#500 
DIE JUBILÄUMSWEBSITE

Jede Woche wird es auf der #500 Jubiläumsseite etwas Neues zu entdecken geben, bis die Seite am Ende des Jahres 500 Kacheln umfassen wird. 
Mithilfe von verschiedenen Rubriken als Filtermöglichkeiten können Sie die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters durchstöbern. 
Durch Kurztexte, Essays, historische Dokumente, Fotos und Videos werden nicht nur die Konzerte während des Jubiläumsjahres vor- und nachbereitet, sondern auch die aktuellen Orchestermitglieder des Bayerischen Staatsorchesters sowie die Leiter dieses traditionsreichen Klangkörpers der vergangenen fünf Jahrhunderte einzeln vorgestellt.
Aus dem Archiv der Musikalischen Akademie werden unveröffentlichte Schätze wie Briefe von Carlos Kleiber und Bruno Walter ausgegraben.

#BSO500

Lesestücke
Sakuntalas Ring: 1. Akt
https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-1



Bildnachweis: Alice Bloomfield

">

Die Geschichte von Sakuntalas Ring basiert auf Kalidasas Drama Sakuntala. Das ist eine der berühmtesten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Die Illustrationen wurden vom Bayerischen Staatsballett in Auftrag gegeben aus Anlass der Wiederaufnahme des Balletts La Bayadère im Mai 2023. Sieben Illustratorinnen und Illustratoren haben je einen Akt von Kalidasas Sakuntala zeichnerisch umgesetzt. Klickt euch durch die Akte, schaut die Bilder an und hört das Sounddesign von Renu Hossain an. Sie hat mit einer Aufnahme von La Bayadère mit dem Bayerischen Staatsorchester gearbeitet. Über das Menü könnt ihr nicht nur die Sprache einstellen, sondern auch wählen, ob ihr die Texte und die Musik ein- oder ausblenden wollt. Wir freuen uns, wenn ihr uns über den Menüpunkt „Participate“ eine Nachricht zukommen lässt und eure Ideen mit uns teilt.

https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-1



Bildnachweis: Alice Bloomfield

Lesestücke
Sakuntalas Ring: 2. Akt
https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-2



Bildnachweis: Gage Lindsten

">

Die Geschichte von Sakuntalas Ring basiert auf Kalidasas Drama Sakuntala. Das ist eine der berühmtesten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Die Illustrationen wurden vom Bayerischen Staatsballett in Auftrag gegeben aus Anlass der Wiederaufnahme des Balletts La Bayadère im Mai 2023. Sieben Illustratorinnen und Illustratoren haben je einen Akt von Kalidasas Sakuntala zeichnerisch umgesetzt. Klickt euch durch die Akte, schaut die Bilder an und hört das Sounddesign von Renu Hossain an. Sie hat mit einer Aufnahme von La Bayadère mit dem Bayerischen Staatsorchester gearbeitet. Über das Menü könnt ihr nicht nur die Sprache einstellen, sondern auch wählen, ob ihr die Texte und die Musik ein- oder ausblenden wollt. Wir freuen uns, wenn ihr uns über den Menüpunkt „Participate“ eine Nachricht zukommen lässt und eure Ideen mit uns teilt.

https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-2



Bildnachweis: Gage Lindsten

Lesestücke
Sakuntalas Ring: 3. Akt
https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-3



Bildnachweis: Jiahuan Wang

">

Die Geschichte von Sakuntalas Ring basiert auf Kalidasas Drama Sakuntala. Das ist eine der berühmtesten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Die Illustrationen wurden vom Bayerischen Staatsballett in Auftrag gegeben aus Anlass der Wiederaufnahme des Balletts La Bayadère im Mai 2023. Sieben Illustratorinnen und Illustratoren haben je einen Akt von Kalidasas Sakuntala zeichnerisch umgesetzt. Klickt euch durch die Akte, schaut die Bilder an und hört das Sounddesign von Renu Hossain an. Sie hat mit einer Aufnahme von La Bayadère mit dem Bayerischen Staatsorchester gearbeitet. Über das Menü könnt ihr nicht nur die Sprache einstellen, sondern auch wählen, ob ihr die Texte und die Musik ein- oder ausblenden wollt. Wir freuen uns, wenn ihr uns über den Menüpunkt „Participate“ eine Nachricht zukommen lässt und eure Ideen mit uns teilt.

https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-3



Bildnachweis: Jiahuan Wang

Lesestücke
Sakuntalas Ring: 4. Akt
https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-4



 Bildnachweis: Antoine Leisure

">

Die Geschichte von Sakuntalas Ring basiert auf Kalidasas Drama Sakuntala. Das ist eine der berühmtesten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Die Illustrationen wurden vom Bayerischen Staatsballett in Auftrag gegeben aus Anlass der Wiederaufnahme des Balletts La Bayadère im Mai 2023. Sieben Illustratorinnen und Illustratoren haben je einen Akt von Kalidasas Sakuntala zeichnerisch umgesetzt. Klickt euch durch die Akte, schaut die Bilder an und hört das Sounddesign von Renu Hossain an. Sie hat mit einer Aufnahme von La Bayadère mit dem Bayerischen Staatsorchester gearbeitet. Über das Menü könnt ihr nicht nur die Sprache einstellen, sondern auch wählen, ob ihr die Texte und die Musik ein- oder ausblenden wollt. Wir freuen uns, wenn ihr uns über den Menüpunkt „Participate“ eine Nachricht zukommen lässt und eure Ideen mit uns teilt.

https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-4



 Bildnachweis: Antoine Leisure

Lesestücke
Sakuntalas Ring: 5. Akt
https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-5



Bildnachweis: Pete Sharp

">

Die Geschichte von Sakuntalas Ring basiert auf Kalidasas Drama Sakuntala. Das ist eine der berühmtesten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Die Illustrationen wurden vom Bayerischen Staatsballett in Auftrag gegeben aus Anlass der Wiederaufnahme des Balletts La Bayadère im Mai 2023. Sieben Illustratorinnen und Illustratoren haben je einen Akt von Kalidasas Sakuntala zeichnerisch umgesetzt. Klickt euch durch die Akte, schaut die Bilder an und hört das Sounddesign von Renu Hossain an. Sie hat mit einer Aufnahme von La Bayadère mit dem Bayerischen Staatsorchester gearbeitet. Über das Menü könnt ihr nicht nur die Sprache einstellen, sondern auch wählen, ob ihr die Texte und die Musik ein- oder ausblenden wollt. Wir freuen uns, wenn ihr uns über den Menüpunkt „Participate“ eine Nachricht zukommen lässt und eure Ideen mit uns teilt.

https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-5



Bildnachweis: Pete Sharp

Lesestücke
Sakuntalas Ring: 6. Akt
https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-6



Bildnachweis: Raman Djafari

">

Die Geschichte von Sakuntalas Ring basiert auf Kalidasas Drama Sakuntala. Das ist eine der berühmtesten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Die Illustrationen wurden vom Bayerischen Staatsballett in Auftrag gegeben aus Anlass der Wiederaufnahme des Balletts La Bayadère im Mai 2023. Sieben Illustratorinnen und Illustratoren haben je einen Akt von Kalidasas Sakuntala zeichnerisch umgesetzt. Klickt euch durch die Akte, schaut die Bilder an und hört das Sounddesign von Renu Hossain an. Sie hat mit einer Aufnahme von La Bayadère mit dem Bayerischen Staatsorchester gearbeitet. Über das Menü könnt ihr nicht nur die Sprache einstellen, sondern auch wählen, ob ihr die Texte und die Musik ein- oder ausblenden wollt. Wir freuen uns, wenn ihr uns über den Menüpunkt „Participate“ eine Nachricht zukommen lässt und eure Ideen mit uns teilt.

https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-6



Bildnachweis: Raman Djafari

Lesestücke
Sakuntalas Ring: 7. Akt
https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-7



Bildnachweis: Masanobu Hiraoka

">

Die Geschichte von Sakuntalas Ring basiert auf Kalidasas Drama Sakuntala. Das ist eine der berühmtesten Liebesgeschichten der Weltliteratur. Die Illustrationen wurden vom Bayerischen Staatsballett in Auftrag gegeben aus Anlass der Wiederaufnahme des Balletts La Bayadère im Mai 2023. Sieben Illustratorinnen und Illustratoren haben je einen Akt von Kalidasas Sakuntala zeichnerisch umgesetzt. Klickt euch durch die Akte, schaut die Bilder an und hört das Sounddesign von Renu Hossain an. Sie hat mit einer Aufnahme von La Bayadère mit dem Bayerischen Staatsorchester gearbeitet. Über das Menü könnt ihr nicht nur die Sprache einstellen, sondern auch wählen, ob ihr die Texte und die Musik ein- oder ausblenden wollt. Wir freuen uns, wenn ihr uns über den Menüpunkt „Participate“ eine Nachricht zukommen lässt und eure Ideen mit uns teilt.

https://www.in-toon.com/de/ballets/sakuntalas-ring/act-7



Bildnachweis: Masanobu Hiraoka

Chefs
Felix Mottl
http://www.rgrossmusicautograph.com/60/089-60.jpg, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46867254

">

Felix Mottl wurde am 24. August in Unter-St. Veit bei Wien geboren. Am Konservatorium in Wien studierte er unter anderem bei Anton Bruckner Harmonielehre und Kontrapunkt, bevor er den Akademischen Wagner-Verein gründete und als Korrepetitor an der Wiener Oper tätig war. 1876 arbeitete er als Kopist und Assistent bei den ersten Bayreuther Festspielen, zwischen 1886 und 1906 sollte er dort über 70 Aufführungen als Dirigent leiten. Nach Tätigkeiten als Generalmusikdirektor des Philharmonischen Vereins in Karlsruhe und als Gastdirigent in Paris, Brüssel, London und New York kam er 1904 als Hofkapellmeister nach München. 1907 wurde er zum Direktor der Münchner Hofoper ernannt, wo er bis zu seinem Tod wirkte. Felix Mottl starb an den Folgen eines am 21. Juni 1911 erlittenen Herzanfalls während einer _Tristan-_Aufführung in München. Die entsprechende Stelle im zweiten Aufzug ist im Aufführungsmaterial des Bayerischen Staatsorchesters eingetragen und erinnert bis heute bei jeder Vorstellung an das tragische Ereignis.



Bildnachweis: Von J. Hartmann, Bayreuth – http://www.rgrossmusicautograph.com/60/089-60.jpg, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46867254

Chefs
Hermann Zumpe
edocs.ub.uni-frankfurt.de, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=5002963

">

Hermann Zumpe wurde am 9. April 1850 in Oppach geboren und starb am 4. September 1903 in München. In Leipzig nahm er Kompositionsunterricht bei Albert Tottmann, und 1872 wurde er Kapellmeister eines Leipziger Vaudeville-Theaters. Noch im selben Jahr ging er nach Bayreuth, wo er Wagner bei der Fertigstellung von dessen _Ring-_Partituren assistierte und einen Klavierauszug der Götterdämmerung einrichtete. Nach Stellen als Kapellmeister in Salzburg, Würzburg, Magdeburg, Frankfurt und Hamburg wurde er 1891 zum Hofkapellmeister in Stuttgart berufen. Ab 1895 leitete er das Kaim-Orchester, also die späteren Münchner Philharmoniker, bevor er 1897 nach Schwerin als Hofkapellmeister ging. 1901 wechselte er in selber Position an das neue Münchner Prinzregententheater und 1902 wurde er zum Generalmusikdirektor ernannt.



Bildnachweis: Von unbekannt - edocs.ub.uni-frankfurt.de, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=5002963

Chefs
Bernhard Stavenhagen
https://www.tripota.uni-trier.de/portraits/385/2/385_0966_p_900.jpg

">

Bernhard Stavenhagen wurde am 24. November 1862 in Greiz geboren und starb am 25. Dezember 1914 in Genf. Nach der Übersiedlung der Familie nach Berlin wurde er Schüler an der Königlichen Hochschule für Musik, bevor er ab 1878 Klavier, Musiktheorie und Komposition studierte. Mit seinem C-Dur-Klavierkonzert erhielt er den Großen Mendelssohn-Preis für ausübende Tonkunst. Ab 1885 war er in Weimar Schüler von Franz Liszt, den er auf Reisen begleitete und dessen Grabrede er hielt. 1890 erhielt er den Posten des Großherzöglichen sächsischen Hofpianisten in Weimar, wo er ab 1894 als Hofkapellmeister wirkte. Nachdem Richard Strauss seine Stelle in München aufgegeben hatte, um nach Berlin zu gehen, rückte Stavenhagen 1898 als Hofkapellmeister nach. Hier war er bis 1902 engagiert, bis er sich wieder verstärkt Solisten- und Kammermusiktätigkeit widmete.



Bildnachweis:  https://www.tripota.uni-trier.de/portraits/385/2/385_0966_p_900.jpg

Chefs
Hugo Röhr

Hugo Röhr wurde am 13. Februar 1866 in Dresden geboren und starb am 7. Juni 1937 in München. Er lernte in Dresden unter anderem bei Franz Wüllner, dem Uraufführungsdirigenten von Das Rheingold und Die Walküre, der ab 1871 as Erster Hofkapellmeister in München engagiert war. Als Solorepetitor arbeitete er ab 1886 an der Hofoper in Dresden, dann als Dirigent am Stadttheater Augsburg, am Hoftheater Kassel sowie am Deutschen Landestheater Prag und in Breslau. 1892 bis 1896 hatte er die Stelle des Ersten Kapellmeisters am Nationaltheater Mannheim inne, bevor er 1896 an das Münchner Hoftheater berufen wurde. Sein weltliches Oratorium Ekkehard wurde im Rahmen der Musikalischen Akademie uraufgeführt, und 1904 folgte seine Oper Das Vaterunser am Münchner Hoftheater_._ Seinen Posten hatte er bis 1918 inne.



Bildnachweis: Musikalische Akademie Mannheim

Chefs
Max Erdmannsdörfer

Max Carl Christian Erdmannsdörfer wurde am 14. Juni 1848 in Nürnberg geboren. Er studierte am Leipziger Konservatorium zwischen 1863 und 1867 Musiktheorie, Klavier und Violine, bevor er sich 1868/1869 in Dresden zum Dirigenten ausbilden ließ. 1871 wurde er Fürstlich-Schwarzburgerischer Hofkapellmeister in Sondershausen, und zwischen 1881 und 1889 leitete er die Konzerte der russischen Musikgesellschaft in Moskau, wo er auch am Konservatorium unterrichtete. Ab 1889 leitete er die philharmonischen Konzerte und die Singakademie in Bremen, bevor er 1895 nach München kam. Ein Jahr später wurde er zum bayerischen Hofkapellmeister ernannt. Er leitete ebenso die Akademie-Konzerte und unterrichtete an der Akademie der Tonkunst bis 1898. Am 14. Februar 1905 verstarb Erdmannsdörfer in München.



Bildnachweis: Wilhelm Höffert, Public domain, via Wikimedia Commons

Chefs
Richard Strauss

Ab 1894 leitete für zwei Jahre der 30-jährige Richard Strauss zuerst als Königlicher Kapellmeister, dann als Hofkapellmeister das Münchner Hoforchester. Neben Wagner bildeten besonders die Opern Mozarts einen Schwerpunkt seiner Arbeit in München. In dieser Zeit entstanden auch seine symphonischen Dichtungen Till Eulenspiegels lustige Streiche, Also sprach Zarathustra sowie Don Quixote, die jedoch nicht in München, sondern in Köln und Frankfurt zur Premiere gelangten.



Bildnachweis: Porträtphotographie Richard Strauss (Kabinettformat). Atelier Hertel; Weimar (Friedrich Hertel † 1918), Public domain, via Wikimedia Commons.

Chefs
Franz Fischer

Franz Fischer wurde am 29. Juli 1849 München geboren, wo er am 8. Juni 1918 auch verstarb. Er wirkte als Cellist bei der Münchner Uraufführung von Wagners Rheingold mit, spielt sein Instrument aber auch als Solocellist am Nationaltheater Pest sowie im ersten Festspielorchester der Bayreuther Festspiele. Als Hofkapellmeister am Mannheimer Nationaltheater dirigierte er Wagners Tannhäuser, bevor er in selber Position nach München unter dem Generalmusikdirektor Hermann Levi berufen wurde. Er leitete 1888 die postume Münchner Uraufführung von Wagners Die Feen und einige Konzerte im Rahmen der Musikalischen Akademie. In München wirkte er zwischen 1880 und 1913.



Bildnachweis: Franz Fischer, um 1880 fotografiert von Egon Hanfstaengl Vorlage: Porträtsammlung des Münchner Stadtmuseums

Lesestücke
Tradition, Exzellenz und Vielseitigkeit im Widerhall der Zeiten

Orchesterrat des Bayerischen Staatsorchesters


FÖRDERER VON ANFANG AN

Die Suche nach den Ursprüngen und die Festlegung eines Gründungsdatums eines Orchesters ist ohne Gründungsurkunde keine leichte Aufgabe. 1523 allerdings war ein markantes Jahr für die Münchner Hofkapelle. Mit der Berufung von Ludwig Senfl an den Hof von Herzog Wilhelm IV. und Senfls Entscheidung, fortan nur noch ausgebildete Musiker in seinem Ensemble zu beschäftigen, wurde in jenem Jahr der Grundstein für das professionelle Musizieren im Dienst der bayerischen Herzöge, Könige und des Freistaates Bayern gelegt. Wenn wir 2023 das 500-jährige Bestehen des Bayerischen Staatsorchesters begehen, liegt es nahe, dem Wittelsbacher in der Nachfolge Herzog Wilhelms IV., S.K.H. Herzog Franz von Bayern, die Schirmherrschaft über das Jubiläumsjahr anzutragen – umso mehr, da der Herzog ohnehin seit vielen Jahren ungemein treuer und kundiger Zuhörer im Nationaltheater ist.

500 JAHRE UNPLUGGED

Im Bayerischen Staatsorchester leben wir unsere Tradition im besten Sinne. So bewahrt sich das Orchester seinen spezifisch dunklen, warmen Klang, und wenn wir neue Mitglieder für das Orchester suchen, ist nicht nur das technische und musikalische Können der Kandidat:innen ein entscheidendes Kriterium, sondern auch, ob sich die Klangvorstellungen von Kandidat:in und Orchester vereinen lassen. Werden bedeutende Werke geprobt, geht einem die Musik meist wie von selbst von der Hand, weil sie vom Wissen und der Hingabe aller im Orchester getragen wird. Gleichzeitig ist auch jede Aufführung anders: Jedes Publikum schenkt einem Abend eine besondere Form der Aufmerksamkeit, das Bühnengeschehen ist ohnehin nie wiederholbar, und das Orchester spielt in immer neuen Besetzungskonstellationen. Dies macht Routine nahezu unmöglich: Aufmerksamkeit und Konzentration sind für uns stets unabdingbar, denn alles entsteht und entwickelt sich von Moment zu Moment. Mit Orchesterklängen eine eigene musikalische Geschichte zu erzählen und dann wieder aufmerksam ein Bühnengeschehen zu untermalen, erscheint nur vordergründig als Widerspruch. Beides zusammen macht einerseits den enormen Reiz eines Opernorchesters aus und inspiriert andererseits das Musizieren auf dem Konzertpodium, auf dem unser Orchester seit über 200 Jahren zu Hause ist. Hier vermag es Werken ohne Worte eine Klanggeschichte, eine hörbare Entwicklung einzuhauchen. Dass dies nur gelingt, wenn alle im Orchester in Sekundenbruchteilen aufeinander reagieren können, versteht sich von selbst. Besonders bei den Ballettvorstellungen, wenn Musik haargenau auf Bewegungen passen und doch agogische Flexibilität aufweisen muss, ist diese Agilität besonders wichtig. Risikofreude und Traditionsbewusstsein gehen bei uns eine Verbindung ein. Wir gehen aufs Ganze und musizieren mit offenem Visier — unplugged seit 500 Jahren.

FREIHEIT DURCH SELBSTVERANTWORTUNG

Bei der Planung des Jubiläumsjahres war es uns wichtig, die Dirigenten, die uns in den vergangenen Jahrzehnten als Generalmusikdirektoren verbunden waren und die unseren Klang, unser Repertoire und unsere künstlerische Entwicklung maßgeblich geprägt haben, einzuladen und mit ihnen zu musizieren. Wir freuen uns also neben vielen anderen Höhepunkten sehr auf die Akademiekonzerte unter der Leitung von Zubin Mehta, Kent Nagano, Kirill Petrenko und Vladimir Jurowski. Und weil für uns der Blick in die Vergangenheit nur aus einem aktiven Heute heraus denkbar ist, haben wir sie gebeten, jeweils einen ihnen vertrauten Komponisten mit einem neuen Werk zu beauftragen.

