann, 2.Violine

Isolde Lehrmann fotografiert in ihrer Freizeit gerne Stillleben und Porträts.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Zeitzeugnisse
Karneval am Münchner Hof
https://schloesserblog.bayern.de/lieblingsstuecke-unserer-autoren/das-schlitten-harmoniemusik-ensemble-spielt-auf-bemerkenswertes-zum-musikschlitten-im-marstallmuseum-schloss-nymphenburg


Bildnachweis: Ginzrot, Johann Christian: Die Wagen und Fahrwerke der verschiedenen Völker des Mittelalters und der Kutschenbau neuester Zeiten. 1. Standort: Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 4 Kult 222 -3. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11216423?page=545


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VERKLEIDUNG, TANZ, MUSIK UND SCHLITTENFAHRTEN

Thomas Herbst

Auch am Münchner Hof wurde der Fasching ausgiebig gefeiert. Zwar folgte der Hof im 17. und 18. Jahrhundert das ganze Jahr über einem eng getakteten Festkalender, im Karneval jedoch wurde dieser noch einmal intensiviert. Eine große Rolle spielte dabei die Verkleidung: mehr oder weniger unkenntlich gemacht konnte die Hofgesellschaft die sonst so strengen Regeln des Zeremoniells für ein paar Wochen etwas lockerer nehmen. Die Feste, die dabei gefeiert wurden, tragen so rätselhafte Namen wie „Königreich“, „Wirtschaft“ oder „Bauernhochzeit“ und bezogen ihren Reiz aus dem, was man als „Verkehrte Welt“ beschreiben könnte. Traditionell begann der Münchner Fasching am Dreikönigstag; an diesem Tag spielte man am Hof das „Königreich“: Bei einem üppigen Festmahl lief alles nach dem strengen spanischem Hofzeremoniell ab – allerdings mit vertauschten Rollen. Das Los entschied darüber, wer König war, wer Kämmerer, Hofmarschall oder Narr, auch die Damen wurde ihren Kavalieren zugelost, und so hatte sich beispielsweise 1761 der bayerische Kurfürst als „Hof-Fourier“ gemeinsam mit der sächsischen Prinzessin Maria Christina um die Unterbringung der Gäste zu kümmern, während die Kurfürstin Maria Anna die Rolle einer „Cammerdieners-Frau vom Cron-Prinz“ spielte. Auch „Wirtschaft“ und „Bauernhochzeit“ folgten diesem Schema, nur etwas freier – in der „Wirtschaft“ spielte die Hofgesellschaft den Besuch in einem „einfachen“ Gasthaus nach, die „Bauernhochzeit“ transferierte das ländliche Fest in höfisches Ambiente, natürlich mit einem Vielfachen an Luxus.

Als 1652 die 15-jährige Prinzessin Adelaide von Savoyen zu ihrem aus der Ferne angetrauten Ehemann Ferdinand Maria nach München kam, muss der Kulturschock enorm gewesen sein: Ihr Vormund war ihre streng religiöse Schwiegermutter, die tiefstes Bairisch sprach und tatkräftig zupacken konnte, wenn sie in Schleißheim eigenen Käse herstellte und sich um die Kühe kümmerte – und das nach dem eleganten Hofleben in Turin und in ihrer piemontesischen Heimat. In puncto Festkultur hatte der bayerische Hof aus Sicht der neuen Kurfürstin unbedingt noch Nachholbedarf. Über den altmodischen Fackeltanz während des Karnevals 1653 amüsiert sie sich in einem Brief an ihre Mutter, wie uns der italienische Historiker Carlo Merkel überliefert: „Stellen Sie sich vor, dass ich mit Trompeten und Trommeln getanzt habe und mit 6 Kavalieren, die die Fackeln vor mir her trugen. Und man hat rein gar nichts getan, man tat nicht als hinter dem schnellsten hinterherzurennen. Ich glaubte vor Lachen sterben zu müssen!“

Ein Jahr später scheint sie schon mehr Gefallen am Münchner Fasching gefunden zu haben, denn nun schrieb sie: „Abends macht man die Wirtschaft (sie schreibt das für französisch gewohnte Ohren gewiß monströse Wort „buird ciaft“), ich weiß nicht, wie ich es sagen soll: das ist das schönste Fest der Welt und wir tanzen bis 2 Uhr und alles wird sehr gut. Aber ich bin als Wirtin verkleidet – aber ein bißchen schicker …“

Neben dem Verkleiden spielte der Tanz eine zentrale Rolle: Im Gegensatz zum „ball en ceremonie“ am Hof, wo Bürgerliche wenn überhaupt nur als Zuschauer Zutritt hatten, und streng geregelt war, wer mit wem tanzt, durfte eine Redoute jeder besuchen, der maskiert war. Hier vermischten sich die Stände bis in die Morgenstunden bei Tanz und Kartenspiel. Seit 1718 gab es in München mit dem Redoutenhaus in der Prannergasse einen eigens für diese Veranstaltungen vorgesehenen Ort. Wie sie organisiert waren, beschreibt Julius Bernhard von Rohr in seiner Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft von 1733:

„§.9. Die Redouten-Sähle werden mit den schönsten silbernen oder crystallenen Cronen-Leuchtern und viel tausend weissen Wachs-Fackeln gezieret, welche denn durch die um und um befindlichen grossen Spiegel, silbernen Tische und ander Silberwerck ihren Schein verdoppeln, und alles erleuchten. In den Neben-Zimmern findet man mancherley Arten des Zeitvertreibs, an Bretspielen, Schachspielen, Biliard-Tafeln und andern Spielen.

§.10. Die Plätze, wo sich die hohe Landes-Herrschafft nebst Noblesse befinden, werden durch gewisse Schrancken, entweder durch einige Erhöhung von etlichen Staffeln oder auf andere Art abgesondert. Zu Ende der erhöheten Schrancken stehen bißweilen unter einem propren Baldachin einige Sammet-Stühle vor die Durchlauchtigsten Personen. Machmahl ist es einigen Fürstlichen Personen nicht gefällig in Masque zu erscheinen, und belieben unmasquirt hohe Zuschauer dabey abzugeben.

§.11. Man höret darbey zu Vergnügung der Ohren mancherley Concerte von Violinen, Waldhörnern, Hautbois und andern Instrumenten, welche stets Menuets, Teutsche, Englische, auch wohl Polnische und Ungarische Täntze aufstreichen. Bey den Krämern, die man hin und wieder auf dem Saale und in den andern Behältnissen antrifft, kan ein iedweder nach Gefallen Caffé, Thé, Chocolade, Limonade, Liqueurs, Rosolis, Confituren, Obst, Pasteten, Biscuite und dergleichen Genäsche bekommen. Uber dieses stehen in den Neben-Zimmern mancherley Tafeln mit delicaten Speisen besetzt, von denen die Cavaliers und Dames nach Gefallen etwas nehmen und zulangen können.“

Die Nacht wurde durchgetanzt und -gespielt, morgens ging man in die Messe und danach ins Bett, am folgenden Abend begann das Ganze erneut. Für Musiker gab es dabei viel zu tun: bei der Redoute und beim Ball spielten sie zum Tanz, sie gestalteten die Gottesdienste, bei den Gastmahlen erwartete der Kurfürst von den Hofmusikern ausgesuchte Tafelmusik, und dann war da noch das musikalische Hauptereignis des Karnevals: die neue Oper. Der Kurfürst bestellte im 18. Jahrhundert jedes Jahr bei seinem Kapellmeister oder später auch bei auswärtigen Komponisten eine neue Opera seria, so wurde 1781 im Fasching Mozarts Idomeneo uraufgeführt. Max III. Emanuel z. B. kümmerte sich zusammen mit Kurfürstin Kunigunde sogar um das Engagement der Gesangssolisten und überwachte persönlich die Proben. Sein Enkel Max III. Joseph beschäftigte sich auch praktisch mit Musik, vom Besuch seines Onkels Clemens August, Kurfürst von Köln, und seines Verwandten Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz berichten die Münchner-Zeitungen vom 6. Februar 1755:

„Unter allen edlen und freyen Künsten verdienet onhnstreitig die Music den ersten Rang; dahero nicht zu bewundern, daß auch erhabene und Durchläuchtige Personen sich zu diesem Werck widmen. Am verwichenen Dienstag [4. Februar 1755] war es, da die Durchläuchtigste Churfürsten von Cölln, Pfalz und Bayern, in der auf hiesigem grossen Redouten-Saal masquirten Academie Sich eingefunden, und in Gegenwart des ganzen Hofes, Adels, und mehr dann tausend anderer Personen von Distinction, und andern Geschlechts, Sich öffentlich hören liessen, welchen andere Herren Cavaliers accompagnirt haben. Se. Churfürstl. Durchl. von Cölln und unser Gnädigster Landes-Herr, haben auf der Gampa, Se. Durchl. der Churfürst von der Pfalz aber auf dem Bassl [Violoncello] so kunstreich und virtuos gespielet, daß die größte Music-Verständige und Virtuosen selbst darob haben erstaunen müssen.“

Dieselbe Zeitung berichtet ein Jahr später über eine gesamte Karnevalswoche:

„Die heurigen Carnevals-Festivitäten sind nunmehro bey hiesigem Churfürstlichen Hofe folgender massen reguliret: Am Sonntag, Redoute im Redouten-Hause; Montag, Opera im neuen Opern-hause [Cuvilliés-Theater], Dienstag, masquirte Academie im Redouten-Hause; Mitwoch, Redoute eben daselbst; Donnerstag Französische Comödie im neuen Opern-Hause, Freytag, Academie bey Hofe ohne Masquen, den Samstag aber hat sich der Hof zu den das ganze Jahr durch gewidmeten besondern Andachten vorbehalten. […]

Am Sonntag [29.02.1756] Vormittags erhoben Sich Ihro Churfürstl. Durchl. Durchl. unsere Gnädigste Landes-Herrschaft, nach der St. Michaelis-Kirche der Herren PP. Jesuiten, und wohneten unter dem 40. stündigen Gebett dem Hoch-Amt devotest bey; Nachmittags ward die schöne Opera Dido Abbandonata [von Andrea Bernasconi], in dem neuen Opern-Hause abermals wiederholet; Abends geruheten Höchst-Dieselben mit sämmtlichen Durchläuchtigsten Herrschaften sich in die Redoute zu verfügen, allwo die Anzahl derer Masquen ausserordentlich groß war. Gestern [Montag 01.03.1756] war Französische Comödie, und darauf abermals Redoute. Heut [Dienstag 02.03.1756] Nachmittags belieben Höchst-Ihro Churfürstl. Durchläuchtigkeiten in die St. Michaelis-Kirche Soc. Jesu bey dem Beschluss des 40. stündigen Gebetts wieder offentlich zu erscheinen, wobey sich auch die Churfürstl. Herren Ministers, Cammer-Herren und Räthe einfinden, und mit einer Proceßion, unter welcher das Hochwürdigste Gut von den höchsten Gnädigsten Herrschaften andächtigst begleitet wird, geendiget; Abends geschiehet die letze Wiederholung der obbelobten Opera, worauf nochmals Redoute erfolget, und damit die heurige Carnevals-Zeit beschlossen wird [mit dem Aschermittwoch am 03.03.1756].“

Mit dem Aschermittwoch begann die Fastenzeit, während der keine Lustbarkeiten stattfinden durften – Musik wurde allerdings trotzdem und vielleicht nicht weniger gespielt. Geistliche und andere Konzerte fanden jetzt ihre Zuhörer. Diese Tradition setzte sich im 19. Jahrhundert fort, wenn nach den ausgelassenen Maskierten Bällen im Odeon die Konzerte der Musikalischen Akademie die Fastenzeit ausfüllten. Die Ordinari Zeitungen berichten 1729 über eine weitere beliebte Faschingsattraktion des Hofes:

„Gestern Nachmittag haben sich Ihre Churfürstl. Durchl. unser gnädigister Herr mit einer prächtigen Schlittenfahrt divertirt / und beschahe der Außzug von Hof / wo vorauß in ein zugericht mit rothem Tuch überzognen grossen Schlitten die Churfürstl. Trompeter und Paucker fuhren / hernoch kame allein gefahren der Churfürstl. Obriste Stallmaister Ihro Excell. Herr Graf von Preising etc. Deme folgten Ihre Churfürstl. Durchl. unser gnädigster Herr / Ihro Durchl. die Churfürstin / und so dann Ihre Hochfürstl. Durchl. der Herzog Ferdinand / dero Durchleuchtigste Frau Gemahlin führend / beyde in prächtigisten Renn-Schlitten mit deren Edel-Knaben zu Pferde umbgeben / darauff folgten in 20. Schlitten die vornehmste Ministri und Cavaliers die Hof- und Stadt-Damen führend alle in schönster Galla / die Damen aber in Romanischer Kleidung auffs prächtigiste auffgebutzet / die Schlittenfahrt schliesset wider ein grosser mit grienen Tuch überzogener Schlitten worinnen sich die übrige Churfürstl. Trompeter und Paucker befanden. Dise prächtige Schlittenfahrt geschahe durch die vornembste Gassen der Stadt / und als selbe bey dem Gregorianischen Collegio ankame / wurde von denen daselbstigen Studenten ein schöner Concert von allerhand Musicalischen Instrumenten denen Durchleuchtigsten und hochen Schlitten-Fahrern zu schuldigisten Ehren gemacht. Und als man wider nacher Hof zuruck kommen ist allda Appartement / darauff offene Taffel gehalten worden / wornach sich alles auff die Redoute begeben.“

Schlittenfahrten mit aufwendigen Kostümen und prunkvoll eingerichteten Schlitten waren besonders am Kaiserhof in Wien in Mode. Und auch in München waren sie beliebt, wie bereits im Fasching 1667 Kurfürstin Adelaide aus München ihrem Bruder berichtet: „Ich fahre fast alle Tage, auch nachts, mit dem Schlitten; und abends tanzt man.“

Im Marstall-Museum Nymphenburg sind noch heute einige der barocken sogenannten Renn-Schlitten zu sehen, in denen die aufwendigen Ausfahrten stattfanden. Wie lange sich diese Tradition am Münchner Hof erhalten hat, zeigt ein anderes Stück dieser Sammlung: ein Musik-Schlitten aus der Zeit Ludwigs I. Auf ihm eröffneten die Musiker ab 1827 die Schlittenparade des Hofes.

https://schloesserblog.bayern.de/lieblingsstuecke-unserer-autoren/das-schlitten-harmoniemusik-ensemble-spielt-auf-bemerkenswertes-zum-musikschlitten-im-marstallmuseum-schloss-nymphenburg


Bildnachweis: Ginzrot, Johann Christian: Die Wagen und Fahrwerke der verschiedenen Völker des Mittelalters und der Kutschenbau neuester Zeiten. 1. Standort: Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 4 Kult 222 -3. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11216423?page=545