Für den September haben wir uns eine symphonische Tournee in die Musikzentren Europas vorgenommen – inmitten dieser Reise machen wir aber für das Konzert im Rahmen von Oper für alle auch in München Halt. Seinen Abschluss findet das Jubiläumsjahr im Dezember dann mit einem Konzert im Liebfrauendom.

Die Akademiekonzerte und die Tourneen werden schon seit 1811 von den Musiker:innen des Orchesters im Rahmen der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters selbst geplant und verantwortet. Das organisatorische Engagement vieler Mitglieder des Orchesters für unser Kollektiv ist ein großer Bestandteil unseres Selbstverständnisses, in dem Freiheit nur aus der Übernahme von Selbstverantwortung heraus gelingt.

EXZELLENZ UND VIELSEITIGKEIT

Dass das Bayerische Staatsorchester in den Monaten unmittelbar vor unserem großen Jubiläum mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht wurde, erfüllt uns mit Stolz und ist uns Motivation und Ansporn, auch weiterhin auf der Suche zu sein nach dem besten Klang, dem gelungensten Zusammenspiel, den inspirierendsten neuen Kolleg:innen und den herausragendsten Solist:innen und Dirigent:innen für unsere Konzerte.

Wir freuen uns darauf, Ihnen auch im Jubiläumsjahr in der Vielzahl und Verschiedenheit der Aufführungen von Kinderkonzerten bis hin zu den großen Klassikern des Opern- und Ballettrepertoires, vom exzellenten Solorecital bis zur Sinfonie der Tausend unsere große künstlerische Bandbreite und Flexibilität präsentieren zu dürfen.

DANK

Ohne unser begeisterungsfähiges Publikum, das uns trägt und herausfordert, müssten unsere Instrumentenkoffer geschlossen bleiben. Ohne Ihr Interesse für unser Tun, ohne Ihr Hinhören, Aufnehmen, Bewahren und Erinnern bräuchten wir keinen Ton zu spielen. Ohne offene Ohren für Ideen, ohne ideelle und finanzielle Großzügigkeit an vielen Stellen hätten wir dieses Jubiläumsjahr nicht realisieren können. Wir danken Staatsminister Dr. Markus Blume und dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Schirmherrn S.K.H. Herzog Franz von Bayern, der Botschafterin des Bayerischen Staatsorchesters, Julia Frohwitter, den Freunden des Nationaltheaters e. V. und dem Verein MUKA – Freunde und Förderer der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters e. V. und allen Kolleg:innen an der Bayerischen Staatsoper für ihre großartige Unterstützung.

FÜR DIE ZUKUNFT

Wir fühlen uns als Kulturbotschafter:innen verantwortlich, mit den Menschen in München, Bayern und weltweit unsere Freude an der Musik zu teilen. Dies gelingt in Zeiten von Livestreams und seit der Gründung unseres eigenen Labels Bayerische Staatsoper Recordings sicher noch besser als vor einigen Jahren. Gleichzeitig wollen wir die Tradition und die herausragende Güte unseres Klangkörpers bewahren und bereit sein für die Zukunft. Wir setzen uns dafür ein, dass auch in kommenden Zeiten Menschen jeden Alters, jedes sozialen und kulturellen Hintergrundes, unabhängig von Hörerfahrung und Lebenssituation mit unserer Kunst in Berührung kommen können: Musik hat integrative Kraft und stärkt die Seele, davon sind wir auch für die kommenden 500 Jahre überzeugt.



Bildnachweis: Frank Bloedhorn

Chefs
Friedrich Wilhelm Meyer

Meyer wurde am 2. März 1818 in Altenburg geboren und starb am 30. Mai 1893 in München. Nach Stationen in Trier und Stettin wurde Meyer 1869 Hofkapellmeister in München, wo er bis 1882 wirkte. Ab 1875 studierte der junge Richard Strauss bei Meyer und widmete ihm später auch seine Serenade Es-Dur op. 7, die 1882 als erstes Werk des 17-jährigen Komponisten außerhalb Münchens uraufgeführt worden ist.

Chefs
Joseph Gabriel Rheinberger
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=99154084

">

Joseph Gabriel Rheinberger wurde am 17. März 1839 in Valduz (Liechtenstein) geboren und studierte am Hauserschen Konservatorium in München, wo der Zwölfjährige damals als jüngster und begabtester Schüler des Instituts galt. 1859 wurde er als Klavierlehrer am Münchner Konservatorium sowie als Organist an der Kirche St. Michael angestellt. Erste Kompositionen Rheinbergers wurden ab dieser Zeit bei Peters veröffentlicht. Ab 1864 war er Korrepetitor an der Münchner Hofoper, wo er unter anderem bei der Uraufführung von Wagners Tristan und Isolde mitwirkte. 1876 wurde er als Professor für Komposition und Orgelspiel an der neu gegründeten Königlichen Musikschule angestellt. Bereits ein Jahr später trat er in München das Amt des Hofkapellmeisters in der Nachfolge Franz Wüllners an, das er 1894 aufgab, um sich voll und ganz seinen Kompositionen widmen zu können. Rheinberger starb am 25. November 1901 in München. Er hinterließ zahlreiche Werke, unter anderem Messen, Lieder, symphonische Instrumentalmusik und Opern. Besonders erfolgreich waren zu Lebzeiten seine Wallenstein-Symphonie, die Oper Die Sieben Raben, sein Requiem b-Moll oder auch seine Florentiner Symphonie op. 87.


Bildnachweis: Von Atelier Müller-Hilsdorf, München – own (Münchner Stadtmuseum), CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=99154084

Chefs
Hermann Levi

Hermann Levi wurde am 7. November 1839 in Gießen geboren und machte sich schnell als musikalisches Wunderkind einen Namen. Nach frühen Studien in Mannheim und Leipzig folgten ab 1859 Posten als Musikdirektor bzw. Kapellmeister in Saarbrücken, Mannheim und in Rotterdam. 1864 bis 1872 wirkte er in Karlsruhe als Hofkapellmeister, wo Wagner auf ihn bei dessen Meistersinger-Dirigaten aufmerksam wurde. 1872 kam Levi schließlich als Hofkapellmeister nach München. Er wirkte unter anderem als Assistent in Bayreuth, wo er 1882 die Parsifal-Uraufführung leitete. In München setzte er sich für Werke von Johannes Brahms, Anton Bruckner, Richard Strauss, aber auch Hector Berlioz und Engelbert Humperdinck ein. Außerdem hatte er mit seinen bis in die 1930er-Jahren verwendeten Übersetzungen entscheidenden Einfluss auf die sogenannte Mozart-Renaissance. Zwei Jahre nachdem er zum Generalmusikdirektor ernannt worden war, trat Levi 1896 krankheitsbedingt in den Ruhestand. Er starb am 13. Mai 1900 in München. Wegen seiner Bedeutung für die Musik und insbesondere seines zukunftsweisenden Schaffens am Nationaltheater München trägt die 2002 gegründete Orchesterakademie des Bayerischen Staatsorchesters seit 2021 seinen Namen: Hermann-Levi Akademie.


Bildnachweis: Andrea1903 (Scan); photographer unknown, Public domain, via Wikimedia Commons

Chefs
Franz Wüllner

Franz Wüllner wurde am 28. Januar 1832 in Münster geboren und ging bereits zwischen 1850 und 1854 mit Beethovens späten Klaviersonaten auf Tour. 1854 zog er nach München, wo er ab 1856 als Klavierlehrer wirkte. Nach Stationen als städtischer Musikdirektor in Aachen und als Leiter beim Niederrheinischen Musikfest wurde er 1864 als Hofkapellmeister der Königlichen Vokalkapelle nach München berufen. Wüllner dirigierte die Uraufführungen von Wagners Rheingold und Walküre in München und wurde 1871 schließlich zum 1. Hofkapellmeister ernannt. In dieser Position wirkte er bis 1877, als er in Dresden die Leitung des Konservatoriums sowie des dortigen Hofkapellmeisteramts übernahm. 1884 ging er als städtischer Kapellmeister und Dirigent des Konservatoriums nach Köln. Er starb am 7. September 1902 in Braunfels.



Bildnachweis: Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Signatur/Inventar-Nr.: MB.gr.2.2

Chefs
Hans Richter
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29443729

">

Am 4. April 1843 wurde Hans Richter in Raab (im heutigen Ungarn) als Sohn eines Domkapellmeisters und einer Opernsängerin geboren. Nach dem Tod des Vaters erhielt er seine weitere Ausbildung in Wien, zuerst als Chorknabe, dann am Konservatorium. Von 1862 bis 1866 war er Hornist beim Orchester des Kärntnertortheaters, bevor er im Oktober 1866 nach Tribschen zu Richard Wagner kam, wo er die Partitur von dessen Oper Die Meistersinger von Nürnberg kopierte. Als musikalischer Assistent wirkte er bei den Proben zur Münchner Uraufführung derselben Oper mit und wurde hier schließlich zum königlichen Musikdirektor ernannt. Bereits im darauffolgenden Jahr, also 1869, gab er diesen Posten allerdings wieder auf, weil er sich weigerte, gegen den Willen des Komponisten Das Rheingold uraufzuführen. Stattdessen sollte Franz Wüllner die von König Ludwig II. ersehnten Uraufführungen von Das Rheingold sowie Die Walküre in München dirigieren. Ab Juni 1870 wirkte Richter als Sekretär Wagners in Tribschen, wo er auch die Partitur von Siegfried kopierte. Ab 1871 war er Kapellmeister am Nationaltheater in Pest, ab 1875 wirkte er an der Wiener Hofoper und leitete zwischen 1875 und 1898 unter anderem die Konzerte der Wiener Philharmoniker. Er war der Dirigent der ersten vollständigen _Ring-_Aufführungen 1876 in Bayreuth, wo er insgesamt 77 Aufführungen leitete und dirigierte zwischen 1903 und 1910 die deutschen Opernaufführungen am Royal Opera House in Covent Garden. Richter starb am 5. Dezember 1916 in Bayreuth.



Bildnachweis: Von Herbert Rose Barraud, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29443729

Lesestücke
Oper am Telefon (2)

von Thomas Herbst

Nach dem Erfolg bei der Elektrizitätsausstellung blieb die telefonischen Opernübertragung in Frankreich unglaublich beliebt und wurde unter dem Namen Théâtrophone ab 1890 auch kommerziell vermarktet: An Münzapparaten in Hotels, Cafés und anderen öffentlichen Plätzen konnte man die Vorstellungen im Theater verfolgen. Im Deutschen Reich und in Österreich dagegen blieb sie zum größten Teil auf die spektakulären Ausstellungen beschränkt und nur wenige ließen sich einen Anschluss einrichten. In München beispielsweise gab es Anfang des 20. Jahrhunderts zwei Leitungen vom Nationaltheater ins Deutsche Museum und je eine in die Wohnungen von Prinz Heinrich, Prinz Konrad und in die des Hoftheaterintendanten Ernst von Possart.

Erst 1924 kam in Bayern wieder Schwung in die Sache. Ausgehend von der Überlegung, die doch recht teuren Telefonleitungen besser auszunutzen und die Einnahmen zu steigern, gab es viele Versuche, auch Musik zu übertragen. Von den zuständigen Postbeamten wurde aber eine Nutzung immer abgelehnt mit dem Argument, die Nachrichtenübermittlung sei wichtiger, eine Opernübertragung würde nur den normalen Betrieb stören. Eine Erfindung aber löste dieses Problem: ein zusätzliches Gerät am Telefonanschluss unterbrach bei eingehendem Gespräch die Musikübertragung.

Gegen viele Widerstände aus dem Reichspostministerium setzten die Bayern ihre Visionen um: im Nationaltheater wurde an jedem Pult im Graben ein Mikrofon installiert, auf der Bühne noch einmal 40; die durch insgesamt 120 Mikrofone aufgenommen Signale wurden durch einen Verstärker geschickt und ins Telefonnetz eingespeist. Im Juni 1924 fand mit der Walküre die erste Präsentation für die Presse statt: die Journalisten waren begeistert über Klangqualität und Durchhörbarkeit, Abonnenten wurden geworben und am 1. Oktober 1924 begann die tägliche Übertragung. Später wurde auch das Odeon verkabelt und man konnte ebenso die Akademiekonzerte am Telefon verfolgen. Am Marienplatz gab es sogar eine Opernhörstube: „Ein Dutzend viereckiger Tische, umstellt von acht bequemen Polsterstühlen, füllt den saalartigen Raum aus. Auf jedem Tisch steht ein Apparat mit acht Telefonkopfhörern; es ist also die Möglichkeit vorhanden, daß 96 Personen zugleich … den Opernaufführungen der bayerischen Staatsoper lauschen können, als Entgelt soll pro Stunde 50 Pfennige Eintritt verlangt werden.“ Ab 1925 konnte man hier sogar stereo hören.

Über das bayernweite Angebot informiert eine Werbeanzeige von 1930: „Das Opern-Telefon überträgt das Programm der Bayerischen Staatsoper: also innerhalb der Spielzeit allabendlich ein Werk (auch die Festspielopern im August und September). Ferner sind im Winter die zehn Abonnementskonzerte der Musikalischen Akademie zu hören. Endlich … werden täglich von 11–12 Uhr die besten, musikalisch hochwertigen Schallplatten übertragen. Einmalige Gebühren: im einfachsten Falle 47 Mark, laufende Gebühren: monatlich 40 Pfennig …“
Aber der Siegeszug des Rundfunks war nicht zu stoppen. Auch dort wurden Opern- und Konzertübertragungen angeboten (und natürlich nicht nur aus München!) und so stagnierten die Abonnentenzahlen für „Oper am Telefon“ auf unrentablen 3500. Als dann auch noch die Künstler einen Teil der Einnahmen beanspruchten, stand das Projekt vor dem Aus und wurde 1930 eingestellt.

Bildnachweis: Aus: 150 Jahre Bayerisches Nationaltheater, Hrsg: Generaldirektion der Bayerischen Staatstheater, C. Hirth’s Verlag G.M.B.H., München, 1928

Chefs
Hans von Bülow
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6783959

">

Hans von Bülow wurde am 8. Januar 1830 in Dresden geboren, wo er ersten Unterricht in Musiktheorie erhielt und die Uraufführung von Richard Wagners Oper Rienzi bleibenden Eindruck bei dem damals Zwölfjährigen hinterließ. Er studierte Rechtswissenschaften in Leipzig und Berlin, bevor die Uraufführung von Wagners Lohengrin am 28. August 1850 in Weimar von Bülow endgültig dazu bewegte, sich ganz der Musik zu widmen. Bei dem Dirigenten der Lohengrin-Uraufführung und Klaviervirtuosen Franz Liszt komplettierte Hans von Bülow seine pianistische Ausbildung, während Wagner selbst von Bülow bei dessen musikalischen Plänen unterstützte und ihm erste Engagements als Dirigent vermittelte. Liszts Tochter Cosima heiratete Hans von Bülow schließlich 1957, nachdem er bereits erste Konzertreisen absolviert und eine Festanstellung als Klavierlehrer am Berliner Stern’schen Konservatorium angetreten hatte. 1864 wurde von Bülow von König Ludwig II. nach Wagners Vorschlag nach München berufen: anfangs als königlicher Vorspieler, dann als Leiter der Münchner Musikschule, um dort Wagners Reformen umzusetzen, und ab 1867 schließlich als Hofkapellmeister. Trotz der Beziehung seiner Frau Cosima mit Richard Wagner blieb von Bülow dem Komponisten treu und leitete die Uraufführungen von dessen Opern Tristan und Isolde und Die Meistersinger von Nürnberg in München_._ Cosima zog schließlich in die Schweiz zu Wagner, den sie 1870 heiratete. Nach dieser Endgültigkeit der Trennung widmete sich Hans von Bülow seiner Pianistenkarriere und gab Konzerte in London, Russland und in den USA. 1877 wurde er erster Hofkapellmeister in Hannover, 1880 Hofmusikintendant in Meiningen, und ab 1885 leitete er unter anderem die Hamburger Abonnementskonzerte und Veranstaltungen der Berliner Philharmonie. Geplagt von schweren Kopfschmerzen und nicht mehr in der Lage zu den ausführlichen Reisen seines Tourneelebens suchte Hans von Bülow Linderung durch das ägyptische Klima in Kairo, wo er am 12. Februar 1894 verstarb. Hans von Bülow komponierte nicht nur Lieder, symphonische Dichtungen und Klaviermusik, sondern trat neben seinen Tätigkeiten als Dirigent und Klaviervirtuose auch als Pädagoge und Musikschriftsteller in Erscheinung.


Bildnachweis: Von Autor/-in unbekannt – Carte de Visite Woodburytype – Print (Repro by/von Günter Josef Radig), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6783959

Lesestücke
Staatsorchester und Staatsballett – Partnerschaft? Freundschaft? Ehe?

von Wolfgang Oberender


Dass eine Ehe zwischen Bayerischem Staatsorchester und Bayerischem Staatsballett besteht, zeigt sich bereits daran, dass das Staatsballett – schon von der Zahl der gemeinsamen Dienste her – nach der Staatsoper der intensivste künstlerische Partner des Staatsorchesters ist. Fragen wir nach den Reibungsmöglichkeiten? Besser doch zunächst nach den Glücksmöglichkeiten. Womöglich ­– wie es im Leben zugeht – entspringt das eine aus dem anderen und sind beide nicht zu trennen.

Nehmen wir das Repertoire neben den Ballettpartituren wie Schwanensee. Mehr denn je begnügen sich Choreographen nicht mehr mit Musik, die exklusiv für Tanz komponiert wurde, greifen in den unendlich großen und unendlich kostbaren Kosmos der symphonischen Literatur. Leonid Massines Choreartium zu Brahms’ Symphonie Nr. 4, geschaffen 1931, ist ein spektakuläres Beispiel aus dem Münchner Repertoire. Die Diskussion innerhalb der Musikkritik, ob dies eine Vergewaltigung der Musik oder die Quelle eines choreographischen Jahrhundertwerks wäre, ist im Programmheft dokumentiert. Dreißig Jahre später verbietet Londons Covent Garden die Usurpation von Mahlers Lied von der Erde durch Kenneth MacMillan. Er choreographiert es an anderem Ort und kreiert ein Meisterwerk, das heute zum Ballett-Kanon gehört. In München wird es seit 2007 getanzt. Wie fühlt sich das Bayerische Staatsorchester damit? Die Werke sind ihm vertraut aus dem Repertoire der Akademiekonzerte, in deren Rahmen sie in intensiven Proben erarbeitet und dann auf dem denkbar höchsten Niveau in lediglich zwei bis drei Aufführungen präsentiert werden. An der Frage, ob diese Art Symphonik jemals im täglichen Ballett-Repertoire mit seinen begrenzten Probenzeiten gewahrt werden könnte, entzündete sich ein Konflikt mit dem damaligen Generalmusikdirektor Kent Nagano, der dann pragmatisch – nicht gerade die Lieblingsmethode großer absoluter Künstler – gelöst wurde. Aber es entstand daraus auch eine Freundschaft, als Nagano vorschlug, einen Abend mit Ravels Daphnis und Chloe selbst zu dirigieren, der dann sogar den Staatsopernchor miteinschloss. Erwähnen wir beispielhaft noch Instrumentalkonzerte, die zusätzlich den Konzertmeistern des Orchesters schönste Entfaltungsmöglichkeit geben: Sibelius’ Violinkonzert d-Moll im Rahmen des Balletts Shannon Rose, oder Gubaidulinas Konzert für Viola und Orchester in der Choreographie von Martin Schläpfer. Offen bleibt die Wunde, wenn ein Choreograph die Eigengesetzlichkeit eines musikalischen Werkes völlig außer Acht lässt, weil er die Musik als frei einsetzbares Mittel zum Zweck seines Werkes betrachtet. Aber er muss dann auch in Kauf nehmen, dass man sein Werk an der Qualität der „benutzten“ Kompositionen misst. Und es gehört schon sehr viel dazu, neben einer großen absoluten Komposition zu bestehen.