 

 

Zeitzeugnisse
Die Tragödie des Teufels
https://www.youtube.com/watch?v=MylAsq5_dy0


Bildnachweis: Wilfried Hösl


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Am 22. Februar 2010 wurde Die Tragödie des Teufels des ungarischen Komponisten Peter Eötvös mit einem Libretto von Albert Ostermaier im Nationaltheater uraufgeführt. Eötvös selbst leitete das Bayerische Staatsorchester. Das ukrainische Künstlerpaar Ilya und Emilia Kabakov entwarfen die Bühne, und Balázs Kovalik führte Regie. Erfahren Sie mehr über das Werk und die damalige Inszenierung in einem Beitrag mit Eötvös, Kovalik, Ostermaier und dem Lucifer-Sänger der Uraufführung Georg Nigl.

https://www.youtube.com/watch?v=MylAsq5_dy0


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Richard Strauss über die Musikalische Akademie

Die Konzerte der musikalischen Akademie
(in denen ich noch den alten Franz Lachner
eine seiner Suiten dirigieren sah) gehören
zu den schönsten Erinnerungen meiner Jugend.
Ein großes Ereigniß war für mich persönlich
im Jahre 1882 die Aufführung meiner ersten
Dmollsinfonie, die von Hermann Levi
in liebendwürdigster Weise im Odeon
aus der Taufe gehoben wurde. Ich wohnte
als 18jähriger Oberprimaner mehr träumend
als wachend auf einem „Stehplatz zwischen den
Säulen“ der vortrefflichen Aufführung bei.
Es war die schöne Zeit, da Aufführungen
Beethovenscher Sinfonien noch zu den
Ereignissen gehörten, denen der kultivierte Teil
meiner Vaterstadt schon Wochen vorher mit größter
Spannung entgegensah. In meinem Elternhause
warfen schwierige Hornsoli im[m]er lange ihre
Schatten voraus u. verdarben die Laune
meines Vaters.
Später hatte ich selbst die Freude, 2 Jahre
lang die Conzerte der musikalischen
Akademie zu leiten. Sie stehen noch
heute auf alter Ruhmeshöhe und
erfreuen sich unter Hans Knappertsbusch
einer besondern Blüte.
Mögen sie auch weiterhin die berufenen
Hüter kostbarer Kunstschätze bleiben.
Dr. Richard Strauss.


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Zeitzeugnisse
Carlos Kleiber diskutiert das Konzertprogramm

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Eindrücke
4. Akademiekonzert 2022/23 (Mehta)

Großer Jubel nach dem 4. Akademiekonzert für das Bayerische Staatsorchester, seinen ehemaligen Generalmusikdirektor Zubin Mehta, die Geigerin Vilde Frang und den Komponisten Minas Borboudakis.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Eindrücke
Festakt 500 Jahre Bayerisches Staatsorchester

Am 8. Januar wurde das Jubiläumsjahr des Bayerischen Staatsorchesters fulminant eingeläutet mit einem Konzert im Nationaltheater. Der Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski dirigierte. Zu den geladenen Gästen gehörten unter anderem die Landtagspräsidentin Ilse Aigner und der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume, die beide Reden hielten.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


BSOrec
Bayerische Staatsoper Recordings: OPERcussion
OPERcussion – die Schlagzeuger des Bayerischen Staatsorchesters.

Original Grooves ist eine Reise zu den Ursprüngen und Traditionen des Schlagwerks. Gerade bei perkussiven Instrumenten ist das Einwirken verschiedener Kulturen aufeinander gut nachzuempfinden. Während die Pauke bereits seit 1600 zur festen Besetzung des Bayerischen Staatsorchesters zählt, hielten die Schlagzeuger als jüngste eigenständige Gruppe erst 1925 Einzug in das Orchester. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts bereichern zunehmend Schlaginstrumente den Orchesterklang mit farbenreichem Lokalkolorit. Komponisten wie Edgar Varèse, Igor Strawinsky, Maurice Ravel, Béla Bartók und Paul Hindemith sind heute für den kreativen Einsatz dieser neuen Instrumentengruppe bekannt. Viele der Perkussionsinstrumente stammen ursprünglich nicht aus Europa, sondern aus asiatischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Kulturen. Besonders in Lateinamerika ist die perkussive Tradition fester Bestandteil sowohl religiöser Rituale als auch populärer Festtänze und erscheint in vielerlei Gestalt und Spielweisen: Ein Tango ist weit entfernt von einem Bolero, und ein Samba aus Rio de Janeiro ist kein kubanischer Son. Dieses Album soll die ursprünglichen Rhythmen Lateinamerikas und die Verschmelzung der Kulturen auf möglichst authentische Weise präsentieren.

CD im Webshop

Mehr zum Label BSOrec


Bildnachweis: © EVISCO


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Vor dem Hintergrund des 500-jährigen Bestehens des Bayerischen Staatsorchesters soll mit einer Reihe von Veröffentlichungen herausragender Ensembles die Vielseitigkeit des Klangkörpers und seiner Mitglieder dokumentiert werden, beginnend mit dem 2009 gegründeten Ensemble OPERcussion – die Schlagzeuger des Bayerischen Staatsorchesters.

Original Grooves ist eine Reise zu den Ursprüngen und Traditionen des Schlagwerks. Gerade bei perkussiven Instrumenten ist das Einwirken verschiedener Kulturen aufeinander gut nachzuempfinden. Während die Pauke bereits seit 1600 zur festen Besetzung des Bayerischen Staatsorchesters zählt, hielten die Schlagzeuger als jüngste eigenständige Gruppe erst 1925 Einzug in das Orchester. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts bereichern zunehmend Schlaginstrumente den Orchesterklang mit farbenreichem Lokalkolorit. Komponisten wie Edgar Varèse, Igor Strawinsky, Maurice Ravel, Béla Bartók und Paul Hindemith sind heute für den kreativen Einsatz dieser neuen Instrumentengruppe bekannt. Viele der Perkussionsinstrumente stammen ursprünglich nicht aus Europa, sondern aus asiatischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Kulturen. Besonders in Lateinamerika ist die perkussive Tradition fester Bestandteil sowohl religiöser Rituale als auch populärer Festtänze und erscheint in vielerlei Gestalt und Spielweisen: Ein Tango ist weit entfernt von einem Bolero, und ein Samba aus Rio de Janeiro ist kein kubanischer Son. Dieses Album soll die ursprünglichen Rhythmen Lateinamerikas und die Verschmelzung der Kulturen auf möglichst authentische Weise präsentieren.