So oder so: Es bleibt eine große Geste der Freundschaft, wenn ein Weltklasseorchester die klassischen Werke der Musik dem Ballett zu Füßen legt! „Zu Füßen legen“ heißt zunächst einmal, von der Absolutheit und Freiheit der ausschließlich musikalischen Interpretation abzusehen und zu berücksichtigen, welche Bedeutung das Werk im Verhältnis zum Geschehen auf der Bühne hat. Zu spüren, welche Tempi in diesem Fall die richtigen, die notwendigen sind. Sich vielleicht – wie ein Rennpferd dem Reiter sich unterwirft – zurückzuhalten, wo ein kompliziertes choreographisches Geschehen Zeit braucht, sich im Dialog mit der Musik zu entfalten, während der Musiker eigentlich – aller Zügel ledig – davonstürmen möchte.

Doch nun zu den „legitimen“ Ballettpartituren: von Strawinskys Sacre du printemps über die Tschaikowsky-Klassiker bis zu Prokofjews Romeo und Julia oder Chatschaturjans Spartacus. Es gibt nicht viele Ballettcompagnien auf der Welt, die für solche Meisterwerke einen musikalischen Partner wie das Bayerische Staatsorchester haben. Womöglich gibt es sogar viele Orchestermitglieder, die sich auf solche „Dienste“ sogar freuen. Doch kann schon ein kleiner Schritt vom Wege in den Abgrund führen. Lässt das Orchester die delikate Kunst von Delibes Coppélia und Adams Giselle vielleicht noch gelten, so beginnen sich die Haare zu sträuben bei Namen wie Minkus, Drigo und Pugni. Umso mehr, als der Dirigent hier oft zu den abenteuerlichsten Tempo-Verrenkungen gezwungen scheint. Mancher Gala-Abend mit den berüchtigten Virtuosen-Pas-de-deux schlägt hier dem Fass den Boden aus.

Da war die Spezialkunst eines Mannes wie André Presser gefordert, der als „Ballettdirigent“ (ein Wort, das er hasste) zehn Jahre lang die musikalischen Geschicke des Staatsballetts leitete und so gut wie jede Vorstellung dirigierte. Da er im Lauf einer Spielzeit ungeheuer oft am Pult stand – viel häufiger als selbst der Generalmusikdirektor – verstand er besser als jeder andere die Psychologie des Orchesters. Und wusste, wie wichtig es ist, dass die Musiker mit Freude musizieren können. Er sah im Bayerischen Staatsorchester das beste Opernorchester der Welt. Und „Opernorchester“ meinte für ihn mehr als Konzertorchester. Die Musiker brauchen ganz andere Fähigkeiten der Reaktion und Flexibilität in jedem neuen Augenblick, sie müssen in der Lage sein, rasch wenige entscheidende Hinweise umzusetzen. Unprofessionelles Arbeiten ging Presser auch im Ballettsaal gegen den Strich. „Eine wahre Ballerina kann sogar in Stöckelschuhen ihre Tempovorstellungen klarmachen“ schwärmte er von einer Probe, wie die große Yvette Chauviré Giselle für ihn auf der Bühne durchging – in high heels! – und damit absolut klar machen konnte, was sie brauchte. Er wollte eindeutige Ansagen hören, was der Tänzer brauchte; er konnte es nicht ausstehen, wenn man hin- und herschwankte. Dann zog er es vor, Tänzer Tänzer sein zu lassen und zu tun, was er für richtig hielt. Er war einer der nicht allzu vielen Dirigenten auf der Welt, die exakt erspüren, wie ein Tänzer am Tag der Vorstellung drauf ist, und wie er das Orchester führen muss, damit der Tänzer sich optimal präsentieren kann. Deshalb liebten sie ihn. Und deshalb respektierte ihn das Orchester in seiner hohen Kunst des Vermittelns.

Noch ein Wort zu den Fällen, wo das „Dienen“ für ein Orchester bitter zu werden scheint. In Fällen der genannten „Ballettmusik“ von Minkus etc. Nicht jeder kann den Charme, die Beschwingtheit dieser Musik schätzen, die so ausgesprochen Luft für den Tanz lässt. Vielleicht hilft es aber, die Parallelen zu den Werken des Belcantos in der Oper zu sehen, wo der über-sparsame Orchestersatz oft in besonderem Maße der Vollendung durch den Gesang bedarf. Während man jedoch die Töne der Sänger im Orchester hört und das gemeinsam erreichte künstlerische Ergebnis für den Musiker im Graben damit ganz praktisch erlebbar ist, geschieht der „Belcanto“ der Tänzer außerhalb der Reichweite der Musiker. Sie werden dann sozusagen sitzengelassen mit ihrem Anteil, dessen Fragmenthaftigkeit damit umso stärker hervortritt. Wenn es die Ritardandi und Fiorituren einer Primadonna hört, versteht das Orchester, warum es so und so reagieren muss. Während es von den „Koloraturen“ einer Ballerina, den „Spitzentönen“ eines Solotänzers nur indirekt etwas mitbekommt durch Reaktionen des Publikums und des Dirigenten. Dass ein Orchester seine Aufgaben in diesen „Belcanto“-Balletten mit Geduld, Feingefühl und musikalischem Ernst tut, ist Profitum, darum nicht weniger bewunderungswürdig.

Mit Pressers Pensionierung und dem Beginn eines neuen Jahrtausends änderte sich auch die Dirigenten-Politik des Staatsballetts hin zu einer größeren Variabilität der Dirigenten, wie sie in der Oper schon längst selbstverständlich war.

Was ist, wenn sich sehr unterschiedliche historische Konzepte von Ballett und Orchester entgegenstehen? Wie einmal unter Staatsintendant Peter Jonas, als das Bayerische Staatsorchester mit dem Dirigenten Ivor Bolton sein Bewusstsein in Sachen historischer Aufführungspraxis so entschieden hatte erweitern können. Dagegen stand das historische Bewusstsein des Staatsballetts in seiner Pflege des Repertoires von George Balanchine. Konkret im Fall von Concerto Barocco zu Bachs Konzert für zwei Violinen und Orchester. Gehört nicht die Klang- und Tempovorstellung von Bach, wie sie der Konzeption des großen amerikanischen Choreographen im Jahre 1941 zugrunde lag, untrennbar zur künstlerischen Substanz des Balletts?

Immer wieder kommt es zum Wunder des Gelingens, wo alle Widersprüche in reines Glück transzendiert wurden. Sicher nicht jeden Tag und in jeder Vorstellung. Aber wenn gegen Ende des Lieds von der Erde die Stimme der Mezzosopranistin – vom ewigen Neu-Aufblühen des Frühlings kündend – über dem Orchester schwebt und die Ballerina alle fast menschenunmöglichen Schwierigkeiten ihres schwerelosen Dahingleitens über die Weite der Bühne vergessen lässt, wird einmal nicht von der Würde des Vergeblichen, sondern der Schönheit des Vollkommenen die Rede sein.



Bildnachweis: Serghei Gherciu

Chefs
Johann Caspar Aiblinger

Johann Caspar Aiblinger wurde am 23. Februar 1779 in Wasserburg am Inn geboren und erhielt seine Ausbildung in der Benediktinerabtei am Tegernsee und am Jesuitengymnasium in München. An der Landshuter Universität studierte er Philosophie und Theologie, bevor er nach Italien ging, wo er in Vicenza und Venedig als Komponist und Musiklehrer arbeitete. 1819 wurde er Kapellmeister der Mailänder Scala und wechselte noch im selben Jahr nach München als Leiter der Italienischen Oper, nach deren Auflösung 1825 Aiblinger den Posten des Vizekapellmeisters erhielt. Von 1826 bis 1864 war er in München schließlich als Hofkapellmeister engagiert. Er komponierte geistliche Musik, zahlreiche Werke für Chor, aber auch Opern und Ballette. Am 6. Mai 1867 starb Aiblinger in München.



Bildnachweis: Johann Kaspar Aiblinger, Photolithographie um 1850, Museum Wasserburg a. Inn, Inv. Nr. 2259a

Lesestücke
Vom Hoforchester zum Staatsorchester

Über die Öffnung eines traditionsreichen Klangkörpers


von Rita Argauer

Es klingt schier unglaublich, aber im Normalfall eines symphonischen Konzerts sitzen um die 100 Musikerinnen und Musiker auf der Bühne. „Warum sind das denn so viele?“, fragte mich zuletzt eine Freundin. Naja, das ist eigentlich ganz klar. Verglichen mit einem Pop- oder Rockkonzert ist so ein Symphoniekonzert immer noch ziemlich leise. Es wird ja nicht elektronisch verstärkt. Man hört nur die akustische Tonerzeugung – ins Vielfache gespiegelt, besonders bei den Streichern. Die vielen Musiker verstärken sich quasi wechselseitig. Sonst wären die Klangkörper angesichts der Größe der Säle, in denen die großen Orchester auftreten, schlicht zu leise. Im Münchner Nationaltheater etwa mit seinen über 2000 Plätzen. Ein Streichquartett auf der Bühne klingt da zart, intim. Aber wenn es um Wucht geht, um eine musikalische Überflutung des Raumes, kommt man mit vier Musikerinnen und Musikern nicht sehr weit. Und die Macht der Musik – das ist nicht zu unterschätzen – generiert sich immer auch über Dynamik. Je lauter der Klangkörper insgesamt werden kann, desto größer wird auch der dynamische Rahmen.

Jede Orchesterstelle, zumindest bei den großen Orchestern, ist subventioniert. Zurzeit gibt es 110 staatliche und städtische öffentlich finanzierte Orchester mit 8513 Planstellen in Deutschland. Diese vielen Musikerinnen und Musiker stellen sich zusammen auf eine Bühne und verschmelzen zu einem einzigen riesigen Instrument. Diese mächtige, dynamische, wuchtige und dadurch auch emotionale Musikfülle, die sich durch das Symphoniekonzert eines Orchesters vermitteln kann, ist nur möglich, weil die Orchester von öffentlicher Hand getragen werden – welch ein Glück, dass dieses kulturelle Gut zum Schatz unserer Gesellschaft zählt.

So bürgernah waren die Orchester nicht immer. Hofkapellen, Kirchenkonzerte – die Zweckgebundenheit des orchestralen Musizierens ist Teil der deutschen Musikgeschichte. Beim Bayerischen Staatsorchester vollzog sich aber Anfang des 19. Jahrhundert eine Wende: Das Orchester wird vom Hoforchester zum Staatsorchester. Seit 1811 gibt es die „musikalischen Akademien“ in München. Damals sprachen elf Orchestervertreter beim König vor, ob es denn möglich sei, dass das Orchester auch außerhalb seiner Operntätigkeit Konzerte spiele. Die Genehmigung wurde erteilt und so trat das Orchester – damals noch im Odeon – regelmäßig als Symphonieorchester auf. Das Bayerische Staatsorchester ist somit das erste öffentlich zugängliche Symphonieorchester der Stadt München.

Hinter diesen vielen Menschen auf der Bühne steckt also auch ein bestimmtes gesellschaftliches Ideal. Friedrich Schiller formulierte es in der Forderung nach einem Nationaltheater. Aufs Orchester übertragen, erfüllt sich dieses Ideal in der deutschen Orchesterlandschaft. Man möchte diese Musik in all ihrer Pracht und Fülle live erlebbar machen. Dazu braucht man all die vielen Musikerinnen und Musiker, die gleichzeitig spielen, die die Schallwellen, von ihren Instrumenten erzeugt, ohne Umweg in den Saal schicken. Der Klang ist überwältigend, und der Effekt polyphoner Auffächerung durch mehrfach geteilte Stimmen tut sein Übriges. All das ist kein Vergleich zu Aufnahmen oder zum Klang von per Mikrophon abgenommenen Instrumenten.

Die deutsche Orchesterlandschaft gehört zum immateriellen Weltkulturerbe der Unesco. Fast überall in Deutschland ist es möglich, zu relativ niedrigen Eintrittspreisen ein Live-Orchester zu sehen und zu hören. Wenn um die 100 Musikerinnen und Musiker mit ihrem Spiel einen akustischen Raum entstehen lassen, in den man entführt, von dem man umfangen wird, dann wird man als Zuhörerin oder Zuhörer von echten Emotionen erfüllt, ohne sie real erlebt zu haben.

Die musikalische Akademie, oder die Akademiekonzerte wie sie inzwischen meist genannt werden, sind heute eines der Herzstücke des Staatsorchesters. Das Orchester, das mehrheitlich im Graben spielt, wird bei den Akademiekonzerten selbst zum Protagonisten auf der Bühne. Die dadurch entstehende Spannung wird bei den Musikerinnen und Musikern spürbar. Das seltene Rampenlicht, das reichhaltige symphonische Repertoire, die Tatsache also, die Hauptrolle zu spielen – diese Umstände machen die Akademiekonzerte mit zu den schönsten Abenden der Saison im Nationaltheater.

Doch das Staatsorchester verlässt das Theater mittlerweile auch und geht auf die Straße, wird also bei Veranstaltungen wie Oper für alle noch greifbarer. Beim Oper für alle-Konzert wird in der Umgebung des Nationaltheaters gespielt, und seit der Spielzeit 2021/22 bei freiem Eintritt auch an unterschiedlichen Orten in ganz Bayern – für alle, die kommen wollen, die vorbeischlendern und sich von der Musik anziehen lassen. Um etwa den Marstallplatz akustisch zu beschallen, reicht zwar selbst eine Orchesterstärke von 100 Musikerinnen und Musikern nicht mehr aus und es wird elektronische Verstärkung nötig. Aber der Effekt funktioniert. Die Menschen kommen. Die Menschen spüren etwas. Besonders wenn mit ATTACCA das Jugendorchester des Staatsorchesters mitspielt. Denn wenn junge Musikerinnen und Musiker solche Stücke das erste Mal vor so großem Publikum aufführen, liegt darin ein ganz eigener Zauber.

Der Prozess der Öffnung der Orchester (und der Darstellenden Künste im Allgemeinen) für das Bürgertum im 19. Jahrhundert liegt nun schon wieder 200 Jahre zurück. Und da sich Strukturen über die Zeit verfestigen, muss an ihnen immer wieder gerüttelt werden, um sie aufzulockern. Die Bayerische Staatsoper tut dies mit Oper für alle, mit den Septemberfesten, mit Repertoireveränderungen und der Kooperation mit Künstlerinnen und Künstlern anderer Sparten, mit dem Aufheben der Trennung von Hoch- und Subkultur, mit Wegen ins Experimentelle, aber auch mit der Annäherung an Künstlerinnen und Künstler der sogenannten U-Musik. Stilistisch herrscht hier große Offenheit. Manches funktioniert, manches nicht. Die Bewertung dessen bleibt subjektiv – für die Orchestermitglieder genauso wie für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Doch (Um-)Brüche, Schütteln und Rütteln erzeugen Bewegung. Und ebenso bewegt die musikalische und emotionale Kraft von über 100 Musikerinnen und Musikern auf der Bühne heute immer noch. Daran ist wiederum kaum zu rütteln. Das kann man nur hochschätzen.



 Bildnachweis: Frank Bloedhorn

Chefs
Franz Lachner
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4372774

">

Franz Lachner wurde am 2. April 1803 in Rain am Lech geboren und leitete nach anderen Stationen in München, Wien und Mannheim von 1836 bis 1868 als Hofkapellmeister Opernvorstellungen wie die Konzertreihe der Musikalischen Akademie und Kirchenmusik. Mit der Verpflichtung Lachners als Hofkapellmeister begann die ehrwürdige Reihe der Bayerischen Generalmusikdirektoren. Jetzt hat nicht mehr der Konzertmeister das Sagen, sondern ein Dirigent mit Taktstock leitet ein immer größer werdendes Ensemble. Im Orchester saßen dabei ausgezeichnete Virtuosen wie der Klarinettist Heinrich Baermann, der Hornist Franz Strauss und Mitglieder der Familie Moralt, die auf ihren Reisen als Streichquartett ganz Europa begeisterten. Neue Instrumente hielten Einzug ins Orchester, Ventile erweiterten den Tonumfang von Hörner und Trompeten, und der Münchner Soloflötist Theobald Böhm entwickelte ein neues Klappensystem für Holzblasinstrumente, das bis heute in Gebrauch ist.



Bildnachweis: Franz Lachner. Lithographie von Andreas Staub. Gemeinfreie Fotografie, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4372774

Lesestücke
Über Passion sprechen

Transformationsarbeit mit Orchestern



Von Heiko Roehl


ORCHESTER ALS BESONDERE ORGANISATIONEN

Organisationen finden immer wieder neue Wege, um mit Herausforderungen aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft umzugehen. Sie passen sich an, verändern sich und erfinden sich manchmal sogar neu. Organisationaler Wandel gelingt aber nicht voraussetzungslos. Er hat mit den Menschen zu tun, mit Kulturen und mit einer Kommunikation, die den Wandel für die Menschen plausibel und nachvollziehbar macht.

Orchester bilden da keine Ausnahme. Und doch sind sie als Kulturbetriebe Organisationen, für die gesellschaftliche Rahmenbedingungen eine besondere Bedeutung haben, vor allem, weil Rolle und Stellenwert von Oper und Konzert in der Gesellschaft in stetem Wandel begriffen sind. Außerdem haben sich die Rahmenbedingungen für Auftritte und Tourneen in der Pandemie drastisch verändert. Auch die Ökonomisierung kulturellen Schaffens setzt sich fort, was dazu führt, dass Kostenbewusstsein im Kulturbetrieb vielerorts zum Leitmotiv wird. Und nicht zuletzt spiegelt sich der gesellschaftliche Wertewandel in veränderten Motivationslagen und Erwartungen einer jüngeren Künstlergeneration, in ihrem wachsenden Bewusstsein für die Bedeutung einer Balance zwischen Leben und Arbeiten. Innerhalb der Organisation Orchester entfalten all diese Veränderungen vielfältige Wirkungen. Eine davon ist, dass die Ansprüche an gute Arbeitsbedingungen, positive Zusammenarbeit und Mitgestaltung im Orchesterbetrieb steigen.

 

ZUSAMMENARBEIT AUF DEM PRÜFSTAND

Krisenhafte Entwicklungen stellen das soziale Gefüge Orchester immer wieder auf den Prüfstand. In der Corona-Pandemie etwa war die Abstimmung von Maßnahmen in vielen Häusern von Konflikten begleitet. Das Zusammenspiel von Verwaltung, Geschäftsführung, Gremien und Künstler:innen wird also anspruchsvoller und die Notwendigkeit dringender, einen übergreifenden Dialog zu gestalten, der einen angemessenen gemeinsamen Umgang mit solchen Widrigkeiten erlaubt.

Das Orchester als Organisation stellt hier allerdings einen besonderen Fall dar. Das kritische Gespräch über die Rahmenbedingungen der Arbeit und die eigenen Anliegen und Erwartungen mit dem Ziel einer gemeinsamen Aushandlung konfliktärer Fragestellungen gehört nämlich nicht unbedingt zum Standardrepertoire von Orchestern. Die Klärung vieler Fragen wurde vornehmlich Verwaltung, Geschäftsführung und Gremien überlassen. Um mit krisenhaften Entwicklungen umzugehen, wird es zukünftig aber viel stärker um eine angemessene Beteiligung der Orchester an solchen Entscheidungen gehen. Der kritische Punkt dabei ist, dass die Schaffung von Dialogfähigkeit so zum wichtigsten Erfolgsfaktor für die Transformationsarbeit mit Orchestern wird. Mit anderen Worten: Um Zusammenarbeit und Kultur im Orchester zu verbessern, kommt man nicht umhin, wahrhaftige Gespräche zu führen.

 

KUNST ALS KOMMUNIKATION

Die Festlegung gemeinsamer Ziele und guter Spielregeln der Zusammenarbeit, erfolgreiche Konfliktlösungen und klare Rückmeldungen zwischen Akteur:innen sind nur möglich, wenn man ins Gespräch kommt. Mehr noch: In der Transformationsarbeit hängt vieles sogar davon ab, ob es gelingt, über Kommunikation zu kommunizieren. Orchester hingegen kommunizieren nonverbal. Ihre musikalische Kunst basiert auf einem feinen Gespinst nonverbaler Interaktion zwischen ihren Mitgliedern. Einsätze werden über Bewegungen signalisiert, Rückmeldungen im Kollegium erfolgen oft ohne Worte. Die Qualität des künstlerischen Ausdrucks hat wenig mit expliziter Versprachlichung zu tun. Im Gegenteil: „Viele von uns sind ja Musiker geworden, weil wir nicht so gern sprechen“, teilte mir eine Geigerin einmal mit.

 

LEIDENSCHAFTSORGANISATION ORCHESTER

Orchestermusiker:in zu sein ist viel mehr Berufung als Beruf. Künstlerisches Schaffen verlangt nach Ausdruck. Deshalb ist Musiker:in zu sein auch kein Job, sondern ein untrennbar mit der Identität der Person verbundenes Selbstverständnis als schöpferischer Mensch. Jede Interpretation eines Werks offenbart so immer auch einen Teil der Identität einer Künstlerin oder eines Künstlers. Guten Orchestern gelingt es, ein Kollektiv der Leidenschaft zu gestalten.

Das macht Transformationsarbeit mit Orchestern auf besondere Weise voraussetzungsvoll. Einerseits gilt es, gemeinsam die Bedingungen dafür zu verbessern, diese kollektive künstlerische Leidenschaft gedeihen zu lassen. Das betrifft den physischen Raum (Arbeitszeit, Temperatur, Licht, Lärmschutz u. a.) ebenso wie den zwischenmenschlichen (Beziehungen, Konflikte, sozialer Stress) und den psychologischen (Rollen, Haltung, Empfindsamkeit). Weil aber ein Großteil der Impulse und Inspirationen zu Veränderungsthemen vom Orchester selbst kommen muss, ist die Veränderungsarbeit auch immer wieder auf die oben erwähnte, ungewohnte Versprachlichung eigener Erwartungen angewiesen.

 

DIALOGRÄUME SCHAFFEN

Transformationsarbeit mit Orchestern beginnt beim Orchester selbst. Es gilt, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem die eigenen Erwartungen an Zusammenarbeit, Kommunikation und Kultur versprachlicht werden können. So wird verhindert, dass aus künstlerischer Empfindsamkeit (als Aspekt künstlerischen Selbstverständnisses) auf dem Weg zur Veränderung nicht Empfindlichkeit (als Ergebnis erlebter Beeinträchtigung) wird oder wichtige fachliche Rückmeldungen als Kritik an Person und Persönlichkeit verstanden werden. Über diese Spezifika hinaus behalten viele der guten Praktiken des Veränderungshandwerks wohl auch für die Transformationsarbeit mit Orchestern ihre Gültigkeit. Angefangen bei der gemeinsamen Entwicklung von Zukunftsbildern über die Beteiligung der Betroffenen bis hin zum Einbezug kultureller Muster in die Veränderungsarbeit sollten diese Leitsterne auch Orchestern ausreichend Orientierung bei ihrer Reise in eine selbstbestimmte und selbstgestaltete Zukunft bieten.



Bildnachweis: Frank Bloedhorn

Lesestücke
Felix Weingartner: Malawika

„‚Modern‘ sein heißt eingestehen, daß man in kurzer Zeit nicht mehr modern sein wird.“ – Dieser Ausspruch stammt aus dem 1918 erschienen Text Modernität, dessen Autor Felix Weingartner sich gegen eine lineare und durch neue Formen und Ausdrucksweisen ständig überbietende Entwicklung der Musikgeschichte aussprach. So bezeichnete er sich in seinen Lebensaufzeichnungen mal selbstironisch als „Wagnerianer“ und „Lisztianer“ und proklamierte an anderer Stelle die paradoxe Stoßrichtung „vorwärts zu Mozart!“. Weingartner, dessen Todestag sich am 7. Mai 2022 das 80. Mal jährte, vollendete 10 Opern, 7 Symphonien, etliche Lieder sowie Kammermusik und beteiligte sich mit zahlreichen Büchern und Aufsätzen am musikästhetischen- wie theoretischen und aufführungspraktischen Diskurs seiner Zeit. Sein Erfolg begründete sich auf seiner Tätigkeit als Dirigent. So hält sich Gustav Mahler in seinen Briefen an den „liebsten Freund“, wie er Weingartner meistens adressierte, mit Lob nicht zurück: „Ich wüßte Niemanden, dem ich mit solcher Zuversicht und frohem Muthe mein Werk übergeben würde, als Ihnen.“ Weingartner folgte Mahler als Operndirektor der Wiener Hofoper, nachdem er zuvor bereits Kapellmeister mehrerer Opernhäuser sowie Chefdirigent des Münchner Kaim-Orchesters – der heutigen Münchner Philharmoniker – gewesen war. Während seiner 19-jährigen Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern leistete Weingartner einen entscheidenden Beitrag zu deren Weltruhm. Als Abonnementdirigent leitete er sämtliche Konzerte, darunter den ersten Beethoven-Zyklus 1918 sowie die erste Südamerika-Tour 1922 in der Geschichte des Orchesters. Seine Oper Malawika, eine „Komödie in drei Aufzügen“ wurde am 3. Juni 1886 im Münchner Nationaltheater uraufgeführt, als der Komponist gerade 23 Jahre alt war. Das Libretto verfasste er selbst nach einem Drama des indischen Dichters Kalidasa.


Bildnachweis: Archiv Bayerische Staatsoper

Lesestücke
Macht der Musik: die Fronleichnamsprozession und das Wetter
Mus.pr. 124#Beibd.6

">

von Thomas Herbst


Die positiven Auswirkungen von Musik auf Menschen ist schon oft erforscht und beschrieben worden. Langsame, leise Musik senkt den Puls und reduziert Stresshormone, und angeblich soll sich Mozarts Musik positiv auf die geistige Entwicklung von Säuglingen auswirken – wobei das bislang noch nicht wissenschaftlich belegt werden konnte. Durch einen Augenzeugenbericht belegt ist allerdings, dass eine Motette von Orlando di Lasso bei der Fronleichnamsprozession des Jahres 1584 sogar Regen und Sturm besänftigt hat – wobei wir Kausalzusammenhänge für diese meteorologische Macht der Musik hier außer acht lassen wollen …

Am frühen Morgen des 31. Mai 1584 waren über München starke Gewitter niedergegangen; auf dem Weg zu St. Peter, wo nach der heiligen Messe die Prozession beginnen sollte, hatten die Mitwirkenden schon in Häusern und Kirchen vor dem Regen Schutz suchen müssen. Beim Gottesdienst gingen daher alle davon aus, Herzog Wilhelm V. werde den sich anschließenden Umgang um die Stadt auf einen schöneren Tag verschieben. Doch der Herzog wartete noch ab. Hören wir, was der für den tadellosen Ablauf des Tages verantwortliche Lizenziat Ludwig Müller darüber schreibt:

„Während ich nun mit meinen Mitkommissaren jedermann an seinen Platz stellte, sah es aus, als ob es jeden Augenblick einen großen Platzregen geben würde und es fing auch etliche Mal an zu tröpfeln. Als nun alles in der gehörigen Ordnung war, ging ich wieder zum Herzog in die Kirche hinein, meldete, daß alles bereit sei und schlug gehorsamst vor, der Herzog möge das Sakrament bis zur Kirchentür tragen lassen und dort solange warten lassen, bis die Geistlichkeit mit ihren Kreuzen und Fahnen und die Bruderschaften alle daran vorbeigezogen wären. Währenddessen war der Himmel ganz schwarz und trübe, aber sobald das hochwürdige Sakrament durch die Kirchentür hinausgetragen wurde und Herr Orlando die Motette „Gustate et videte“ zu singen anfangen ließ, so begann die Sonne so an den Turm von St. Peter zu scheinen, daß ich vor lauter Freude meinen Platz im Zug verließ, zum Herzog ging und ihm zeigte, wie die Sonne auf die Türen schien, und zu ihm sagte: „Gustate et videte quam suavis sit Dominus timentibus eum et confidentibus ei“ (Luther übersetzt Psalm 34,9 folgendermaßen: „Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist denen, die Ihn fürchten und Ihm vertrauen“), welches Ihre fürstliche Durchlaucht mit Freuden anhörte und gnädigst darauf antwortete: ‚Freilich, freilich!‘“

Nun setzte sich also der ganze Zug in Bewegung: voran die Zünfte und Bruderschaften samt ihren Wagen mit über 50 erbaulichen lebenden Bildern aus Geschichten des Alten und Neuen Testaments, die beispielsweise die Erschaffung von Himmel und Erde, Adam und Eva, Kain und Abel zeigten. Hierauf folgte die Geistlichkeit, dann die fürstlichen Trompeter und Pauker sowie die Instrumentalisten und die Hofkantorei; das Heilige Sakrament schließlich wurde der herzoglichen Familie vorangetragen. Von St. Peter (das abwechselnd mit der Frauenkirche den Ausgangspunkt bildete) ging der Zug zum Marienplatz, dann durch die Schwabinger Gasse (Residenzstr.) zum Schwabinger Tor (Odeonsplatz) und einmal um die ganze Stadt herum. Für Ordnung sorgten 1800 Bewaffnete, die in den Gassen Spalier standen. 100 Bürger in prächtiger Rüstung bildeten zusammen mit den Trommlern der Stadt den Schluss des Zuges. Letztere hatten die Anweisung, ununterbrochen zu spielen – jedoch nicht zu laut, damit man weiter vorne die Instrumentalisten und die Kantorei gut hören konnte. Im Jahr 1584 hielt das Wetter: bei strahlendem Sonnenschein, wenn auch mit einem kühlen Wind, wurde der Umgang beendet. Erst als jedermann wohlbehalten zuhause angelangt war, brach ein furchtbarer Platzregen los. Nicht immer jedoch hatten die Teilnehmer so viel Glück. 1716 – Kurfürst Max Emanuel war im Jahr zuvor nach München zurückgekehrt und wollte nach jahrelangem Exil wieder eine Fronleichnamsprozession in seiner Heimatstadt feiern – regnete es so stark, dass der Zug bereits am Marienplatz umkehren musste.

Das bis heute am Donnerstag in der Woche nach Pfingsten stattfindende Fest wurde 1264 von Papst Urban IV. für die gesamte römische Kirche verbindlich gemacht und wahrscheinlich seit 1343 in München mit einer Prozession begangen – wobei der Aufwand dafür im Laufe der Zeit immer weiter anstieg. In die Vorbereitungen waren Ende des 16. Jahrhunderts nicht nur die Bürger der Stadt, sondern mit dem gesamten Hof auch die Musiker der Hofkapelle eingebunden, einige ihrer Aufgaben erfahren wir wiederum von Ludwig Müller: Trompeter Cesare Bendinelli unterrichtete bereits ein Jahr im Voraus vier Knaben aus der Münchner Bürgerschaft, die auf dem Wagen der Goldschmiede die vier Engel beim Jüngsten Gericht darstellen sollten; Kapellmeister Orlando di Lasso besprach mit dem Obersten Trompeter Fileno Cornazzani, wie die Instrumentalisten zu verteilen waren und was sie für Stücke spielen sollten. Für den Wagen der Metzgerzunft hatte Cornazzani ein Stück komponiert, das von Schülern auswendig gelernt werden musste, dazu tanzten die Darsteller dann um das goldene Kalb. Bei den Balbierern spielte man auf „Tannbarin, pfeiffen, Dulcin, Driangl, geigl, peukhl, lautten, Quintern vnnd Zittern oder Pusaunen“ eine „antiqua Musica Hebreorum“, ein Harfenist tanzte als König David vor der Arche, es wurden etliche Knaben gebraucht, die „Instrument (Orgel), geigen, lautten, pusaunen, Zincken vnnd anndern instrumenten“ spielen konnten, und natürlich wurde auch viel gesungen: unter anderem ein „besonnder Gesanng de Natiuitate Ch[risti] von Hern Orlando“ di Lasso, also eigentlich ein für Weihnachten komponiertes Stück.

Die Beteiligung der Instrumentalisten der Hofmusik nahm allerdings im 19. Jahrhundert stark ab, in dessen 90er-Jahren nur noch einige Trompeter und Pauker des nunmehr so genannten königlich bayerischen Hoforchesters bei der Prozession mitliefen, wie die erhaltenen Abrechnungen belegen.


Bildnachweis: DI ORLANDO DI LASSVS il primo libro de motetti a cinque & a sei voci. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 4 Mus.pr. 124#Beibd.6

Chefs
Joseph Hartmann Stuntz

Joseph Hartmann Stuntz wurde am 23. Juli 1793 in Arlesheim bei Basel geboren und komponierte nach dem ersten Musikunterricht bei seinem Vater bereits als 14-Jähriger ein Te Deum für das Straßburger Münster. In die Münchner Hofkapelle trat er 1808 ein und studierte bei Peter von Winter, später auch in Wien bei dessen Lehrer Antonio Salieri. Von 1816 bis 1818 war Stuntz Kapellmeister der italienischen Oper München, und in den darauffolgenden Jahren komponierte er einige Opern für die Theater in Venedig, Mailand und Turin. Am Teatro alla Scala war seine Oper La rappressaglia so erfolgreich, dass ihm der Titel „maestro di cartello“ zuteil wurde. 1823 wurde Stuntz Vizekapellmeister der Münchner Hofkapelle und 1825 erster Hofkapellmeister als Nachfolger Peter von Winters. Als „Nationalkomponist und Festdirigent“ Bayerns wurde Stuntz’ Musik bei großen Einweihungsfeiern gespielt – zum Beispiel bei der Eröffnung der Walhalla oder bei der Grundsteinlegung der Befreiungshalle und bei der Enthüllung der Bavaria. Außerdem gilt er als Begründer des Männergesangswesens in München. 1859 verstarb er in München.


Bildnachweis: Radierung von Joseph Hartmann Stuntz um 1830. Bayerische Staatsbibliothek, Ausstellungskataloge, 38.

Chefs
Peter von Winter
https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ZKGPvAyxgA

">

Peter von Winter wurde am 28. August 1754 in Mannheim geboren und begann seine Laufbahn als Violinist im dortigen Hoforchester, wo er zwischenzeitlich auch Kontrabass spielte. Während seiner Mitwirkung im Orchester lernte er die italienische und deutsche Oper intensiv kennen, bevor er seine eigenen Opern komponierte. 1778 siedelte er nach München über, als ein Großteil des Mannheimer Orchesters dorthin berufen wurde. Während eines Aufenthalts in Wien studierte er mehrere Monate bei Antonio Salieri, und 1787 wurde er zum Vizekapellmeister des Münchner Hoforchesters ernannt, 1798 dann zum Kapellmeister, als der er vor allem die Kirchenmusik und die italienische Oper leitete. Seine eigenen Opern wurden damals in Neapel, Venedig und Wien, später auch in London gefeiert. Gemeinsam mit Emanuel Schikaneder, dem Librettisten der Zauberflöte erstellte Winter eine Fortsetzung von Mozarts populärer Oper mit dem Titel Das Labyrinth oder Der Kampf mit den Elementen. Mozart selbst jedoch bezeichnete „den Winter“ in einem Brief an den Vater 1781 als seinen „größten Feind“. Neben Carl Maria von Weber leistete Peter von Winter durch seine Singspiele bedeutende Pionierarbeit auf dem Gebiet der deutschen Oper vor Richard Wagner. Zudem war Winter 1811 gemeinsam mit Mitgliedern der Münchner Hofkapelle an der Gründung der Musikalischen Akademie beteiligt: der bis heute bestehenden Münchner Konzertvereinigung. Winter wirkte in München bis zu seinem Tod 1825.


Bildnachweis: Johann Nepomuk Haller, Der Komponist und Kapellmeister Peter von Winter (1754–1825), 1825, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Neue Pinakothek München, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ZKGPvAyxgA

Lesestücke
Herzensbildung für Jung und Alt

Das Bayerische Staatsorchester:
Im Bereich der Bildungsarbeit seit Jahrzehnten in der ersten Liga.


von Christian Geltinger


Die Geschichte des Bayerischen Staatsorchesters liest sich wie der Prozess einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Dieses Selbstverständnis korrespondiert mit dem Geist der Renaissance, in dem vor 500 Jahren mit der Münchner Hofkantorei die Vorläuferin des Bayerischen Staatsorchesters gegründet wurde. Die Orchester, die sich damals aus dem Hoheitsbereich der Kirche lösten, erfuhren eine deutliche Professionalisierung und wurden zum Aushängeschild der Höfe als geistig-kulturelle Zentren einer Stadt. In München vollzog sich dieser Strukturwandel nicht zufällig in einer Zeit, in der die bis dahin auf der bayerischen Landkarte eher unbedeutende spätere Landeshauptstadt an politischem Gewicht gewann. Musik wurde immer mehr zu einem Mittel gesellschaftlicher oder zumindest höfischer Repräsentanz, zu einem Medium, in dem sich eine Gesellschaft widerspiegelt. Im gemeinsamen Vollzug, im Fest, im Konzert, im Musizieren und Zuhören, konstituierte sich Gesellschaft.

Die Bedeutung von Kunst und Musik wird für das Zusammenleben in einer von Krisen und Kriegen verunsicherten, den Gesetzen des Pragmatismus und der Selbstoptimierung unterworfenen Gesellschaft immer wichtiger. Das zeigt sich insbesondere auf dem Gebiet der kulturellen Bildung, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend zur Kernaufgabe vieler Opern- und Konzerthäuser geworden ist. Hier dürfen die Bayerische Staatsoper und das Bayerische Staatsorchester, die sich seit etwa zwanzig Jahren diesem Thema verstärkt widmen, als Vorreiter gelten. Auch für den Bereich der musikalischen Bildung steht ein historisches Vorbild Pate, nämlich die Reihe der sogenannten „Musikalischen Akademien“, die das Bayerische Staatsorchester in eigener Verantwortung ausrichtet. Hintergrund ist nicht zuletzt ein wechselseitiger pädagogischer Effekt. Der Oper als bislang höfischer Kunstform stellten die Mitglieder des Hoforchesters das Konzert gegenüber, in dem nun das Orchester im Rampenlicht stehen konnte. Mit der damit einhergehenden Repertoireerweiterung vollzog sich gleichzeitig eine Öffnung für neue Zuschauerschichten. Damit waren die Konzerte der „Musikalischen Akademie“ letztlich auch die ersten Bildungsveranstaltungen des Orchesters. So genießt das Bayerische Staatsorchester bis heute den Ruf als erstklassiges Opern- und Konzertorchester.

Es ist also nur konsequent, wenn sich ATTACCA, das 2007 gegründete Jugendorchester des Bayerischen Staatsorchesters, auf die „Musikalische Akademie“ beruft. Freilich hat sich der Ausbildungscharakter gegenüber den autoritären Erziehungsmethoden des 19. Jahrhunderts deutlich verändert. Musik soll bei allem Anspruch auf Professionalität schließlich auch Freude machen. Der Umgang erfolgt daher auf Augenhöhe, und die Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters fungieren als Coaches für den musikalischen Nachwuchs. Ausgestattet mit den Tipps und Tricks vom Profi agiert ATTACCA bei den Tutti-Proben und Auftritten dann wieder als eigenständiges Orchester. Und diese Auftritte können sich sehen lassen. Das Orchester spielte regelmäßig bei den Open-Air-Konzerten Oper für alle, bei den Erlebniskonzerten der Bayerischen Staatsoper und bei Veranstaltungen der Heinz-Bosl-Stiftung. Es trat mit eigenen Programmen im Prinzregententheater auf und wurde zum Richard-Strauss-Festival nach Garmisch-Partenkirchen eingeladen. Zu Recht erhielt die Nachwuchsarbeit 2011 den ECHO KLASSIK Sonderpreis für das Projekt ATTACCA.

Während sich die Mitglieder von ATTACCA teilweise noch in der Findungsphase befinden – sie sind in einem Alter zwischen 12 und 18 Jahren – ist für die Musiker:innen der Hermann-Levi-Akademie der Weg bereits vorgezeichnet. Sie stehen an der Schwelle zum festen professionellen Engagement und können im Rahmen dieses Akademistenprogramms Erfahrungen in einem Profiorchester sammeln sowie ihre Repertoirekenntnisse erweitern. Das umfangreiche Ausbildungsprogramm, das die Akademist:innen erfahren, beinhaltet auch Aspekte, die zwar elementar sind für den Musikerberuf, aber dennoch lange Zeit unterschätzt wurden, wie etwa die mentale Vorbereitung auf diesen Beruf. Den Namen Hermann-Levi-Akademie erhielt die Akademie, die bereits 2002 gegründet wurde, im Jahr 2021. Damit ehrte das Bayerische Staatsorchester eine Dirigentenpersönlichkeit, die das Haus von 1872 bis 1896 entscheidend prägte. ATTACCA und die Hermann-Levi-Akademie stehen unverkennbar im Zeichen der musikalischen Nachwuchsförderung, um nicht zusagen der Elitenförderung. Das Bayerische Staatsorchester stößt mit seiner Bildungsarbeit jedoch noch in ganz andere Bereiche vor. Denn kulturelle Bildung sollte vor allen Dingen zweckfrei sein. Wer glaubt, man würde durch die Verabreichung sämtlicher Symphonien Mozarts eine Reihe neuer Wunderkinder hervorbringen, oder es würde zumindest eine bessere Mathenote dabei herausspringen, der ist auf dem Holzweg. Das Gleiche gilt für Theaterschaffende, die sich der Illusion hingeben, aus den Programmen für Kinder und Jugendliche ließe sich das Publikum von morgen rekrutieren. Keine Frage, positive Erlebnisse prägen sich ein und bauen eine erste Bindung auf. Der ökonomische Gedanke sollte dabei aber an letzter Stelle stehen.