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Bildnachweis: © EVISCO


Eindrücke
4. Akademiekonzert 2022-23

Hier probt der ehemalige Generalmusikdirektor Zubin Mehta zusammen mit der Geigerin Vilde Frang und dem Bayerischen Staatsorchester für das 4. Akademiekonzert. Der Komponist der eigens in Auftrag gegebenen Uraufführung, Minas Borboudakis, war ebenfalls anwesend.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Carl Orff: Der Mond

Carl Orffs Oper Der Mond wurde am 5. Februar 1939 an der Bayerischen Staatsoper unter der musikalischen Leitung von Clemens Krauss in einer Inszenierung von Rudolf Hartmann uraufgeführt. Das Libretto verfasste der Komponist selbst und übernahm dabei teilweise wörtliche Textpassagen aus dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm. In den drei Schauplätzen Himmel, Erde, Unterwelt und der Sicht eines kleinen Jungen darauf liegt Orffs Bezeichnung dieses „kleinen Welttheaters“ begründet, „das ein nachdenkliches Gleichnis von der Vergeblichkeit menschlichen Bemühens, die Weltordnung zu stören und gleichzeitig eine Parabel vom Geborgensein in eben dieser Weltordnung werden sollte“. Die Musik hat der Komponist selbst als seinen „Abschied von der Romantik“ bezeichnet. Kritiker zeigten sich begeistert, so zum Beispiel der Musikwissenschaftler Fred Hamel über die Uraufführung: „Da begegnet man also einer Schöpfung, wie man sie der Opernbühne seit langem gewünscht hat […] Großartig, wie Orff's Musik diese Kraft auch hier ganz aus den elementaren Mitteln der Rhythmik und der Liedform gewinnt […] Bei dieser Ökonomie der Mittel aber ist Orff's melodische Erfindung so stark, seine rhythmische Phantasie so unerschöpflich, daß sie schier eine Überfülle wechselnder Eindrücke von bildhafter Kraft beschwören.“


Bildnachweis: Hanns Holdt


Meet the Musicians
David Schultheiß, 1. Violine (1. Konzertmeister)

Unter seinen Kinderheitsheld:innen gab es sportliche Helden wie Karl Allgöwer (seine direkt verwandelten Freistoßtore – der Hammer!), Lothar Matthäus und Boris Becker und natürlich auch geigerisch-musikalische wie Henryk Szeryng, David Oistrach und – ganz besonders – Gidon Kremer. Der beste Saal, in dem David Schultheiß bis jetzt gespielt hat, ist die Suntory Hall in Tokio. Ein Konzert in besagter Suntory Hall ist ihm auch in besonderer Erinnerung geblieben: Eine derart gespannte und erwartungsvolle Stille des Publikums zwischen dem Auftrittsapplaus für den Dirigenten und dem ersten erklungenen Ton des Konzerts hat David Schultheiß noch nie erlebt.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Meet the Musicians
Christian Loferer, Horn

Neben München fühlt sich Christian Loferer in Sydney und San Francisco sehr wohl. In Edinburgh hat er schonmal Straßenmusik gemacht, und wenn er eine beliebige Aktivität zu einer olympischen Disziplin machen könnte, hätte er beim Uhrzeitschätzen die größten Chancen, eine Medaille zu gewinnen.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Meet the Musicians
Julia Pfister, 2. Violine

Ihre Kindheitshelden sind Die drei ???: In den Hörspielen hat sie zum ersten Mal Paganini gehört und wollte es dann unbedingt auch spielen. Ein besonderes Konzert war für Julia Pfister das Konzert mit Kirill Petrenko im Rahmen der Europa-Tournee 2016 in der Mailänder Scala. Alle waren im Flow und die Stimmung war unvergesslich!


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Meet the Musicians
Barbara Burgdorf, 1. Violine (Konzertmeisterin)

Das Schönste an ihrem Beruf ist für Barbara Burgdorf die Schönheit, die er für die Seele bietet, für sie selbst und für andere. Wäre sie nicht Musikerin geworden, dann wahrscheinlich Biologin.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Meet the Musicians
Florian Gmelin, Kontrabass (Solo)

Sein Lieblingsbuch ist Irrungen, Wirrungen von Theodor Fontane und Carlos Kleiber ist sein Lieblingsdirigent. Mit ihm hätte Florian Gmelin sehr gerne einmal zusammengearbeitet.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Meet the Musicians
Johannes Dengler, Horn (Solo)

Johannes Dengler entschied mit 10 Jahren, dass er Musiker werden möchte, nachdem er feststellen musste, dass er aufgrund seiner Reiseübelkeit kein Astronaut werden kann. Seine beste Medizin gegen Lampenfieber ist üben, üben, üben …


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Eindrücke
Applaus nach der Premiere von Dido and Aeneas … Erwartung

Am 29. Januar feierte das Münchner Publikum die Neuproduktion Dido and Aeneas … Erwartung und deren Protagonisten: Den Dirigenten Andrew Manze, das Regieteam rund um den Regisseur Krzysztof Warlikowski sowie das Sängerensemble (Ausrine Stundyte, Günter Papendell, Victoria Randem, Rinat Shaham, Key’mon W. Murrah, Elmira Karakhanova).


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo
Online-Edition


Bildnachweis: Bayerische Staatsbibliothek München, Signatur Slg.Her 811


 

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Am 29. Januar 1781 wurde Mozarts „Dramma per musica in tre atti” im Münchner Hoftheater, dem heutigen Cuvilliéstheater, uraufgeführt. Das Libretto basiert auf der gleichnamigen Tragédie lyrique von Antoine Danchet mit der Musik von André Campra, und wurde vom Salzburger Kaplan Giambattista Varesco angefertigt. Fünf Jahre später kam eine von Mozart überarbeitete Fassung in Wien zur Aufführung.

1775 wurde bereits Mozarts La finta giardiniera in München uraufgeführt, 1780 erhielt der Komponist dann den Auftrag von Karl Theodor, dem Kurfürsten von Bayern, für München eine Oper als Höhepunkt der Karnevalssaison anzufertigen. Mozart wohnte den Einstudierungen beider Opern bei. Idomeneo wurde erst vor Ort fertig komponiert, und so konnte Mozart besondere Rücksicht auf die stimmlichen Möglichkeiten der Sänger nehmen. Über die Hintergründe der Entstehung von Idomeneo gibt ein Briefwechsel Mozarts mit seinem Vater Leopold Auskunft, in dem auch über die Funktion von Szenen und Arien diskutiert wird.

Mozart Briefe und Dokumente – Online-Edition


Bildnachweis: Bayerische Staatsbibliothek München, Signatur Slg.Her 811


 

Zeitzeugnisse
Engelbert Humperdinck: Königskinder

Die erste Fassung von Engelbert Humperdincks Märchenoper wurde am 23. Januar 1897 im Münchner Hoftheater unter der musikalischen Leitung von Hugo Röhr uraufgeführt. Nach dem Erfolg von Hänsel und Gretel vier Jahre zuvor war der Komponist auf der Suche nach einer Textvorlage für eine komische Oper volkstümlichen Einschlags, die letztlich Elsa Agnes Bernstein, Tochter von Humperdincks Münchner Freund Heinrich Porges, lieferte.

Diese Melodram-Fassung fand in den folgenden Jahren ihren Weg auf die Opernbühnen von Wien, Prag, Berlin, Riga, London, Dublin und New York, verschwand nach 1902 allerdings von den Spielplänen. Der Komponist überarbeitete sein Melodram zu der heute bekannten durchkomponierten Fassung der Oper, für die der Text gründlich reduziert und vereinfacht wurde. 1910 wurde schließlich diese zweite Fassung an der Metropolitan Opera in New York uraufgeführt.


Bildnachweis: Archiv Bayerische Staatsoper / Hof-Atelier Elvira München


Meet the Musicians
Verena-Maria Fitz, 1. Violine

Verena-Maria Fitz macht gerne Urlaub in Südafrika, weil ihr Mann dort geboren und aufgewachsen ist, und in Südtirol. Mai ist ihr liebster Monat, weil dieser frisch und bunt ist und der Sommer noch vor einem liegt.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


Eindrücke
OPERcussion: Original Grooves
 

Am 20. Januar 2023 traten OPERcussion in der Muffathalle auf und präsentierten dabei ihre neue CD „Original Grooves“.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

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Am 20. Januar 2023 traten OPERcussion in der Muffathalle auf und präsentierten dabei ihre neue CD „Original Grooves“.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Eindrücke
Tango Sentimentale
Eugen Onegin am 15. Januar im Nationaltheater fand die erste Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters und durfte dem Ensemble Tango Sentimentale lauschen, zu dem auch der Akkordeonist Max Spenger gehört.
Das nächste Mal wird es die Möglichkeit für Begegnungen mit Orchestermitgliedern am 4. Februar im Anschluss an Dido and Aeneas ... Erwartung geben.

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Nach der Vorstellung von Eugen Onegin am 15. Januar im Nationaltheater fand die erste Veranstaltung der Reihe „Begegnungen“ statt. Das Publikum traf dabei in der Rheingoldbar auf Musiker:innen des Bayerischen Staatsorchesters und durfte dem Ensemble Tango Sentimentale lauschen, zu dem auch der Akkordeonist Max Spenger gehört.
Das nächste Mal wird es die Möglichkeit für Begegnungen mit Orchestermitgliedern am 4. Februar im Anschluss an Dido and Aeneas ... Erwartung geben.

Termine
Fr 20.01.2023
Opercussion - Original Grooves
OPERcussion – Original Grooves
Zum Termin

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20. Januar 20:00 Uhr

Opercussion

Zum Termin

Zeitzeugnisse
Brand des Nationaltheaters am 14. Januar 1823

Am 14. Januar 1823 brannte das Nationaltheater. Obwohl das Unglück während einer voll besetzten Abendvorstellung geschah, kam niemand zu Schaden. Beim Löschen des Feuers wurde warmes Brauwasser der umliegenden Brauereien verwendet, da das Löschwasser der Feuerwehr in den Spritzen gefror. Das Gebäude konnte nicht vor den Flammen gerettet werden, wurde allerdings bereits zwei Jahre später wiedereröffnet.


Bildnachweis: Münchner Stadtmuseum, Sammlung Graphik / Gemälde P-1134
Künstler: unbekannt; Wolfgang Pulfer (Repro)


 

Termine
So 15.01.2023
Blasmusik aus alter Zeit
3. Kammerkonzert 2022/23
Eindrücke
Festakt: 500 Jahre Bayerisches Staatsorchester

Bildnachweis: Wilfried Hösl


Zeitzeugnisse
Bestallungsrevers des Geigers Gregor Khrafft (1520)

Ich gregorius kraffth von thoren bekenn mit dissem offen brieue Alls der durchleuchtig fürst
vnnd Her Her wilhalm pfalczgraue bej Rein herczog in oberen vnnd Nideren bairen etc. mein gne-
diger Her mich czu seiner fürstlichen gnaden diener vnnd geyger mein lebenlang an deß houe
bestellt vnnd angenommen hat, Laut Irer gnaden bestelbriefs mir deshalben behendigt von Wort
zu wort des Innhalts. Von gottes gnaden wir wilhalm pffallennczgraue bey rein herczog
In oberen vnnd nyderen bayren etc. Beckenn, alls vnnser getreuer Gregorius krafft von thorn
Etlich zceithere vnnser diener vnnd geyger gewest, vnnd vns zcu gefallen gedient hatt,
Das wir Ine nun furohin zcu einem Diener vnnd geyger an vnsern Houe aufgemen[aufgenommen]
vnnd bestellt habnn, Sein lebtag, vns mit allen seinen könnsten vnnd dienstn getreues vleiß
zcu gewaden[?] vnnd gehorsam zcesein, vnnsern fromben zcefürdern, schaden zcewennden,
vnnd alles das zcethun, das ain getreuer williger diener seiner Herrschafft schuldig ist
Auch Sich on vnnser vergonnen vnnd erlauben, mit Diennsten zcu kainem anndern Heren
mehr verpflichtn Alls er vnns dann das mit Seinen treuen on aydesstadt gelobt hat,
Vnd vmb Solch Sein diennst habnn Wir Ime verprochen vnnd zcugesagt, vnnd versprechn
mit dem brieue, Das wir Ime Sein lebtag Jerlichs zcu solde geben sollen vnd wollen
Sechczehen gulden reinisch in munss vnser lanndes werungh vnd ain Hofeklaidt
Nämlich zcu yeder quattember vier gulden reinisch auch darczu dy liferung oder
So wir (als yczt beschicht) vber houe nit speyßn darfur das gellt beczalen Wie wir dan
annderen der gleichen vnseren diennern zcegeben pflegen, Welche vorangeregte besoll-
dungh an gellt wir Jczygem vnd ainem yedn konnftigen vnnserm Cammerschreiber
auß vnnserm Camerambt alhie obangezcei[g]terr massen von vnnseren wegen gedachten
Krafften, zcuentrichten hiemit verschaffen, vnd des allso mit erster bezcalung zcu
nägst be[ginne]nnder quattember pfingsten anczefahen. Wir wollen Ine auch zcue recht
versprechen beschuczen vnd beschirmen als annder vnsser Diener, darauff wir sein
auch zcu recht vnd aller billich[k]eit mechtig sind, Wo er sich aber in solhen seinen
Diensten nit redlich, oder der massen, wie uor steet, hiellte, des sich kuntlich erfunde,
So Seyen wir alsdann vnangesehen disser vnser verschreibung weiter Ine zcu diener
zcu behalten vnnd zcu besolldnen, vnuerpundn, Ongeuerde, des zcu vrkundt haben wir
me den brieff mit vnserm anhangden Secret besigelt vnnd aigner Hannde
vnderschribn. Geben in vnser stat münchen am montag uor purificationis 
marie Im funfzehenhundert vnnd Zcwainzcigsten Jar, Darauff ich obgenannter
Krafft bej meinen waren trewen on aydes Stat gelob vnnd versprich, seinen 
fürstlichen gnaden alles vnnd Jedes Das hieuor inserirter brieff Innhellt vnnd
mich verpindet, war vnd stat zcehalten vnd zcu uolczihen, treulich ongeuerde,
Des zcu vrkunde hab ich seinen fürstlichn gnadn disen reuers mit meiner
aygnen Hande geschriben vnnd meinem Hiefür dructn petschir befestenndt.
Geben am montag uor purificationis marie Im funfczehen Hundert vnd
czwainzcigsten Jarn.


Bildnachweis: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München


 

Meet the Musicians
Franz-Strauss-Horn

Franz Strauss (1822–1905) war nicht nur der Vater des Komponisten Richard Strauss, sondern einer der renommiertesten Hornisten seiner Zeit, der in der Königlich Bayerischen Hofkapelle, also im heutigen Bayerischen Staatsorchester wirkte und dessen Klang entscheidend prägte. Die beiden Hornist:innen Milena Viotti und Johannes Dengler geben Einblicke in die Besonderheiten des einst von Franz Strauss gespielten Instruments.

Termine
Fr 23.12.22
TSCHAIKOWSKI-OUVERTÜREN
Alexei Ratmansky
Tschaikowski-Ouvertüren

Sa 08.04.2023
Mikhail Agrest

Termine
Sa 08.07.2023
Vladimir Jurowski
1. Jubiläumskonzert
Termine
So 23.07.2023
Holzbläser-Serenaden
2. Jubiläumskonzert
Zeitzeugnisse
500 Jahre unplugged

Vor einem halben Jahrtausend begann die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters. Schon 1523 gibt es die ersten Anstellungsvermerke, in denen die Gehälter der fest angestellten Hofmusiker dokumentiert sind. Aus kleinen Anfängen im höfischen Kontext wurde allmählich ein großes Opernorchester, das bald auch regelmäßig symphonische Werke aufführte und seit dem frühen 19. Jahrhundert im Rahmen der Musikalischen Akademie die erste öffentliche Konzertreihe in München veranstaltet. Heute gehört das Bayerische Staatsorchester zu den internationalen Spitzenensembles mit Mitgliedern aus vierundzwanzig Nationen. Im Jahr 2023 feiert es seine ersten 500 Jahre und blickt aus der Perspektive dieser ehrwürdigen Tradition in die Zukunft – Musik für alle auf höchstem Niveau.