Gerade in einer Gesellschaft, die immer diverser wird, ist es wichtig, Zugänge in der Breite zu schaffen. Musikalische Talente schlummern nicht nur in Familien, deren Elterngenerationen beispielsweise seit Jahrzehnten im Medizinerorchester spielen oder den Musikerberuf gar professionell ausüben. Daher ist es immer wichtiger, in die Schulen und bestenfalls auch in die Provinz zu gehen, wo man Kinder und Jugendliche aus allen Bildungsschichten erreicht. Das tut auch das Bayerische Staatsorchester. Ohne Berührungsängste verlassen die Musiker:innen ihren Elfenbeinturm. In der persönlichen Begegnung mit Instrumentalist:innen können Kinder und Jugendliche hautnah deren Enthusiasmus für die Musik erleben und erfahren, was es heißt, diesen Beruf professionell auszuüben. Für viele ist das sogar die erste Gelegenheit überhaupt, mit einem Instrument buchstäblich in Berührung zu kommen und sich von der Magie des Klangs anstecken zu lassen. Das Qualitätsbewusstsein, das vollkommen „unbelastete“ Kinder und Jugendliche bei diesen Begegnungen an den Tag legen, ist immer wieder faszinierend.

Und so dürfen sich die jüngsten Konzertbesucher:innen auf Sitzkissen tummeln, während die Musiker:innen von der großen Bühne auf das Garderobenfoyer wechseln und das Frackhemd gegen das bequeme T-Shirt tauschen. Kinder brauchen diesen geschützten Raum, in dem sie spielerisch mit Musik und Theater, mit sich selbst und ihren Gefühlen dabei in Berührung kommen können. Und das gilt für Erwachsene nicht weniger. Konzerte wie Oper für alle zeigen, wie wichtig es ist, mit den Menschen auf Tuchfühlung zu gehen. Kunst vollzieht sich da, wo sich Menschen, egal welchen Alters, begegnen, um sich gemeinsam berühren zu lassen. Alle lauschen derselben Musik, jeder fühlt etwas anderes. So entsteht Austausch. Und damit schließt sich auch der Bogen zu den Anfängen des Staatsorchesters. Die professionelle Pflege und Weitergabe einer jahrhundertealten Kulturpraxis, wie sie das Bayerische Staatsorchester ausübt, ist nicht nur identitätsstiftend für das Selbstverständnis eines Kulturraums, sie ist heute wichtiger denn je für die Herzensbildung einer Gesellschaft.



Bildnachweis: Frank Bloedhorn

Chefs
Paul Pietragrua
https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00054636?page=6,7 Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Slg.Her 1725

">

Der Violinist, Kapellmeister und Komponist Paul Grua wurde am 1. Februar 1753 in Mannheim geboren und erhielt seine musikalische Ausbildung bei seinem Vater Carlo Pietragrua, der als Kapellmeister am kurpfälzischen Hof unter den Kurfürsten Carl Philipp und Carl Theodor für alle Bereiche der Hofmusik zuständig gewesen war. Paul Pietragrua wirkte in der Mannheimer Hofkapelle, bevor er 1777 zu einem Studienaufenthalt nach Bologna und Parma geschickt wurde. Nachdem der Mannheimer Hof nach München übergesiedelt war, wurde Paul Pietragrua 1779 zum Vizekapellmeister ernannt, bevor er ab 1784 als Kapellmeister der Vokalmusik am Münchner Hof wirkte. 1780 wurde Paul Pietragruas Karnevalsoper Telemaco im Münchner Cuvilliés-Theater uraufgeführt, danach konzentrierte sich der Komponist auf die Kirchenmusik. Er führte sein Amt des Kapellmeisters bis zu seinem Tod 1833 in München aus, also insgesamt fast ein halbes Jahrhundert.


Bildnachweis: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00054636?page=6,7 Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Slg.Her 1725

Chefs
Andrea Bernasconi
http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10381988-6,

">

Andrea Bernasconi wurde wahrscheinlich 1706 in Marseille geboren und komponierte bereits einige Opern, bevor er nach München kam. Außerdem wirkte er in Venedig am Ospedale della Pietà als „maestro di capella“. 1753 wurde er zum Vizekapellmeister am Münchner Hof durch den Kurfürsten Maximilian III. Joseph in München berufen, dem er auch Musikunterricht erteilte. Nach dem Tod des Hofkapellmeisters Giovanni Porta übernahm Bernasconi dessen Stelle 1755. Bernasconis Opern kamen in zahlreichen europäischen Städten zur Aufführung, die meisten allerdings in München: zum Beispiel 1768 La clemenza di Tito, bevor Mozart eine gleichnamige Oper komponieren sollte, oder auch 1760 Agelmondo und 1772 Demetrio. Bernasconi blieb im Amt bis zu seinem Tod 1784 in München.


Bildnachweis: Von Pietro Metastasio, Andrea Bernasconi – Demetrio. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Bavar. 4015-4,1/4 http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10381988-6,

Chefs
Giovanni Porta
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=13401583

">

Giovanni Porta wurde um 1675 in Venedig geboren, wo er Schüler war von Francesco Gasparini, bevor er zwischen 1706 und 1710 am Hof des Kardinals Pietro Ottoboni in Rom tätig war. Weitere Wirkungsstätten waren in Vicenza und Verona sowie am Conservatorio della Pietà unter Antonio Vivaldi. Ab 1716 widmete er sich vor allem der Komposition von Opern und geistlichen Werken. Von 1726 bis 1737 war er „maestro di coro“ am Ospedale della Pietà als Kollege von Vivaldi. 1737 übernahm er nach dem Tod Pietro Torris dessen Stelle des Kapellmeisters am Münchner Hof. 1755 verstarb Porta in München.



Bildnachweis: Von Heinrich Eduard Winter – Dieses Bild stammt aus der Digitalen Bibliothek Gallica und ist verfügbar unter der ID btv1b8423665z, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=13401583

Chefs
Pietro Torri
https://www.amazon.de/Baviera-Neue-Hofkapelle-München/dp/B00011MK38


Bildnachweis: Ars Produktion https://www.ars-produktion.de/Pietro_Torrica1650_1737_La_Baviera/topic/SACDs/shop_art_id/132/tpl/shop_article_detail

">

Der Sänger, Komponist und Organist Pietro Torri wurde um 1650 in Peschiera del Garda geboren. Er war Organist und Kapellmeister am Hof des Markgrafen von Bayreuth, bevor er ab 1689 als Organist am Hof des Kurfürsten Max Emanuel in München wirkte. Als dieser zum Gouverneur der Spanischen Niederlande berufen wurde, folgte Torri dem Kurfürsten 1692 nach Brüssel, wo er in der Brüsseler Hofkapelle die Stelle eines „maître de chapelle“ einnahm und die Opernaufführungen leitete. Nach einem Machtwechsel kehrte Max Emanuel 1701 zurück nach München, wo Torri vorerst als Kammermusikdirektor diente, da das Amt des Hofkapellmeisters noch von Giuseppe Antonio Bernabei ausgeübt wurde. Während des spanischen Erbfolgekriegs residierte der Kurfürst von 1704 bis 1714 erneut in Brüssel, wohin ihm auch Torri folgte. Wieder in München hatte Torri 1715 den Titel des Hofkapelldirigenten inne, bis er 1732 nach dem Tod Bernabeis schließlich zum Hofkapellmeister ernannt wurde. 1737 verstarb Torri in München. Er hinterließ Messen und andere liturgische Formen, Oratorien, Kantaten und zahlreiche Opern, von denen die meisten in München uraufgeführt worden sind.

Es existiert unter anderem eine CD-Einspielung von ausgewählten Werken Torris durch Christoph Hammer und die Neue Hofkapelle München: https://www.amazon.de/Baviera-Neue-Hofkapelle-München/dp/B00011MK38


Bildnachweis: Ars Produktion https://www.ars-produktion.de/Pietro_Torrica1650_1737_La_Baviera/topic/SACDs/shop_art_id/132/tpl/shop_article_detail

Chefs
Giuseppe Antonio Bernabei
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:GA_BERNABEI.jpg


">

Der Sohn Ercole Bernabeis kam 1649 in Rom zur Welt und erhielt seine musikalische Ausbildung bei seinem Vater, dessen Nachfolge als Kapellmeister an San Luigi dei Francesi er 1672 antrat. Er erhielt die Priesterweihe, bevor er nach München übersiedelte, wo er 1677 zum Vizekapellmeister ernannt wurde und nach dem Tod seines Vaters 1687 dessen Amt als Münchner Hofkapellmeister. Giuseppe Antonio komponierte schon ab 1690 keine Opern mehr für München und konnte sich ganz auf die Hof-Kirchenmusik konzentrieren, als der Kammer-Musikdirektor Pietro Torri die Komposition von Opern und Kammermusik übernahm. 1704 wurde die Hofkapelle vorübergehend aufgelöst, als Bayern durch Österreich besetzt wurde, und 1708 wurde Giuseppe Antonio Bernabei entlassen. 1715 kehrte der Kurfürst nach München zurück, und Bernabei konnte sich als Hofkapellmeister bis zu seinem Tod 1732 in München erneut der Leitung der Kirchenmusik widmen.


Bildnachweis: Unbekannter Maler 1700 – Giuseppe Antonio Bernabei. Civico Museo Bibliografico Musicale, Bologna, Italien. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:GA_BERNABEI.jpg


 

Chefs
Johann Caspar Kerll

Kerll wurde 1627 in Adorf (heute im sächsischen Vogtlandkreis) als Sohn eines Orgelbauers geboren, wo er seine erste Stelle als Organist an der St. Michaeliskirche antrat. Wahrscheinlich konvertierte er in den 1640er-Jahren in Wien zur römisch-katholischen Konfession und ging gegen 1648/49 nach Rom, um sich dort bei dem Komponisten Giacomo Carissimi ausbilden zu lassen. Nach der Ernennung seines Bruders Leopold Wilhelm zum Statthalter der Niederlande durch Kaiser Ferdinand III. wurde Johann Caspar Hoforganist in der Brüsseler Residenz. 1655 wurde die Brüsseler Hofhaltung aufgelöst, und Kerll wurde an die Münchner Hofoper berufen, wo er anfangs als provisorischer Vizekapellmeister, dann Vizekapellmeister und nach dem Tod Giovanni Giacomo Porros schließlich 1656 Hofkapellmeister wurde. Kerll übernahm die musikalische Leitung der Gottesdienste, der Kammer- und Tafelmusik sowie der Hofoper. Mehrere seiner Opern wurden in München uraufgeführt. Sein Amt legte er 1673 nieder, wahrscheinlich in Folge von Intrigen durch italienische Musiker. Mit seiner Familie ging Kerll 1674 nach Wien, wo er eine vom Kaiser gewährte Pension erhielt und ab 1677 als erster Organist des Hofs wirkte. Dennoch besuchte er immer wieder München, beispielsweise 1688, als der Münchner Stecher Carl Gustav Amling das einzige bekannte Porträt des Komponisten anfertigte. 1692 gab Kerll sein Amt in Wien auf, um nach München zu gehen, wo er am 13. Februar 1693 verstarb und in der Gruft des Augustinerklosters in der Kaufingerstraße beigesetzt wurde. Kerll galt zu Lebzeiten als der bekannteste deutsche Komponist von Opern und Kirchenmusik, und seine Werke wurden international aufgeführt. Als Orgelimprovisator wurde ihm gleichermaßen Ruhm zuteil.


Bildnachweis: Kupferstich, Carl Gustav Amling, um 1680, Staatliche Graphische Sammlung München, Inventar-Nr. 122532 D


 

Chefs
Ercole Bernabei
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46619527


">

Ercole Bernabei wurde 1622 in Caprarola, 57 Kilometer nordwestlich von Rom, geboren. In Rom war er ab 1653 Organist an San Luigi dei Francesi, ab 1665 für zwei Jahre Kapellmeister an der Lateranbasilika und ab 1667 Leiter der Kapelle San Luigi dei Francesi. 1672 trat er das Amt des Kapellmeisters an der Peterskirche an, das er aufgab, als er durch den bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria nach München berufen wurde. Hier wirkte er ab 1774 als Hofkapellmeister bis zu seinem Tod 1687. Zu seinen Werken gehören zahlreiche Motetten, Kantaten und Madrigale sowie mehrere verschollene Bühnenwerke, die er für München schrieb, möglicherweise in der Gattung der opera seria. Bernabei wurde in München auch vom Kurfürsten Max Emanuel beauftragt, Schüler aus bayerischen Stiften und Klöstern in Komposition auszubilden.


Bildnachweis: Von Heinrich Eduard Winter – Dieses Bild stammt aus der Digitalen Bibliothek Gallica und ist verfügbar unter der ID btv1b8415785d, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46619527


 

Lesestücke
Normalerweise weiß ich nicht genau, wohin ich gehe

Interview



Der Komponist Marjan Mozetich über sein Komponieren, die Entstehung des Violinkonzerts Affairs of the Heart und günstige Schwingungen auf einer einsamen Insel im Sankt-Lorenz-Strom



MM: Marjan Mozetich
SH: Serge Honegger


 

SH: Findest Du es in Ordnung, dass Dein Violinkonzert für ein Ballett verwendet wird?

MM: Oh ja, damit habe ich absolut kein Problem. Ich habe das Ballett immer sehr geliebt, vor allem modernen Tanz. Als Student habe ich lange Zeit in Toronto gelebt und viele Tanzaufführungen gesehen. Und jetzt fühle ich mich privilegiert, dass sich Choreographen für meine Musik interessieren. Affairs of the Heart wurde bereits für mehrere Produktionen verwendet.

SH: Haben Dir die Ergebnisse gefallen?

MM: Weißt Du was? Manchmal kann gute Musik helfen, schlechte Ballette zu tragen. Man kann aber auch das Gegenteil behaupten. Wenn die Musik schlecht ist, sollte man besser sehr gute Tänzer haben.

SH: Gibt es einen Grund, warum Affairs of the Heart in den letzten 20 Jahren derart viele Tanzschaffende begeistert hat?

MM: Nun, ich würde sagen, ein Grund ist, dass ich dazu neige, sehr emotionale Musik zu schreiben. Sie wirkt auf Tänzer und Choreographen, weil sie ihnen einen Grund dafür gibt, tänzerisch etwas auszudrücken, was sie emotional bewegt. Zweitens neige ich dazu, Musik mit Mustern und Rhythmus zu schreiben. Und das passt natürlich zum Tanz. Nun ist es interessant, dass in eurem Programm die Komponistin Unsuk Chin auftaucht. Sie macht keine sehr rhythmische Musik. Ihre Arbeit ist sehr ausdrucksstark, aber auf eine abstrakte Art und Weise. Ich habe mir ebenfalls den Choreographen Marco Goecke angesehen, der mit ihrer Musik arbeitet. Es wird bestimmt einen Grund geben, warum er eine abstraktere Musik gewählt hat. Ich bin sehr gespannt, wie diese beiden Choreographen ihrer Musikwahl folgen werden.

SH: In der Produktion geht es u. a. auch um verschiedene „Passagen“ und die Frage, wie man von A nach B gelangt. Wo beginnt normalerweise Deine eigene künstlerische Reise?

MM: Normalerweise verbringe ich am Anfang viel Zeit damit, am Klavier zu improvisieren, um Ideen zu entwickeln. Ich muss zuerst herausfinden, was ich mit dem Stück überhaupt vorhabe. Es geht darum, thematisches Material zu finden und dann damit zu arbeiten. Für mich ist das wie eine Reise, eine Reise der Klänge, Muster und Gefühle. Normalerweise weiß ich nicht genau, wohin ich gehe, aber ich habe die Technik, ich habe ein Studium hinter mich gebracht und mir Fertigkeiten angeeignet. Diese Dinge helfen mir, das Material durchzuarbeiten.

SH: Du legst also keinen Plan fest und „füllst“ ihn dann mit Noten auf?

MM: Nein, Ich mache einen Schritt und dann einen weiteren Schritt. Nimm zum Beispiel Bach. Zu seiner Zeit schrieb und dachte man in Stimmen. Bach pflegte eine Stimme für vielleicht acht Takte zu schreiben und dann wechselte er zur zweiten Zeile und komponierte acht Takte in Bezug auf die erste Zeile. Dann ging er zurück zur ersten und schrieb weitere acht Takte. Und so entfaltete sich die Komposition nach und nach. Auf diese Weise schreibe ich auch. Das Muster oder die Melodie, für die ich mich entschieden habe, macht immer etwas, geht immer irgendwo hin. Es ist wie beim Weben. Ich habe keine vorgefasste Idee oder Struktur. Eine Sache führt zur nächsten. Das Geheimnis ist, dass man sich immer in irgendeiner Weise auf sein Ausgangsmaterial beziehen sollte. Ich glaube, David Dawson hat einen ähnlichen Ansatz. Er folgt der Idee des organischen Wachstums.

SH: Das Stück war eine Auftragsarbeit, richtig?

MM: Ja, vom Manitoba Chamber Orchestra. Die Uraufführung wurde von der Canadian Broadcasting Corporation (CBC) sogar live ausgestrahlt. In den 90er-Jahren haben sie noch Live-Konzerte, vor allem Uraufführungen, in verschiedenen Städten Kanadas aufgezeichnet und im Radio gesendet. Leider tun sie das nicht mehr und senden nur noch sehr wenig klassische Musik. Das ist schrecklich. Was Affairs of the Heart betrifft, so erhielt CBC dafür ein sehr gutes Echo in der Öffentlichkeit. Die Leute wollten wissen, wo sie die CD kaufen können. Ich war völlig überrascht. Als CBC das Werk drei Jahre später, im Jahr 2000, produzierte, wurde es sogar zu ihrer meistverkauften klassischen Aufnahme. Sie wurde sehr populär.

SH: Hast Du im Hinblick auf die Produktion dieser CD nochmals Änderungen am Werk vorgenommen?

MM: Nein, ich habe es so belassen. Allerdings konnte ich bei den Aufnahme-Sessions nicht dabei sein, um die Tempi zu kontrollieren. So dachte ich anfangs, als ich das Resultat hörte, es sei etwas zu schnell gespielt. Aber dann habe ich mich daran gewöhnt. Interessanterweise fragte mich David Dawson, ob er das Tempo ein bisschen ruhiger haben könne. Es scheint, dass er verstanden hat, was ich geschrieben habe, er fühlte, dass es ein bisschen langsamer gehen sollte, ein bisschen entspannter.

SH: Du hattest also am Anfang keine Ahnung, dass das Stück eine so große Wirkung haben würde beim Publikum?

MM: Nein, ganz und gar nicht. Weißt Du, ich kann nicht einfach abstrakt komponieren. Ich brauche ein gewisses Engagement von einer Gruppe wie zum Beispiel dem Manitoba Chamber Orchestra. Wenn man weiß, dass man gute Musikerinnen und Musiker hat, stehen die Chancen gut, dass man etwas Schönes und Herausforderndes für diese Leute wird schreiben können. Eine solche Verbindung zu haben, ist eine Art von Liebe. Ich möchte ihnen etwas geben, das sie gerne haben, um es mit Freude an das Publikum weiterzugeben.

SH: Ist der Titel des Violinkonzerts programmatisch zu lesen?