Termine
Festakt 500 Jahre Bayerisches Staatsorchester
Festakt
Termine
Do 21.12.2023
Jubiläums-Benefizkonzert
Jubiläums-Benefizkonzert
Zeitzeugnisse
Bruno Walters Neujahrswünsche

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Zeitzeugnisse
Bruno Walter über die Musikalische Akademie

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Zeitzeugnisse
Joseph Keilberth bittet um eine weitere Probe

Lieber Herr Uffinger!

    Vielen Dank für Ihre lieben Zeilen. 
Die Probenangelegenheit ist für mich so nicht tragbar. 
Es müsste doch zu erreichen sein, dass ich am Samstag 
eine 1 ½ - 2-stündige Probe machen könnte. Diese 
kann ja auch im Orchesterraum des Nationaltheaters oder im 
Foyer sein. Den Odeonsaal habe ich anlässlich der Donnerstag-
Probe dann ausprobiert.
    Es ist nicht an dem, dass ich in München eine 
Orgie an probieren feiern will, aber es ist nicht möglich, 
dass nur eine Probe, noch dazu 3 Tage vor dem Konzert, 
stattfindet. Das ist schon für das Renommée der 
musikalischen Akademie nicht tragbar. Ich erinnere mich 
dabei an frühere Kritiken in Münchener Zeitungen, wo 
von „nahezu probenlosen, repertoiremässigen Aufführungen 
klassischer Meisterwerke“ die Rede war. Da es leider 
üblich ist, dass viele Musiker von Kapellmeistern begeistert 
sind, die „noch weniger“ probieren, so kommt so 
etwas immer in irgendeiner Form an die Oeffentlichkeit. 
Der Dumme ist dann der Dirigent, über den gesagt wird: 
Sehr begabt, aber leider faul, probiert fast nichts: (Mir selbst 
passiert. Ein prominenter Kollege hat z.B. durch eine 
entsprechende Äusserung meine Prager Berufung gefährdet.) 
Sie sehen, ich bin da sehr vorsichtig geworden. Andererseits 
halte ich nichts von Proben, die über 3 Stunden dauern. 
Krauss hat mir seiner Zeit gesagt, die Generalprobe zu 
Falstaff sei am 31. Jan. und am 1. Febr. sei eine leichte 
Oper. Ihr Spielplan kann sich doch nicht so grundlegend 
verändert habe. Abgesehen davon stehe ich auf dem Standpunkt, 
dass die Konzerte Angelegenheit des Orchesters sind und dass 
folglich so viel Interesse und Opferbereitschaft für diese vorhanden 
sein muss, dass am Tage vor dem Konzert sich eine 
kurze Probe einrichten lässt.
Dispositionsmässig schlage ich Ihnen folgendes vor:
Donnerstag: 10 Uhr - etwa 11 ½ Brahms II:
        Pause
        11 ½ Klavierkonzert
        12 ½ Bach
Samstag zu einer noch zu vereinbarenden Zeit
        Bach und Teile von Brahms.
Nun bitte ich Sie, um Zeit zu sparen durch einen 
Extra-Anschlag die Musiker für Bach einzuteilen, 
sonst verlieren wir sehr viel Zeit bis alles sitzt: 
Ich bitte darum, dass einige Geiger, die ein Instrument 
haben oder schon Bratsche gespielt haben, beim Bach 
Bratsche übernehmen, so dass 4 I. 4 II. 4 III. Bratschen 
besetzt sind. Die dann übrigen Geigen (I. + II. zusammen) 
teilen Sie bitte in 3 gleichstark besetzte Gruppen, 
ebenso die Celli. Für Bach genügen 4 Bässe. 
Ferner lege ich Wert auf Folgendes: Der Stimmführer der 
normal II. Geigen übernimmt die Führung der III. Geigen, 
die der II. entweder ein 2. Konzertmeister oder ein 
besonders guter I. Geiger. 
Diese Einteilung überlasse ich Ihnen, ich möchte 
dabei erreichen, dass, wenn ich „Bach“ ansage, es 
kein grosses Fragen gibt, sondern jeder weiß, was 
und wo er spielt.
    Die Sitzweise bitte ich so festzulegen:
[Skizze]
Wegen der Märzkonzerte sprechen wir 
in München. Wenn nicht genügend Proben möglich sind, 
müssen wir statt Reger ein anderes Werk wählen, was 
bei der Liebe der Münchner für Reger sehr schade wäre.
Ich komme an 29. abends (Aus Richtung Wien) 
in München an und wohne im deutschen Kaiser. 
Lassen Sie mir dort bitte ein Einbettzimmer mit Bad 
reservieren (Ruhige Lage).
    Den Schwierigkeiten entsprechend, die sich bis jetzt 
anzeigen (auch bei mir, da ich von einer Konzertreise im 
Ostprotektorat komme, wo ich Troppau um einen Tag vorverlegen 
musste), müsste es eigentlich ein grossartiges Konzert werden. 
Hoffen wir das Beste!
Gestern hat Suttner bei mir im Prager Sender 
ein sehr schönes Strauss-Konzert geblasen.
Ab morgen (25.) bin ich in Prag nicht mehr zu erreichen. 
Falls Sie mir noch schreiben wollen, dann nach Troppau (Ost-
Sudetenland) Hotel Schlesischer Hof. Dort treffe ich am 27. ein u. 
fahre am 28. über Wien nach München.
    Bis auf baldiges Wiedersehen 
        bin ich mit herzlichen Grüssen
            Ihr Joseph Keilberth


Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


Termine
Jubiläums-Abschlusskonzert

21. Dezember 2023 19:00 Uhr

Vladimir Jurowski
 

Zeitzeugnisse
Bestallungsrevers des Posaunisten Sebastian Hurlacher

Ich Sebastian Hurlacher Pusauner Bekhenn mit disem offen brieue Alls der durchleuchtig hochgeborn
Fürst vnnd Herr, Herr Wilhelm Phallnnczgraue bey Rhein Herczog in obern vnnd Nidern Bairn etc. mein ge=
nediger Herr mich zu seiner fürstlichen gnaden dienner mein lebenlanng bestellt vnnd aufgenomen hat,
vermög vnnd Innhallt seiner fürstlichen gnaden bestellbriefs mir an heut dato gegeben, der von wort zu
wort laut wie hernachvolgt. Von gottes genaden, Wir Wilhelm Phallnnczgraue bey Rhein Herczog
in obern vnnd Nidern Bairn etc. Bekhennen hiemit disem offen brieue, für vnns vnnd vnnser erben, Das
wir Sebastianen Hurlacher Busauner Zu vnnserm Diener sein lebenlang bestellt vnnd aufgenomen
haben Bestellen Ine auch hiemit Chrafft dics brieffs, Allso das er vnns mit dem Zynnckhen, Busaunen
pfeiffen geigen vnnd aller seiner khunst dienistlich vnd gewerttig sein, auch yeder Zeit vnnsere beuelch in
dem allen getreulich ausrichten vnnd volziehen, vnnd sich daran in khainen wege ychts verhyndern lassen
Dagegen sollen vnnd wollen wir Ime *sein lebenlanng vnnd* aines yeden Jars aus vnnser Chamer zu München Achczig gulden Reinisch
zu quottember Zeiten vnnd der yeder Zwainczigkh gulden in Muncz beczalen, vnnd darczue ain Summer vnd ain
wintterkhlaid aus vnnser schneiderstuben oder für yedes khlaid vnnsers Hoffs geprauch nach geben drey gulden.
Auch Ime sonnderlich die Lyferung Essens vnnd Trinckhens auff vnnser Tyrnnitz wie bishero beschehen, auf
sein Ainige person volgen lassen. Darauf hat Er vnns gelobt, vnnd versprochen, vnns die Zeit seines lebens in aller vnndterthenigkhait Zedienen, vnnsern fromen Zufurdern, vnnd schaden Zewarnen, auch sich
in allen sachen vnnsern beuelhen gemäß vnnd all wege Zehallten, als ain getreuer diener seiner Herrschafft
Zethun schuldig ist, ongeuerde. Des Zu vrkhund haben wir Ime disen brieue mit vnnserm Secrete be=
sigelt, vnnd aigener hannde vnndterschriben. geben Zu Munchen den fünffvnndZwainczigisten tag des Monats
Februarij. Nach Christi vnnsers lieben Herrn geburt, Funffczehenhundert vnnd Im funffvnndvierczigisten
Jar. Hierauff gelob vnnd versprich Ich bey meinen waren treuen vnnd Eeren an Aidesstat,
hochgenanntem meinem genedigen Herrn, Treu vnnd gewar Zesein, seiner fürstlichen gnaden fromben Zefurdern,
vnnd schaden Zewennden, vnnd Zewarnen, vnnd alles annders, was diser Reuersbrief vermag, ausweiset, mich
pindet vnnd mir auferlegt, in allen puncten vnnd Articln Zehallten vnnd Zuuolcziehen. Aller Ding treulich onge-
uerde. Des Zu vrkhundt hab Ich seinen fürstlichen gnaden disen Reuersbrief mit meinem Aigen hiefur=
gedruckten petschier, vnnd aigner hannde vnnderschriben geben. Am tag vnnd Jar wie obsteet.

Sebastian Hurlacher
mein aigne handschrift


Bildnachweis: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München


 

Zeitzeugnisse
Dienstliste für das alljährlich stattfindende Hofkonzert am 1. Januar 1863 mit dem Solisten Franz Strauss

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Lesestücke
Klingende Öffentlichkeiten

Armin Nassehi



Ein umfassendes Bild von der Arbeitsweise eines Orchesters gewinnt man ausschließlich durch einen Blick auf die Bühne oder in einen Graben. Denn nur im Augenschein, dann jedoch schnell, ist zu erkennen: Orchester sind hocharbeitsteilige Institutionen, die aus vielen Spezialist:innen bestehen, deren je eigene Kompetenz und Praxis _sym_-phonisch, _zusammen_-tönend zum Klingen gebracht werden muss. Ein Orchester ist geradezu ein Symbol dafür, wie aus spezialisierten Einzelnen, die gleichzeitig Unterschiedliches tun und deren Tun auch noch in Echtzeit und gleichzeitig koordiniert werden muss, etwas Einheitliches entsteht, das aber wiederum nur in der sehr voraussetzungsreichen Koordination der einzelnen Handlungen zu einem Ganzen wird und etwas erzeugt, das kaum mehr einem Einzelnen zuzurechnen ist. Die starke Figur des Dirigenten – vor allem im 20. Jahrhundert zumeist männliche, beinah heroische Gestalten – sorgte für ein Aufgehen der individuellen Tätigkeiten und Fähigkeiten der Orchestermusiker:innen in einem Allgemeinen. Deshalb wurde auch vor allem ihnen zugeschrieben, was da an kollektiver symphonischer Arbeit geleistet wurde und wird. Theodor W. Adorno hat in seiner Musiksoziologie gespottet, der anerkennungsbedürftige Dirigent müsse kaschieren, dass er nicht arbeitet, und deshalb einen Kult um die eigene Person pflegen. Der Wirklichkeit näher kommt wohl die Einsicht, dass das Orchester ein solch komplexes Gebilde ist, dass es der Position eines Dritten bedarf, der die Komplexität der Teile zu einem Ganzen verschmelzen kann.

Ein solcher Blick auf die Bühne und in den Graben zeigt die Institution des Orchesters mit ihrem inneren Komplexitätsaufbau und ihrer historischen Entwicklung als die performative Entsprechung komplexer Musikformen, die es ohne einen solchen arbeitsteiligen Klangkörper nicht gäbe. Dieser hohe Grad an Arbeitsteilung ist eine radikal moderne Eigenschaft. Lange bevor dieses Prinzip in die industrielle Produktion, die gegliederte Staatsverwaltung und in logistische Organisationsformen Einzug hielt, war es vor allem das Orchester, das Spezialisierung und Koordination, einzelne Säule und Ganzheit der Gesellschaft, Individualität und Kollektivität, Differenzierung und Integration zusammendenken musste. Wer sich darüber wundert, dass sich die inzwischen schon ein halbes Jahrtausend alte Form solcher Klangkörper erhalten hat, mag bedenken, dass diese soziale Organisationsform ihrer Zeit voraus war: ein Vorschein auf eine Gesellschaft, deren innere Differenziertheit und komplexe Mannigfaltigkeit zwar keine symphonische Integration kennt, dafür aber das Problem der Koordination von Handlungen umso genauer. Man könnte sogar noch weiter gehen und das Symphonieorchester mit seiner zeitlosen und besonderen Form als Parabel auf eine gesellschaftliche Gestalt begreifen, die individuelle Fähigkeiten, Spezialisierungen und Eigenheiten mit der Notwendigkeit ihrer Handlungskoordination versöhnen kann.
Man kann den Blick aber auch wenden – von der Bühne oder dem Graben in den Konzertsaal oder das Opernhaus. In der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung über die Entstehung von Öffentlichkeiten gelten musikalische Konzerte, Opernaufführungen, symphonische Konzerte, auch Kammerkonzerte neben der Entstehung von Salons oder dem Theater als frühe Orte der Öffentlichkeit. Gerade an der Musik lässt sich zeigen, wie sich mit dem Wandel von der höfischen und kirchlichen hin zu einer bürgerlichen Aufführungspraxis nicht nur das Selbstverständnis und die Verselbständigung der Kunstform Musik, sondern auch der Anlass der konzertanten Aufführungen veränderte. War die höfische Praxis noch stark von der Einübung in die verfeinerten Formen und die distinktiven Umgangsweisen des Hochadels geprägt, eröffnete sich in den Städten mit bürgerlichen Aufführungsformen eine völlig neue Dimension des Publikums. Die Musik wanderte von der höfischen Umgebung in den auf die Funktion der Aufführung reduzierten Konzert- und Opernsaal aus, wo barocke oder klassizistische Elemente nur noch als Ornament weiterlebten.