MM: Ich gebe nie einen Titel vor, wenn ich zu komponieren anfange. Ich brauche die Freiheit, einfach schreiben und dem Stück später einen Namen geben zu können. Ich kann mich nicht genau erinnern, wann mir der Titel Affairs of the Heart eingefallen ist, aber ich habe das Gefühl, dass es nach dem Tod eines guten Freundes war. Es passierte ganz am Ende des Kompositionsprozesses, als ich von seinem tragischen Tod erfuhr. Ich war sehr angespannt. Damals lebte ich ziemlich isoliert wie ein Einsiedler auf einer Insel im Sankt-Lorenz-Strom in einem alten Bauernhaus, wo ein Klavier stand. Außerdem unterrichtete ich an zwei Nachmittagen pro Woche und fuhr dazu hin und wieder in die Stadt. Als ich plötzlich einen Anruf erhielt, spürte ich, dass etwas nicht stimmte. Der Freund hatte sich das Leben genommen und ich fühlte mich verletzt. Da habe ich gegen Ende des Stücks eine Klimax geschrieben. Die Lautstärke nimmt zu, alles wird schwer und dicht, während der Solist sehr hohe Noten spielt. Ich schüttete mein Herz aus. Und dann erstirbt die Musik und es kommt zu einer ruhigen Auflösung. In diesem Moment fiel mir der Titel ein. Er ist mit dem Gedanken verbunden, dass dieses Stück eine einzige große Emotion ist, die verschiedene Intensitäten durchläuft. Das sind die „Herzensangelegenheiten“, wie sie der Titel bezeichnet, sie können tragisch oder glücklich sein.

SH: David Dawson hat während des Probenprozesses viel über die verschiedenen Farben, Gefühlszustände und Aspekte der Liebe gesprochen.

MM: Weißt Du, jeder muss seinen eigenen Weg finden. Manchmal fragen mich Musikerinnen und Musiker: „Aber was meinen Sie denn genau mit dieser Stelle?“, und darauf antworte ich jeweils: „Ich nehme an, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Ihr spielt einfach, was ihr spielen müsst. Stellt euch vor, ich wäre tot.“ Viele sind es gewohnt, die Musik von toten Komponisten zu spielen. Ein lebender Komponist macht sie nervös.

SH: Es ist fast ein Vierteljahrhundert her, dass Du Affairs of the Heart geschrieben hast. In der Zwischenzeit ist eine Menge passiert. Wie hat sich Dein Komponieren seither verändert?

MM: Das ist schwer zu erklären. Ich habe die Zeit, in der ich Werke wie Affairs of the Heart geschrieben habe, hinter mir gelassen. Vielleicht hatten diese Jahre etwas damit zu tun, dass ich auf dieser Insel war und mich mit den richtigen Schwingungen verbunden habe. Ideen kommen und gehen. Jetzt, da ich älter werde, schreibe ich immer weniger, aber der Kompositionsprozess ist immer noch derselbe wie vor 40 Jahren.



Bildnachweis: Serghei Gherciu


Chefs
Giovanni Giacomo Porro
http://collections.rmg.co.uk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=230541


">

Giovanni Giacomo Porro wurde um 1590 in Lugano geboren und wirkte unter anderem als Organist im Dienst des Herzogs von Savoyen Carlo Emanuele, als Kapellmeister an der römischen San Lorenzo in Damaso sowie als Vertretung des Orgelvirtuosen Girolamo Frescobaldi an der Cappella Giulia. 1635 wurde er als Kapellmeister an den Hof Maximilians I. nach München berufen. Von dort aus unternahm er mehrere Reisen nach Italien, um italienische Musiker für die Münchner Hofkapelle anzuwerben. Porro pflegte stand in regelmäßigem Austausch mit Galileo Galilei, von dem er Dichtungen vertonte. Obwohl keine Opernaufführung unter Porros Leitung überliefert ist, gibt es Hinweise auf ihn als potenziellen Mitbegründer der musiktheatralischen Tradition in München. Hier wirkte er bis zu seinem Tod 1656. Von seinen laut einer posthum erstellen Auflistung über 1100 Kompositionen, die größtenteils geistlicher Natur waren, aber auch Madrigale und Ballette umfassten, sind fast alle verschollen.


Bildnachweis: Von Domenico Tintoretto – http://collections.rmg.co.uk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=230541


Lesestücke
Ouvertüren als Experimentierfeld

Ein kurzer Gang durch die Gattungsgeschichte der Ouvertüre vom mittelalterlichen Fanfarensignal bis zu den Fantasie-Ouvertüren Tschaikowskis. Zu Alexei Ratmanskys dreiteiligem Ballettabend Tschaikowski-Ouvertüren


von Serge Honegger


 

Was wir heute unter „Ouvertüre“ verstehen, ist aus jenem Fanfarensignal von Trompeten, Zinken, Posaunen oder Pauken hervorgegangen, das im Mittelalter den Beginn von Festlichkeiten ankündigte. Vergleichbare musikalische oder klangliche Ereignisse gab es ebenfalls in noch weiter zurückliegenden Epochen. Grundsätzlich besteht die Funktion eines musikalischen Signals im Kontext eines solchen festlichen Anlasses im Ankündigen einer wichtigen gesellschaftlichen Begebenheit. Als zum Ende des Mittelalters und mit der Entwicklung der Notenschrift der Kompositionscharakter wichtiger wurde, trat das Signalhafte in den Hintergrund und wurde in das Werk integriert. Berühmt ist beispielsweise die Eröffnungsfanfare, die Monteverdi als Toccata seiner Oper L’Orfeo voranstellte. Es handelt sich dabei gewissermaßen um das erste notierte, ouvertürenhafte Werk. Das Besondere dieser Orfeo-Toccata besteht darin, dass solche Einleitungen meistens nicht schriftlich fixiert wurden. Genau genommen handelt es sich aber noch nicht um eine Ouvertüre, sondern um ein festliches, akustisches Zeichen, womit Monteverdi, wie es damals die Gepflogenheit war, den Beginn der Aufführung signalisierte – vergleichbar mit der Funktion, die heute die Klangfolge eines Gongs einnimmt, wie er in vielen Theatern, auch im Nationaltheater München, vor Vorstellungsbeginn zu hören ist.

Die Bedeutung der musikalischen Gattung „Ouvertüre“ hat sich im Verlauf der Jahrhunderte stark gewandelt. So irritierte es beispielsweise im 19. Jahrhundert niemanden mehr, dass Orchesterwerke wie die Fantasie-Ouvertüren Tschaikowskis mit diesem Gattungsbegriff bezeichnet wurden. Man erwartete nicht mehr wie noch zu Zeiten der Opera seria, dass die Ouvertüren als Sinfonia den Auftakt zu einem Musiktheaterereignis bildeten. Sie hatten sich im 19. Jahrhundert im Konzertleben etabliert und wurden gerade deswegen geschätzt, weil sich Komponistinnen und Komponisten in dieser Form Freiheiten nehmen und zugleich von der vom Theater herrührenden Dramatik profitieren konnten.

Wie bei den meisten musikalischen Gattungen handelt es sich bei Ouvertüren um keine statische Kategorie. Sie sind, wie das kulturelle Leben überhaupt, einer historisch bedingten Dynamik unterworfen. So erklingen Ouvertüren in unterschiedlichen Epochen zu unterschiedlichen Anlässen und werden zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt. Mit ihnen können Erschütterungen, Umbrüche oder gar Umstürze von kulturellen und gesellschaftlichen Normen zum Klingen gebracht werden. Das Wort „Fantasie“, das Tschaikowski für die Gattungsbezeichnung seiner sich auf Shakespeare-Stoffe beziehenden Ouvertüren wählte, gibt bereits an, dass es sich hier um eine freiere Form handelt, die gleichwohl als eigenständiges und in sich abgeschlossenes Werk zu betrachten ist.

PRÄLUDIEN, INTONATIONEN, TOCCATEN

Man muss sich in Erinnerung rufen, dass vor 1600 öffentliche Aufführungen von Kompositionen noch sehr stark von der Vokalmusik dominiert waren, wo sie u. a. im Rahmen von Messevertonungen in der Kirche erklangen. Erst allmählich löste sich die Instrumentalmusik von den Gesangsstimmen und entwickelte Gattungen, die unabhängig von Tanz oder Gesang im Rahmen von Konzertveranstaltungen zur Aufführung gebracht werden konnten. Bevor also ab 1600 eine so zu bezeichnende Gattung der „Ouvertüre“ existierte, erfüllten Präludien, Intonationen und Toccaten die Funktion, einen Auftakt zu einem speziellen Ereignis zu markieren. Ein Präludium konnte entweder nach strengen Regeln oder improvisiert ablaufen. Es fand im Vorfeld des eigentlichen Werks statt und war mit dem Wirkungsziel verbunden, die Aufmerksamkeit der Hörerschaft zu wecken und auf das häufig mit einer herrschaftlichen Macht in Verbindung stehende Ereignis hinzuweisen.

Mit der Zeit verloren die Präludien jedoch den improvisierenden Charakter und wurden auskomponiert. Monteverdis Orfeo-Toccata bildet in dieser Entwicklung hin zur Ouvertüre einen wichtigen Moment in der Musikgeschichte. Der sowohl improvisierende als auch festliche Charakter ist in den Fantasie- und Konzertouvertüren Tschaikowskis und seiner Zeitgenossen allerdings immer noch präsent. Im Fall von Tschaikowski manifestiert er sich ganz besonders im Experimentierenden, Forschenden und in der Unkonventionalität der musikalischen Formgebung. Ohne ein ganzes Romeo und Julia-, Hamlet- oder Sturm-Musiktheater entwerfen zu müssen, konnte Tschaikowski mittels der Freiheiten, die die Gattung der Fantasie-Ouvertüre bietet, mit den Möglichkeiten des Orchesters spielen, Klangfarben ausprobieren und den mit der Symphonie verbundenen Erwartungshorizont überschreiten.

OPERNSINFONIA

Um das Jahr 1700 herum hatten sich die instrumentalen Orchesterwerke, die eine Aufführung eröffneten, als feste Gattung der „Opernsinfonie“ oder „Ouvertüre“ etabliert. Mit dem Übergang von der höfischen Kultur zum bürgerlichen Zeitalter um 1800 herum verschwand die Opera seria allmählich von den Spielplänen. Und mit ihr ging auch die Rückbindung der Ouvertüren an jenes fürstliche Zeremoniell verloren, das mit solchen Aufführungen oft verbunden war. So suchte sich die Opernsinfonie quasi ein neues Betätigungsfeld – und das gelang ihr sehr erfolgreich. Aus ihr entwickelte sich ab 1750 die autonome Orchestermusik und das ganze symphonische Repertoire, wie wir es heute aus den Konzertsälen kennen. Als dort ab Mitte des 18. Jahrhunderts auch Ouvertüren erklangen, mussten diese Werke zum einen den gestiegenen Ansprüchen des Publikums genügen und sich zum anderen an den Symphonien und Solokonzerten messen lassen.

Beurteilt wurden bei den Ouvertüren, wie bei allen anderen Orchesterwerken, auf welche Weise die Komponistinnen und Komponisten die Regeln zu Satzbau, Kontrapunkt und zur Harmonie umsetzten. Zugleich wollte das Publikum aber auch den Regelbruch, das Innovative und Eigenständige einer künstlerischen Handschrift hören. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, wurden die Grenzen dessen, was eine Symphonie oder eine Konzertouvertüre ist, immer weiter gezogen, bis sie sich im 19. Jahrhundert allmählich aufzulösen begannen.

OUVERTÜREN IN RUSSLAND

Im Russland des 19. Jahrhunderts war das Konzertleben noch wenig ausgebildet. Hauptsächlich wurden Werke aus Italien, Frankreich und Deutschland zur Aufführung gebracht. Die Gattung der Ouvertüre spielte bei der Entwicklung einer eigenständigen russischen Musikkultur eine nicht unerhebliche Rolle. So tasteten sich viele der komponierenden Musikerinnen und Musiker über Ouvertüren an die größeren symphonischen Formen heran, die sich in Zentraleuropa ab der Wiener Klassik mit Haydn, Mozart und Beethoven etabliert hatten. Eine besondere Rolle nimmt in Russland Michail Glinka (1804–1857) ein, der mit seinem Werk wichtige Impulse setzen konnte. Auch Tschaikowski bezog sich zeitlebens auf die kompositorischen Errungenschaften des älteren Kollegen. Um zu einer eigenen musikalischen Sprache zu finden, stellten Berlioz, Mendelssohn, Liszt und Schumann die maßgebenden Vorbilder für diese Generation dar, weil sie auf besonders innovative Weise nach einem individuellen Ausdruck suchten und unkonventionelle Formen in ihrem Komponieren integrierten.

Nach Tschaikowski waren es u. a. dessen Schüler und enger Freund Sergei I. Tanejew (1856–1915) – der auch das Gesangsduett aus Romeo und Julia aus dem Nachlass seines Lehrers vervollständigte – sowie Rimski-Korsakows Schüler Alexander Glasunow (1865–1936), die für die Weiterentwicklung des russischen Musiklebens wichtig waren.

Für Tschaikowski waren die Ouvertüren ein Experimentierfeld, in dem er sein Gespür für Dramatik umsetzen konnte. Zudem boten die Fantasie-Ouvertüren die Möglichkeit, sich nicht einer Norm fügen zu müssen und neue Formen ausprobieren zu können. Vergleichbar den Werken von Hector Berlioz bekommt man bei Tschaikowskis Fantasie-Ouvertüren Schwierigkeiten, wenn man sie in ein zu enges Gattungskorsett zwängen möchte. Sind es wirklich Ouvertüren, eine Form der dramatischen Symphonie oder eine symphonische Dichtung? Gerade ihr schillernder Charakter erlaubt es, dass sie in der Choreographie von Alexei Ratmansky zu idealen Vorlagen für ein Ballett werden, das sich gleichfalls als ein Fantasieren versteht, ein Fantasieren darüber, welche Rolle das klassische Ballett in der Gegenwart einnimmt, auf welche Weise es sich auf seine eigene Geschichte bezieht und wie es seine eigene Zukunft entwirft.



Bildnachweis: Katja Lotter


 

Chefs
Giovanni Battista Crivelli

Der Komponist Giovanni Battista Crivelli wurde Ende des 16. Jahrhunderts in Scandiano (Provinz Reggio Emilia) geboren und lernte wahrscheinlich in der Kathedrale von Reggio Emilia, wo er ab 1614 als Organist wirkte. Ab 1620 war er Kapellmeister an der Chiesa dello Spirito Santo in Ferrara, und ab 1629 war er schließlich in München am Hof Maximilians I. tätig, wo er die Hofkapelle leitete. Ab 1635 folgten Stationen in Reggio Emilia, wo er zum Kapellmeister an der Basilica della Ghiara ernannt wurde, und am Mailänder Dom sowie an der Santa Maria Maggiore in Bergamo. Seinen letzten Kapellmeisterposten hatte Crivelli als Leiter der Hofkapelle des Herzogs von Modena inne, wo er 1652 verstarb. Zu seinen Kompositionen zählen vor allem Motetten und Madrigale.


Bildnachweis: Wikimedia Commons/Classe 3l, CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia.org/wiki/File:Duomo_Di_Reggio_Emilia,_Facciata.jpg


 

Chefs
Ferdinand II. di Lasso
https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_I._(Bayern)#/media/Datei:Wenceslas_Hollar_-_Compton_or_Carleton._Philosophia_universa_(State_4).jpg


">

Orlando di Lasso war zwar der berühmteste Sprössling seiner Familie, aber nicht deren einziger Komponist und Musiker, der eng mit der Geschichte der Münchner Hofkapelle verbunden ist. Denn nach seinem Sohn Ferdinand I. di Lasso war auch dessen Sohn Ferdinand II. di Lasso Hofkapellmeister in München: Wahrscheinlich zwischen 1616 und 1629 leitete Ferdinand II. die Kapelle des Herzogs Maximilian I. von Bayern. Wie intensiv Maximilian I. sich selbst mit Kulturpolitik beschäftigte, zeigt ein Brief vom 24. Juli 1613. Aus diesem geht hervor, dass der Herzog Ferdinand II. nach Rom geschickt hatte, damit dieser dort studieren konnte. Maximilian I. ließ sich über die Fortschritte des Enkels von Orlando di Lasso genauestens unterrichten, und so schrieb er nach Rom:

„Aus Ihrem Brief vom 6. habe ich vernommen, welche Fortschritte dort Ferdinando Lasso in der Musik macht, und daß er jetzt im Stande ist zurückzukommen und Dienste zu leisten, sobald er sich drei Monate noch in Rom wird aufgehalten haben, um Allegro-Compositionen in modernem Stil zu machen, nachdem er bisher sich mit ernsten beschäftigt hat. Ich sage Ihnen deshalb, dass ich zufrieden bin, ihn noch die genannten drei Monate dort zu lassen, damit er sich so viel als möglich zu vervollkommnen suche nicht allein im Componirem, sondern auch in der Ausübung und Concerte zu zwei, drei und mehr Chören zusammensetze. Dann mag er hierher zurückkehren.“


Bildnachweis: Wenceslaus Hollar: Maximilian I. als Herrscher. University of Toronto Wenceslaus Hollar Digital Collection. https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_I._(Bayern)#/media/Datei:Wenceslas_Hollar_-_Compton_or_Carleton._Philosophia_universa_(State_4).jpg


Chefs
Ferdinand I. di Lasso
Mus.pr. 164. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00072000?page=2,3


">

Der Sohn Orlando di Lassos wurde um das Jahr 1562 in München geboren und von seinem Vater in der Hofkapelle ausgebildet. 1585 wurde er als Kapellmeister am Hof in Hechingen angestellt, und 1587 erschien eine Sammlung von Motetten Ferdinands I di Lassos, die seinem Dienstherren Eitel Friedrich IV. von Hohenzollern-Hechingen gewidmet wurde. 1589 kehrte er zurück nach München und war vorerst als Tenorsänger dort und in Landshut tätig, bevor er 1602 Johannes de Fossa als Kapellmeister von Herzog Maximilian I. von Bayern nachfolgte. 1622 initiierte er die Ausgabe der Sammlung Apparatus musicus mit achtstimmigen Werken seines Vaters. 1609 starb Ferdinand I. di Lasso in München. Bei den _Cantiones Quinque Vocum_ im Titelbild handelt es sich um eine 1597 erschienene Ausgabe von bis dahin unveröffentlichten Motetten seines Vaters und Ferdinand I.