Erst in dieser Aufführungspraxis kam dem Publikum die entscheidende Bedeutung zu. Anders als am Hof oder in der Kirche treffen in einem Konzertsaal Fremde aufeinander, die sich in den meisten Aspekten ihrer Persönlichkeit auch fremd bleiben, aber über einen gemeinsamen Fokus zusammengehalten werden, durch den sie miteinander ins Gespräch kommen – über die gelungene Aufführung, den Charakter der Musik, die Merkwürdigkeiten des Dirigenten, über die missfällige Kritik und die neuesten Meldungen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Der bürgerliche Konzertsaal ist deshalb auch die Einübung in eine Praxis der Öffentlichkeit. Früher war das bürgerliche Publikum zudem auch ein Lesepublikum, das Öffentlichkeit in solchen Zusammenkünften schon deshalb herstellen konnte, weil der Lesestoff ähnlich und der Fundus des Bekannten berechenbar war. Es konnte zweckfrei und doch engagiert, interesselos und doch interessiert, kontrovers und doch einvernehmlich kommuniziert werden, und womöglich haben der Weg zum Konzertsaal, die Pause zwischen den Stücken und der Klatsch über die Abwesenden dem Konzertereignis überhaupt erst den Charakter eines gesellschaftlichen Ganzen verliehen. Konzerte waren Orte, in denen die bürgerliche Gesellschaft zu sich selbst kam, auch wenn das nur für eine kleine Trägergruppe galt. Hier kam keine klassenlose Gesellschaft zu sich selbst, sondern eine Klasse mit ihren distinkten Merkmalen; hier wurde keine demokratische Agora inszeniert, aber doch schon die Fähigkeit, Kontroversen auszuhalten und dem anderen zu begegnen; hier wurde nicht nach Konsens gesucht, aber durchaus schon die Fähigkeit eingeübt, mit Differenzen umzugehen.

Die bürgerliche Aufführungspraxis ist deshalb ein Exerzitium in Öffentlichkeit, weil hier wie an wenigen anderen Orten gepflegte Formen der Distanz trotz Gemeinsamkeiten geübt werden konnten – in aller Ambivalenz selbst in Zeitläufen, deren Öffentlichkeiten gleichgeschaltet waren. Es ist umstritten, ob man das Konzert, den bürgerlichen Salon oder das Theater als Blaupausen für politische Öffentlichkeiten der späteren (National-)Staaten betrachten kann. Unbestreitbar aber ist, dass die symphonische Praxis ein Publikum voraussetzt, das sich öffentlicher Beobachtung aussetzt und entsprechende Formen der Handlungskoordination unter Fremden kultiviert.

Institutionalisierte Orchester, bis heute, zumindest hierzulande, durch die öffentliche Hand gefördert oder sogar betrieben, zählen nach wie vor zum festen Inventar des Kulturlebens. Das ist auch eine Reminiszenz an dieses Modell inszenierter Öffentlichkeit. Die Komplexität des Orchesters ist hier nur das korrespondierende Gegenüber für eine bedeutsame und persistierende Praxis – und in einer pluralistischen, demokratisierten, egalitären und nicht zuletzt globalisierten Kultur lange nicht mehr der exklusive Ort, von dessen Widerschein er noch heute zehrt. Aber gerade das macht es nur umso bedeutsamer und bemerkenswerter, wie stabil diese Form sich hält, die trotz ihrer chronischen Struktur nicht anachronistisch zu werden scheint. Vielleicht liegt es daran, dass beide im Moment ihrer Entstehung ihrer Zeit voraus waren: das Orchester als untypisch komplexe arbeitsteilige Form und sein Publikum als Gemeinschaft von Fremden im Gespräch. Ad multos annos! 

Termine
Fr 31.03.2023
Choosing not to know
Themenkonzert

31. März 2023 19:00 Uhr

Lesestücke
1523
Hans Wertinger, Herzog Wilhelm IV. von Bayern Rückseite: Wappen Bayern-Baden und Devise, 1526, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München


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Warum 1523?

Das Jahr 1523 markiert den Beginn des institutionalisierten Musizierens im instrumentalen Verband am bayerischen Hof; damit entstand die Keimzelle des heutigen Bayerischen Staatsorchesters, das sich mithin auf eine inzwischen fünfhundertjährige Geschichte berufen kann.

1523 trat, wohl im Frühjahr, der europaweit bekannte und zuvor bis zu dessen Tod 1519 für Kaiser Maximilian I. tätige Musiker Ludwig Senfl in den Dienst des Wittelsbacher Herzogs Wilhelm IV. Er übernahm in dessen Auftrag die Leitung der Münchner Hofkantorei und begann sogleich mit dem „Ausbau der Hofmusik“ (Dr. Stefan Gasch), und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen wurde die am Hof und im herzoglichen Gottesdienst erforderliche Musik mit einem Stamm festangestellter Mitglieder auf eine neue Basis gestellt. Senfl engagierte zum Beispiel Johannes Steudel, „Pusauner“, über den vermerkt ist: „Erhält 100 Gld. rhein. per Jahr, für 1 Pferd Futter, 2 Hofkleider und 3 Scheffel Korn“, „vnnder den Pusaunen solle der Steudl maister sein“. Zum anderen bildete man nach und nach einen Fundus aufgeschriebener Werke, die für spezifische Anlässe komponiert wurden. Damit wurde es auch erforderlich, dass alle Mitwirkenden Noten lesen konnten (und nicht mehr wie in der früheren Praxis dreistimmig improvisiert wurde); beide Aspekte stehen also in direktem Zusammenhang. Neben den Diensten im liturgischen Bereich bestritten die Instrumentalisten der Hofkapelle auch Festivitäten wie Bälle und Staatsbesuche, steuerten Tafelmusiken bei Festessen bei und sorgten mit Fanfaren für die Akzentuierung wichtiger Momente bei Staatsereignissen.

1523 nehmen also zwei wesentliche Entwicklungen ihren Anfang: einerseits die Professionalisierung des Musikerpersonals, andererseits der Aufbau eines dauerhaften Repertoires – beides Ansprüche, die sich das Bayerische Staatsorchester auch heute zu eigen macht.


Bildnachweis: Hans Wertinger, Herzog Wilhelm IV. von Bayern Rückseite: Wappen Bayern-Baden und Devise, 1526, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München


 

Termine
Mi 29.11.2023
20 Jahre
Hermann-Levi-Akademie
Festkonzert

29. November 2023 20:00 Uhr

Termine
Mo 03.07.2023
Dall'Abacos Reisen
Festspiel-Barockkonzert
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3. Juli 2023 20:00 Uhr

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Termine
So 25.06.2023
Festspiel-Gottesdienst
Festspiel-Gottesdienst
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25. Juni 2023 10:00 Uhr

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Termine
Mo 17.07.2023
Surprise Variations
Festspiel-Nachtkonzert
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17. Juli 2023 20:00 Uhr

OperaBrass

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Termine
Mo 24.07.2023
Renaissance und Früh-Barock
Festspiel-Renaissancekonzert
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24. Juli 2023 20:00 Uhr

Monteverdi Continuo Ensemble

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Termine
So 02.07.2023
ATTACCA
Festspielkonzert
Termine
So 07.05.2023
IL RITORNO / DAS JAHR DES MAGISCHEN DENKENS
Christopher Moulds
Il ritorno / Das Jahr des magischen Denkens
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7. Mai 2023 19:30 Uhr Premiere

Christopher Moulds
Christopher Rüping

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Termine
Mo 26.06.2023
HAMLET
Vladimir Jurowski
Hamlet
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26. Juni 2023 19:00 Uhr Premiere

Vladimir Jurowski
Neil Armfield

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Termine
Sa 29.04.2023
Eine Tuba kommt selten allein
Eine Tuba kommt selten allein
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29. April 2023 18.00 Uhr

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Termine
Do 22.06.2023
Tangoabend
Tangoabend

10. Juni 2023 18:00 Uhr

Ensemble Sentimentale

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