Bildnachweis: Lasso, Orlando di: Cantiones quinque vocum. Ab Orlando di Lasso et huius filio Ferdinando di Lasso. Compositae Typis iam primo subiectae et in lucem editae. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 4 Mus.pr. 164. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00072000?page=2,3


 

 

Lesestücke
Oper am Telefon

von Thomas Herbst


Die erste internationale Elektrizitätsausstellung in Paris 1881 wollte zeigen, welche Kräfte in der nun vom Menschen gezähmten Kraft des Blitzes lagen: Hellerleuchtete Säle, eine Glühlampe, die man mit einem Schalter leuchten und wieder verlöschen lassen konnte, elektrische Straßenbahnen und eine Opernübertragung am Telefon begeisterten die Menschen. Darunter auch Oskar von Miller, damals noch ein bei seinen Vorgesetzten in München als verschroben geltender Baupraktikant – heute bekannt als Gründer des Deutschen Museums. Von Paris zurückgekehrt konnte er Gleichgesinnte dazu bewegen, eine solche Ausstellung auch in der bayerischen Hauptstadt zu organisieren. Schon im nächsten Jahr fand diese dann im Glaspalast in der Nähe des Hauptbahnhofs statt. Auch hier wurde eine Telefonübertragung aus der Oper eingerichtet: in einer Kabine konnte man einen Hörer ans rechte und einen ans linke Ohr halten und also sogar stereo der von 12 Mikrofonen im Nationaltheater aufgezeichneten Musik lauschen – eine Erfahrung, die größtes Erstaunen und manche Verwirrung hervorrief. So berichtet Oskar von Miller: „Ein komisches Intermezzo bildete ein Versuch, bei dem der Hoftheaterintendant Perfall die Tellaufführung aus dem Hoftheater in Tutzing anhörte, während ich im Glaspalast mich eingeschaltet hatte. Auf meine Anfrage, ob es nicht angenehm sei, von Tutzing aus die Oper kontrollieren zu können, kam keine Antwort, aber am nächsten Morgen kam Perfall entrüstet in mein Büro und verlangte die Herausnahme des Telefons, weil ich auf der Bühne so geschrien hätte, daß ich fast den Sänger Vogl übertönt habe, was er sich natürlich nicht gefallen lassen könne.“
Auf einer der jetzt regelmäßig stattfindenden Ausstellungen wurden 1891 dann Vorstellungen aus München sogar bis nach Frankfurt a. M. übertragen. Die Illustrierte Zeitung berichtet: „Am Abend aber herrscht ein gewaltiges Gedränge bei der Übertragung der Oper aus Frankfurt, noch mehr aber der aus München. Fast will es mir scheinen, als ob die Besucher der Abteilung, in der die Übertragung der Münchner Oper stattfindet, dieselbe mit zu großen Ansprüchen betraten. Einen reinen Genuß hat man bei diesen Opernübertragungn nicht; gewöhnlich machen sich in den Telefonen, mit denen man hört, störende Nebengeräusche, knackende und schnarrende Laute bemerkbar. Manchmal hört man die Musik nur sehr undeutlich und verschwommen, manchmal verschwindet sie ganz, je nachdem im Orchester nur bestimmte Instrumente spielen, die weiter oder näher von dem Aufnahme-Megaphone entfernt sind, und je nach der Stellung der Sänger und Sängerinnen auf der Bühne. Sehr oft aber hat man doch minutenlang einen wirklichen Genuß, indem man auf die weite Entfernung voll und deutlich jeden Laut der Musik und des Gesanges hört. … Bewahrheitet sich die Nachricht, daß Edison auch noch die Möglichkeit gefunden hat, die schauspielerischen Vorstellungen auf weite Entfernungen hin elektrisch sichtbar zu machen, dann wird vielleicht die Zeit gekommen sein, in der in jedem Lande nur ein einziges Zentralopern- und Schauspielinstitut besteht, von dem aus durch Leitungen alle einzelnen Orte und alle einzelnen Wohnungen mit dem notwendigen Quantum von Schauspiel- und Operngenüssen versehen werden können.“


Bildnachweis: 150 Jahre Bayerisches Nationaltheater, Hrsg: Generaldirektion der Bayerischen Staatstheater, C. Hirth’s Verlag G.M.B.H., München, 1928


 

 

Chefs
Johannes de Fossa
Mus.ms. 2757. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek Mus.ms. 2757. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079000?page=6


">

Johannes de Fossas Geburtsdatum und Geburtsort sind unbekannt. Bis zu seinem Eintritt in die Münchner Hofkapelle 1569 ist de Fossas Biographie lückenhaft dokumentiert. Er stammt wohl aus einer niederländischen Musikerfamilie, in welcher sein Name mehrfach vorkam. De Fossa bezeichnet in einer selbst angefertigten Abschrift Johannes Castileti – auch Jean Guyot genannt – als seinen Lehrer. Wahrscheinlich war de Fossa in den 1540er und 1550er Jahren in Lüttich der Schüler Castiletis. 1569 wurde de Fossa schließlich zum Vizekapellmeister der Münchner Hofkapelle ernannt und führte dieses Amt bis Orlando di Lassos Tod 1594 aus. Nach di Lassos Tod nahm di Fossa dessen Amt als Münchner Hofkapellmeister ein, wobei die offizielle Ernennung erst 1597 erfolgte. Seine Verdienste wurden durch de Fossas Erhebung in den Reichsadelsstand geehrt. Pfingsten 1603 verstarb er in München, nachdem er bereits ein Jahr zuvor sein Amt aufgrund gesundheitlicher Probleme niederlegen musste.


Bildnachweis: Fossa, Johannes de: 7 Sacred songs – BSB Mus.ms. 2757. Standort: München, Bayerische Staatsbibliothek Mus.ms. 2757. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079000?page=6


Chefs
Ludwig Daser
Mus.ms. 18. Standort:
München, Bayerische Staatsbibliothek -- Mus.ms. 18. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079115?page=6,7


 

">

Ludwig Daser wurde um 1526 in München geboren und trat bereits im Jugendalter der Münchner Hofkapelle bei, wo er vermutlich unter Wolfgang Fynnckl und Andree Zauner, vielleicht auch unter Ludwig Senfl seine musikalische Ausbildung erhielt. Daser studierte wie Andree Zauner an der Universität Ingolstadt und war ab 1552 als Hofkapellmeister der Münchner Hofkapelle aktiv. 1563 legte Daser sein Amt in München endgültig nieder, und 1572 wurde er Kapellmeister am württembergischen Herzogshof in Stuttgart, wo er bis zu seinem Tod 1589 wirkte. Daser war ein äußerst produktiver und von Zeitgenossen geschätzter Komponist von Messen, Motetten und geistlichen Liedern. Zuletzt ist er wieder in den Fokus der Musikwissenschaft gerückt, und so ist die Veröffentlichung des umfangreichen Buchs Ludwig Daser (1526–1589) – Grenzgänger zwischen den Traditionen von Daniel Glowotz in Vorbereitung.


Bildnachweis: Daser, Ludwig: 9 Masses – BSB Mus.ms. 18. Standort:
München, Bayerische Staatsbibliothek -- Mus.ms. 18. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00079115?page=6,7


 

Chefs
Andree Zauner

Andree Zauner war der Nachfolger Wolfgang Fynnckls und leitete die damalige Hofkapelle von 1550 bis 1552. Zauner kam ursprünglich aus Landshut und war ab 1525 an der Universität Ingolstadt immatrikuliert, wo vor allem Schriften von Johannes de Muris studiert wurden, der sich als spätmittelalterlicher Intellektueller mit Musiktheorie beschäftigte und die Musiknotation entscheidend vorantrieb. Dementsprechend führte Zauner den für einen Musiker seltenen Gelehrtentitel „Maister“ (Magister). Er blieb der Hofkapelle nach seiner Amtsabtretung als Sänger erhalten und erhielt sogar darüber hinaus eine Gnadenbesoldung bis zu seinem Tod 1577.


Bildnachweis: Wappen der Universität Ingolstadt 1580. Abbildung aus: Schrot, Martin: Wappenbuch Des Heiligen Römischen Reichs, und allgemainer Christenheit in Europa, München, 1580 (Bayerische Staatsbibliothek, Res/2 Herald. 46). http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00089366/image_313


Chefs
Wolfgang Fynnckl
Sebastian Hurlacher und Bastian Behaim zwei neue Instrumentalisten engagiert.


Bildnachweis: Biographisch-bibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4. Quelle: gallica.bnf.fr. Provenienz: Bibliothèque nationale de France.


">

Über Ludwig Senfls Nachfolger ist wenig überliefert: Lediglich Wolfgang Fynnckls Name und Amt sind bekannt. Nach Senfls Scheiden 1543 und vor 1551 muss Fynnckl die Arbeit seines Vorgängers und damit die Münchner Hofmusik fortgeführt haben. Während Fynnckls Amtszeit wurden mit Sebastian Hurlacher und Bastian Behaim zwei neue Instrumentalisten engagiert.


Bildnachweis: Biographisch-bibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4. Quelle: gallica.bnf.fr. Provenienz: Bibliothèque nationale de France.


 

Chefs
Vladimir Jurowski über das Bayerische Staatsorchester
Über Vladimir Jurowski


Bildnachweis: Wilfried Hösl


">

Vladimir Jurowski, Generalmusikdirektor des Bayerischen Staatsorchesters seit 2021


500 – was für eine Zahl! Vor fünfhundert Jahren begann die Geschichte des Ensembles, das heute als Bayerisches Staatsorchester weltweit zu den angesehensten Opern- und Konzertorchestern zählt und mit Recht stolz auf diese einzigartige Historie sein kann. Mit Namen wie Ludwig Senfl und Orlando di Lasso als Künstlerische Leiter ist die Frühzeit des Orchesters verbunden, und an bedeutenden Persönlichkeiten hat es seitdem nie gemangelt.

Die Zusammenarbeit mit den größten Komponisten ihrer Zeit – wie Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner und Richard Strauss –, auch mit den großen Dirigenten der Vergangenheit und der Gegenwart (die Liste der Namen ist zu lang, um sie an dieser Stelle anzuführen) hat das Orchester entschieden geprägt und es zu einem der besten der Welt gemacht. Nicht nur Ergebnis, sondern auch Grund dieser Qualität ist die Vielfältigkeit der Aktivitäten: in der Oper, im Ballett, im symphonischen Repertoire, im Kosmos der Kammermusik, im Einsatz für musikalische Ausbildung und Vermittlung. Für diesen letzten Punkt steht insbesondere das Engagement der Hermann-Levi-Akademie, die Talentschmiede für die Zukunft nicht nur des Bayerischen Staatsorchesters, sondern des Orchestermusizierens überhaupt.

Die Gründung der ersten Konzertreihe für das Münchner Bürgertum im Jahre 1811, die noch heute lebendige Musikalische Akademie, spricht von der tiefen Verbundenheit des Orchesters mit der Stadt München und ihren Bürgerinnen und Bürgern, die auch nach über zweihundert Jahren nicht versiegt ist. Im Festjahr 2023 wollen wir diese Verbindung mit vielen bewährten und neuen Formaten weiter vertiefen. Ich gratuliere dem Bayerischen Staatsorchester, dem als Chefdirigent vorzustehen mir eine Ehre ist, und freue mich auf ein musikalisch reiches 500-Jahre-Jubiläum.

Über Vladimir Jurowski


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Lesestücke
Klingende Öffentlichkeiten

Armin Nassehi



Ein umfassendes Bild von der Arbeitsweise eines Orchesters gewinnt man ausschließlich durch einen Blick auf die Bühne oder in einen Graben. Denn nur im Augenschein, dann jedoch schnell, ist zu erkennen: Orchester sind hocharbeitsteilige Institutionen, die aus vielen Spezialist:innen bestehen, deren je eigene Kompetenz und Praxis _sym_-phonisch, _zusammen_-tönend zum Klingen gebracht werden muss. Ein Orchester ist geradezu ein Symbol dafür, wie aus spezialisierten Einzelnen, die gleichzeitig Unterschiedliches tun und deren Tun auch noch in Echtzeit und gleichzeitig koordiniert werden muss, etwas Einheitliches entsteht, das aber wiederum nur in der sehr voraussetzungsreichen Koordination der einzelnen Handlungen zu einem Ganzen wird und etwas erzeugt, das kaum mehr einem Einzelnen zuzurechnen ist. Die starke Figur des Dirigenten – vor allem im 20. Jahrhundert zumeist männliche, beinah heroische Gestalten – sorgte für ein Aufgehen der individuellen Tätigkeiten und Fähigkeiten der Orchestermusiker:innen in einem Allgemeinen. Deshalb wurde auch vor allem ihnen zugeschrieben, was da an kollektiver symphonischer Arbeit geleistet wurde und wird. Theodor W. Adorno hat in seiner Musiksoziologie gespottet, der anerkennungsbedürftige Dirigent müsse kaschieren, dass er nicht arbeitet, und deshalb einen Kult um die eigene Person pflegen. Der Wirklichkeit näher kommt wohl die Einsicht, dass das Orchester ein solch komplexes Gebilde ist, dass es der Position eines Dritten bedarf, der die Komplexität der Teile zu einem Ganzen verschmelzen kann.

Ein solcher Blick auf die Bühne und in den Graben zeigt die Institution des Orchesters mit ihrem inneren Komplexitätsaufbau und ihrer historischen Entwicklung als die performative Entsprechung komplexer Musikformen, die es ohne einen solchen arbeitsteiligen Klangkörper nicht gäbe. Dieser hohe Grad an Arbeitsteilung ist eine radikal moderne Eigenschaft. Lange bevor dieses Prinzip in die industrielle Produktion, die gegliederte Staatsverwaltung und in logistische Organisationsformen Einzug hielt, war es vor allem das Orchester, das Spezialisierung und Koordination, einzelne Säule und Ganzheit der Gesellschaft, Individualität und Kollektivität, Differenzierung und Integration zusammendenken musste. Wer sich darüber wundert, dass sich die inzwischen schon ein halbes Jahrtausend alte Form solcher Klangkörper erhalten hat, mag bedenken, dass diese soziale Organisationsform ihrer Zeit voraus war: ein Vorschein auf eine Gesellschaft, deren innere Differenziertheit und komplexe Mannigfaltigkeit zwar keine symphonische Integration kennt, dafür aber das Problem der Koordination von Handlungen umso genauer. Man könnte sogar noch weiter gehen und das Symphonieorchester mit seiner zeitlosen und besonderen Form als Parabel auf eine gesellschaftliche Gestalt begreifen, die individuelle Fähigkeiten, Spezialisierungen und Eigenheiten mit der Notwendigkeit ihrer Handlungskoordination versöhnen kann.
Man kann den Blick aber auch wenden – von der Bühne oder dem Graben in den Konzertsaal oder das Opernhaus. In der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung über die Entstehung von Öffentlichkeiten gelten musikalische Konzerte, Opernaufführungen, symphonische Konzerte, auch Kammerkonzerte neben der Entstehung von Salons oder dem Theater als frühe Orte der Öffentlichkeit. Gerade an der Musik lässt sich zeigen, wie sich mit dem Wandel von der höfischen und kirchlichen hin zu einer bürgerlichen Aufführungspraxis nicht nur das Selbstverständnis und die Verselbständigung der Kunstform Musik, sondern auch der Anlass der konzertanten Aufführungen veränderte. War die höfische Praxis noch stark von der Einübung in die verfeinerten Formen und die distinktiven Umgangsweisen des Hochadels geprägt, eröffnete sich in den Städten mit bürgerlichen Aufführungsformen eine völlig neue Dimension des Publikums. Die Musik wanderte von der höfischen Umgebung in den auf die Funktion der Aufführung reduzierten Konzert- und Opernsaal aus, wo barocke oder klassizistische Elemente nur noch als Ornament weiterlebten.

Erst in dieser Aufführungspraxis kam dem Publikum die entscheidende Bedeutung zu. Anders als am Hof oder in der Kirche treffen in einem Konzertsaal Fremde aufeinander, die sich in den meisten Aspekten ihrer Persönlichkeit auch fremd bleiben, aber über einen gemeinsamen Fokus zusammengehalten werden, durch den sie miteinander ins Gespräch kommen – über die gelungene Aufführung, den Charakter der Musik, die Merkwürdigkeiten des Dirigenten, über die missfällige Kritik und die neuesten Meldungen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Der bürgerliche Konzertsaal ist deshalb auch die Einübung in eine Praxis der Öffentlichkeit. Früher war das bürgerliche Publikum zudem auch ein Lesepublikum, das Öffentlichkeit in solchen Zusammenkünften schon deshalb herstellen konnte, weil der Lesestoff ähnlich und der Fundus des Bekannten berechenbar war. Es konnte zweckfrei und doch engagiert, interesselos und doch interessiert, kontrovers und doch einvernehmlich kommuniziert werden, und womöglich haben der Weg zum Konzertsaal, die Pause zwischen den Stücken und der Klatsch über die Abwesenden dem Konzertereignis überhaupt erst den Charakter eines gesellschaftlichen Ganzen verliehen. Konzerte waren Orte, in denen die bürgerliche Gesellschaft zu sich selbst kam, auch wenn das nur für eine kleine Trägergruppe galt. Hier kam keine klassenlose Gesellschaft zu sich selbst, sondern eine Klasse mit ihren distinkten Merkmalen; hier wurde keine demokratische Agora inszeniert, aber doch schon die Fähigkeit, Kontroversen auszuhalten und dem anderen zu begegnen; hier wurde nicht nach Konsens gesucht, aber durchaus schon die Fähigkeit eingeübt, mit Differenzen umzugehen.

Die bürgerliche Aufführungspraxis ist deshalb ein Exerzitium in Öffentlichkeit, weil hier wie an wenigen anderen Orten gepflegte Formen der Distanz trotz Gemeinsamkeiten geübt werden konnten – in aller Ambivalenz selbst in Zeitläufen, deren Öffentlichkeiten gleichgeschaltet waren. Es ist umstritten, ob man das Konzert, den bürgerlichen Salon oder das Theater als Blaupausen für politische Öffentlichkeiten der späteren (National-)Staaten betrachten kann. Unbestreitbar aber ist, dass die symphonische Praxis ein Publikum voraussetzt, das sich öffentlicher Beobachtung aussetzt und entsprechende Formen der Handlungskoordination unter Fremden kultiviert.

Institutionalisierte Orchester, bis heute, zumindest hierzulande, durch die öffentliche Hand gefördert oder sogar betrieben, zählen nach wie vor zum festen Inventar des Kulturlebens. Das ist auch eine Reminiszenz an dieses Modell inszenierter Öffentlichkeit. Die Komplexität des Orchesters ist hier nur das korrespondierende Gegenüber für eine bedeutsame und persistierende Praxis – und in einer pluralistischen, demokratisierten, egalitären und nicht zuletzt globalisierten Kultur lange nicht mehr der exklusive Ort, von dessen Widerschein er noch heute zehrt. Aber gerade das macht es nur umso bedeutsamer und bemerkenswerter, wie stabil diese Form sich hält, die trotz ihrer chronischen Struktur nicht anachronistisch zu werden scheint. Vielleicht liegt es daran, dass beide im Moment ihrer Entstehung ihrer Zeit voraus waren: das Orchester als untypisch komplexe arbeitsteilige Form und sein Publikum als Gemeinschaft von Fremden im Gespräch. Ad multos annos! 

Lesestücke
1523
Hans Wertinger, Herzog Wilhelm IV. von Bayern Rückseite: Wappen Bayern-Baden und Devise, 1526, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München


">

Warum 1523?

Das Jahr 1523 markiert den Beginn des institutionalisierten Musizierens im instrumentalen Verband am bayerischen Hof; damit entstand die Keimzelle des heutigen Bayerischen Staatsorchesters, das sich mithin auf eine inzwischen fünfhundertjährige Geschichte berufen kann.

1523 trat, wohl im Frühjahr, der europaweit bekannte und zuvor bis zu dessen Tod 1519 für Kaiser Maximilian I. tätige Musiker Ludwig Senfl in den Dienst des Wittelsbacher Herzogs Wilhelm IV. Er übernahm in dessen Auftrag die Leitung der Münchner Hofkantorei und begann sogleich mit dem „Ausbau der Hofmusik“ (Dr. Stefan Gasch), und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen wurde die am Hof und im herzoglichen Gottesdienst erforderliche Musik mit einem Stamm festangestellter Mitglieder auf eine neue Basis gestellt. Senfl engagierte zum Beispiel Johannes Steudel, „Pusauner“, über den vermerkt ist: „Erhält 100 Gld. rhein. per Jahr, für 1 Pferd Futter, 2 Hofkleider und 3 Scheffel Korn“, „vnnder den Pusaunen solle der Steudl maister sein“. Zum anderen bildete man nach und nach einen Fundus aufgeschriebener Werke, die für spezifische Anlässe komponiert wurden. Damit wurde es auch erforderlich, dass alle Mitwirkenden Noten lesen konnten (und nicht mehr wie in der früheren Praxis dreistimmig improvisiert wurde); beide Aspekte stehen also in direktem Zusammenhang. Neben den Diensten im liturgischen Bereich bestritten die Instrumentalisten der Hofkapelle auch Festivitäten wie Bälle und Staatsbesuche, steuerten Tafelmusiken bei Festessen bei und sorgten mit Fanfaren für die Akzentuierung wichtiger Momente bei Staatsereignissen.

1523 nehmen also zwei wesentliche Entwicklungen ihren Anfang: einerseits die Professionalisierung des Musikerpersonals, andererseits der Aufbau eines dauerhaften Repertoires – beides Ansprüche, die sich das Bayerische Staatsorchester auch heute zu eigen macht.


Bildnachweis: Hans Wertinger, Herzog Wilhelm IV. von Bayern Rückseite: Wappen Bayern-Baden und Devise, 1526, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München


 

Chefs
Kent Nagano über das Bayerische Staatsorchester

Kent Nagano, Generalmusikdirektor 2006–2013


Was das Bayerische Staatsorchester aus meiner Sicht auszeichnet? Für mich ist es die Mischung aus dunklem, warmem Klang, transparenter Textur, individueller Klangfarbe und einer ausgeprägten gemeinsamen Identität, die über fünf Jahrhunderte kontinuierlich aufgebaut und weiterentwickelt wurde und stark von den großen, mit diesem Haus verbundenen Komponisten und Künstlern geprägt ist. Das Zusammenspiel von Klang und Persönlichkeit, das jede Musikergeneration durch Anpassungsfähigkeit, technisches Können und eigene Energie neu definiert hat, ist etwas Einzigartiges und ein idealer Gegenentwurf zu einigen Trends unseres heutigen Informationszeitalters.

In seiner 500-jährigen Geschichte hat dieses großartige Ensemble das unschätzbare Geschenk des Humanismus mit der Welt geteilt, und damit wird es auch in Zukunft von Relevanz sein. Danke, Bayerisches Staatsorchester, und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Chefs
Kirill Petrenko über das Bayerische Staatsorchester

Kirill Petrenko, Generalmusikdirektor 2013–2021, Ehrendirigent des Bayerischen Staatsorchesters


 

Die sieben Jahre, die ich als Chefdirigent mit dem Bayerischen Staatsorchester verbringen durfte, sind im Lichte seiner langen Geschichte nur ein Hauch. Aber für mich waren diese meine sieben Jahre als Bayerischer Generalmusikdirektor eine unsagbar glückliche Zeit. Ich hoffe, dass wir gemeinsam ein paar Spuren hinterlassen konnten, die unser eigenes Wirken überdauern werden. Indem sich das Bayerische Staatsorchester im fünfhundertsten Jahr seines Bestehens so viel Neues vorgenommen hat, wird dieses Ereignis weniger zur Rückschau auf eine glanzvolle Vergangenheit als zum Ausblick auf eine weiter und weithin strahlende Zukunft. Die wünsche ich diesem wunderbaren Orchester von ganzem Herzen – und freue mich sehr, dass wir in seinem Jubiläumsjahr wieder zusammentreffen werden.


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Lesestücke
Einer für alle, alle für Eines

Ein kurzer Blick in die traditionsreiche Geschichte
des Bayerischen Staatsorchesters zeigt:
Ein Orchester ist mehr als die Summe seiner Instrumente.


Holger Noltze



Zuerst mag man an Fußball denken, doch die Parole „Einer für alle …“ stammt aus Alexandre Dumas d. Ä. unverwüstlichem Roman Die drei Musketiere und somit aus der Zeit vor der Erfindung des Kicksports. In ihr drückt sich das rückhaltlose Eintreten des Individuums für sein Kollektiv aus, das Hintanstellen des Eigenen zugunsten des Allgemeinen. Dieser schöne Gedanke lässt sich mit beinahe noch größerer Berechtigung auf das Musikmachen im Ensemble beziehen. Beim Fußball zählen am Ende ja doch die Tore, es kommt also auf den Torschützen an. Und auch das Degenfechten ist wohl zuallererst eine solistische Disziplin.

Beim gemeinsamen Musizieren gilt eine tiefere Weisheit: Die eigene Exzellenz als Teil eines größeren Ganzen zu erkennen; zuhören können und sich, wo es sein muss, zurücknehmen. Das macht den Künstler im Kollektiv aus. An diesem heiklen Punkt entscheidet sich die Qualität eines Klang-Körpers. Aber das schließt den Reiz und das Prinzip kontrapunktischer Vielstimmigkeit eben nicht aus.

Dieses Prinzip steht prominent am Anfang der langen und ruhmreichen Geschichte des heutigen Bayerischen Staatsorchesters, der früheren Münchner Hofkapelle und – fünfhundert Jahre ist es her – der Münchner Kantorei. Denn mit der Berufung des glänzenden Polyphonikers Ludwig Senfl zum „Musicus intonator“ nach München beginnt 1523, was eine der längsten Orchestergeschichten der Welt werden sollte. Von Kunstsinn und Weitsicht geleitet war die Initiative des als Melancholiker geltenden Herzogs Albrecht V., einen weltläufigen Flamen namens Roland de Lassus, italianisiert Orlando di Lasso, 1556 als „Tenor secundus, Maestro della musica di camera“ und Hofkomponisten in die Hofkantorei zu holen. Er war Meister einer neuen vokalen und instrumentalen Kunst, die schon den Blick auf die fernen Horizonte der symphonischen Kunst öffnet. Eine lange Linie also bis zum Mischklangideal der Wagner-Musik. Der Münchner Hofkapelle gebührt der Ruhm, nicht nur Mozarts Idomeneo, sondern auch die musikgeschichtliche Zeitenwende des ersten Tristan, der ersten Meistersinger von Nürnberg vollzogen zu haben. Aber auch die Wende zu einer bürgerlich geprägten Musikkultur. Auf das Jahr 1811 datiert der Anfang der Tradition der „Akademie“-Konzerte symphonischer Musik, die das Orchester bis heute selbständig organisiert. Sie können schließlich nicht nur Oper. Es begann mit der D-Dur-Symphonie eines damals noch nicht sehr bekannten Komponisten namens Beethoven. Die Reihe großer und größter Namen derer, die dieses so besondere und langlebige Künstlerkollektiv leiteten – seit 1918 als „Bayerisches Staatsorchester“ – ist lang und reicht von Franz Lachner, Hans von Bülow, Hermann Levi, Richard Strauss bis zu Bruno Walter und Hans Knappertsbusch, weiter zu Georg Solti, Rudolf Kempe, Joseph Keilberth, Wolfgang Sawallisch, Zubin Mehta, zu Kent Nagano, Kirill Petrenko bis in die Gegenwart zu Vladimir Jurowski: eine beinahe einschüchternde Ehrentafel, über Jahrhunderte zurückreichend und mit Orlando di Lasso als Fluchtpunkt.
Zur Reichweite des Bayerischen Staatsorchesters tragen längst auch seine Reisen bei, ausgedehnte Tourneen etwa durch Europa und Asien; das besondere Zusammenspiel von langer Tradition und Bekenntnis zur Gegenwart erklingt in den großen Musikorten der Welt, in der Carnegie Hall, der Elbphilharmonie und in Luzern. Zum achten Mal in Folge und zum zehnten Mal insgesamt wurde der Klangkörper kürzlich bei der jährlichen Umfrage der Fachzeitschrift Opernwelt von 50 internationalen Musikkritikerinnen und -kritikern zum „Orchester des Jahres“ gewählt. Da ist der Wunsch naheliegend, das glücklich Gelungene auch festzuhalten, nämlich auf dem eigenen Label Bayerische Staatsoper Recordings, dessen erste Veröffentlichungen gleich mit renommierten Preisen bedacht wurden, darunter allein vier Gramophone Awards: Konserven mit Resonanz.

Wir sollten darüber aber nicht vergessen, dass die Wahrheit auch beim Musikmachen „auf dem Platz“ liegt. Die Einzelnen müssen es verstehen, sich dem Einen hinzugeben. Zumindest solange die Musik spielt. 

Chefs
Orlando di Lasso
https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ma4d3KgGrO

">

Mit Orlando di Lasso engagiert Herzog Albrecht V. den wohl bedeutendsten
Musiker seiner Zeit. Ab 1562/63 ist er Hofkapellmeister, übernimmt die Leitung der Tafel- und Kammermusik sowie die musikalische Gestaltung der Gottesdienste. Der Herzog genießt den engen Kontakt zu seinen Musikern und gibt viel Geld für sie aus. In ganz Europa werden die besten Sänger und Instrumentalisten für den bayerischen Hof gesucht. Bei der Hochzeit des Thronfolgers Wilhelm V. im Jahr 1568 schwärmen die Besucher vom kunstvollen Zusammenspiel und abwechslungsreichen Repertoire der Hofkapelle.


Bildnachweis: Deutsch, Bildnis des Orlando di Lasso, 1580, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ma4d3KgGrO

Chefs
Zubin Mehta über das Bayerische Staatsorchester

Zubin Mehta, Generalmusikdirektor 1998–2006, Ehrendirigent des Bayerischen Staatsorchesters


Bei den meisten Orchestern, die ich heutzutage dirigiere, bin ich halb so alt wie diese Klangkörper. Glücklicherweise kann ich das in Bezug auf das Bayerische Staatsorchester nicht behaupten. Somit wünsche ich meinen Kollegen und Kolleginnen und all ihren Vorgängern nur das Beste zum 500. Geburtstag! Meine acht Jahre mit diesem großartigen Ensemble waren für mich ein Höhepunkt meiner Laufbahn, und ich kann gar nicht sagen, wieviele wunderbare Erinnerungen sowohl im Bereich von Symphonie als auch der Oper ich habe: Unsere Europatournee mit der Dritten Mahler; die Achte Bruckner; die Reise nach Kashmir und Mumbai; die Don-Carlo-Produktion mit Jürgen Rose; wie auch die beiden Ring-Produktionen, die ich leiten durfte, bleiben für immer in meinem Herzen.

Im Staatsorchester waren und sind großartige Musiker und Musikerinnen versammelt, vor denen ich voller Bewunderung meinen Hut ziehe. Ich kann diese Worte der Huldigung nur so beenden: Meine Damen und Herren des Bayerischen Staatsorchesters, ich liebe und verehre jeden Einzelnen von Euch allen und kann nicht warten, wieder mit Euch zu musizieren.

In tiefer Freundschaft und Bewunderung


Bildnachweis: Wilfried Hösl


 

Lesestücke
Bereichernde Vielfalt

Das Bayerische Staatsorchester zeichnet sich durch ein faszinierend abwechslungsreiches Repertoire, vielgestaltige künstlerische Ausdrucksformate und mannigfaltige Aufgaben aus.


Ruth Renée Reif


„Angst! … tiefgehende Angst und immer die Frage: Wie werden die Gruppen des Orchesters nervlich überleben, wenn das Schlagzeug mit Überphonetischem in die Bratschen und Kontrabässe hineinstürmt.“ So äußerte sich Gerd Albrecht zu Aribert Reimanns Lear. Dann die Überraschung: Das Bayerische Staatsorchester nimmt die Musik mit Professionalität und leidenschaftlichem Einsatz an. Es weiß damit umzugehen, wenn zum schwirrenden Pianissimo der Geigen und Bratschen, zu Schellen-, Zimbel- und Triangel-Geklingel die Flöten gellend scharfe Notensprünge vollführen sollen, während Trompeten aus dem Graben und dem Zuschauerraum Signale zu blasen haben. Stets bereit, sich auf Unbekanntes und Neues einzulassen, schlägt es das Publikum mit mystischen Klängen und ekstatischen Höhen ebenso in Bann wie mit subtiler Zartheit und lyrischem Zauber. Es schwelgt in romantischem Melos, wie es sich rhythmischer Härte und Sprödigkeit hinzugeben vermag, huldigt dem Schönklang und der Virtuosität ebenso wie dem Geräuschhaften und lädt zu rauschhaftem Eintauchen in Klangwelten, wie es als psychologischer Resonanzboden zu wirken vermag.

Vielfalt charakterisiert das Opernrepertoire des Bayerischen Staatsorchesters. Jeden Abend steht ein anderes Werk aus einer anderen Epoche auf dem Spielplan. Und das Orchester weiß all die Kompositionen lebendig werden zu lassen und die erst gestern oder bereits vor Jahrhunderten aufgeschriebenen Noten in klingende Freude, Wehmut oder Tragik zu verwandeln. Mit Offenheit und Neugierde begegnet es der Aufforderung, sein Instrumentarium gegen ein barockes einzutauschen und dem Dirigenten nicht am Pult, sondern am Cembalo zu folgen. Es studiert die alten Partituren und lässt sich darauf ein, neuartige Spielweisen zu erproben. Bravourös kehrt es in eine Epoche zurück, die es Jahrhunderte zuvor selbst mitgestaltet hat, als die Sänger:innen auf der Bühne gegen Meeresungeheuer kämpften oder sogar die gesamte Opernbühne samt Darsteller:innen und Tänzer:innen auf ein Isar-Floß verlegt wurde, damit eine Seeschlacht ausgetragen werden konnte.

Erlebtes schreibt sich ein. Es prägt einen Klangkörper, bis es von neuem überschrieben wird. Spuren aber bleiben zurück. Ein völliges Vergessen gibt es nicht. Wie aus jeder guten Beziehung etwas zurückbleibt, so bewahrt sich auch aus jeder Erfahrung etwas, das fortlebt im Verborgenen und hervortritt, wenn es verlangt wird. Das gemeinsame Durchwandern unterschiedlicher musikalischer Landschaften schafft eine Vielfalt, die den Horizont weitet. Ebnet die Auseinandersetzung mit dem klassisch-romantischen Repertoire den Weg zum Verstehen individueller Klangsprachen an der Grenze der Tonalität und darüber hinaus, so befähigt die Beschäftigung mit Zeitgenössischem zu einem frischen Blick auf die Klassik.

Die Vielfalt des Bayerischen Staatsorchesters spiegelt sich in der abwechslungsreichen Fülle seiner Programme wie in der Vielgestaltigkeit seiner Aufgaben, denen sich das Orchester mit steter Leidenschaft stellt. Es lässt das Überreichen einer Rose auf der Bühne nicht nur mit leuchtenden Harmonien auf der Celesta, der Harfe und dem Glockenspiel zum Ereignis werden, sondern auch mit komplexen Rhythmen und kinetischen Texturen, wenn die Darsteller:innen auf der Bühne nicht singen und die Rose mit kunstvollen Schritten, Sprüngen und Drehungen übergeben wird. Das Tanztheater bildet einen bedeutsamen Aufgabenbereich des Orchesters. Und wie sich bei der Opernliteratur das Spektrum von den Barockopern über die großen romantischen Werke bis zum zeitgenössischen Musiktheater erstreckt, so umfassen auch die choreografisch-theatralischen Werke die gesamte Bandbreite. Von barocken Tanzeinlagen über die klassischen Ballette bis zu den Kreationen des 20. Jahrhunderts und den Projekten der zeitgenössischen Avantgarde öffnet sich ein weites Panorama.

Die Aussicht, etwas umsetzen zu können, was man an anderen Häusern nicht realisieren kann, zieht internationale Choreografen ans Nationaltheater. „Hier können wir diese Musik spielen, die ein großes und hervorragendes Orchester verlangt!“, so der Choreograf Jörg Mannes über seine Umsetzung von Shakespeares _Sturm_. Und so kann Ariel als Hunde, Schakal oder Tiger Gestrandete über die Insel jagen, während aus dem Orchestergraben in großer Besetzung Intervallsprünge erklingen. Dass das Orchester auch im Ballett als gleichwertiger Partner fungiert, unterstreichen Choreografien, in denen die Tänzer:innen die Musik visualisieren. Während das Orchester Werke des 18., 19. und 20. Jahrhunderts spielt, antworten die Tänzer:innen in jeweils unterschiedlichen Tanzsprachen darauf. Und so legt sich ein Zauber des Geheimnisvollen über die Szene, wenn die Tänzer:innen auf eine musikalische Explosion im Orchestergraben mit ausdrucksstarker Sammlung reagieren.

Wenn schließlich das Bayerische Staatsorchester zu seinen Akademiekonzerten lädt, verwandelt sich das Nationaltheater „in den schönsten Konzertsaal Münchens“ (wie Wolfgang Sawallisch einmal sagte), und das Orchester wird zum alleinigen Akteur. Der Ursprung dieser Konzerte, die eine Münchner Institution darstellen, wurzelt bereits in jener Zeit, als „alle Mittwoche“ in Nymphenburg „große Akademie“ war. Entsprechend gewaltig und vielfältig ist das über die Jahre hinweg erspielte symphonische Repertoire. Und mit jedem Jahr kommen neue Werke hinzu, die als Auftragswerke der Bayerischen Staatsoper ihre Uraufführung erfahren.
Am weitesten spannt sich der historische Bogen innerhalb der Kammerkonzerte. Zum einen, weil auch das Bayerische Staatsorchester ursprünglich ein Kammerensemble war, zum anderen, weil die Orchestermitglieder gerade in den Kammerkonzerten über die klassische Moderne bis in die Gegenwart vordringen und andererseits auch in die Vergangenheit eintauchen mit Werken aus Barock und Renaissance. Sie widmen sich entlegenen Werken des Repertoires und unternehmen experimentelle Erkundungen. So suchen sie die Verbindung zu anderen Künsten wie der Literatur und in fernöstlichen Klängen oder afrikanischer Polyrhythmik auch zu anderen Kulturen. Alle Gruppen des Orchesters beteiligen sich daran. Sie erforschen die herkömmlichen kammermusikalischen Besetzungen wie Streichquartett oder Klaviertrio. Und sie erproben andere wie Flöte, Oboe, Englischhorn, Klarinette und Fagott oder Flöte und Schlagzeug oder Oboe, Bassklarinette und Klavier. Auch vor neuen Spielweisen scheuen sie nicht zurück und spielen etwa die Streichinstrumente in Gitarrenhaltung.

Zu einem Höhepunkt findet diese Vielfalt alljährlich bei den Münchner Opernfestspielen. Da ist das Bayerische Staatsorchester in der gesamten Mannigfaltigkeit seiner Aufgaben gefordert, als Opern- und Ballettorchester, auf dem Konzertpodium in den Akademie- und Festspielkonzerten sowie den Kammerkonzerten.

Die wertvollste Vielfalt allerdings stellen die Menschen dar, die diesem Klangkörper seit Jahrhunderten Lebendigkeit verleihen und künstlerisches Wachstum ermöglichen. Jedes einzelne Orchestermitglied trägt mit seinem kulturellen Hintergrund, seiner Lebensgeschichte sowie seinem Können und seiner Erfahrung Abend für Abend zum glanzvollen Erfolg bei. Aus der Kreativität, Hingabe und den Talenten all dieser Menschen im Graben und auf dem Podium erwächst die Kraft, die dieses wunderbare Orchester über Kriege, politische Umstürze, Brände und den mehrfachen Verlust seines Instrumentariums hinweg künstlerisch so lebendig gehalten hat und es ist diese Kraft, die auch seine Zukunft sichert.

Neujahrswünsche von Hans Knappertsbusch

Bildnachweis: Archiv der Musikalischen Akademie


 

Chefs
Ludwig Senfl
Ludwig Senfl in seiner Kindheit wahrscheinlich als Sängerknabe in der Kapelle Maximilian I. tätig. Vermutlich absolvierte er im Rahmen eines kaiserlichen Stipendiums ein Studium an der Universität in Wien sowie eine Klerikerausbildung. Bis 1520 wirkte Senfl in der kaiserlichen Kapelle, und 1523 erhielt er eine Festanstellung bei Herzog Wilhelm IV. in München, wo er bis zu seinem Tod 1523 lebte. Zu seinem umfangreichen Schaffen gehören geistliche wie weltliche Kompositionen, so Messen, eine Vielzahl an Proprienzyklen, Motetten und Lieder. Er pflegte Kontakte zu humanistischen wie protestantischen Kreisen und korrespondierte unter anderem mit Martin Luther, dem er auch regelmäßig Kompositionen zukommen ließ. Luther schrieb 1530 von der Veste Coburg an Senfl: „Liebe [zur Musik] hat mir auch Hoffnung gemacht, dass mein Brief dir keine Gefahr bringen wird … Lobe ich doch deine Herzöge von Bayern gar sehr, auch wenn sie mir nicht im mindesten geneigt sind, und achte sie vor anderen hoch, weil sie die Musik so fördern und pflegen."
Die immense Wertschätzung Senfls als Komponisten bestand weit über dessen Tod fort, was die große Weiterverbreitung und Anzahl an Übertragungen seiner Werke beweist. Seit 2015 arbeiten Musikwissenschaftler an der New Senfl Edition, einer neuen Gesamtausgabe sämtlicher Kompositionen Senfls.


Ort: München, Staatliche Münzsammlung


Hier finden Sie weiterführende Informationen zu Ludwig Senfl

">

In Basel oder Zürich um 1490 geboren, war Ludwig Senfl in seiner Kindheit wahrscheinlich als Sängerknabe in der Kapelle Maximilian I. tätig. Vermutlich absolvierte er im Rahmen eines kaiserlichen Stipendiums ein Studium an der Universität in Wien sowie eine Klerikerausbildung. Bis 1520 wirkte Senfl in der kaiserlichen Kapelle, und 1523 erhielt er eine Festanstellung bei Herzog Wilhelm IV. in München, wo er bis zu seinem Tod 1523 lebte. Zu seinem umfangreichen Schaffen gehören geistliche wie weltliche Kompositionen, so Messen, eine Vielzahl an Proprienzyklen, Motetten und Lieder. Er pflegte Kontakte zu humanistischen wie protestantischen Kreisen und korrespondierte unter anderem mit Martin Luther, dem er auch regelmäßig Kompositionen zukommen ließ. Luther schrieb 1530 von der Veste Coburg an Senfl: „Liebe [zur Musik] hat mir auch Hoffnung gemacht, dass mein Brief dir keine Gefahr bringen wird … Lobe ich doch deine Herzöge von Bayern gar sehr, auch wenn sie mir nicht im mindesten geneigt sind, und achte sie vor anderen hoch, weil sie die Musik so fördern und pflegen."
Die immense Wertschätzung Senfls als Komponisten bestand weit über dessen Tod fort, was die große Weiterverbreitung und Anzahl an Übertragungen seiner Werke beweist. Seit 2015 arbeiten Musikwissenschaftler an der New Senfl Edition, einer neuen Gesamtausgabe sämtlicher Kompositionen Senfls.


Ort: München, Staatliche Münzsammlung


Hier finden Sie weiterführende Informationen zu Ludwig Senfl

lädt